Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlasssache: Berechnung der Vergütung des Nachlasspflegers. Nachlaßsache. Festsetzung der Nachlaßpflegervergütung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Berechnung der Nachlaßpflegervergütung, wenn das Schwergewicht der Tätigkeit des Nachlaßpflegers vor dem Inkrafttreten der Neuregelung der Vergütung durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz liegt.

 

Normenkette

BGB § 1836 a.F., § 1960

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Aktenzeichen 8 T 3272/99)

AG Mühldorf a. Inn (Aktenzeichen VI 135/98)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 wird der Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 3. Februar 2000 aufgehoben.

II. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3 wird der Beschluß des Amtsgerichts Mühldorf vom 29. April 1999 abgeändert wie folgt:

Dem Beteiligten zu 9 wird für die Tätigkeit als Nachlaßpfleger eine Vergütung von 10.000 DM bewilligt.

 

Gründe

I.

Die am 28.2.1998 verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Das Nachlaßgericht ordnete mit Beschluß vom 6.5.1998 für ihre unbekannten Erben die Nachlaßpflegschaft an zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und zur Ermittlung der Erben. Als Nachlaßpfleger wurde am 20.5.1998 der Beteiligte zu 9, ein Rechtsanwalt, bestellt. Mit Schreiben vom 27.7.1998 teilte er dem Nachlaßgericht mit, er habe die Erben – die Nichten und Neffen der Erblasserin – mit einer Ausnahme ermitteln können; insoweit habe er die nötigen Nachforschungen in die Wege geleitet. Er teilte ferner mit, daß der Nachlaß aus Bankguthaben in Höhe von insgesamt 108.854,89 DM sowie aus einer Eigentumswohnung bestehe, deren Wert er auf ca. 180.000,– DM schätze. Mit Schreiben vom 8.1.1999 teilte er dem Nachlaßgericht mit, er habe nunmehr die Erbenermittlung abgeschlossen. Auf den Antrag des Beteiligten zu 3 vom 3.2.1999 erteilte das Nachlaßgericht am 17.2.1999 einen gemeinschaftlichen Erbschein, wonach die Erblasserin von den Beteiligten zu 1 und 8 zu je 1/4, von den Beteiligten zu 6 und 7 zu je 1/8 und von den Beteiligten zu 2 bis 5 zu je 1/16 beerbt wurde.

Mit Schreiben vom 31.3.1999 teilte der Nachlaßpfleger dem Nachlaßgericht mit, er habe den Erben am 5.3.1999 einen Schlußbericht erstellt und das Angebot unterbreitet, die Erbauseinandersetzung für die Erbengemeinschaft gegen eine pauschale Vergütung für die Tätigkeit als Nachlaßpfleger und die Erbauseinandersetzung in Höhe von 10 % des Reinnachlasses durchzuführen; eine entsprechende Vereinbarung sei aber nicht zustande gekommen. Er beantragte, „bevor der Nachlaß ausgehändigt werden kann”, eine Vergütung für seine Tätigkeit als Nachlaßpfleger in Höhe von 17.400,– DM (einschließlich Mehrwertsteuer) festzusetzen. Entsprechend diesem Antrag bewilligte das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 29.4.1999 dem Beteiligten zu 9 eine Vergütung von 17.400,– DM. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 3 wies das Landgericht mit Beschluß vom 3.2.2000 zurück, nachdem es sich vom Beteiligten zu 9 dessen Handakten hatte vorlegen lassen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3.

II.

Die vom Landgericht zugelassene weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 Abs. 1, § 56 g Abs. 5 Satz 2, § 75 FGG; vgl. BayObLGZ 2000, 26/28). Sie ist in der Form des § 29 Abs. 1 FGG und in der sich aus § 22 Abs. 1, § 29 Abs. 2, § 56 g Abs. 5 Satz 1 FGG ergebenden Frist eingelegt. Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 3 für die weitere Beschwerde ergibt sich bereits aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerde (BayObLGZ 1998, 195; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. Rn. 7; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. Rn. 10 jeweils zu § 27 FGG). Damit ist die weitere Beschwerde zulässig; es ist weder ein Antrag noch eine Begründung erforderlich (Keidel/Kahl aaO Rn. 11).

Die weitere Beschwerde ist auch begründet. Das Gericht der weiteren Beschwerde ist ungeachtet des Umstands, daß die weitere Beschwerde nicht begründet wurde, zur Nachprüfung der Gesetzmäßigkeit der Beschwerdeentscheidung verpflichtet (Keidel/Kahl aaO Rn. 15). Die Zurückweisung der Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung des Beteiligten zu 9 durch das Nachlaßgericht hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht in jeder Hinsicht stand.

1. Das Landgericht hat zu Recht die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 3 für die Erstbeschwerde bejaht. Das Recht des (Mit-)Erben ist stets betroffen (§ 20 Abs. 1 FGG), wenn das zuständige Gericht eine Vergütung für den Nachlaßpfleger festsetzt (BayObLGZ 1974, 260/261 f.; 1993, 325/327; FamRZ 90, 801).

2. Das Landgericht hat, obwohl die Nachlaßpflegschaft bisher nicht aufgehoben wurde, die Nachlaßpflegervergütung nach dem bis zum 31.12.1998 geltenden Recht festgesetzt, weil sich aus den beigezogenen Handakten des Nachlaßpflegers ergeben habe, daß beinahe sämtliche pflegerischen Geschäfte bereits im Jahr 1998 durchgeführt worden seien.

Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

a) Die Nachlaßpflegschaft ist eine Form der Personenpflegschaft „für denjenigen, welcher Erbe w...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge