Leitsatz (amtlich)

Zum Umfang der von Amts wegen vorzunehmenden Sachaufklärung bezüglich der Auswahl eines Betreuers.

 

Normenkette

BGB § 1897 Abs. 4; FamFG § 26

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Beschluss vom 29.05.2018; Aktenzeichen 32 T 635/17)

AG Amberg (Entscheidung vom 21.06.2017; Aktenzeichen 3 XVII 146/17)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Amberg vom 29.5.2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Zivilkammer des LG zurückverwiesen.

Wert: 5.000 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Für die 1926 geborene Betroffene, die an Demenz leidet, ist im vorliegenden Verfahren eine rechtliche Betreuung angeordnet worden.

Rz. 2

Bezüglich des Aufgabenkreises Gesundheitssorge sowie Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern einschließlich des jeweiligen Postverkehrs hat das AG die Beteiligte zu 4), eine Enkelin der Betroffenen, zur Betreuerin bestellt. Zum Ersatzbetreuer hat es insoweit den Beteiligten zu 2), ebenfalls ein Enkel der Betroffenen, bestellt. Für die Vermögenssorge, die Aufenthaltsbestimmung verbunden mit Entscheidungen über Wohnungsangelegenheiten und Abschluss von Heimverträgen sowie den entsprechenden Postverkehr ist der Beteiligte zu 5) als Berufsbetreuer bestellt worden.

Rz. 3

Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist vom LG durch Beschluss vom 4.9.2017 zurückgewiesen worden. Dieser Beschluss ist auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2) durch Senatsbeschluss vom 14.3.2018 (XII ZB 503/17, FamRZ 2018, 849) aufgehoben worden. Nach Zurückverweisung der Sache hat das LG unter unzutreffender Bezeichnung des Rechtsmittels als "sofortige Beschwerde" den Beteiligten zu 2) zum alleinigen Betreuer bestellt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des zum Verfahrenspfleger bestellten Beteiligten zu 1).

II.

Rz. 4

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung auch des nunmehr angefochtenen Beschlusses und zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das LG.

Rz. 5

1. Das LG hat seine Entscheidung nach durchgeführter persönlicher Anhörung der Betroffenen damit begründet, dass die Bestellung des Beteiligten zu 2) zum Betreuer dem ausdrücklichen Wunsch der Betroffenen entspreche. Gewichtige Gründe des Wohls der Betroffenen stünden dem nicht entgegen. Eine konkrete Gefahr, dass dieser die Betreuung nicht zum Wohl der Betroffenen führen werde, könne nicht festgestellt werden. Die bestehenden familiären Spannungen zwischen den Beteiligten genügten dafür nicht.

Rz. 6

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Rz. 7

Die Rechtsbeschwerde rügt zutreffend, dass das LG die nach § 26 FamFG notwendige Aufklärung zu der Frage unterlassen hat, ob die Bestellung des Beteiligten zu 2) dem Wohl der Betroffenen zuwiderläuft. Für eine diesbezügliche Aufklärung liegen hier gewichtige Anhaltspunkte vor. Insbesondere hat der Beteiligte zu 2) zumindest versucht, erhebliche Verfügungen über das Vermögen der Betroffenen zu veranlassen, wozu nähere Umstände und Hintergründe vom LG von Amts wegen hätten aufgeklärt werden müssen. Wie das LG dennoch zu der Aussage gelangt ist, es lasse sich nicht feststellen, dass eine Auswahl des Beteiligten zu 2) dem Wohl der Betroffenen widerspreche, erscheint bei dem gegebenen Sachstand nicht nachvollziehbar. Das LG hätte vor einer abschließenden Sachentscheidung vielmehr den gegen den Beteiligten zu 2) geäußerten Vorwürfen der weiteren Beteiligten zu 1), 4) und 5), insb. den unklar gebliebenen näheren Umständen einer Schenkung über insgesamt 32.000 EUR sowie der Tragfähigkeit der vom Beteiligten zu 2) hierfür angegebenen Begründung, nachgehen müssen. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) muss - und darf - für die Entscheidung im dem Erwachsenenschutz dienenden Betreuungsverfahren nicht der Ausgang der gegen den Beteiligten zu 2) eingeleiteten (Zivil- und Ermittlungs-)Verfahren abgewartet werden.

Rz. 8

3. Da die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht, ist sie aufzuheben und die Sache an das LG zurückzuverweisen. Der Senat macht wegen der wiederholten Aufhebung und Zurückverweisung von der Möglichkeit gem. § 74 Abs. 6 Satz 3 FamFG Gebrauch, die Sache an eine andere Zivilkammer des LG zurückzuverweisen (vgl. BGH v. 15.3.2017 - XII ZB 563/16 - juris Rz. 12; Keidel/Meyer-Holz FamFG 19. Aufl., § 74 Rz. 86).

Rz. 9

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 12993494

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