Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlasspflegschaft
Leitsatz (redaktionell)
Die Anordnung einer Nachlasspflegschaft kann nicht auf die Anhängigkeit einer Feststellungsklage zwischen verschiedenen Erbprätendenten gestützt werden.
Normenkette
BGB § 1960
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 21.05.2002; Aktenzeichen 6 T 1790/02) |
AG Starnberg (Aktenzeichen VI 976/99) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 21. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 3 hat die den Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 77.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der am 26.10.1999 im Alter von 69 Jahren verstorbene Erblasser war geschieden, die Beteiligten zu 1 und 2 sind Söhne des Erblassers aus der geschiedenen Ehe; weitere Kinder hatte der Erblasser nicht.
Der Erblasser hat die Beteiligte zu 3 mit handschriftlichem Testament vom 30.7.1999 und mit weiterem notariell beurkundeten Testament vom 4.8.1999 zu seiner Alleinerbin eingesetzt. Auf diese testamentarischen Verfügungen stützt die Beteiligte zu 3 ihre Annahme, Alleinerbin des Erblassers geworden zu sein. Dagegen sind die Beteiligten zu 1 und 2 der Auffassung, der Erblasser sei von ihnen aufgrund gesetzlicher Erbfolge je zur Hälfte beerbt worden, da der Erblasser bei Errichtung der Testamente vom 30.7.1999 und 4.8.1999 nicht mehr testierfähig gewesen sei. Entsprechende Erbscheinsanträge sind von den Beteiligten zu 1 und 2 sowie der Beteiligten zu 3 gestellt worden.
In dem Erbscheinsverfahren kündigte das Nachlaßgericht mit Vorbescheid vom 20.11.2000 die Erteilung eines Erbscheins an, demzufolge der Erblasser von den Beteiligten zu 1 und 2 je zur Hälfte beerbt worden sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 3 wurde mit Beschluß des Landgerichts vom 19.6.2001, die gegen den landgerichtlichen Beschluß gerichtete weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 wurde mit Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 22.11.2001 zurückgewiesen. Daraufhin hat das Nachlaßgericht den Beteiligten zu 1 und 2 am 10.12.2001 den mit Vorbescheid vom 20.11.2000 angekündigten Erbschein erteilt.
Mit Schriftsatz vom 19.12.2001 reichte die Beteiligte zu 3 beim Landgericht Klage auf Feststellung ein, daß sie Alleinerbin des Erblassers geworden sei. Ebenfalls mit Schriftsatz vom 19.12.2001 beantragte die Beteiligte zu 3 bei dem Nachlaßgericht unter Hinweis auf die von ihr anhängig gemachte Feststellungsklage die Einziehung des Erbscheins vom 10.12.2001. Diesen Antrag hat das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 22.1.2002 zurückgewiesen.
Mit Beschluß des Nachlaßgerichts vom 6.12.1999 war für die unbekannten Erben des Erblassers Nachlaßpflegschaft angeordnet und der Beteiligte zu 4 zum Nachlaßpfleger bestellt worden. Nach Erteilung des Erbscheins beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 mit Schriftsatz vom 20.12.2001 die Aufhebung der Nachlaßpflegschaft. Das Nachlaßgericht wies diesen Antrag mit Beschluß vom 19.2.2002 zurück. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 hob das Landgericht mit Beschluß vom 21.5.2002 den Beschluß des Nachlaßgerichts auf und wies das Nachlaßgericht an, die mit Beschluß vom 6.12.1999 angeordnete Nachlaßpflegschaft aufzuheben. Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 3 weitere Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Gegen den Beschluß, der die Anordnung der Nachlaßpflegschaft aufhebt, gibt § 57 Abs. 1 Nr. 3 FGG i.V.m. § 75 FGG die Beschwerdeberechtigung jedem, der ein rechtliches Interesse an der Änderung der Verfügung hat. Die Beteiligte zu 3 ist danach beschwerdeberechtigt, da sie sich in einem zivilrechtlichen Feststellungsrechtsstreit einer Alleinerbenstellung in bezug auf den Erblasser berühmt; als Erbprätendentin kann sie geltend machen, weiterhin ein Bedürfnis an der Sicherung des Nachlasses durch Nachlaßpflegschaft zu haben.
2. Das Landgericht hat im wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Nachlaßpflegschaft nach § 1960 Abs. 1 und 2 BGB seien nach dem Ergebnis des Erbscheinsverfahrens nicht mehr gegeben. Die Erben des Erblassers seien nunmehr bekannt und durch den erteilten Erbschein richtig ausgewiesen. Diese Überzeugung des Beschwerdegerichts gründe sich auf die im Erbscheinsverfahren getätigten Ermittlungen, die nicht erschüttert seien. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der inzwischen erhobenen Feststellungsklage. Zwar werde rechtsverbindliche Klarheit zwischen den streitenden Erbprätendenten darüber, wer von ihnen als Erbe anzusehen sei, nur im Feststellungsrechtsstreit geschaffen, da das in diesem Rechtsstreit ergehende Urteil zwischen den Parteien (§ 325 ZPO) in Rechtskraft erwachse, während der Erbschein nur die Vermutung begründe, daß demjenigen, welcher in ihm als Erbe bezeichnet sei, das darin ausgewiesene Erbrecht zusteh...