Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Vertagung einer Gläubigerversammlung
Leitsatz (amtlich)
Der Beschluss, mit dem das Insolvenzgericht einen Antrag auf Vertagung der Gläubigerversammlung abgelehnt hat, ist nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
Normenkette
InsO §§ 6, 75 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Beschluss vom 18.05.2005; Aktenzeichen 3 T 143/05) |
AG Chemnitz (Entscheidung vom 27.01.2005; Aktenzeichen 1309 IN 1222/00) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Chemnitz vom 18.5.2005 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1) als unzulässig verworfen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
[1]I.
Auf den Antrag der (weiteren) Beteiligten zu 1) bestimmte das Insolvenzgericht Termin zur Durchführung einer weiteren Gläubigerversammlung auf den 13.8.2003. Diese Gläubigerversammlung wurde mehrfach, zuletzt auf den 26.1.2005 vertagt. Den dort auch von der Beteiligten zu 1) gestellten Antrag auf erneute Vertagung hat das Insolvenzgericht - Rechtspfleger - mit Beschluss vom 27.1.2005 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das Beschwerdegericht als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1).
[2]II.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
[3]1. Die Befugnis zur Rechtsbeschwerde setzt voraus, dass die sofortige Beschwerde statthaft war (BGH v. 16.3.2000 - IX ZB 2/00, BGHZ 144, 78 [79 ff.] = MDR 2000, 779; Beschl. v. 18.9.2003 - IX ZB 75/03, BGHReport 2004, 129 = MDR 2004, 233 = WM 2003, 2344; v. 16.10.2003 - IX ZB 599/02, BGHReport 2004, 128 = MDR 2004, 232 = WM 2003, 2390 [2391]; v. 7.10.2004 - IX ZB 128/03, BGHReport 2005, 339 = MDR 2005, 294 = WM 2004, 2494 [2495]; v. 7.4.2005 - IX ZB 63/03, BGHReport 2005, 1000 = MDR 2005, 1128 = WM 2005, 1246). Das war hier nicht der Fall. Die Insolvenzordnung sieht ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts über eine Vertagung nicht vor (§ 6 Abs. 1 InsO). Deshalb entspricht es - soweit ersichtlich - allgemeiner Meinung, dass gegen die Ablehnung der Vertagung einer Gläubigerversammlung die sofortige Beschwerde nicht gegeben ist (LG Göttingen v. 21.8.2000 - 10 T 68/00, ZIP 2000, 1945 [1946]; Ganter in MünchKomm/InsO, § 6 Rz. 14; FK-InsO/Kind, 4. Aufl., § 74 Rz. 16; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl., § 6 Rz. 7; Kübler/Prütting, InsO, § 6 Rz. 16b; Braun/Kießner, InsO, 2. Aufl., § 6 Rz. 8; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 6 Rz. 11; Alter, EWiR 2001, 235 [236]).
[4]Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) kommt eine entsprechende Anwendung des § 75 Abs. 3 InsO nicht in Betracht (im Ergebnis ebenso OLG Köln ZInsO 2001, 1112). Nach dieser Vorschrift steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu, wenn sein Antrag, eine Gläubigerversammlung einzuberufen, abgelehnt wird. Ihrer analogen Anwendung auf den Fall der Ablehnung einer Vertagung steht schon das in § 6 Abs. 1 InsO enthaltene Enumerationsprinzip entgegen. Auch sind die Fälle nicht vergleichbar. Während im Falle der Ablehnung eines Einberufungsantrags eine Gläubigerversammlung gar nicht erst stattfindet, hat der Gläubiger im Falle der Ablehnung einer Vertagung Gelegenheit, in der zunächst einberufenen - und hier mehrfach vertagten - Gläubigerversammlung seine Interessen wahrzunehmen. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Ausnahme, wie sie der Senat im Beschluss vom 4.3.2004 (BGH v. 4.3.2004 - IX ZB 133/03, BGHZ 158, 212 [214 ff.] = BGHReport 2004, 985 m. Anm. Gottwald = MDR 2004, 1022) anerkannt hat, liegen hier nicht vor. Der von der Rechtsbeschwerde durch die allgemeine Bezugnahme auf das Vorbringen der Beteiligten zu 1) im Erstbeschwerdeverfahren nur pauschal behauptete Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs vermag einen im Gesetz nicht vorgesehenen Instanzenzug nicht zu eröffnen.
[5]2. Dahinstehen kann, ob die Entscheidung über eine Vertagung der Gläubigerversammlung nicht insolvenzspezifisch, sondern zivilverfahrensrechtlicher Art ist. In diesem Fall scheitert die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde bereits daran, dass das LG sie in dem angefochtenen Beschluss nicht zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO; Ganter in MünchKomm/InsO, Bd. 3, § 7 n.F. Rz. 23; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 7 Rz. 4). Im Gegenteil schließt die über § 4 InsO anwendbare Vorschrift des § 227 Abs. 4 Satz 3 ZPO die isolierte Anfechtbarkeit einer solchen Entscheidung aus (Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 227 Rz. 12); zu einem faktischen Stillstand des Verfahrens führt die Entscheidung des Insolvenzgerichts nicht.
[6]3. Da die eingelegte Rechtsbeschwerde unstatthaft ist, hat der Senat nicht zu entscheiden, ob der von der Beteiligten zu 1 eingelegte Rechtsbehelf als befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG zu behandeln war (Alter, EWiR 2001, 235 [236]).
Fundstellen
Haufe-Index 1508422 |
DStR 2006, 1801 |
BGHR 2006, 986 |
ZIP 2006, 1065 |
DZWir 2006, 350 |
MDR 2006, 1247 |
NZI 2006, 404 |
NZI 2007, 5 |
Rpfleger 2006, 496 |
ZInsO 2006, 547 |
ZVI 2006, 460 |