Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit: Fristverlängerungsantrag. Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit: erheblicher Grund für die Nichteinhaltung der gesetzten Frist
Normenkette
ZPO § 108 Abs. 1, § 113 S. 1, § 224 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag der Klägerin zu 2 auf Verlängerung der Frist zur Leistung einer weiteren Prozesskostensicherheit wird zurückgewiesen.
Gründe
Rz. 1
I. Der Senat hat auf Antrag der Beklagten durch Beschluss vom 23. Juli 2020 angeordnet, dass die in der Republik Korea ansässige Klägerin zu 2 eine weitere Prozesskostensicherheit in Höhe von 3.471,11 € für die Kosten der dritten Instanz bis zum 30. September 2020 zu leisten hat.
Rz. 2
Mit Schriftsatz vom 29. September 2020 hat die Klägerin zu 2 eine Verlängerung dieser Frist um einen Monat beantragt. Die Beklagten sind dem Antrag entgegengetreten.
Rz. 3
II. Der Antrag der Klägerin zu 2 auf Verlängerung der Frist zur Erbringung der Sicherheitsleistung ist zurückzuweisen.
Rz. 4
1. Der Fristverlängerungsantrag ist statthaft. Das Gericht hat gemäß § 113 Satz 1 ZPO bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Dabei handelt es sich um eine richterliche Frist, die gemäß § 224 Abs. 2 und 3 ZPO verlängerbar ist (Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 113 ZPO Rn. 1; MünchKomm.ZPO/Schulz, 6. Aufl., ZPO, § 113 Rn. 9; Muthhorst in Stein/Jonas, 23. Aufl., ZPO, § 113 Rn. 1). Nach § 224 Abs. 2 ZPO können auf Antrag richterliche Fristen abgekürzt oder verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind. Nach § 294 Abs. 1 ZPO kann sich derjenige, der eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.
Rz. 5
2. Der Fristverlängerungsantrag ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass erhebliche Gründe für eine Fristverlängerung vorliegen.
Rz. 6
a) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist (§ 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 BGB zur Sicherheitsleistung geeignet sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Rz. 7
b) Der Senat hat in dem Beschluss vom 23. Juli 2020, der der Klägerin zu 2 am 7. August 2020 zugestellt worden ist, lediglich die Höhe, nicht jedoch die Art der Sicherheit bestimmt. Der Klägerin zu 2 stand es damit nach § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO frei, die Sicherheit entweder durch eine geeignete Bankbürgschaft oder durch Hinterlegung zu leisten oder aber mit den Beklagten eine andere Vereinbarung zu treffen.
Rz. 8
c) Hierfür stand der Klägerin zu 2 mit der vom Senat gesetzten Frist ein ausreichender Zeitraum von knapp zwei Monaten zur Verfügung, auf die eine oder andere Weise für eine Sicherheitsleistung Sorge zu tragen. Die Klägerin zu 2 hat nicht dargelegt, dass es ihr aus erheblichen Gründen unmöglich war, diese Frist einzuhalten.
Rz. 9
aa) Die Klägerin zu 2 hat mit ihrem Fristverlängerungsantrag vom 29. September 2020 vorgetragen, ihr in den Tatsacheninstanzen tätiger Prozessbevollmächtigter habe nach Zustellung des Senatsbeschlusses vom 23. Juli 2020 versucht, mit den Prozessbevollmächtigten der Beklagten wegen der zu leistenden Sicherheit eine Absprache über die Art der Sicherheitsleistung zu treffen, diese hätten jedoch nicht reagiert. Ihr Prozessbevollmächtigter habe daher am 15. September 2020 beim Amtsgericht Oldenburg einen Antrag auf Annahme von gesetzlichen oder gesetzlich zugelassenen Zahlungsmitteln zur Hinterlegung gestellt. Nach Rückfragen des Amtsgerichts habe er am 24. September 2020 einen ergänzenden Antrag eingereicht. Das Amtsgericht habe darüber bisher nicht entschieden, die zuständige Rechtspflegerin sei telefonisch nicht erreichbar gewesen. Die Nichtleistung der Sicherheit innerhalb der bis zum 30. September 2020 gesetzten Frist beruhe daher maßgeblich auf der Untätigkeit der Gegenseite und Verzögerungen beim Hinterlegungsgericht, worauf die Klägerin keinen Einfluss habe. Die Klägerin zu 2 hat durch Schriftsatz vom 8. Oktober 2020 ergänzend vorgetragen, das Amtsgericht habe den Hinterlegungsantrag am 7. Oktober 2020 angenommen.
Rz. 10
bb) Damit hat die Klägerin zu 2 keine erheblichen Gründe für eine Fristverlängerung vorgetragen. Aus ihrem Vortrag geht vielmehr hervor, dass die Erforderlichkeit einer Fristverlängerung auf eigenen Versäumnissen der Klägerin zu 2 oder ihrer Prozessbevollmächtigten beruht, die sie sich zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO).
Rz. 11
(1) Erhebliche, eine Fristverlängerung rechtfertigende Gründe sind insbesondere die Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten (zu § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO: st. Rspr.; vgl. BVerfG, NJW 2007, 3342 [juris Rn. 14]; BGH, Beschluss vom 10. März 2009 - VIII ZB 55/06, NJW-RR 2009, 933 Rn. 12; Beschluss vom 26. Januar 2017 - IX ZB 34/16, juris Rn. 10; Beschluss vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 69/16, NJW 2017, 2041 Rn. 12), Urlaubsabwesenheit oder das Erfordernis weiterer Abstimmung zwischen Prozessbevollmächtigtem und der Partei (zu § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO: BGH, Beschluss vom 20. August 2019 - X ZB 13/18, NJW-RR 2019, 1392 Rn. 12). Auf das Vorliegen solcher Gründe hat sich die Klägerin zu 2 nicht berufen.
Rz. 12
(2) Es stellt keinen erheblichen Grund für die Nichteinhaltung der zur Sicherheitsleistung gesetzten Frist dar, dass die Beklagten sich nicht zu einer Anfrage der Klägerin zu 2 geäußert haben, wie die Sicherheit geleistet werden soll. Der Prozessgegner ist nicht verpflichtet, sich mit der zur Leistung der Prozesskostensicherheit verpflichteten Partei darüber zu einigen, wie diese Pflicht erfüllt werden soll. Die Klägerin zu 2 hätte deshalb vorsorglich rechtzeitig eine Hinterlegung veranlassen oder den Beklagten Sicherheit in Form einer Bankbürgschaft stellen müssen.
Rz. 13
(3) Es kann nach dem Vorbringen der Klägerin nicht davon ausgegangen werden, dass die Verzögerung bei der beantragten Hinterlegung ausschließlich auf die Arbeitsabläufe beim Hinterlegungsgericht zurückzuführen ist.
Rz. 14
Es kann dabei dahinstehen, ob der nach Darstellung der Klägerin zu 2 am 15. September 2020 - mithin über einen Monat nach Zustellung des Senatsbeschlusses vom 23. Juli 2020 - beim Amtsgericht Oldenburg gestellte Hinterlegungsantrag nicht ohnehin schon als sorgfaltswidrig zu spät gestellt anzusehen ist. Jedenfalls hätte dieser Antrag den Anforderungen von § 9 des Niedersächsischen Hinterlegungsgesetzes (NHintG) entsprechen müssen, so dass das Amtsgericht die für die Wirksamkeit der Hinterlegung erforderliche Annahme im Sinne von § 8 Satz 1 NHintG verfügen konnte (vgl. MünchKomm.BGB/Grothe, 8. Aufl., § 233 Rn. 1). Dass dies der Fall war, ist nicht vorgetragen. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin zu 2 hat vielmehr ihr Annahmeantrag vom 15. September 2020 den zu stellenden Anforderungen nicht entsprochen, weil sie am 24. September 2020 einen ergänzenden Antrag stellen musste.
Rz. 15
d) Im Übrigen hat die Klägerin die für die beantragte Fristverlängerung vorgetragenen Umstände auch nicht glaubhaft gemacht.
Rz. 16
aa) Mit dem Antrag nach § 224 Abs. 2 ZPO müssen erhebliche Gründe für die begehrte Fristverlängerung nicht nur dargelegt, sondern auch glaubhaft gemacht werden. Die Glaubhaftmachung ist grundsätzlich neben den in § 294 Abs. 1 ZPO genannten Beweismitteln insbesondere auch durch anwaltliche Versicherung möglich (vgl. BeckOK.ZPO/Jaspersen, 38. Edition [Stand: 1. September 2020], § 224 Rn. 5). Gegenstand der anwaltlichen Versicherung kann allerdings nur sein, was der Anwalt im Rahmen seiner Berufstätigkeit selbst wahrgenommen hat (vgl. Zöller/Greger aaO § 294 Rn. 5; Huber in Musielak/Voit, 17. Aufl., ZPO, § 294 Rn. 4). Die für die Erforderlichkeit einer Fristverlängerung geltend gemachten Gründe muss der Antragsteller nach dem Wortlaut von § 224 Abs. 2 ZPO von sich aus und nicht erst auf Anforderung des Gerichts glaubhaft machen (Zöller/Herget aaO § 224 Rn. 6). An einer solchen Glaubhaftmachung fehlt es im Streitfall.
Rz. 17
bb) Mit dem Fristverlängerungsantrag der Klägerin zu 2 vom 29. September 2020 hat die Klägerin zu 2 keine Beweismittel im Sinne des § 294 Abs. 1 ZPO zur Glaubhaftmachung der vorgetragenen Tatsachen vorgelegt. Soweit der für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bestellte Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof zum Vorgehen des vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 2 vorträgt, ist nicht ersichtlich, ob er diese Vorgänge selbst wahrgenommen hat. Jedenfalls hat er die Richtigkeit dieses Vortrags nicht anwaltlich versichert. Dem Schriftsatz der Klägerin zu 2 vom 8. Oktober 2020 war zwar die Annahmeverfügung des Amtsgerichts Oldenburg vom 7. Oktober 2020 beigefügt, mit der die Klägerin zu 2 aufgefordert wurde, den zu hinterlegenden Betrag an das Amtsgericht zu überweisen. Daraus lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Verzögerungen bei der von der Klägerin zu 2 beantragten Hinterlegung ausschließlich in der Sphäre des Hinterlegungsgerichts gelegen haben.
Koch |
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Löffler |
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Schwonke |
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Feddersen |
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Schmaltz |
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Fundstellen
Haufe-Index 15024241 |
TranspR 2021, 340 |
IHR 2021, 261 |