Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung
Leitsatz (amtlich)
1. Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung wegen Verstoßes gegen § 14 Abs. 5 HeimG, wenn das Heim in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird und ein Familienangehöriger der Gesellschafter, der Geschäftsführerin und des Heimleiters von einem Heimbewohner zum Erben eingesetzt wird.
2. Eine letztwillige Verfügung ist nach § 14 Abs. 1, Abs. 5 HeimG nur dann unwirksam, wenn der Zuwendungsempfänger von ihr Kenntnis hat.
3. Familienangehöriger der Gesellschafter und der Geschäftsführerin einer Heimträger-GmbH und des Heimleiters als sonstiger Mitarbeiter im Sinne von § 14 Abs. 5 HeimG.
Normenkette
BGB §§ 134, 1937; HeimG § 14 Abs. 5
Verfahrensgang
LG Traunstein (Entscheidung vom 28.03.2000; Aktenzeichen 8 T 2208/99) |
AG Rosenheim (Entscheidung vom 04.05.1999; Aktenzeichen VI 232/98) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 28. März 2000 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Geschäftswert des Beschwerde Verfahrens auf DM 347.727,– festgesetzt wird.
II. Der Beteiligte zu 1 hat der Beteiligten zu 2 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 347.727,– festgesetzt.
Gründe
I.
Die im Alter von fast 84 Jahren am 12.2.1998 verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Ihre einzige Schwester ist vor verstorben; die Beteiligte zu 2 ist deren Tochter.
Der Beteiligte zu 1 war bis 1992 als Heimleiter des Alten- und Pflegeheims beschäftigt, das von der Seniorenheim GmbH betrieben wird. Deren Geschäftsführerin ist die Ehefrau des Beteiligten zu 1. Diese ist zugleich Gesellschafterin der GmbH. Weitere Gesellschafter sind die gemeinsame Tochter und der gemeinsame Sohn; letzterer ist seit 1993 Heimleiter.
Auf Anraten und unter Mithilfe des Beteiligten zu 1 siedelte die Erblasserin am 21.3.1996 aus ihrer Eigentumswohnung in das Seniorenheim um. Tags zuvor, am 20.3.1996, verfaßte sie folgendes privatschriftliche Testament:
Ich setze Herrn M. senior (Beteiligter zu 1) zum Alleinerben meines gesammten Hab u. Gutes ein. Das gilt auch für die Abkömmlinge.
Die Erblasserin hatte die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1 zuvor mit ihm besprochen und übergab ihm später das Testament offen zur Aufbewahrung. Unter dem Datum vom 21.3.1996 unterzeichnete die Erblasserin eine maschinenschriftlich vorbereitete Generalvollmacht zugunsten des Beteiligten zu 1, in der es unter anderem heißt:
Ich gehe in freier Entscheidung in das Seniorenheim.
Hiermit bevollmächtige ich Herrn M. …, für mich alle Rechtsgeschäfte zu vollziehen, insbesondere soll er für die Bezahlung der Heim- und Pflegekosten Sorge tragen. Zu diesem Zweck erteile ich ihm Vollmacht über meine Guthaben aller Art bei Sparkassen/Banken zu verfügen. …
Alle anderen Vollmachten erlöschen hiermit.
Vorgelesen und gelesen.
Der Beteiligte zu 1 hat beantragt, ihm einen Erbschein als Alleinerbe der Erblasserin aufgrund des Testaments vom 20.3.1996 zu erteilen. Das Testierverbot nach § 14 HeimG stehe der Wirksamkeit des Testaments nicht entgegen, weil er längst nicht mehr für das Seniorenheim tätig sei; er sei weder angestellt noch habe er einen inoffiziellen Aufgabenkreis. Mit der Erblasserin habe ihn eine langjährige Freundschaft verbunden, da sie aus dem gleichen Geburtsort im Sudetenland stammten, sie sein Kindermädchen gewesen sei und er sie nach dem Krieg wiederholt auf Heimatvertriebenentreffen wiedergesehen habe. Die Erblasserin habe ihn aus Dank für seine jahrelange Hilfe und die seiner Familie zu Kriegszeiten zum Alleinerben berufen.
Die Beteiligte zu 2 ist dem Erbscheinsantrag entgegengetreten und hat ihrerseits Antrag auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin der Erblasserin aufgrund gesetzlicher Erbfolge gestellt. Sie hat eingewendet, die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments testierunfähig gewesen und habe dieses nicht eigenhändig verfaßt; außerdem verstoße es inhaltlich gegen § 14 HeimG.
Das Nachlaßgericht hat den Beteiligten zu 1 angehört, dessen Ehefrau und Sohn sowie den für die Heimaufsicht zuständigen Beamten des Landratsamts als Zeugen einvernommen und ein Schriftgutachten eingeholt. Mit Beschluß vom 4.5.1999 hat es den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 abgelehnt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, der Beteiligte zu 1 gehöre zu den vom Testierverbot betroffenen Mitarbeitern gemäß § 14 Abs. 5 HeimG, auch wenn er formal vom Heimträger nicht angestellt sei. Es sei davon auszugehen, daß die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1 in unmittelbarem Zusammenhang mit der Heimunterbringung stehe; die dahingehende Vermutung sei durch die Einlassung des Beteiligten zu 1, mit der Erblasserin von Kindheit an bekannt gewesen zu sein, nicht beseitigt. Für die Unwirksamkeit des Testaments sei es ohne Belang, daß es einen Tag vor dem Einzug der Erblasserin in das Seniorenheim verfaßt worden sei. Eine Ausnahmegenehmigun...