Leitsatz (amtlich)
1. Der Einzelrichter, dem eine Beschwerdesache der freiwilligen Gerichtsbarkeit übertragen worden ist, kann abweichend von der Beurteilung der Beschwerdekammer die grundsätzliche Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage annehmen und deswegen die weitere Beschwerde wirksam zulassen, wenn eine wesentliche Änderung der Verfahrenslage nach der Übertragung der Sache auf ihn nicht eingetreten ist.
2. Der Übertragungsbeschluss ist nicht zu beanstanden, wenn die Sache "dem Berichterstatter als Einzelrichter" zur Entscheidung übertragen wird, ohne dass dessen Name genannt wird.
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 12.01.2004; Aktenzeichen 7 T 461/03) |
AG Regensburg (Aktenzeichen XVII 400/99) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Regensburg vom 12.1.2004 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das AG bestellte am 31.8.1999 einen Rechtsanwalt als berufsmäßigen Betreuer im Aufgabenkreis Vermögenssorge für den vermögenslosen Betroffenen. Am 17.12.1999 erweiterte es den Aufgabenkreis auf Wohnungsangelegenheiten. Am 18.12.2001 hob es die Betreuung auf.
Der Betreuer erhielt auf seine Abrechnung für den Zeitraum bis 30.11.1999 eine Vergütung und Aufwendungsersatz von zusammen 3.046,53 DM, für den Monat Dezember 1999 von 2.567,50 DM und für den Monat April 2001 von 434,08 DM seitens der Staatskasse.
Mit Schriftsatz vom 18.8.2003 beantragte er die Festsetzung von Vergütung und Aufwendungsersatz i.H.v. insgesamt 19.535,27 DM entsprechend 9.988,22 Euro für seine Tätigkeit in den Jahren 2000 und 2001, darunter auch im April 2001.
Das AG wies den Antrag am 2.9.2003 mit der Begründung zurück, die Ansprüche seien kraft Gesetzes erloschen. Die vom Betreuer hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG durch den Einzelrichter, dem das Verfahren durch Beschluss der Beschwerdekammer vom 8.1.2004 übertragen worden war, am 12.1.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers.
II.a) Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig; insb. ist sie vom LG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage gem. §§ 69e S. 1, 56 g Abs. 5 S. 2 FGG in den Gründen der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich zugelassen worden.
a) Zwar gilt es allgemein als zweckmäßig, die Zulassung eines (weiteren) Rechtsmittels im Entscheidungssatz auszusprechen; eine Zulässigkeitsvoraussetzung stellt dies jedoch nicht dar. Die Zulassung in den Entscheidungsgründen ist daher ausreichend (vgl. BayObLG BayObLGZ 2003, 221; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., Vorbem. §§ 19-30 Rz. 30).
b) Ihrer Wirksamkeit steht auch nicht entgegen, dass die Zulassung durch den Einzelrichter ausgesprochen wurde.
aa) Dem Einzelrichter kann das Verfahren zur Entscheidung nur übertragen werden, wenn die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 30 Abs. 1 S. 3 FGG, § 526 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Andererseits sieht § 56g Abs. 5 S. 2 FGG die Zulassung der weiteren Beschwerde nur vor, wenn die zur Entscheidung stehende Frage grundsätzliche Bedeutung hat. Es ist daher widersprüchlich, wenn zunächst das Verfahren auf den Einzelrichter übertragen wird und dieser dann wie hier nur wenige Tage später und ohne dass sich die Sachlage im Geringsten geändert hätte, die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.
bb) In den Fällen der sofortigen Beschwerde nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, in denen kraft Gesetzes der (sog. originäre) Einzelrichter entscheidet (§ 568 S. 1 ZPO), gebietet die Annahme grundsätzlicher Bedeutung durch den Einzelrichter die Übertragung der Sache auf den Kollegialspruchkörper (§ 568 S. 2 Nr. 2 ZPO). Ein Absehen davon führt dazu, dass das Gericht als nicht ordnungsgemäß besetzt anzusehen ist, was die Aufhebung seiner Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur Folge hat (BGH v. 13.3.2003 - IX ZB 134/02, MDR 2003, 588 = BGHReport 2003, 627 = NJW 2003, 1254 [1255]; und v. 10.11.2003 - II ZB 14/02, MDR 2004, 407 = BGHReport 2004, 329 = NJW 2004, 448).
cc) In den Fällen der Berufung, in denen der (sog. fakultative) Einzelrichter nur zuständig ist, wenn ihm der Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen wurde (§ 526 Abs. 1 ZPO), ist die Rückübertragung auf den Kollegialspruchkörper wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache jedoch nur nach einer wesentlichen Änderung der Prozesslage möglich (§ 526 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Deshalb ist es dem Einzelrichter in diesen Fällen erlaubt, das (weitere) Rechtsmittel wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, wenn eine solche wesentliche Änderung nicht eingetreten ist, d.h. die grundsätzliche Bedeutung der Sache durch den übertragenden Kollegialspruchkörper einerseits und den Einzelrichter andererseits lediglich unterschiedlich beurteilt wird (vgl. BGH NJW 2003, 2900 [2901]). Dies gilt auch in den Fällen der Zulassung einer (weiteren) Beschwerde im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 30 Abs. 1 S. 3 FGG). Eine wesentliche...