Leitsatz (amtlich)

Eine in Deutschland geschiedene türkische Staatsangehörige führt – entgegen ihrem Wunsch und den von den türkischen Behörden ausgestellten Ausweispapieren – nicht schon deshalb ihren vorehelichen (türkischen) Familiennamen, weil die deutsche Ehescheidung in der Türkei (noch) nicht anerkannt ist.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 1; EGBGB Art. 10 Abs. 1; Türkisches IPRG Art. 42; Türkisches ZGB Art. 173; Türkisches ZGB Art. 187

 

Verfahrensgang

LG Bayreuth (Beschluss vom 14.12.2001; Aktenzeichen 15 T 27/01)

AG Bayreuth (Aktenzeichen UR III 11/00)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des LG Bayreuth vom 14.12.2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 2) hat die der Beteiligten zu 1) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) ist türkische Staatsangehörige. Ihre in Italien geschlossene Ehe mit S., dessen Namen sie führt, wurde 1995 durch Urteil eines bayerischen AG rechtskräftig geschieden. Ein Verfahren zur Anerkennung des Scheidungsurteils in der Türkei wurde nicht durchgeführt. Die von den türkischen Behörden für die Beteiligte zu 1) ausgestellten Ausweispapiere lauten nach wie vor auf den Namen S.

Am 12.5.2000 brachte die Beteiligte zu 1) ein Kind zur Welt. Die Vaterschaft hat ein deutscher Staatsangehöriger anerkannt. Das Kind lebt bei seiner Mutter in Bayern.

Im Rahmen der Eintragung der Geburt des Kindes teilte der Standesbeamte der Beteiligten zu 1) seine Auffassung mit, dass sie kraft ihres türkischen Heimatrechts aufgrund der Scheidung nicht mehr S. heiße, sondern wieder ihren Geburtsnamen E. trage. Dementsprechend wurde im Geburtenbuch für Mutter und Kind der Familienname E. – nicht wie von ihr gewünscht S. – eingetragen.

Ein hiergegen gerichteter Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten wurde als Antrag auf Berichtigung des Namenseintrags dem AG vorgelegt. Dieses wies den Berichtigungsantrag zurück. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das LG den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und den Standesbeamten angewiesen, den Geburtseintrag dahin zu ändern, dass der Nachname der Mutter und der vom Kind geführte Familienname nicht E., sondern S. lautet. Gegen diese Entscheidung richtet sich das Rechtsmittel der Standesamtsaufsicht, mit dem sie die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses anstrebt.

II. Das Rechtsmittel der Standesamtsaufsicht ist als sofortige weitere Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 49 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 29 Abs. 1 S. 1 und 3, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG). Es hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat im wesentlichen ausgeführt:

Die Namensführung der türkischen Mutter des Kindes richte sich nach türkischem Recht. Die familienrechtliche Vorfrage nach dem Personenstand der Mutter sei unselbständig anzuknüpfen. Da die Scheidung der Mutter in der Türkei nicht anerkannt sei, führe sie nach türkischem Recht nach wie vor den Ehenamen S. Demgemäß heiße sie auch nach deutschem Recht S., unbeschadet des Umstandes, dass sie nach deutschem Recht rechtskräftig geschieden sei.

2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.

a) Zutreffend sind die Vorinstanzen stillschweigend davon ausgegangen, dass die im Hinblick auf die türkische Staatsangehörigkeit der Beteiligten zu 1) zu prüfende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben und das deutsche Verfahrensrecht anzuwenden ist. Es geht um die Eintragung der Geburt im deutschen Geburtenbuch; die internationale Zuständigkeit folgt aus der örtlichen Zuständigkeit (vgl. § 50 Abs. 1 PStG; BayObLG v. 19.7.1995 – 1Z BR 160/94, 1Z BR 161/94, BayObLGZ 1995, 238 [240]).

b) Gegenstand des Verfahrens nach § 47 PStG ist die beantragte Berichtigung des Eintrags im Geburtenbuch (§ 21 PStG) dahin, dass die Familiennamen der Mutter und des Kindes statt E. richtig S. lauten. Die Vorinstanzen haben den verfahrenseinleitenden Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) als entsprechenden Antrag auf Berichtigung (§ 47 Abs. 2 S. 1 PStG) ausgelegt; dies ist nicht zu beanstanden.

c) Das LG hat zutreffend den Namen der Mutter gem. Art. 10 Abs. 1 EGBGB nach ihrem türkischen Heimatrecht bestimmt. Eine vorrangig zu beachtende Rechtswahl nach Maßgabe von Art. 10 Abs. 2 EGBGB zugunsten eines anderen, etwa des deutschen Rechts als Ehenamensstatut – was über die Scheidung hinaus fortgewirkt hätte (vgl. OLG Hamm StAZ 1999, 370; Staudinger/Hepting, BGB, 2000, Art. 10 EGBGB Rz. 168; Henrich StAZ 1996, 129 [132] m.w.N.) – haben die Eheleute nicht getroffen; es bleibt daher bei der Anknüpfung an das Personalstatut nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB. Eine Rückverweisung, die nach Art. 4 Abs. 1 EGBGB zu beachten wäre, findet nicht statt; das türkische Internationale Privatrecht knüpft für die Bestimmung des Familiennamens ebenfalls an das Heimatrecht...

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