Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende der Betreuung. Befristung der Betreuung. Antrag
Leitsatz (redaktionell)
Die Betreuung endet nicht bereits mit dem darauf gerichteten Antrag des Betroffenen, sondern erst mit Ablauf der von dem Betreuungsgericht angeordneten Befristung.
Normenkette
FamFG § 70 Abs. 1; BGB § 1836 Abs. 1 Sätze 2-3, § 1908i Abs. 1 S. 1; VBVG § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 5 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
LG Tübingen (Beschluss vom 10.09.2010; Aktenzeichen 5 T 82/10) |
Notariat Calw (Entscheidung vom 22.02.2010; Aktenzeichen I VG 19/2009) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Tübingen vom 10.9.2010 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Beschwerdewert: bis 900 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Der Betroffene wendet sich gegen die Festsetzung der Vergütung für den weiteren Beteiligten, seinen ehemaligen Betreuer.
Rz. 2
Der weitere Beteiligte wurde auf Antrag des Betroffenen durch einstweilige Anordnung des Vormundschaftsgerichts vom 26.6.2009 bis längstens 25.11.2009 zum vorläufigen Berufsbetreuer mit dem Aufgabenkreis "Geltendmachung aller Rechte des Betroffenen gegenüber den von ihm mit der notariell beurkundeten General- und Vorsorgevollmacht vom 28.9.2004 Bevollmächtigten" bestellt. Mit Schreiben vom 21.8.2009 beantragte der Betroffene die Aufhebung dieser Kontrollbetreuung.
Rz. 3
Auf Antrag des weiteren Beteiligten vom 2.2.2010 setzte das Betreuungsgericht die von dem Betroffenen zu erstattende pauschale Betreuervergütung für die Zeit bis zum 25.11.2009 fest. Die gegen die Festsetzung der Vergütung für den Zeitraum nach dem 22.8.2009 gerichtete Beschwerde des Betroffenen hatte keinen Erfolg.
Rz. 4
Mit der vom LG zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene die teilweise Zurückweisung des Festsetzungsantrags weiter.
II.
Rz. 5
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§ 70 Abs. 1 FamFG). Sie ist auch im Übrigen zulässig.
Rz. 6
Vorliegend findet das Gesetz über Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) Anwendung, weil der Vergütungsantrag vom 2.2.2010 datiert. Ein Antrag, der wie hier im Rahmen eines Dauerverfahrens wie einer Betreuung gestellt wird und zu einer Endentscheidung i.S.d. § 38 FamFG führt, leitet ein selbständiges Verfahren i.S.d. Art. 111 Abs. 2 FGG-RG ein (vgl. BGH v. 25.5.2011 - XII ZB 625/10, FamRZ 2011, 1394 Rz. 6).
Rz. 7
2. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Rz. 8
a) Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Betreuung habe mit Ablauf ihrer Befristung geendet und nicht bereits mit der Erklärung des Betroffenen, die Kontrollbetreuung solle beendet werden. Diese Erklärung habe lediglich zur Folge gehabt, dass vom Betreuungsgericht zu überprüfen gewesen sei, ob die Voraussetzungen für die Bestellung des Betreuers weggefallen seien.
Rz. 9
b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Der weitere Beteiligte hat als Berufsbetreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. §§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 VBVG gegen den Betroffenen einen Anspruch auf Vergütung in der zuerkannten Höhe für die gesamte vom Gericht angeordnete Dauer der Betreuung.
Rz. 10
aa) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde endete die Betreuung nicht bereits mit dem darauf gerichteten Antrag des Betroffenen, sondern erst mit Ablauf der von dem Betreuungsgericht angeordneten Befristung.
Rz. 11
Nach § 1908d BGB endet die Betreuung grundsätzlich durch ausdrückliche gerichtliche Entscheidung. Eine solche ist nur dann nicht erforderlich, wenn das Ende der Betreuung durch den Tod des Betreuten oder durch Ablauf der vom Gesetz bzw. - wie hier - vom Gericht festgesetzten Frist (§ 302 FamFG) bereits feststeht.
Rz. 12
Diese Regelung dient der Klarheit der Rechtsverhältnisse. Denn es ist vielfach zweifelhaft und erst durch gerichtliche Ermittlungen zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Betreuung nicht mehr vorliegen (BT-Drucks. 11/4528, 155).
Rz. 13
Der Antrag des Betroffenen auf vorzeitige Aufhebung der befristeten vorläufigen Betreuung hat die Betreuung nicht beendet. Er hat vielmehr das Betreuungsgericht verpflichtet, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung gem. § 1908d Abs. 2 BGB vorliegen.
Rz. 14
bb) Der weitere Beteiligte kann die pauschale Vergütung auch für den gesamten Zeitraum der Betreuung verlangen.
Rz. 15
Nach § 5 VBVG steht dem Betreuer für die Dauer der Betreuung eine Vergütung zu. Erst die Aufhebung der Betreuung wegen Wegfalls der Betreuungsbedürftigkeit oder das Ende der Betreuung durch Tod oder Fristablauf stellt eine Veränderung der Umstände dar, die gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG dazu führt, dass der Betreuer keine Vergütung mehr erhält (vgl. BT-Drucks. 15/2494, 34).
Rz. 16
Dabei ist es im Rahmen des pauschalierten Vergütungssystems hinzunehmen, dass der Betreuer die pauschale Vergütung auch für den Zeitraum erhält, in dem die Betreuungsbedürftigkeit möglicherweise nicht mehr besteht, eine gerichtliche Entscheidung darüber aber noch nicht ergangen ist.
Rz. 17
Der Gesetzgeber hat den in § 5 VBVG festgelegten zu vergütenden pauschalen Stundenansatz für verschiedene Fallgruppen auf der Grundlage einer vom Bundesministerium der Justiz in Auftrag gegebenen rechtstatsächlichen Untersuchung anhand einer Mischkalkulation zwischen aufwendigen und weniger aufwendigen Fällen ermittelt (BT-Drucks. 15/2494, 33). In der Mischkalkulation ist danach berücksichtigt, dass zwischen dem Ende der Notwendigkeit der Betreuung und deren Aufhebung noch eine gewisse Zeitspanne liegt, die auf gerichts- oder behördeninterne Abläufe und auf die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung der Betreuung tatsächlich vorliegen bzw. ob bei einer Betreuung auf Antrag des Betroffenen nunmehr von Amts wegen ein Betreuer zu bestellen ist, zurückzuführen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2864620 |
FamRZ 2012, 295 |
BtPrax 2012, 62 |