Verfahrensgang
OLG München (Beschluss vom 01.03.2013; Aktenzeichen 2 UF 1945/12) |
AG München (Entscheidung vom 22.11.2012; Aktenzeichen 521 F 7700/11) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des OLG München vom 1.3.2013 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Beschwerdewert: bis 600 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf Zugewinnausgleich in Anspruch. Nachdem der Antragsgegner Auskunft über sein Endvermögen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags erteilt hatte, hat die Antragstellerin auch Auskunft über das Vermögen zum Trennungszeitpunkt beantragt.
Rz. 2
Das FamG hat den Antragsgegner in erster Stufe verurteilt, der Antragstellerin in näher bezeichnetem Umfang Auskunft über seine Vermögensverhältnisse zu dem erstinstanzlich festgestellten Trennungszeitpunkt zu erteilen. Dabei hat es das Auskunftsbegehren abgewiesen, soweit es sich auf Wertangaben zu der vom Antragsgegner betriebenen Apotheke bezogen hat, weil diesbezüglich bereits Auskunft erteilt bzw. die beantragte Auskunft für erledigt erklärt worden sei.
Rz. 3
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 600 EUR nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
II.
Rz. 4
Die gem. § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Rz. 5
1. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) oder in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Die genannten Verfahrensgrundrechte verbieten es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BGH v. 12.10.2011 - XII ZB 127/11, FamRZ 2011, 1929 m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt auch kein Verstoß des Beschwerdegerichts gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG vor.
Rz. 6
2. Das OLG hat die Erstbeschwerde nach §§ 68 Abs. 2 Satz 2, 61 Abs. 1 FamFG als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR nicht übersteige. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Rz. 7
a) Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstandes richte sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordere. Der erforderliche Zeitaufwand sei auf höchstens sechs Arbeitsstunden zu schätzen, denn der Antragsgegner könne auf seine umfangreiche und von der Gegenseite akzeptierte Auskunft zum Endvermögen zurückgreifen und müsse lediglich veränderte Werte oder Kontostände einsetzen und überprüfen, ob Vermögensgegenstände weggefallen oder erst nach dem Trennungszeitpunkt hinzugekommen seien. Als Stundensatz seien 17 EUR anzusetzen. Die daneben anfallenden Kosten für Kopien seien auf 100 EUR zu schätzen. Soweit sich der Antragsgegner darauf berufe, aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Auskunftserteilung in der Lage zu sein, sei das nicht hinreichend belegt. Außerdem habe er sich selbst zur Auskunft bereit erklärt und lediglich den Stichtag beanstandet. Mehraufwendungen habe er trotz gerichtlichen Hinweises nicht vorgetragen. Insgesamt könne daher allenfalls ein Betrag zwischen 300 und 600 EUR anfallen.
Rz. 8
b) Das OLG hat zutreffend erkannt, dass für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGH v. 23.5.2012 - XII ZB 594/11 - juris Rz. 6; v. 21.3.2012 - XII ZB 420/11 - juris Rz. 6; v. 26.10.2011 - XII ZB 465/11, FamRZ 2012, 24 Rz. 16; v. 23.3.2011 - XII ZB 436/10, FamRZ 2011, 882 Rz. 9 m.w.N.).
Rz. 9
Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei seiner Schätzung eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (BGH v. 23.5.2012 - XII ZB 594/11 - juris Rz. 7; v. 21.3.2012 - XII ZB 420/11 - juris Rz. 7; v. 26.10.2011 - XII ZB 465/11, FamRZ 2012, 24 Rz. 17; v. 14.2.2007 - XII ZB 150/05, FamRZ 2007, 711 Rz. 9; v. 3.11.2004 - XII ZB 165/00, FamRZ 2005, 104, 105; BGHZ 155, 127 = FamRZ 2003, 1267 [1268]; v. 24.7.2002 - XII ZB 31/02, FamRZ 2003, 597). Letzteres ist hier nicht der Fall.
Rz. 10
aa) Das Beschwerdegericht hat berücksichtigt, dass der Antragsgegner bereits eine von der Antragstellerin akzeptierte Auskunft zum Endvermögen abgegeben hat, auf die er für die jetzt geschuldete Auskunft aufbauen kann. Diese Erwägung ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil der für den konkreten Einzelfall zu schätzende Aufwand maßgeblich ist, der aufgrund bereits geleisteter Vorarbeiten reduziert sein kann.
Rz. 11
Die gegen den vom Beschwerdegericht geschätzten Stundenaufwand von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen sind unbegründet. Die von ihr zum Beleg eines erhöhten Aufwands angeführten Einzelangaben zu Grundstücksgrößen, Belastungen, Baujahr, Bauweise, Nutzungsart, Nutzungsflächen und anderen Faktoren sind allesamt bereits in der zum Endvermögen erteilten Auskunft enthalten, so dass der Antragsgegner hierauf in vollem Umfang zurückgreifen kann. Dass sich Angaben in Bezug auf den Apothekenbetrieb aufwandserhöhend auswirken, ist schon deshalb ausgeschlossen, weil das FamG dem Antragsgegner eine Auskunftspflicht zum Wert der Apotheke nicht auferlegt hat. Auch die von der Rechtsbeschwerde angeführten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen können die Richtigkeit der Wertfestsetzung des Beschwerdegerichts nicht in Frage stellen. Der Antragsgegner muss - wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat - unabhängig von der Einkunftsart lediglich die verschiedenen Beträge und Kontenstände zum Trennungszeitpunkt einsetzen und die Aufstellung im Übrigen auf ihre Vollständigkeit überprüfen. Dass dies zusammen mit Kopierkosten einen Gesamtaufwand von über 600 EUR verursacht, ist weder dargelegt noch ersichtlich.
Rz. 12
bb) Ebenso unbegründet ist der weitere Einwand der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe die für die Erstellung einer Vermögensbilanz anfallenden Kosten eines Steuerberaters i.H.v. 1.500 bis 2.000 EUR unberücksichtigt gelassen. Die Kosten der Hinzuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstands nämlich nur Berücksichtigung finden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (BGH v. 23.5.2012 - XII ZB 594/11 - juris Rz. 8; v. 21.3.2012 - XII ZB 420/11 - juris Rz. 8; v. 26.10.2005 - XII ZB 25/05, FamRZ 2006, 33, 34; BGH, Urt. v. 11.7.2001 - XII ZR 14/00, FamRZ 2002, 666, 667).
Rz. 13
Davon ist das Beschwerdegericht hier zu Recht nicht ausgegangen. Soweit die Rechtsbeschwerde zur Begründung ihrer Rüge auf die Apotheke abstellt, übersieht sie, dass der Antragsgegner insoweit nicht zur Auskunftserteilung verurteilt worden ist. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern die von ihm zu erteilende Auskunft die Erstellung einer Vermögensbilanz oder einer sonstigen Bilanz auf den Trennungszeitpunkt durch einen Steuerberater erfordern soll.
Fundstellen