Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungssache
Leitsatz (amtlich)
1. Die Frage, ob dem Betreuer eines nicht mittellosen Betroffenen in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 3 BVormVG ein Härteausgleich zu gewähren ist, ist auf der Grundlage des dem Betreuer nach neuem Recht, ggf. unter Berücksichtigung besonderer Schwierigkeiten der Betreuung, zuzubilligenden Stundensatzes zu beurteilen.
2. Zur Verzinsung der Vergütung des Berufsbetreuers.
Normenkette
BGB §§ 288, 291, 1836; BVormVG § 1 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Obernburg a.M. (Aktenzeichen XVII 210/00) |
LG Aschaffenburg (Aktenzeichen 5 T 62/00) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts Aschaffenburg vom 2. Mai 2001 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Aschaffenburg zurückverwiesen.
Gründe
I.
Mit Beschluß vom 20.1.2000 bestellte das Amtsgericht für die nicht mittellose Betroffene eine ehemalige Rechtsanwaltsgehilfin zur Berufsbetreuerin mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Aufenthaltsbestimmung für nervenärztliche Behandlung, Gesundheitsfürsorge, Stellung von Anträgen bei Behörden und Gerichten und Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post.
Die Betreuerin, die seit 1994 Betreuungen berufsmäßig führt, beantragte mit den auf 1.4.2000, 11.7.2000 und 11.10.2000 datierten Anträgen, ihr unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 75,00 DM zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 14.1. bis 10.10.2000 eine Vergütung von 12.070,38 DM zu bewilligen. Das Amtsgericht setzte am 10.11.2000 unter Zugrundelegung des geltend gemachten Zeitaufwands im Umfang von 138 Stunden 45 Minuten die Vergütung auf der Basis eines Nettostundensatzes von 60,00 DM auf 9.657,00 DM nebst 4 % Zinsen ab Eingang des jeweiligen Antrags fest.
Auf die sofortige Beschwerde der Betreuerin änderte das Landgericht gemäß Beschluß vom 2.5.2001 den Beschluß des Amtsgerichts dahin ab, daß der Betreuerin für die maßgebende Zeit auf der Grundlage eines Stundensatzes von 70,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer eine Vergütung in Höhe von 11.265,69 DM nebst 4 % Zinsen aus 776,19 DM seit 4.4.2000, aus weiteren 2.963,80 DM seit 13.7.2000 und aus weiteren 4.350,70 DM seit 16.10.2000 bewilligt wurde.
Hiergegen wendet sich der Verfahrenspfleger mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Er greift an, daß das Landgericht den Regelstundensatz der Betreuerin zunächst um den Härteausgleich erhöht und dann den so errechneten Wert zusätzlich wegen der Schwierigkeit der Sache weiter angehoben habe. Soweit der Betreuerin auf der Grundlage eines Stundensatzes von 70,00 DM eine Vergütung für Tätigkeiten im „unbeschreiblich vermüllten” Haus der Betroffenen (insgesamt 730 Minuten, davon 270 Minuten bis 30.6.2000) bewilligt worden ist, nimmt die weitere Beschwerde dies hin.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere vom Landgericht zugelassen (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG).
Soweit der Verfahrenspfleger zur Begründung seines Rechtsmittels nur einzelne Punkte der landgerichtlichen Entscheidung angreift, liegt darin allein keine Beschränkung des Rechtsmittels.
2. Das Landgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Für die Bemessung der einem Berufsbetreuer zu bewilligenden Vergütung seien die für die Führung der Betreuung nutzbaren Fachkenntnisse des Betreuers sowie der Umfang und die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte maßgebend. Für Vergütungen aus dem Vermögen eines bemittelten Betreuten seien die Stundensätze des § 1 BVormVG nicht zwingend verbindlich, hätten aber als wesentliche Orientierungshilfe zu gelten. Unter Zugrundelegung der besonderen Schwierigkeit der Betreuungstätigkeit sei vorliegend ein erhöhter Stundensatz von 70,00 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer gerechtfertigt.
Der Betreuerin stünde als Rechtsanwaltsgehilfin mit abgeschlossener Berufsausbildung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG ein Stundensatz von 45,00 DM zu.
Nach der gesetzlichen Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG könne das Vormundschaftsgericht für den Zeitraum bis zum 30.6.2001 bei der Festsetzung der Vergütung für einen Betreuer, der – wie hier – bereits vor dem 1.1.1999 über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren Betreuungen berufsmäßig geführt habe, abweichend von dem sich entsprechend der Qualifikation des Betreuers aus § 1 Abs. 1 BVormVG ergebenden Betrag einen höheren, 60,00 DM jedoch nicht übersteigenden Stundensatz zugrunde legen, wobei sich die aus der Abweichung ergebende Vergütung an der bisherigen Vergütung des Betreuers orientieren solle. Auch diese für den Zeitraum bis zum 30.6.2001 geltende „Besitzstandswahrung” sei vorliegend bei der Bemessung der Vergütungshöhe mit zu berücksichtigen. Die Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG gelte über § 1836a BGB unmittelbar zwar nur, wenn die Vergütung wegen Mittellosigkeit des Betreuten aus der Staatskasse zu leisten sei. Der mit § 1 Abs. 3 ...