Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich. Höhe des Ausgleichsbetrags. Vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente in der gesetzlichen Krankenversicherung. Abschlag. Verminderter Zugangsfaktor. Arbeitsrechtliche Abfindung. Abänderung des Versorgungsausgleichs. Halbteilungsgrundsatz. Bewertung des gesetzlichen Rentenanrechts
Leitsatz (amtlich)
Zur Höhe des Ausgleichsbetrags, wenn ein Ehegatte wegen der bereits während der Ehe erfolgten vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung einen Abschlag bei der Höhe der Versorgung hat hinnehmen müssen (Fortführung des Senatsbeschlusses v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, BGH v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, MDR 2005, 1411 = BGHReport 2005, 1385 = FamRZ 2005, 1455 ff.).
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 2; SGB VI § 76 Abs. 7
Verfahrensgang
KG Berlin (Beschluss vom 28.03.2006; Aktenzeichen 18 UF 65/05) |
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Entscheidung vom 04.02.2005; Aktenzeichen 12 F 5877/03) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 18. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des KG in Berlin vom 28.3.2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als
- vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zusätzliche Rentenanwartschaften von 47,60 EUR, bezogen auf den 31.10.2003, übertragen worden sind (dritter Absatz des Entscheidungssatzes) und
- der Antragsgegner verpflichtet worden ist, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung eine monatliche Ausgleichsrente von 672,99 EUR sowie für den Zeitraum bis einschließlich Dezember 2011 eine weitere monatliche Ausgleichsrente von 90,27 EUR zu zahlen (vierter und sechster Absatz des Entscheidungssatzes) und
- der Antragsgegner verpflichtet worden ist, in Höhe der geschuldeten Ausgleichsrenten die Abtretung seiner Versorgungsansprüche ggü. der S. AG an die Antragsgegnerin zu erklären (fünfter und siebenter Absatz des Entscheidungssatzes).
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das OLG zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 2.000 EUR
Gründe
I.
[1] Die Parteien haben am 25.6.1965 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 15.4.1942) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 24.7.1940) am 26.11.2003 zugestellt worden. Der Antragsteller ist bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand getreten. Seit 1.5.2002 bezieht er betriebliche Rentenleistungen und eine gesetzliche Altersrente, die wegen des 60 Monate vor der Regelaltersgrenze liegenden Leistungsbeginns mit einem um 18 % verminderten Zugangsfaktor berechnet wird. Für das vorzeitige Ausscheiden aus seinem Arbeitsverhältnis hat der Antragsteller eine arbeitsrechtliche Abfindung i.H.v. brutto 459.878 DM (235.131,88 EUR) erhalten. Die Antragsgegnerin bezieht seit 1.8.2000 eine gesetzliche Vollrente wegen Alters und eine Betriebsrente.
[2] Das AG - FamG - hat die Ehe durch Verbundurteil geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es im Wege des Rentensplittings nach § 1587b Abs. 1 Satz 1 BGB vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund; weitere Beteiligte) auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund Rentenanwartschaften i.H.v. 465,48 EUR, bezogen auf den 31.10.2003, übertragen hat. Gleichzeitig hat es auf Antrag der Antragsgegnerin den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach § 1587g BGB durchgeführt und den Antragsteller verpflichtet, an die Antragsgegnerin eine schuldrechtliche Ausgleichsrente i.H.v. 802,91 EUR zu zahlen.
[3] Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das KG die Entscheidung zum Versorgungsausgleich dahin abgeändert, dass der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich zugunsten der Antragsgegnerin durch Rentensplitting i.H.v. 424,76 EUR und durch erweitertes Splitting nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG i.H.v. 47,60 EUR (jeweils monatlich und bezogen auf den 31.10.2003) durchzuführen ist. Außerdem hat es den Antragsteller verpflichtet, ab Rechtskraft der Ehescheidung an die Antragsgegnerin eine schuldrechtliche Ausgleichsrente i.H.v. monatlich 672,99 EUR sowie bis einschließlich Dezember 2011 eine weitere schuldrechtliche Ausgleichsrente i.H.v. monatlich 90,27 EUR zu zahlen und seine betrieblichen Anrechte jeweils in entsprechender Höhe abzutreten.
[4] Nach den Feststellungen des KG haben die Parteien während der Ehezeit (1.6.1965 bis 31.10.2003; § 1587 Abs. 2 BGB) Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Den Wert der Anwartschaften des Antragsstellers hat das KG mit 1.426,47 EUR, monatlich und bezogen auf das Ehezeitende, festgestellt; dabei ist es von einem Zugangsfaktor ausgegangen (0,946), der nur die in die Ehezeit fallenden Zeiten vorzeitigen Rentenbezugs berücksichtigt. Den Wert der Anwartschaften der Antragsgegnerin hat es mit 576,95 EUR ermittelt (monatlich und bezogen auf das Ehezeitende). Daneben hat der Antragsteller statische Anrechte auf eine betriebliche Altersversorgung bei der S.-AG i.H.v. insgesamt 1.951,79 EUR monatlich (1.818,26 EUR zzgl. eines Überseezuschlags von 133,53 EUR); zudem verfügt er über ein bis Dezember 2011 befristetes betriebliches Anrecht aus einer Zusatzversorgung aus Gehaltsverzicht bei der S.-AG in Höhe einer Jahresrente von 2.166,34 EUR (monatlich 180,53 EUR). Die Antragsgegnerin verfügt über ein nach Auffassung des Beschwerdegerichts ebenfalls statisches betriebliches Anrecht bei der Sch.-AG in Höhe einer Jahresrente von 6.099,72 EUR (monatlich 508,31 EUR, seit 1.1.2004 angepasst auf monatlich 526,51 EUR).
[5] Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Antragsteller erreichen, dass sein gesetzliches Rentenanrecht im Versorgungsausgleich unter Anwendung eines Zugangsfaktors (von 0,82) bewertet wird, dessen Verminderung nicht nur die in die Ehezeit fallenden, sondern auch die nach dem Ehezeitende liegenden Zeiten vorzeitigen Rentenbezugs berücksichtigt.
II.
[6] Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das KG, soweit zugunsten der Antragsgegnerin das erweiterte Splitting sowie der schuldrechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt worden sind.
[7] 1. Das Beschwerdegericht hat für die Bewertung der gesetzlichen Rentenanwartschaften des Antragstellers nach § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB die in der Ehezeit erworbenen Entgeltpunkte mit dem bei Ehezeitende geltenden aktuellen Rentenwert und - wegen des vorzeitigen Rentenbezugs des Antragstellers - mit einem Zugangsfaktor (von 0,946; §§ 63 Abs. 5, 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 SGB VI) multipliziert, der (nur) die in die Ehezeit fallenden Zeiten vorzeitigen Rentenbezugs berücksichtigt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.
[8] Zwar ist nach § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB bei der Wertermittlung von Rentenanrechten aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Zugangsfaktor unberücksichtigt zu lassen. Diese Regelung ist jedoch zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes verfassungskonform dahin auszulegen, dass der Zugangsfaktor bei der Berechnung des Ehezeitanteils nur dann und insoweit außer Betracht bleibt, als die für seine Herabsetzung maßgeblichen Zeiten vorzeitigen Rentenbezugs nicht in der Ehezeit zurückgelegt worden sind (Senatsbeschluss v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, BGH v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, MDR 2005, 1411 = BGHReport 2005, 1385 = FamRZ 2005, 1455, 1458; vgl. auch Staudinger/Rehme BGB 2003 § 1587a Rz. 243 ff.). Soweit die bereits zurückgelegten Kalendermonate vorzeitigen Rentenbezugs in die Ehezeit fallen, steht bereits fest, dass der Versicherte eine gesetzliche Altersrente mit dem Zugangsfaktor 1,0 nicht mehr erreichen kann, sodass eine fiktive Berechnung des Altersruhegeldes mit diesem Zugangsfaktor dem wirklichen Wert seiner Versorgung am Ende der Ehezeit nicht entspricht. Es wäre dann mit dem Halbteilungsgrundsatz nicht in Einklang zu bringen, wenn der Zugangsfaktor auch insoweit unberücksichtigt bliebe, als die für seine Veränderung maßgeblichen Zeiten vorzeitigen Rentenbezugs in die Ehezeit fallen (Senatsbeschluss v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, BGH v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, MDR 2005, 1411 = BGHReport 2005, 1385 = FamRZ 2005, 1455, 1458).
[9] a) Dagegen macht die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg geltend, der Antragsteller habe den vorzeitigen Rentenbezug bereits in der Ehezeit beantragt, weshalb auch die nach dem Ehezeitende (31.10.2003) liegenden Verminderungszeiten einen Bezug zur Ehezeit hätten und der insgesamt verminderte, also auch die nachehelichen Verminderungszeiten einbeziehende Zugangsfaktor im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen sei.
[10] Für die Bewertung des gesetzlichen Rentenanrechts ist nach § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB von dem Betrag auszugehen, der sich am Ende der Ehezeit aus den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten "ohne Berücksichtigung des Zugangsfaktors" als Vollrente wegen Alters ergäbe. In dieser Vorschrift kommt das Stichtagsprinzip zum Ausdruck, nach dem für die Bewertung eines in der Ehezeit erworbenen Anrechts grundsätzlich der bei Ehezeitende erreichte Wert entscheidend ist (Senatsbeschluss v. 13.5.1987 - IVb ZB 118/82, BGH v. 13.5.1987 - IVb ZB 118/82, MDR 1987, 1010 = FamRZ 1987, 918, 919). Als Bewertungsstichtag ist für die einzubeziehenden Anrechte und ihre bis dahin erlangten wertbestimmenden Merkmale das Ehezeitende maßgeblich. Gleichzeitig bildet es im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich den notwendigen festen zeitlichen Bezugspunkt für den wertmäßigen Vergleich der einzelnen Anrechte und die ggf. erforderliche Vergleichbarmachung durch Umrechnung (Prütting/Wegen/Weinreich/Rehme BGB 2. Aufl. vor §§ 1587 ff. Rz. 12). Für die Bewertung des gesetzlichen Rentenanrechts des Antragstellers kann dabei nicht darauf abgestellt werden, dass sich der wirkliche, auf das Ehezeitende bezogene Wert unter Heranziehung des sich insgesamt ergebenden, auch die nach dem Ehezeitende liegenden Verminderungszeiten einbeziehenden Zugangsfaktors (von 0,82) berechne, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt die vorgezogene Altersrente bereits beantragt und bezogen habe und die Wiederaufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung unwahrscheinlich gewesen sei. Der Antragsteller hatte nämlich nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB VI die Möglichkeit, nach Ehezeitende die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente durch eine individuelle Entscheidung zu beenden und damit eine in der Ehezeit (möglicherweise mit der Antragsgegnerin gemeinsam) getroffene Entscheidung rückgängig zu machen. Dass der Antragsteller diese Möglichkeit wegen des Erhalts der Abfindung nicht gehabt hätte, wie die Rechtsbeschwerde meint, ist nicht ersichtlich. Die Entscheidung des Ausgleichspflichtigen, die vorgezogene Altersrente über das Ehezeitende hinaus weiter in Anspruch zu nehmen, hat zur Ehezeit keinen unmittelbaren Bezug mehr und muss bei der Bewertung des gesetzlichen Rentenanrechts außer Betracht bleiben (Senatsbeschluss v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, BGH v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, MDR 2005, 1411 = BGHReport 2005, 1385 = FamRZ 2005, 1455, 1458). Nur soweit die bereits zurückgelegten Kalendermonate in die Ehezeit fallen, steht zum Stichtag Ehezeitende bereits fest, dass der Versicherte eine gesetzliche Altersrente mit dem Zugangsfaktor 1,0 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr erreichen kann.
[11] Zwar können seit Einführung des Abänderungsverfahrens nach § 10a VAHRG auch nachehezeitliche, auf individuellen Verhältnissen beruhende Änderungen, die einen anderen Ehezeitanteil des Anrechts ergeben, bereits bei der Erstentscheidung berücksichtigt werden, um ein späteres Abänderungsverfahren zu vermeiden (vgl. Senatsbeschlüsse v. 14.10.1998 - XII ZB 174/94, BGH v. 14.10.1998 - XII ZB 174/94, MDR 1999, 99 = FamRZ 1999, 157; v. 6.7.1988 - IVb ZB 151/84, FamRZ 1988, 1148, 1150 f.). Für die Höhe einer Versorgung bleibt aber stets ihr am Ehezeitende erreichter Wert maßgebend. Auch nach § 10a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG können nur solche nachträglichen Umstände rechtlicher und tatsächlicher Art berücksichtigt werden, die rückwirkend einen anderen Ehezeitanteil oder eine andere Ausgleichsform ergeben. Hingegen bleiben - unter Aufrechterhaltung des Stichtagsprinzips - die bei Ehezeitende bestehenden Bemessungsgrundlagen eines Anrechts festgeschrieben (vgl. Senatsbeschlüsse v. 14.10.1998 - XII ZB 174/94, BGH v. 14.10.1998 - XII ZB 174/94, MDR 1999, 99 = FamRZ 1999, 157; v. 11.3.1992 - XII ZB 172/90, BGH v. 11.3.1992 - XII ZB 172/90, MDR 1992, 678 = FamRZ 1992, 790, 791). Das gilt auch für den für die Bewertung maßgeblichen Zugangsfaktor.
[12] b) Gegen die Einbeziehung des Zugangsfaktors in die Bewertung eines Anrechts nach § 1587 Abs. 2 Nr. 2 BGB wird geltend gemacht, sie führe zu einer doppelten Berücksichtigung des Zugangsfaktors. Dieser fließe bereits in die Berechnung der Monatsrente durch den Rententräger ein, indem die für eine Rente maßgeblichen persönlichen Entgeltpunkte gem. §§ 64, 66 Abs. 1, 77 Abs. 1 SGB VI mit dem Zugangsfaktor multipliziert würden (Brudermüller NJW 2005, 3187, 3191; vgl. hierzu auch Schmeiduch NZS 2006, 240, 242 ff. und Kemnade FamRZ 2005, 1751 f.).
[13] An dieser Kritik ist einerseits richtig, dass die Bewertung eines Anrechts nach § 1587 Abs. 2 Nr. 2 BGB unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors nicht dazu führen darf, dass der Versorgungsausgleich im Ergebnis zu Lasten des Rentenversicherers geht. Dies wäre der Fall, wenn die vom ausgleichspflichtigen Ehegatten erworbenen (und ohne Zugangsfaktor berechneten) Entgeltpunkte durch den Versorgungsausgleich (gemäß § 76 Abs. 1 bis 3, 7 SGB VI) um einen Abschlag an Entgeltpunkten verringert würden, der bereits unter Berücksichtigung eines (die in die Ehezeit fallenden Verminderungszeiten erfassenden) Zugangsfaktors berechnet ist; denn dann würden die sich aufgrund des Abschlags ergebenden und für die Rentenberechnung maßgebenden Entgeltpunkte (gemäß § 66 Abs. 1 SGB VI) nochmals mit einem (nunmehr alle Verminderungszeiten erfassenden) Zugangsfaktor multipliziert. Die bereits im Abschlag berücksichtigten Verminderungszeiten würden mithin - über die Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte nach § 66 Abs. 1 SGB VI - erneut zu einer Verkürzung des Abschlags führen. Dieser zweimaligen Verkürzung des Abschlags beim ausgleichspflichtigen Ehegatten stünde aber nur eine einmalige Kürzung des Zuschlags gegenüber, um den die Entgeltpunkte des ausgleichsberechtigten Ehegatten aufgrund des Versorgungsausgleichs zu erhöhen sind. Der Wertausgleich wäre somit nicht kostenneutral, weil der Versicherungsträger dem Ausgleichsberechtigten einen Betrag zu leisten hätte, der über der gekürzten, dem Versorgungsausgleich zugrunde liegenden Altersrente des Ausgleichspflichtigen läge (vgl. hierzu die Berechnung von Kemnade, a.a.O., S. 1751).
[14] Andererseits gewährleistet nur die vom Senat aufgezeigte Methode, dass das auszugleichende laufende Anrecht des Antragstellers mit seinem wirklichen Wert zum Stichtag Ehezeitende - und nicht mit einem fiktiven höheren Wert, der bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht mehr erreicht werden kann - bei der Berechnung des Ausgleichsbetrages Berücksichtigung findet und dem in § 1587a Abs. 1 BGB normierten Halbteilungsgrundsatz Rechnung getragen wird (vgl. Senatsbeschluss v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, BGH v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, MDR 2005, 1411 = BGHReport 2005, 1385 = FamRZ 2005, 1455, 1458). Ein Wertausgleich zu Lasten des Rentenversicherers kann deshalb nicht dadurch vermieden werden, dass - entgegen der Senatsrechtsprechung - der Zugangsfaktor bei der Bewertung nach § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB auch insoweit außer Betracht bleibt, als Verminderungszeiten innerhalb der Ehezeit zurückgelegt wurden. Die Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs ist aber dadurch zu erreichen, dass bei laufenden Renten "Entgeltpunkte" i.S.v. § 76 Abs. 7 SGB VI als nach § 66 SGB VI berechnete "persönliche Entgeltpunkte" verstanden werden. Der versorgungsausgleichsbedingte Zu- und Abschlag an Entgeltpunkten ist also erst vorzunehmen, nachdem zuvor die Entgeltpunkte gem. § 66 SGB VI mit dem Zugangsfaktor multipliziert worden und somit zu persönlichen Entgeltpunkten geworden sind. Erfolgt der Zuschlag zu und der Abschlag von den persönlichen Entgeltpunkten, wird vermieden, dass der Abschlag doppelt - nämlich über die Berechnung des Abschlags und nochmals über die Bildung der persönlichen Entgeltpunkte - vermindert wird, ohne dass dem eine gleichfalls doppelte Berücksichtigung des Zugangsfaktors beim Zuschlag gegenüberstünde.
[15] c) Die Rechtsbeschwerde wendet weiter ein, die dem Antragsteller wegen seiner vorzeitigen Verrentung gewährte arbeitsrechtliche Abfindung (235.131,88 EUR brutto) sei bereits bei der Vermögensauseinandersetzung der Parteien berücksichtigt worden. Der niedrigere gesetzliche Rentenanspruch des Antragstellers beruhe auf seinem Vorruhestand, für den er die Abfindung erhalten habe. Berücksichtige man bei der Bewertung der gesetzlichen Rentenanwartschaften des Antragstellers nun lediglich die in die Ehezeit fallenden Monate des vorzeitigen Rentenbezugs als Verminderungszeiten, würde dies für die Monate nach Ehezeitende bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu einer den Halbteilungsgrundsatz verletzenden Doppelberücksichtigung der arbeitsrechtlichen Abfindung beim Versorgungsausgleich und beim Zugewinnausgleich der Parteien führen.
[16] Auch dies verhilft der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg. Zwar entspricht das Verbot der Doppelberücksichtigung der Rechtsprechung des Senats, nach der ein güterrechtlicher Ausgleich nicht stattfindet, soweit eine Vermögensposition bereits auf andere Weise ausgeglichen wird, sei es unterhaltsrechtlich oder im Wege des Versorgungsausgleichs (Senat, Urt. v. 21.4.2004 - XII ZR 185/01, FamRZ 2004, 1352, 1353; v. 11.12.2002 - XII ZR 27/00, FamRZ 2003, 432, 433). Die Gefahr einer Doppelberücksichtigung von Vermögenspositionen besteht vorliegend indessen nicht. Das Beschwerdegericht hat die vom Antragsteller bezogene Abfindung weder als ein dem Versorgungsausgleich unterliegendes Anrecht behandelt und nach §§ 1587 ff. BGB ausgeglichen, noch ist das zu bewertende gesetzliche Rentenanrecht mit Mitteln aus einem vorzeitigen Zugewinnausgleich und deshalb mit einer dem Ausgleich nach § 1363 ff. BGB unterliegenden Vermögensposition begründet worden (vgl. Senatsbeschluss v. 11.3.1992 - XII ZB 172/90, BGH v. 11.3.1992 - XII ZB 172/90, MDR 1992, 678 = FamRZ 1992, 790, 791). Soweit bei der nach § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB vorzunehmenden Bewertung des gesetzlichen Rentenanrechts des Antragstellers ein Zugangsfaktor unter 1,0 zu berücksichtigen ist, liegt dies allein am vorzeitigen Bezug einer Altersrente, nicht aber am Erhalt der arbeitsrechtlichen Abfindung. Die Abfindung ist kein den Wert des Rentenanrechts unmittelbar beeinflussender Umstand, sondern allenfalls ein individuelles Motiv des Antragstellers für den vorzeitigen Bezug der (geminderten) gesetzlichen Rente. Den formalen Vorschriften des Versorgungsausgleichs ist es aber fremd, bei der Bewertung eines Anrechts zum Stichtag Ehezeitende unter Billigkeitsgesichtspunkten individuelle Motive und Entscheidungen des Berechtigten zu berücksichtigen, die für die Begründung oder den Bezug eines Anrechts ausschlaggebend waren. Die Bewertung ehezeitlich erworbener und deshalb in den Versorgungsausgleich fallender Anrechte ist nach § 1587a Abs. 2 bis 8 BGB vielmehr ein Vorgang, der - abgesehen von dem Sonderfall des Abs. 5 der Vorschrift - allein im Wege der dort bestimmten Berechnungsschritte durchzuführen ist. Diese rechnerische Wertfeststellung ist ihrem Wesen nach wertungsfrei und deshalb nicht mit Billigkeitserwägungen zu belasten (Senatsbeschluss v. 22.6.1983 - IVb ZB 35/82, BGH v. 22.6.1983 - IVb ZB 35/82, MDR 1984, 35 = FamRZ 1983, 999, 1000).
[17] d) Den für den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich maßgeblichen Wert des gesetzlichen Rentenanrechts des Antragstellers hat das KG deshalb zu Recht mit 1.426,47 EUR angenommen und aus dem Zeitraum 1.5.2002 (Rentenbeginn) bis 31.10.2003 (Ehezeitende) einen verminderten Zugangsfaktor von 0,946 errechnet (1,0 - ?0,003 X 18 MONATE ≫ = 0,946x 1.507,90 ≪EHEZEITANTEIL OHNE ZUGANGSFAKTOR≫ = 1.426,47 EUR). Es errechnet sich ein dem Rentensplitting nach § 1587b Abs. 1 Satz 1 BGB unterliegender Ausgleichsbetrag von (≪1.426,47 - 576,95≫: 2 =) 424,76 EUR.
[18] e) Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob das Ausgleichsergebnis wegen der Kürzung des Anrechts durch die nachehezeitlichen Monate des vorgezogenen Rentenbezugs einer Korrektur nach § 1587c Nr. 1 BGB wegen grober Unbilligkeit unterliegen kann. Dies könnte allenfalls dann in Betracht zu ziehen sein, wenn der die vorzeitige Rente beziehende Antragsteller keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben kann und über keine sonstigen auskömmlichen Einkünfte verfügt, sodass sein Unterhalt nur durch den (weiteren) vorgezogenen Rentenbezug gesichert werden könnte, wobei im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch die Unterhaltslage der Ehefrau zu berücksichtigen ist (Senatsbeschluss v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, BGH v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03, MDR 2005, 1411 = BGHReport 2005, 1385 = FamRZ 2005, 1455, 1458). Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich, zumal dem Antragsteller neben seinen gesetzlichen Rentenanrechten - auch nach einem schuldrechtlichen Wertausgleich - noch ausreichende betriebliche Versorgungsanrechte verbleiben.
[19] 2. Das KG hat die laufenden Betriebsrenten der Eheleute entsprechend den auf § 16 Abs. 1 BetrAVG verweisenden Auskünften der S.-AG und der Sch.-AG als statisch behandelt und zutreffend mit ihren Bruttobeträgen (vgl. Senatsbeschluss v. 16.8.2000 - XII ZB 73/98, BGH v. 16.8.2000 - XII ZB 73/98, MDR 2000, 1250 = FamRZ 2001, 25) in die Bilanz der schuldrechtlich auszugleichenden Anrechte eingestellt. Dabei hat es den nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durch erweitertes Splitting i.H.v. 47,60 EUR ausgeglichenen Teil der Betriebsrente des Antragstellers bei der S.-AG in ein statisches Anrecht zurückgerechnet und einen Betrag von 79,38 EUR als bereits ausgeglichen behandelt. In der schuld-rechtlichen Ausgleichsbilanz ist deshalb die gezahlte Betriebsrente in der Folge nicht mit monatlich insgesamt 1.951,79 EUR, sondern nur mit (1.951,79 EUR - 79,38 EUR =) 1.872,41 EUR berücksichtigt und so eine schuldrechtliche Ausgleichsrente von monatlich 672,99 EUR errechnet worden (rechnerisch richtig ≪1.872,41 - 526,51 = 1.345,90: 2 =≫ 672,95 EUR), zzgl. 90,27 EUR monatlich für die bis 2011 befristete Zusatzversorgung des Antragstellers.
[20] a) Es kann dahinstehen, ob die Begründung des KG, die einen individuellen Nachvollzug des mit einem Computerprogramm ermittelten Ergebnisses durch den Tatrichter auch nicht ansatzweise erkennen lässt, als Grundlage der rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung generell geeignet ist. Denn im vorliegenden Fall erweist sich die Wiedergabe des computergestützten Rechenwegs durch das KG bereits aus anderen Gründen als greifbar fehlerhaft. Die Berücksichtigung eines bereits öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Teilbetrages bei der Ermittlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente hat nämlich nicht - wie hier geschehen - dadurch zu erfolgen, dass der ausgeglichene Teilbetrag von der vollen ehezeitlichen Betriebsrente (hier: Zahlbetrag) des ausgleichspflichtigen Ehegatten in Abzug gebracht wird; vielmehr ist der Teilbetrag von dem sich aus der Bilanz der schuldrechtlich auszugleichenden Betriebsrenten der Parteien ergebenden hälftigen Ausgleichsanspruch abzuziehen (vgl. Senatsbeschluss v. 25.5.2005 - XII ZB 127/01, FamRZ 2005, 1464, 1465). Anderenfalls würde der bereits ausgeglichene Teil des Ausgleichsanspruchs zum Nachteil des Antragstellers nur hälftig berücksichtigt.
[21] b) Dieser Fehler benachteiligt den Antragsteller in unterschiedlicher Höhe, je nachdem, ob die schuldrechtlich auszugleichende Betriebsrente bei der S.-AG dynamisch oder - wie vom KG angenommen - statisch ist.
[22] Die Beurteilung der Betriebsrente des Antragstellers bei der S.-AG als leistungsdynamisch hätte zur Folge, dass ein nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bereits durch erweitertes Splitting i.H.v. 47,60 EUR ausgeglichener Teil des Anrechts im schuldrechtlichen Wertausgleich vorab vom errechneten Ausgleichsbetrag in Abzug zu bringen wäre, und zwar mit seinem derzeitigen Zahlbetrag - bei einem, wie hier, unveränderten Rentenwert also mit dem Nominalbetrag des übertragenen Anrechts. Wäre die Betriebsrente des Antragstellers bei der S.-AG mit der Auffassung des Beschwerdegerichts statisch, wäre im Rahmen einer Neuberechnung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ein nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG mit einem dynamisierten Wert von 47,60 EUR ausgeglichener Teilbetrag (unter Zugrundelegung der seit 1.6.2006 geltenden Barwert-Verordnung) in einen (höheren) statischen Betrag zurückzurechnen und vom Ausgleichsbetrag abzuziehen.
[23] Gegen die Beurteilung des betrieblichen Anrechts als statisch bestehen dabei Bedenken. Der Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ausgesprochen, dass sich allein mit dem Hinweis auf § 16 BetrAVG die Annahme einer Statik im Leistungsstadium nicht rechtfertigen lässt (Senatsbeschluss v. 17.1.2007 - XII ZB 168/01, BGH v. 17.1.2007 - XII ZB 168/01, FamRZ 2007, 996, 998 f.). Entscheidend für die Annahme einer Leistungsdynamik ist vielmehr, ob die Überprüfungspflicht des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 1 BetrAVG innerhalb eines angemessenen Vergleichszeitraumes tatsächlich dazu geführt hat, dass das betriebliche Anrecht mit den genannten Steigerungsraten der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung Schritt halten kann, und dies auch für die Zukunft prognostizierbar ist (Senatsbeschluss v. 17.1.2007 - XII ZB 168/01, BGH v. 17.1.2007 - XII ZB 168/01, FamRZ 2007, 996, 998 f.).
[24] 3. Das KG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob und in welcher Höhe laufende Betriebsrenten der S.-AG in der Vergangenheit innerhalb eines angemessenen Vergleichszeitraums angepasst wurden. Die angegriffene Entscheidung kann deshalb nicht bestehen bleiben, soweit das erweiterte Splitting nach § 3b Abs. 1 Nr. 1VAHRG und der schuldrechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt worden sind. Vielmehr wird das KG die Dynamik der Betriebsrente anhand einer aktuellen Auskunft der S.-AG neu zu beurteilen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1784677 |
NJW 2008, 296 |
BGHR 2007, 1125 |
EBE/BGH 2007 |
FamRZ 2007, 1542 |
NJW-RR 2008, 81 |
MDR 2007, 1261 |
FamRB 2007, 358 |