Leitsatz (amtlich)

Bestehen konkrete Verdachtsmomente, dass die Tochter einer Betroffenen selbst psychisch krank und als Betreuerin für ihre Mutter aus diesem Grund nicht geeignet ist, ist die Bestellung eines Berufsbetreuers im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 69 f. Abs. 1 FGG nicht zu beanstanden, wenn andere geeignete Personen nicht als ehrenamtliche Betreuer zur Verfügung stehen.

 

Normenkette

BGB § 1897 Abs. 4-5; FGG § 69 f. Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Beschluss vom 07.10.2004; Aktenzeichen 60 T 2415/04)

AG Landshut (Aktenzeichen XVII 429/04)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Landshut v. 7.10.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Für die Betroffene ist im Wege der einstweiligen Anordnung am 9.8.2004 vorläufig ein Berufsbetreuer für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge bis längstens 8.2.2005 bestellt. Zum Zeitpunkt der Betreuerbestellung war die Betroffene im Bezirkskrankenhaus L. untergebracht. Am 17.9.2004 ist die Betroffene aus dem Bezirkskrankenhaus entlassen worden; sie lebt seither bei der weiteren Beteiligten, ihrer Tochter. Dieser hatte sie am 17.12.1998 eine notariell beurkundete umfassende Vorsorgevollmacht erteilt.

In Vertretung und im Namen der Betroffenen legte die Tochter am 25.8.2004 Beschwerde gegen den Beschluss des AG mit dem Ziel ein, dass die Tochter zur Betreuerin bestellt werden sollte. Am gleichen Tag beantragte die Tochter im eigenen Namen, dass ihr die Betreuung für die Betroffene übertragen werden solle. Das LG hat die Beschwerde am 7.10.2004 zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Tochter mit ihrer weiteren Beschwerde, mit der sie das Ziel verfolgt, selbst zur vorläufigen Betreuerin bestellt zu werden. Gleichzeitig stellt sie den Antrag, das Verfahren an das zuständige LG Chemnitz bzw. OLG Dresden abzugeben.

II.1. Die weitere Beschwerde ist zulässig, § 21 Abs. 2, § 27 Abs. 1, § 69g Abs. 1 S. 1 FGG. Es handelt sich um eine einfache weitere und nicht um eine sofortige weitere Beschwerde, weil die Tochter sich nicht gegen eine Entlassung eines Betreuers wendet, sondern gegen seine Erstbestellung.

a) Das BayObLG ist zur Entscheidung über die weitere Beschwerde zuständig, weil das Betreuungsverfahren beim AG Landshut geführt wird. Eine Abgabe an das für den jetzigen Wohnsitz zuständige AG Marienberg ist bisher nicht erfolgt.

b) Das LG hat den Antrag der Tochter, sie solle zur vorläufigen Betreuerin bestellt werden, als Beschwerde gegen den Beschluss des AG v. 9.8.2004 ausgelegt und über diese Beschwerde entschieden. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Nicht entschieden ist bisher über die Beschwerde der Betroffenen selbst, die am gleichen Tage von der Tochter im Namen und in Vertretung der Betroffenen eingelegt worden ist.

c) Die weitere Beschwerde ist zulässigerweise auf die Frage beschränkt, ob die Auswahl des vorläufigen Betreuers rechtlich einwandfrei vonstatten gegangen ist.

2. Die weitere Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des LG hält rechtlicher Nachprüfung stand, § 27 Abs. 2 FGG, § 546 ZPO.

a) Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Die Tochter sei nach § 69g Abs. 1 FGG auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung berechtigt, mittels Beschwerde gegen die Betreuerauswahl vorzugehen. Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht stehe einem Betreuungsbedürfnis nicht entgegen. Nach Aktenlage bestünden Zweifel daran, ob die Tochter überhaupt gesundheitlich in der Lage sei, die Belange der Betroffenen wie in der Vollmachtsurkunde vorgesehen, wahrzunehmen. Die Betreuerauswahl sei gleichfalls nicht zu beanstanden. Bereits der Sachverständige habe auf die gesundheitlichen Probleme der Tochter aufmerksam gemacht und einen Verdacht auf eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis oder Folie á deux hingewiesen. Dies decke sich mit der Einschätzung der behandelnden Ärztin im Bezirkskrankenhaus, die die Tochter für womöglich kränker als die Mutter angesehen habe. Die Entscheidung, ob unter diesen Umständen die Tochter als Betreuerin geeignet sei, müsse der Entscheidung über die endgültige Betreuerbestellung vorbehalten bleiben.

b) Zum Betreuer bestellt das VormG eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen (§ 1897 Abs. 1 BGB). Schlägt der volljährige Betroffene niemanden vor, der zum Betreuer bestellt werden kann, so ist bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen des Betreuten, insb. auf die Bindungen zu Eltern, zu Kindern, zum Ehegatten und zum Lebenspartner, sowie auf die Gefahr von Interessenkonflikten Rücksicht zu nehmen (§ 1897 Abs. 5 BGB). Ein Berufsbetreuer soll nur bestellt werden, wenn kein ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht (§ 1897 Abs. 6 S. 1 BGB). Bei Gefahr...

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