Leitsatz (amtlich)
a) Einer Rückforderung überzahlter Betreuervergütung kann der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn eine Abwägung ergibt, dass dem Vertrauen des Berufsbetreuers auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage der Vorrang einzuräumen ist (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 25.11.2015 - XII ZB 261/13 - FamRZ 2016, 293).
b) Die in § 20 Abs. 1 GNotKG zum Ausdruck kommende Wertung, wonach das Kosteninteresse der Staatskasse zurücktreten kann, wenn es von der zuständigen Stelle nicht innerhalb angemessener Frist verfolgt wird und sich das Gegenüber auf die getroffene Regelung gutgläubig eingerichtet hat, kann bei der Beurteilung des schutzwürdigen Vertrauens des Betreuers in die Beständigkeit seiner Vermögenslage berücksichtigt werden (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 25.11.2015 - XII ZB 261/13 FamRZ 2016, 293).
Normenkette
FamFG § 168 Abs. 1 S. 4, § 292 Abs. 1; VBVG § 4; GNotKG § 20 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 20.02.2019; Aktenzeichen 3 T 2/19) |
AG Geilenkirchen (Beschluss vom 31.07.2018; Aktenzeichen 8 XVII 371/15 St) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Aachen vom 20.2.2019 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Wert: 536 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Das Verfahren betrifft die gerichtliche Festsetzung der Betreuervergütung nach §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 FamFG.
Rz. 2
Die Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Betreuerin) wurde mit Beschluss des AG vom 26.2.2016 zur Berufsbetreuerin des Betroffenen bestellt. Mit Beschluss vom 6.3.2018 wurde die Betreuung aufgehoben.
Rz. 3
Auf ihren Antrag wurde der Betreuerin im Dezember 2016 für den Zeitraum vom 26.2.2016 bis 26.8.2016 im Wege der Verwaltungsanweisung auf der Grundlage eines erhöhten Stundensatzes von 44 EUR eine Vergütung i.H.v. 1.650 EUR bewilligt und ausbezahlt. Auf weiteren Antrag wurde ihr im März 2017 für den Zeitraum vom 27.8.2016 bis 26.2.2017, erneut auf der Grundlage eines Stundensatzes von 44 EUR, eine Vergütung i.H.v. 1.320 EUR bewilligt und ausbezahlt. Am 29.1.2018 beantragte der Bezirksrevisor (Beteiligter zu 2), die Vergütung der Betreuerin für den gesamten Zeitraum vom 26.2.2016 bis 26.2.2017 unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 33,50 EUR auf insgesamt 2.261,25 EUR festzusetzen und einen überzahlten Betrag von 708,75 EUR wieder einzuziehen. Mit Schreiben vom 22.4.2018 beantragte die Betreuerin, ihre Vergütung für den Zeitraum vom 27.2.2017 bis 26.8.2017 unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von 44 EUR auf 924 EUR festzusetzen.
Rz. 4
Das AG hat auf der Grundlage eines Stundensatzes von 33,50 EUR die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung der Betreuerin für den Zeitraum vom 27.2.2016 bis 26.8.2017 auf insgesamt 2.964,75 EUR festgesetzt und im Hinblick auf die schon erfolgten Auszahlungen i.H.v. 2.970 EUR angeordnet, dass keine weiteren Auszahlungen mehr vorzunehmen sind.
Rz. 5
Auf die Beschwerde der Betreuerin hat das LG unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen den amtsgerichtlichen Beschluss teilweise abgeändert und die Vergütung der Betreuerin für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum auf 3.358,50 EUR festgesetzt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Betreuerin - auch unter Berücksichtigung ihres Vertrauensschutzes - die Festsetzung ihrer Betreuervergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 44 EUR.
II.
Rz. 6
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
Rz. 7
1. Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Betreuerin könne nur einen Stundensatz von 33,50 EUR verlangen, weil die von ihr erworbenen beruflichen Zusatzqualifikationen nicht den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG für den erhöhten Stundensatz von 44 EUR genügten. Bei der im Zeitraum von September 1994 bis August 1996 berufsbegleitend über vier Semester durchgeführten Weiterbildung zur Bankfachwirtin handele es sich lediglich um eine Fortbildung im Rahmen einer beruflichen Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz. Diese Fortbildung erreiche mit 345 Unterrichtsstunden nicht den für § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VBVG erforderlichen Umfang. Gleiches gelte auch unter Berücksichtigung des im Zeitraum vom November 1996 bis September 1997 belegten Aufbaustudiengangs über zwei Semester mit insgesamt 224 Unterrichtstunden und der im November 1997 abgelegten Abschlussprüfung zur Bankbetriebswirtin (BA). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der bis zum 30.6.2005 geltenden Regelung in § 2 Abs. 2 BVormVG, wonach auch andere Weiterqualifikationen als eine Hochschulausbildung als gleichwertig hätten anerkannt werden können, wenn dies durch Landesrecht bestimmt worden sei. Die Betreuerin habe mit ihren Fortbildungen weder eine entsprechende Weiterqualifikation erworben, noch seien die Voraussetzungen für eine Anerkennung im Übrigen erfüllt gewesen.
Rz. 8
Ohne Erfolg berufe sich die Betreuerin auch auf Vertrauensschutz hinsichtlich des in der Vergangenheit zugebilligten Stundensatzes. Das Betreuungsgericht sei nicht nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, an dem in früheren Festsetzungsbeschlüssen zugebilligten Stundensatz von 44 EUR auch für die Zukunft festzuhalten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Behauptung der Betreuerin, wonach sie etwa im Jahr 2002 ausdrücklich beim Rechtspfleger des AG E. nachgefragt habe, ob die Teilnahme an einer damals angebotenen Nachqualifikation zum Erhalt der höchsten Vergütungsstufe notwendig sei und dieser ihr nach Rücksprache mit dem zuständigen Bezirksrevisor erklärt habe, dass eine Teilnahme nicht notwendig und der höchste Vergütungssatz aufgrund ihrer Ausbildung zur Bankbetriebswirtin nicht gefährdet sei. Selbst wenn eine solche Erklärung schützenswertes Vertrauen auf Seiten der Betreuerin hätte begründen können, wäre allenfalls das AG E. oder das LG M. an diesen Vertrauensschutz gebunden.
Rz. 9
Allerdings könne einer (Neu-)Festsetzung der Betreuervergütung, welche eine Rückforderung überzahlter Beträge zur Folge habe, im Einzelfall der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn das Vertrauen des Betreuers auf die Beständigkeit einer ihm in der Vergangenheit rechtswidrig gewährten Vergütung schutzwürdig sei. Da ein Berufsbetreuer seinen Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus den Einnahmen der Betreuervergütung bestreite und die formlos festgesetzten und ausgezahlten Beträge im Zeitpunkt der späteren förmlichen Festsetzung regelmäßig bereits verbraucht seien, könne eine Zumutbarkeitsschwelle überschritten sein, wenn bereits ausgezahlte Vergütungen für einen übermäßig langen Zeitraum zurückgefordert würden. Entsprechend der in § 20 Abs. 1 GNotKG enthaltenen gesetzlichen Wertung sei das Vertrauen des Betreuers auf den Bestand der erhaltenen Zahlungen in der Regel vor Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Auszahlung der Vergütung noch nicht schutzwürdig. Betreffe die Rückforderung demgegenüber Auszahlungen, die in dem der Geltendmachung der Rückforderung vorangegangenen Jahr erfolgt seien, ergebe sich aus der Wertung des § 20 Abs. 1 GNotKG, dass insofern in der Regel von einem schutzwürdigen Vertrauen des Auszahlungsempfängers auszugehen sei.
Rz. 10
Deshalb stehe vorliegend das Vertrauen der Betreuerin zwar einer Rückforderung der im Jahr 2016 zu viel ausbezahlten Vergütung i.H.v. 393,75 EUR entgegen, nicht jedoch hinsichtlich der Überbezahlung von 315 EUR im Jahr 2017. Insgesamt ergebe sich damit ein festzusetzender Betrag von 3.358,50 EUR. Abzüglich eines bereits ausbezahlten Betrags von 2.970 EUR stehe der Betreuerin noch eine Vergütung i.H.v. 388,50 EUR zu.
Rz. 11
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.
Rz. 12
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es nicht zu beanstanden, dass das LG seiner Entscheidung nicht den erhöhten Stundensatz von 44 EUR für die Tätigkeit der Betreuerin zugrunde gelegt hat.
Rz. 13
aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG in der hier maßgeblichen bis zum 26.7.2019 geltenden Fassung (§ 12 VBVG) beträgt der Stundensatz eines Berufsbetreuers 44 EUR, wenn der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, verfügt und diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
Rz. 14
Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht. Als Kriterien können somit insb. der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffs und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden. Für die Annahme der Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung kann auch sprechen, wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten ist. Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (BGH, Beschl. v. 18.10.2017 - XII ZB 243/17, FamRZ 2018, 136 Rz. 13 m.w.N.).
Rz. 15
Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (BGH, Beschl. v. 23.10.2013 - XII ZB 429/13 FamRZ 2014, 116 Rz. 8 m.w.N.).
Rz. 16
bb) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des LG stand, wonach die von der Betreuerin absolvierten berufsbegleitenden Weiterbildungen den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht genügen.
Rz. 17
Das LG hat hierzu festgestellt, dass die von der Betreuerin berufsbegleitend über vier Semester absolvierte Weiterbildung zur Bankfachwirtin 345 Unterrichtsstunden und der von ihr belegte Aufbaustudiengang über zwei Semester 224 Unterrichtstunden umfasste. Mit Blick auf den einem Hochschulstudium nicht ansatzweise vergleichbaren zeitlichen Umfang dieser Fortbildungsmaßnahmen fehlt es bereits deshalb an einer Vergleichbarkeit, ohne dass es auf weitere Umstände ankommt (vgl. BGH, Beschl. v. 19.7.2017 - XII ZB 162/17 MDR 2017, 1149 Rz. 6). Bleibt der zeitliche Umfang der Fortbildungsmaßnahmen so weit hinter dem einer Hochschulausbildung zurück, kann dahinstehen, inwiefern der Betreuerin durch ihre Fortbildung zur Bankbetriebswirtin besondere und für die Betreuung nutzbare Kenntnisse vermittelt worden sind. Da § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht ausschließlich an den Umfang vermittelter Kenntnisse, sondern auch an das Erreichen einer bestimmten beruflichen Qualifikation anknüpft, kann eine zeitlich unzureichende berufsbegleitende Fortbildung auch dann nicht mit einem Hochschulstudium vergleichbar sein, wenn sie im Übrigen Elemente eines solchen aufweist (vgl. BGH, Beschl. v. 31.5.2017 - XII ZB 590/16 NJW-RR 2017, 965 Rz. 17 f.).
Rz. 18
b) Ebenso wenig ist rechtsbeschwerderechtlich etwas dagegen zu erinnern, dass das LG ein schützenswertes Vertrauen der Betreuerin nur hinsichtlich der im Jahr 2016 ausbezahlten Vergütung angenommen hat.
Rz. 19
aa) Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet ist das LG davon ausgegangen, dass das Gericht im Festsetzungsverfahren nach § 292 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 168 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG an eine Festsetzung und Auszahlung der Betreuervergütung im vereinfachten Justizverwaltungsverfahren nach § 292 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 168 Abs. 1 Satz 4 FamFG nicht gebunden ist, wenn sich - wie hier - das gerichtliche Festsetzungsverfahren an die Festsetzung durch den Kostenbeamten des Gerichts anschließt (BGH, Beschl. v. 6.11.2013 - XII ZB 86/13 FamRZ 2014, 113 Rz. 14 m.w.N.).
Rz. 20
bb) Nach der Rechtsprechung des Senats kann allerdings einer (Neu-)Festsetzung der Betreuervergütung, die eine Rückforderung überzahlter Beträge zur Folge hätte, im Einzelfall der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn das Vertrauen des Betreuers auf die Beständigkeit einer ihm in der Vergangenheit rechtswidrig gewährten Vergütung schutzwürdig ist. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch auf Rückforderung überzahlter Betreuervergütung kann entfallen, wenn eine Abwägung im Einzelfall ergibt, dass dem Vertrauen des Berufsbetreuers auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage der Vorrang einzuräumen ist (BGH v. 6.7.2016 - XII ZB 493/14 FamRZ 2016, 1759 Rz. 20; v. 6.11.2013 - XII ZB 86/13 FamRZ 2014, 113 Rz. 24 f.).
Rz. 21
Ebenso entspricht es der Rechtsprechung des Senats, dass die in § 20 Abs. 1 GNotKG zum Ausdruck kommende Wertung, wonach das Kosteninteresse der Staatskasse zurücktreten kann, wenn es von der zuständigen Stelle nicht innerhalb angemessener Frist verfolgt wird und sich das Gegenüber auf die getroffene Regelung gutgläubig eingerichtet hat, bei der Beurteilung des schutzwürdigen Vertrauens des Betreuers in die Beständigkeit seiner Vermögenslage berücksichtigt werden kann. Für eine entsprechende zeitliche Begrenzung der Rückforderungsmöglichkeit spricht auch, dass das vereinfachte Verfahren der Festsetzung der Betreuervergütung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gezielt erhalten blieb, um gerichtliche Entscheidungen entbehrlich zu machen und damit erheblichen Verwaltungsaufwand bei den Gerichten einzusparen (BT-Drucks. 13/10709, 2). Es würde indessen der Stellung eines berufsmäßigen Betreuers nicht gerecht und entspricht auch nicht der erkennbaren Intention des Gesetzgebers, diese gerichtliche Aufwandsersparnis mit einer auf Jahre rückwirkenden erheblichen Rechtsunsicherheit der Betreuer in die Beständigkeit ihrer Vermögenslage zu erkaufen (BGH v. 6.11.2013 - XII ZB 86/13 FamRZ 2014, 113 Rz. 31 f.; v. 25.11.2015 - XII ZB 261/13 FamRZ 2016, 293 Rz. 19 f.).
Rz. 22
cc) Auf der Grundlage dieser Senatsrechtsprechung ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das LG ein schutzwürdiges Vertrauen der Betreuerin nur hinsichtlich der im Jahr 2016 ausbezahlten Vergütung angenommen hat. Dies entspricht spiegelbildlich der Regelung in § 20 Abs. 1 GNotKG, wonach zu niedrig festgesetzte Kosten nur nachgefordert werden dürfen, wenn der berichtigte Ansatz dem Zahlungspflichtigen vor Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Absendung der den Rechtszug abschließenden Kostenrechnung (Schlusskostenrechnung) mitgeteilt worden ist, sofern die Nachforderung nicht auf vorsätzlich oder grob fahrlässig falschen Angaben des Kostenschuldners beruht oder wenn der ursprüngliche Kostenansatz unter einem bestimmten Vorbehalt erfolgt ist. Wird der Erstattungsanspruch noch innerhalb dieses Zeitrahmens geltend gemacht, stehen Vertrauensschutzgesichtspunkte auch einer Rückforderung regelmäßig nicht entgegen. Betrifft die Rückforderung demgegenüber Auszahlungen, die außerhalb dieses Zeitraums erfolgt sind, ergibt sich aus der Wertung des § 20 Abs. 1 GNotKG, dass insoweit in der Regel von einem schutzwürdigen Vertrauen des Betreuers in den Bestand der erhaltenen Zahlungen auszugehen ist.
Rz. 23
dd) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich ein weitergehender Vertrauensschutz der Betreuerin auch nicht aus ihrer Behauptung, sie habe etwa im Jahr 2002 auf ihre ausdrückliche Nachfrage vom Rechtspfleger des AG E. die Auskunft erhalten, dass die Teilnahme an einer damals angebotenen Nachqualifikation zum Erhalt der höchsten Vergütungsstufe nicht notwendig und der höchste Vergütungssatz aufgrund ihrer Ausbildung zur Bankbetriebswirtin nicht gefährdet sei. Die Betreuerin durfte sich schon deshalb auf diese Auskunft nicht verlassen, weil ihr als Berufsbetreuerin bekannt sein musste, dass selbst bei einer Vergütungsfestsetzung im vereinfachten Verwaltungsweg nach § 292 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 168 Abs. 1 Satz 4 FamFG das Gericht nicht an diese Festsetzung gebunden ist, wenn ein Beteiligter die gerichtliche Entscheidung beantragt. Musste die Betreuerin aber jederzeit damit rechnen, dass die ihr im vereinfachten Verwaltungsverfahren zugesprochene Vergütung im Fall eines gerichtlichen Festsetzungsverfahren korrigiert wird, wäre ihr Vertrauen auf die behauptete mündliche Auskunft eines Rechtspflegers zu den Voraussetzungen der höchsten Vergütungsstufe erst recht nicht schutzwürdig. Soweit die Rechtsbeschwerde die Auffassung vertritt, die Betreuerin habe sich deshalb auf diese Auskunft verlassen dürfen, weil es im Betreuungsrecht an einer Möglichkeit des Betreuers fehle, verbindlich klären zu lassen, ob er die Voraussetzungen für eine bestimmte Vergütungshöhe nach § 4 VBVG erfüllt, verkennt sie, dass ein Betreuer jederzeit gem. §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG Antrag auf gerichtliche Festsetzung seiner Vergütung stellen kann (vgl. Keidel/Engelhardt FamFG 19. Aufl., § 168 Rz. 9). Damit stand der Betreuerin nach ihrer Bestellung ein Verfahren zur Verfügung, mit dem sie jederzeit die Höhe ihrer Vergütung und damit auch die Frage, ob sie die für eine bestimmte Vergütungsstufe notwendigen Voraussetzungen im vorliegenden Betreuungsverfahren erfüllt (vgl. hierzu Keidel/Engelhardt FamFG 19. Aufl., § 168 Rz. 22), verbindlich, ggf. auch unter Erhebung von Rechtsmitteln, hätte klären lassen können.
Rz. 24
3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Fundstellen
Haufe-Index 13604670 |
NJW 2020, 8 |
FamRZ 2020, 449 |
FuR 2020, 172 |
NJW-RR 2020, 323 |
FGPrax 2020, 131 |
JurBüro 2020, 151 |
BtPrax 2020, 64 |
MDR 2020, 247 |
Rpfleger 2020, 192 |
ErbR 2020, 291 |
FF 2020, 85 |
NZFam 2020, 213 |