Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung, ob eine Zustellung des Scheidungsantrages durch ein ausländisches Gericht rechtzeitig erfolgt ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Die Rechtzeitigkeit kann zu verneinen sein, wenn der Antragsteller im Scheidungsverfahren vor dem ausländischen Gericht behauptet, er kenne den Aufenthaltsort seiner Ehefrau nicht, obwohl er auf der Hand liegende Möglichkeiten zur Ermittlung dieses Aufenthalts nicht genutzt und den Aufenthalt alsbald nach Einleitung des Scheidungsverfahrens erfahren hat.
Normenkette
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 2; FamRÄndG Art. 7, 1 Abs. 3
Verfahrensgang
OLG München (Aktenzeichen 3465 a E 304/2001) |
Tenor
I. Der Antrag auf Abänderung der Entscheidung der Präsidentin des OLG München vom 23.10.2001 wird zurückgewiesen.
II. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr von 50 Euro festgesetzt, die vom Antragsteller zu entrichten ist.
III. Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin die dieser im gerichtlichen Verfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Der Antragsteller, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, hat mit der Antragsgegnerin, einer kroatischen Staatsangehörigen, am 16.2.1996 in W. die Ehe geschlossen. Die Parteien, die ihren gemeinsamen ehelichen Wohnsitz in W. hatten, leben nach der Behauptung des Antragstellers seit Anfang April 2000, nach der Behauptung der Antragsgegnerin seit März 2001 getrennt.
Auf Antrag des Antragstellers wurde durch Urteil des Zweiten Gemeindegerichts Belgrad (Bundesrepublik Jugoslawien) vom 20.11.2000, Az. 2995/2000, die Scheidung der Ehe ausgesprochen. Die Antragsgegnerin war im Verfahren durch einen jugoslawischen Rechtsanwalt vertreten, den das Gericht als Pfleger für einzelne besondere Angelegenheiten bestellt hatte, da der Antragsteller dem Gericht ggü. angegeben hatte, die Antragsgegnerin sei unbekannten Aufenthalts. Das Urteil wurde am 20.11.2000 nach Rechtsmittelverzicht vonseiten des Antragstellers und des Verfahrenspflegers für die Antragsgegnerin rechtskräftig.
Der Antragsteller beantragte am 23.4.2001 die Anerkennung des Scheidungsurteils. Die Präsidentin des OLG München hat am 23.10.2001 diesen Antrag zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller. Er beantragt, die Entscheidung aufzuheben und seinem Antrag auf Anerkennung des Scheidungsurteils stattzugeben. Er trägt vor, ihm sei nur bekannt gewesen, dass die Antragsgegnerin im April 2000 mit unbekannter Adresse nach Kroatien gegangen sei. Erst im Dezember 2000 habe er von ihrer aktuellen Anschrift erfahren. Aus dem Schreiben der Antragsgegnervertreter vom 9.8.2000, in welchem er u.a. zur Zahlung von Unterhalt aufgefordert worden sei, habe er nur ersehen können, dass sich die Antragsgegnerin zur Unterzeichnung der Prozessvollmacht in Würzburg aufgehalten und unter der Adresse der Schwiegereltern mit dem Arbeitsamt korrespondiert habe.
Die Antragsgegnerin bestreitet diese Darstellung. Sie trägt vor, sie habe dem Antragsteller bereits nach ihrer ersten Trennung Ende Februar 2000 ihre neue Adresse im Anwesen ihrer Eltern mitgeteilt. Zusätzlich habe sie ihm über ihre Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren wegen Trennungsunterhalt in Kopie ihren Arbeitslosengeldbescheid vom 26.7.2000 übermittelt, aus welchem ihre Wohnanschrift hervorgegangen sei; der Antragsteller habe darauf mit Schreiben vom 12.8.2000 reagiert. Ihm sei ihr Aufenthalt stets bekannt gewesen. Nach einer Versöhnung im September 2000 habe man noch ein halbes Jahr in der Ehewohnung zusammengelebt, bis die endgültige Trennung im März 2001 erfolgt sei. Ihr seien weder die Antragsschrift noch eine Ladung zugegangen.
II. Der Antrag auf Entscheidung durch das zuständige BayObLG (Art. 7 § 1 Abs. 6 S. 2 FamRÄndG, § 199 Abs. 1 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 3 AGGVG) ist statthaft (Art. 7 § 1 Abs. 5 S. 1 FamRÄndG) und auch i.Ü. zulässig. Er ist jedoch unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung des Urteils des Gemeindegerichts Belgrad vom 20.11.2000 liegen nicht vor.
1. Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die von dem Antragsteller beantragte (Art. 7 § 1 Abs. 3 S. 1 FamRÄndG) Anerkennung sind gegeben. Insbesondere hat der Antragsteller ein rechtliches Interesse (Art. 7 § 1 Abs. 3 S. 2 FamRÄndG) an der Anerkennung. Eine Anerkennung des ausländischen Urteils ist nur dann nicht erforderlich, wenn das anzuerkennende Scheidungsurteil durch das Gericht eines Staates ausgesprochen worden ist, welchem zur Zeit der Entscheidung beide Ehegatten angehört haben (Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 3 FamRÄndG); dies ist hier nicht der Fall.
2. Es fehlen aber die sachlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung.
a) Diese ergeben sich, da es sich um ein ausländisches Urteil handelt, aus der allgemeinen Regelung in § 328 Abs. 1 ZPO. Danach kann ein ausländisches Ehescheidungsurteil mit Wirkung für das Inland nur anerkannt werden, wenn keiner der in § 328 Abs. 1 ZPO aufgezählten Hinderungsgründe vorliegt (vgl. BayObLG v. 17.12.1987 – BReg. 3Z 6/87, BayObLGZ 1987, 439 [440]; BayObLG v. 11.1.19...