Leitsatz (amtlich)
Verhältnis einer durch Dritte angeregten Betreuung gegen den Willen des Betroffenen zur Möglichkeit einer Vollmachtserteilung als anderer Hilfe.
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 10.02.2004; Aktenzeichen 41 T 282/04) |
AG Kaufbeuren (Aktenzeichen XVII 101/03) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Kempten (Allgäu) vom 10.2.2004 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Mit Schreiben vom 18.11.2003 regte die zuständige Behörde beim VormG die Bestellung eines Betreuers für den Betroffenen mit den Aufgabenkreisen "Vermögenssorge" sowie "Vertretung ggü. Behörden und Institutionen" an.
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und persönlicher Anhörung des Betroffenen hat das VormG mit Beschluss vom 12.1.2004 entschieden, dass dem Betroffenen kein Betreuer bestellt werde.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der zuständigen Behörde hat das LG mit Beschluss vom 10.2.2004 zurückgewiesen. Mit ihrer weiteren Beschwerde strebt die zuständige Behörde nach wie vor die Bestellung eines Betreuers für den Betroffenen an.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 69g Abs. 1 S. 1 FGG). Sie ist aber nicht begründet.
1. Das LG hat in seiner Entscheidung ausgeführt:
Im Hinblick auf den kurzen zeitlichen Abstand zu der Erstattung des Sachverständigengutachtens und der persönlichen Anhörung durch den Vormundschaftsrichter habe es von einer erneuten Vornahme dieser Verfahrenshandlungen in der Beschwerdeinstanz abgesehen.
Das vom AG eingeholte ärztliche Gutachten verneine bereits die medizinischen Voraussetzungen einer Betreuung, weil dem Betroffenen nur eine "minimale zerebrale Dysfunktion" attestiert werde. Jedenfalls sei der Betroffene, der bei seiner richterlichen Anhörung ausdrücklich die Bestellung eines Betreuers abgelehnt habe, durchaus zu einer freien Willensbildung fähig. Die Anordnung einer Betreuung gegen den Willen des Betroffenen sei unzulässig.
Soweit der Betroffene einzelne Angelegenheiten nicht selbst erledigen könne, sei er auf die Erteilung einer Vollmacht zu verweisen.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
a) Es kann nicht beanstandet werden, dass das LG gem. § 69g Abs. 5 S. 2 FGG von einer erneuten Begutachtung durch einen Sachverständigen sowie einer weiteren persönlichen Anhörung des Betroffenen abgesehen hat. Das Sachverständigengutachten war am 26.11.2003 und damit nur etwa zweieinhalb Monate vor der landgerichtlichen Entscheidung erstattet worden. Noch kürzer ist der Abstand zwischen der persönlichen Anhörung des Betroffenen am 9.1.2004 und der Entscheidung des Beschwerdegerichts am 10.2.2004. Die Annahme, dass von einer erneuten Vornahme dieser Verfahrenshandlungen keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten gewesen seien, begegnet daher unter den hier gegebenen Umständen keinen Bedenken.
b) Das LG war auch nicht gehindert, sich - ebenso wie das AG - der Beurteilung des Sachverständigen im Gutachten vom 26.11.2003 an zuschließen, wonach die medizinischen Voraussetzungen einer Betreuung gem. § 1896 Abs. 1 BGB nicht gegeben seien.
Allerdings enthalten weder das Gutachten noch die Beschlüsse der Vorinstanzen Aussagen zur Qualifikation des Sachverständigen, der bei einer Begutachtung nach § 68b FGG im Regelfall Nervenarzt bzw. Psychiater sein bzw. zumindest über einschlägige Kenntnisse auf dem Gebiet der Psychiatrie verfügen muss (BayObLG vom 13.11.1996 - 3Z BR 278/96, BayObLGReport 1997, 38 = FamRZ 1997, 901).
Deshalb bedarf es im Allgemeinen deren Darlegung, sofern diese Kenntnisse nicht, wie bei Landgerichtärzten (vgl. BayObLG vom 9.3.1995 - 3Z BR 365/94, BayObLGReport 1995, 36 = FamRZ 1995, 1519) oder bei nicht lediglich zu Ausbildungszwecken in psychiatrischen Kliniken oder Bezirkskrankenhäusern beschäftigten Medizinern, bereits durch die Funktionsbezeichnung belegt werden.
Die Tätigkeit des Sachverständigen an der "Psychosomatischen Klinik B." - wobei seine Funktion offen bleibt - legt zwar die Vermutung nahe, dass er über einschlägige Fachkenntnisse verfügen dürfte. Mit hinreichender Sicherheit steht dies jedoch nicht fest. Gleichwohl kann die abschließende Klärung dahingestellt bleiben, weil die Vorinstanzen hier die Bestellung eines Betreuers abgelehnt haben und deshalb die strengen Anforderungen des § 68b S. 1 FGG an ein Sachverständigengutachten vor der Anordnung einer Betreuung nicht unmittelbar einschlägig sind.
Die Schlussfolgerung des Gutachters, dass bei dem Betroffenen nach einem Schlaganfallsereignis lediglich eine minimale zerebrale Dysfunktion vorliege, die noch nicht das Ausmaß einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung erreicht habe, steht nicht im Widerspruch zu den erhobenen bzw. fremdanamnestisch einbezogenen Befunden. Auch bei der gebotenen kritischen Auseinandersetzung mit den Wertungen eines Sachverständigen bestand für das LG kein wesentlicher Anlass, die medizinischen Feststellungen des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Soweit die zuständige Behörde in ihrer Beschwerdebegründung Begebenheiten mitt...