Leitsatz (amtlich)
"Nächsthöheres Gericht" i.S.v. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 GKG ist nicht der BGH.
Normenkette
GKG § 68 Abs. 1 S. 5, § 66 Abs. 3 S. 2 Hs. 1
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Entscheidung vom 05.12.2006; Aktenzeichen 21 S 216/06) |
AG Rüsselsheim (Entscheidung vom 30.08.2006; Aktenzeichen 3 C 224/06 (31)) |
OLG Frankfurt am Main |
Tenor
Die Sache wird an das OLG Frankfurt zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.
Gründe
I.
[1] Das AG hat den Streitwert auf 132.031,88 EUR festgesetzt (Klage: 10.031,88 EUR, Widerklage: 122.000 EUR). Nach Berufungsrücknahme durch den Beklagten hat das LG den Streitwert für die Berufungsinstanz auf insgesamt 10.031,88 EUR festgesetzt. Der dagegen gerichteten Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit dem Ziel der Heraufsetzung hat das LG nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
[2] Das OLG hat die Sache dem BGH vorgelegt. Es hat die Auffassung vertreten, der BGH sei "das nächsthöhere Gericht" i.S.v. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 GKG und damit zur Entscheidung über die Streitwertbeschwerde zuständig.
II.
[3] Die Sache ist dem OLG zurückzugeben, welches in eigener Zuständigkeit über die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers im eigenen Namen erhobene Streitwertbeschwerde (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 68 GKG) zu entscheiden hat. "Nächsthöheres Gericht" i.S.v. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 GKG ist nicht der BGH. Gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG findet, wie auch das OLG nicht verkannt hat, eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt. Dadurch ist klar gestellt, dass Beschwerdegericht jedenfalls nicht der BGH ist.
[4] Die Entscheidung über die weitere Frage, ob eine Streitwertentscheidung des LG als Berufungsgericht unanfechtbar ist oder ob dagegen nach der Neufassung des Gerichtskostengesetzes durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5.5.2004 (BGBl. I, 718) eine Streitwertbeschwerde zum OLG eröffnet ist, obliegt ihm selbst. Diese Frage beantwortet sich insb. danach, ob mit der Formulierung in § 66 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 GKG "Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht" die Rangfolge im Instanzenzug oder die Reihenfolge im Gerichtsaufbau gemeint ist. Letzteres entspricht mit Rücksicht auf die ansonsten unverständliche Formulierung des § 66 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 GKG und im Anschluss an die Gesetzesmaterialien, wonach "unabhängig vom Instanzenzug der Hauptsache als Beschwerdegericht grundsätzlich das allgemein dem erkennenden Gericht übergeordnete Gericht anzusehen" ist (BT-Drucks. 14/1571, 157; BR-Drucks. 830/03, 186) und die Streitwertbeschwerde - anders als nach § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F. - auch dann zulässig sein soll, wenn das Rechtsmittelgericht die Entscheidung erlassen hat (BT-Drucks. 14/1571, 158; BR-Drucks. 830/03, 187), der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (OLG Celle, 3. Zivilsenat, OLGR 2006, 270; OLG Celle, 2. Zivilsenat, OLGR 2007, 198; OLG Düsseldorf ZMR 2006, 858; OLG Rostock v. 14.8.2006 - 3 W 78/06, OLGReport Rostock 2006, 1004; OLG Dresden, Beschl. v. 18.7.2006 - 10 W 816/06, juris; Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 12. Aufl., Rz. 4958 ff.; N. Schneider, AGS 2006, 613; Deichfuß, MDR 2006, 1264; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, Stand: Dezember 2006, § 66 Rz. 89; Meyer, Gerichtskostengesetz, 8. Aufl., § 68 Rz. 1; a.A. OLG Celle, 11. Zivilsenat, OLGR 2006, 191, mit ablehnender Anmerkung Onderka, AGS 2006, 246, 247; Madert in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, RVG, 17. Aufl., § 32 RVG Rz. 80). Eine Divergenzvorlage zum BGH ist gesetzlich insoweit nicht vorgesehen.
Fundstellen
BGHR 2007, 1048 |
EBE/BGH 2007 |
FamRZ 2007, 1649 |
NJW-RR 2008, 151 |
JurBüro 2007, 533 |
MDR 2007, 1285 |
AGS 2007, 469 |
RVGreport 2008, 274 |