Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung Ablehnungsgesuch. OLG-Beschluss. Rechtsmittel
Leitsatz (amtlich)
Gegen einen Beschluss des OLG über die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs (§ 46 Abs. 2 ZPO) ist die Rechtsbeschwerde nur im Fall ihrer Zulassung (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), ansonsten kein Rechtsmittel statthaft.
Normenkette
ZPO §§ 46, 567 Abs. 1, § 574 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats des OLG München v. 6.8.2003 wird auf Kosten der Klägerinnen als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 1.265.000 EUR
Gründe
I. Die beiden Klägerinnen sind Aktionäre der Beklagten. Ihre Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen mehrere Hauptversammlungsbeschlüsse der Beklagten wurde in erster Instanz unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am LG P. abgewiesen, den sie zuvor erfolglos als befangen abgelehnt hatten; ihre sofortige Beschwerde (§ 46 Abs. 2 ZPO) ist von dem 7. Zivilsenat des OLG durch den VorsRi Dr. G.und die Ri F. und Dr. B. zurückgewiesen worden. Nach Einlegung der Berufung der Klägerinnen gegen das erstinstanzliche Urteil ist die Streithelferin, die ebenfalls Aktionärin der Beklagten ist, dem - nunmehr bei dem 7. Zivilsenat des OLG anhängigen - Rechtsstreit mit Schriftsatz v. 16.5.2003 beigetreten. Unter Ziff. 5 der "Begründung" zu ihrem Berufungsantrag hat sie "die im bisherigen Verfahren tätigen Richter ... als befangen abgelehnt". Auf die Mitteilung des Berufungsgerichts durch den Senatsvorsitzenden Dr. G. v. 2.7.2003, dass die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt sei, erklärte die Streithelferin mit Schriftsätzen v. 8. und 21.7.2003, dass ihr Ablehnungsgesuch sich auch auf ihn sowie die Richter F. und Dr. B. erstreckt habe und die drei Richter u.a. wegen Verstoßes gegen § 47 ZPO erneut abgelehnt würden. Das OLG hat mit Beschluss v. 6.8.2003 (unter Mitwirkung anderer Richter) die Ablehnungsgesuche v. 8. und 21.7.2003 zurückgewiesen und festgestellt, dass der Schriftsatz der Streithelferin v. 16.5.2003 kein Ablehnungsgesuch gegen die Richter des Berufungsgerichts enthalte. Dagegen richtet sich die - von dem OLG nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Klägerinnen, die am 15.9.2003 bei dem BGH eingegangen ist.
II. Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen.
1. Eine Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde kraft ausdrücklicher Gesetzesbestimmung (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) scheidet hier aus, weil § 46 Abs. 2 ZPO als Rechtsmittel gegen einen Beschluss, durch den ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, nur die sofortige Beschwerde vorsieht; auch diese ist jedoch gem. § 567 Abs. 1 ZPO gegen Beschlüsse des OLG - unter Einschluss solcher gem. § 46 ZPO - nicht statthaft (Musielak/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 46 Rz. 4; ebenso zu § 567 Abs. 4 ZPO a.F. BGH, Beschl. v. 17.9.1986 - IVb ZB 106/86, MDR 1987, 130 = NJW-RR 1987, 191; Beschl. v. 3.2.1993 - XII ZB 9/93, NJW-RR 1993, 644). Davon abgesehen wäre die Frist gem. § 569 Abs. 1 ZPO hier nicht gewahrt. Ebensowenig ist die Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, weil das Berufungsgericht sie nicht zugelassen hat.
2. Ein Rechtsmittel gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist im Gesetz nicht vorgesehen und verfassungsrechtlich auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerfG v. 30.4.2003 (BVerfG v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02, MDR 2003, 886 = NJW 2003, 1924 ff.) nicht geboten.
a) Ein Instanzenzug ist von Verfassungs wegen nicht garantiert (BVerfG v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02, MDR 2003, 886 = NJW 2003, 1924). Aus dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch folgt zwar das Gebot einer zumindest einmaligen Kontrolle der Einhaltung von Verfahrensgrundrechten, insb. derjenigen gem. Art. 101 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG; jedoch muss diese Kontrolle nicht zwingend durch eine höhere Instanz erfolgen (BVerfG v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02, MDR 2003, 886 = NJW 2003, 1924 [1926]). Demgemäß ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass über ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit eines oder mehrerer Richter eines OLG durch andere Richter dieses Gerichts abschließend entschieden wird und eine nochmalige Überprüfung dieses Gesuchs durch ein Rechtsmittelgericht nicht stattfindet (BGH, Beschl. v. 3.2.1993 - XII ZB 9/93, NJW-RR 1993, 644). Da § 557 Abs. 2 ZPO auch eine entsprechende Inzidentprüfung durch das Revisionsgericht im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die von den erfolglos abgelehnten Richtern getroffene Hauptsacheentscheidung ausschließt (BGH v. 11.7.1985 - X ZB 18/84, = BGHZ 95, 302 [306] = MDR 1986, 493), ist es - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - ohne Belang, ob die Hauptsacheentscheidung ihrerseits anfechtbar oder - wie hier - durch unanfechtbaren Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO getroffen worden ist.
b) Eine "außerordentliche" Beschwerde neben den in den Verfahrensgesetzen normierten Rechtsmitteln kommt nicht in Betracht, weil die Zulassung solcher Rechtsbehelfe gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsmittelklarheit verstieße (BGH, Beschl. v. 14.7.2004 - XII ZB 268/03; Beschl. v. 7.3.2002 - IX ZB 11/02, BGHReport 2002, 431 = MDR 2002, 901 = WM 2002, 775 f.).
Fundstellen
BGHR 2005, 392 |
FamRZ 2005, 261 |
NJW-RR 2005, 294 |
WM 2005, 76 |
ZIP 2005, 46 |
MDR 2005, 409 |