§ 20 Abs. 3 WEG begründet einen Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Gestattung einer baulichen Veränderung,

  • wenn durch sie kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird oder
  • etwa beeinträchtigte Wohnungseigentümer ihr Einverständnis mit der Baumaßnahme erklärt haben.

Sind die Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 WEG erfüllt, haben die Wohnungseigentümer im Rahmen der Beschlussfassung im Gegensatz zu den Maßnahmen nach § 20 Abs. 2 WEG kein Ermessen bezüglich des "Wie" der Maßnahme.

5.2.1 Kriterien einer Beeinträchtigung

Eine Beeinträchtigung ist nach dem Wortlaut von § 20 Abs. 3 WEG rechtlich nicht relevant, wenn sie nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG) oder die über dieses Maß hinaus beeinträchtigten Wohnungseigentümer mit der begehrten Baumaßnahme einverstanden sind. Maßstab für die Beurteilung, ob eine bauliche Veränderung beeinträchtigend ist, ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Situation verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann.[1] Dies ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Das subjektive Empfinden eines Eigentümers, seine Ängste und Befürchtungen spielen bei der Beurteilung keine Rolle.[2] Auch lediglich die theoretische Möglichkeit einer Rechtsbeeinträchtigung ist nicht ausreichend.

 
Praxis-Beispiel

Parabolantenne auf dem Dach

Möchte ein Wohnungseigentümer auf dem Dach der Wohnanlage eine Parabolantenne montieren, besteht zwar die theoretische Möglichkeit einer Undichtigkeit des Dachs; diese ist aber ausgeschlossen, wenn der Einbau fachgerecht durch ein geeignetes Fachunternehmen erfolgt.

Ein Nachteil liegt erst dann vor, wenn durch die bauliche Maßnahme die Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder auch nur eines einzelnen von ihnen hinreichend wahrscheinlich ist und insoweit die Gefahr eines über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteils besteht. Dies kann etwa bei

  • Eingriffen in die Statik und Substanz des Gebäudes,
  • Schäden am Gemeinschafts- oder Sondereigentum,
  • nachteiligen Veränderungen des optischen Gesamteindrucks,
  • Möglichkeit intensiverer Nutzung,
  • Erhöhung des Kostenaufwands für Erhaltungsmaßnahmen,
  • Gefährdung anderer Wohnungseigentümer,
  • Immissionen oder
  • wirtschaftlicher Entwertung des Eigentums

der Fall sein. Insoweit kommt es dann auf das Einverständnis etwa beeinträchtigter Wohnungseigentümer an, das im Übrigen keiner bestimmten Form bedarf.

 

Kosten und Folgekosten sind kein Nachteil

Eine Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer kann sich nicht aus den Kosten der Baumaßnahme oder der durch sie entstehenden Folgekosten ergeben. Denn diese Kosten sind gemäß § 21 Abs. 1 WEG allein vom bauwilligen Wohnungseigentümer zu tragen.

5.2.2 Beeinträchtigung liegt nicht vor

Ist mit der baulichen Veränderung kein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil für die Wohnungseigentümer verbunden und besteht auch nicht die konkrete Gefahr eines derartigen Nachteils, hat der bauwillige Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Gestattung der Maßnahme durch Beschluss nach § 20 Abs. 3 WEG. Auch wenn mit der begehrten Maßnahme kein Nachteil verbunden sein wird, ist eine Gestattungsbeschlussfassung zwingende Voraussetzung für die Baumaßnahme.[1]

Dem bauwilligen Wohnungseigentümer kann von den übrigen Wohnungseigentümern nicht vorgeschrieben werden, wie er die Baumaßnahme durchzuführen hat. Wenn sie mit keinem relevanten Nachteil verbunden ist, bedarf es auch keiner entsprechenden Bevormundung. Das bringt das Gesetz insoweit zum Ausdruck, als § 20 Abs. 3 WEG keine der Bestimmung des § 20 Abs. 2 Satz 2 WEG entsprechende Regelung enthält, die den Wohnungseigentümern im Rahmen der Beschlussfassung über eine privilegierte Maßnahme ein Ermessen einräumt.

5.2.3 Beeinträchtigung liegt vor

Birgt die beabsichtigte Baumaßnahme eine Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht und lehnen die Wohnungseigentümer daher mehrheitlich den entsprechenden Beschlussantrag des Wohnungseigentümers ab, wird auch eine Beschlussersetzungsklage nicht zum Ziel führen.

 
Praxis-Beispiel

Die Markise

Einer der Wohnungseigentümer will im Bereich seines Balkons eine Markise anbringen. Der Beschlussantrag wird mehrheitlich abgelehnt.

Andererseits kann dem Wohnungseigentümer die Baumaßnahme durchaus auf Grundlage von § 20 Abs. 1 WEG gestattet werden. Kommt ein entsprechender Gestattungsbeschluss zustande, dann wäre er von einzelnen Wohnungseigentümern, die sich durch die Markise in optischer Hinsicht gestört fühlen, nicht erfolgreich anfechtbar, da die Markise nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führt.

5.2.3.1 Einverständnis liegt vor

Hat nur ein Teil der Wohnungseigentümer einen Nachteil durch die bauliche Maßnahme und haben diese Eigentümer ihr Einverständnis mi...

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