Leitsatz (amtlich)
Beim Vollzug einer Zurückweisung in den Heimatstaat des Betroffenen ist § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Art. 15 Abs. 1 Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) unionsrechtskonform einschränkend dahingehend auszulegen, dass Haft zur Sicherung einer Zurückweisung an einer Binnengrenze der Europäischen Union nur angeordnet werden darf, wenn zusätzlich zu den in § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG genannten Voraussetzungen einer der in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 AufenthG genannten Haftgründe vorliegt.
Beim Vollzug einer Zurückweisung in den für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Art. 28 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) unionsrechtskonform einschränkend dahingehend auszulegen, dass Haft zur Sicherung einer Zurückweisung an einer Binnengrenze der Europäischen Union nur angeordnet werden darf, wenn zusätzlich zu den in § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG genannten Voraussetzungen erhebliche Fluchtgefahr nach Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO i.V.m. §§ 2 Abs. 14, 62 Abs. 3a und 3b AufenthG vorliegt (Anschluss an BGH, Beschl. v. 12.2.2020 - XIII ZB 65/19, InfAuslR 2020, 385, und BGH, Beschl. v. 14.7.2020 - XIII ZB 81/19, juris).
Die Anordnung von Zurückweisungshaft nach § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG setzt auch bei einer Zurückweisung an einer Binnengrenze der Europäischen Union weder eine vollziehbare Ausreisepflicht noch eine Abschiebungsandrohung voraus (Anschluss an BGH, Beschl. v. 12.4.2018 - V ZB 164/16, NVwZ 2018, 1583; Klarstellung zu BGH, Beschl. v. 14.7.2020 - XIII ZB 81/19, juris Rz. 16).
Normenkette
AufenthG § 15 Abs. 1 S. 1; Richtlinie 2008/115/EG Art. 15 Abs. 1; Dublin-III-VO Art. 28 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Beschluss vom 25.09.2019; Aktenzeichen 22 T 1294/19) |
AG Ingolstadt (Beschluss vom 20.05.2019; Aktenzeichen 1 XIV 203/19) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des LG Ingolstadt - 2. Zivilkammer - vom 25.9.2019 wird auf Kosten des Betroffenen mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Dolmetscherkosten nicht erhoben werden.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 EUR.
Gründe
Rz. 1
I. Der Betroffene, ein nigerianischer Staatsangehöriger, versuchte am 10.5.2019 mit einem Fernbus aus Österreich kommend nach Deutschland einzureisen. Am Grenzübergang Kiefersfelden auf der Autobahn 93 wurde er von Beamten der Bundespolizei kontrolliert, die ihm eine Zurückweisung nach § 15 AufenthG erteilten.
Rz. 2
Nach Anordnung einer vorläufigen Freiheitsentziehung hat das AG auf Antrag der beteiligten Behörde mit Beschluss vom 20.5.2019 gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung seiner Zurückweisung nach Nigeria bis zum 1.7.2019 angeordnet. Die nach erfolgter Zurückweisung am 11.6.2019 auf die Feststellung seiner Rechtsverletzung gerichtete Beschwerde hat das LG zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.
Rz. 3
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
Rz. 4
1. Das Beschwerdegericht meint, die Haft sei zu Recht angeordnet worden. Ihr liege ein zulässiger Haftantrag zugrunde. Einen Haftgrund setze die Zurückweisungshaft nach § 15 Abs. 5 AufenthG zwar nicht voraus, im Fall des Betroffenen sei aufgrund der bisherigen Ermittlungen allerdings Fluchtgefahr anzunehmen. Es sei wahrscheinlich, dass er ohne Haftanordnung untertauchen und sich der Zurückweisung entziehen würde.
Rz. 5
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
Rz. 6
a) Wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entschieden hat, schließt die vom Gerichtshof der Europäischen Union vorgenommene Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) und von Art. 32 Schengener Grenzkodex eine Anwendung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a Rückführungsrichtlinie und damit die Anwendung der in § 15 Abs. 5 AufenthG bestimmten verkürzten Voraussetzungen für die Haft zur Sicherung einer Zurückweisung an einer Binnengrenze der Europäischen Union aus (vgl. BGH, Beschl. v. 14.7.2020 - XIII ZB 81/19, juris Rz. 11; s.a. Beschl. v. 12.2.2020 - XIII ZB 65/19, InfAuslR 2020, 385 Rz. 19). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt die Befugnis der Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a Rückführungsrichtlinie, geringere Voraussetzungen für die Haft zur Sicherung der Zurückweisung an der Grenze vorzusehen - insb. auf das Vorliegen eines der in Art. 15 Abs. 1 Rückführungsrichtlinie genannten Haftgründe zu verzichten -, nur für ein Überschreiten von Außengrenzen der Europäischen Union. Art. 32 Schengener Grenzkodex beabsichtigt mit der Verweisung auf die Vorschriften des Titels II nach der Entscheidung des Gerichtshofs keine Erweiterung der in der Rückführungsrichtlinie vorgesehenen Ausnahmen (vgl. Urt. v. 19.3.2019 - C-444/17, NVwZ 2019, 947 - Arib, Rz. 39, 51 f., 62 und 64, unter Verweis auf das Urt. v. 7.6.2016 - C-47/15, InfAuslR 2016, 269 - Affum, Rz. 61 und 74).
Rz. 7
b) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kann Haft zur Sicherung einer Zurückweisung an einer Binnengrenze der Europäischen Union nach § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG dennoch angeordnet werden.
Rz. 8
aa) Die materiell-rechtliche Grundlage für die nach § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anzuordnende Sicherungshaft besteht in einer - dem Betroffenen hier am 10.5.2019 erteilten - Zurückweisung nach § 15 Abs. 1 bis 4 AufenthG oder einer Einreiseverweigerung nach § 18 Abs. 2 AsylG. Nach der Aufgabenverteilung zwischen der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist es, von Fällen offensichtlicher Unrichtigkeit abgesehen, allein Aufgabe der VG, deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Haftgerichte haben deshalb vorbehaltlich abweichender - hier nicht gegebener - verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen von der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung oder Einreiseverweigerung und der darin getroffenen Bestimmung des Zielstaats auszugehen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.7.2020 - XIII ZB 81/19, juris Rz. 12 und 14 m.w.N.). Die Anordnung von Zurückweisungshaft setzt auch bei einer Zurückweisung an einer Binnengrenze weder eine vollziehbare Ausreisepflicht noch eine Abschiebungsandrohung voraus (vgl. BGH, Beschl. v. 12.4.2018 - V ZB 164/16, NVwZ 2018, 1583 Rz. 7).
Rz. 9
bb) Allerdings sind die nationalen Gerichte aufgrund des Gebots einer möglichst wirksamen Anwendung des Rechts der Union (effet utile) verpflichtet, das innerstaatliche Recht soweit wie möglich in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Unionsrechts auszulegen und, wenn das nicht möglich ist, notfalls jede Bestimmung unangewendet zu lassen, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem unionsrechtswidrigen Ergebnis führen würde (vgl. EuGH, Urt. v. 27.10.2009 - C-115/08, NVwZ 2010, 107 - ÈEZ a.s., Rz. 138). Daraus folgt, dass § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG nur mit der Maßgabe angewendet werden kann, dass - anders, als es dem deutschen Gesetzgeber vorschwebte (dazu: BGH, Beschl. v. 30.6.2011 - V ZB 274/10, FGPrax 2011, 315 Rz. 16; v. 10.3.2016 - V ZB 188/14, NVwZ-RR 2016, 518 Rz. 5; v. 22.6.2017 - V ZB 127/16, juris Rz. 10) - für eine Haftanordnung ein Haftgrund vorliegen muss (vgl. dazu bereits BGH, Beschl. v. 14.7.2020 - XIII ZB 81/19, juris Rz. 14).
Rz. 10
(1) Beim Vollzug einer Zurückweisung in den Heimatstaat des Betroffenen ist § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Art. 15 Abs. 1 Rückführungsrichtlinie unionsrechtskonform einschränkend dahingehend auszulegen, dass Haft zur Sicherung einer Zurückweisung an einer Binnengrenze der Europäischen Union nur angeordnet werden darf, wenn zusätzlich zu den in § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG genannten Voraussetzungen einer der in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 AufenthG bzw. in Altfällen - wie hier - einer der in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a bis 5 AufenthG in der bis zum 20.8.2019 gültigen Fassung (fortan: a.F.) genannten Haftgründe vorliegt.
Rz. 11
(a) Nach Art. 15 Abs. 1 Rückführungsrichtlinie dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, und zwar insb. dann, wenn Fluchtgefahr besteht (Buchstabe a) oder die betreffenden Drittstaatsangehörigen die Vorbereitung der Rückkehr oder das Abschiebungsverfahren umgehen oder behindern (Buchstabe b).
Rz. 12
(b) Diesen Anforderungen entsprechen die in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 AufenthG bzw. in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a bis 5 AufenthG a.F. aufgeführten Haftgründe. § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG a.F. nennen als Haftgrund ausdrücklich Fluchtgefahr. Der in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AufenthG (= § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a AufenthG a.F.) geregelte Haftgrund der nicht unmittelbar vollziehbaren Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG stellt einen typisierten Fall von Fluchtgefahr dar (vgl. BGH, Beschl. v. 6.10.2020 - XIII ZB 13/20, juris). § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 AufenthG a.F. (Wechsel des Aufenthaltsorts ohne Angabe einer Anschrift, unter der der Ausländer erreichbar ist; vom Ausländer zu vertretendes Nichtantreffen an dem von der Behörde angegebenen Ort an dem für die Abschiebung angekündigten Termin) begründen die Annahme einer Fluchtgefahr (vgl. BGH, Beschl. v. 26.6.2014 - V ZB 31/14, InfAuslR 2014, 381 Rz. 31). § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AufenthG a.F. (Abschiebungsentziehung in sonstiger Weise) schließlich benennt eine Behinderung oder Umgehung des Abschiebungsverfahrens i.S.v. Art. 15 Abs. 1 Buchst. b Rückführungsrichtlinie.
Rz. 13
(c) Nicht zurückgegriffen werden kann allerdings auf den in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AufenthG (= § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG a.F.) genannten Haftgrund der vollziehbaren Ausreisepflicht aufgrund einer unerlaubten Einreise, deren Verhinderung gerade Zweck der Zurückweisung ist, deren Vollzug durch die Zurückweisungshaft gesichert werden soll.
Rz. 14
(2) Beim Vollzug einer Zurückweisung in den für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaat der Europäischen Union (vgl. dazu Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1, Art. 7 ff. Verordnung [EU] Nr. 604/2013 [Dublin-III-VO]) ist § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Art. 28 Dublin-III-VO unionsrechtskonform einschränkend dahingehend auszulegen, dass Haft zur Sicherung einer Zurückweisung an einer Binnengrenze der Europäischen Union nur angeordnet werden darf, wenn zusätzlich zu den in § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG genannten Voraussetzungen erhebliche Fluchtgefahr nach Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO i.V.m. §§ 2 Abs. 14, 62 Abs. 3a und 3b AufenthG bzw. (in Altfällen) i.V.m. § 2 Abs. 15 Satz 1 und 2, Abs. 14 AufenthG a.F. vorliegt.
Rz. 15
c) Hier sollte der Betroffene in seinen Heimatstaat Nigeria zurückgewiesen werden, weswegen sich die Voraussetzungen der Sicherungshaft nach § 15 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. den in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a bis 5 AufenthG a.F. genannten Haftgründen bestimmten. Danach erweist sich die Haftanordnung als rechtmäßig.
Rz. 16
aa) Der Haftanordnung lag ein zulässiger Haftantrag zugrunde.
Rz. 17
(1) Bei einem Antrag auf Anordnung von Haft zur Sicherung der Zurückweisung sind Darlegungen dazu erforderlich, dass dem Betroffenen die Einreise verweigert worden ist und dass und aus welchen Gründen er nicht unmittelbar an der Grenze zurückgewiesen werden kann, sowie Darlegungen zur Erforderlichkeit der Haft, zur Durchführbarkeit der Zurückweisung in den beabsichtigten Zielstaat und zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein. Sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falles wesentlichen Gesichtspunkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Zurückweisungshaft nicht angeordnet werden (vgl. BGH, Beschl. v. 12.2.2020 - XIII ZB 38/19, juris Rz. 7 m.w.N.). In dem hier gegebenen Fall einer Zurückweisung an einer Binnengrenze bedarf es in dem Antrag zusätzlich der Darlegung eines Haftgrundes.
Rz. 18
(2) Diesen Anforderungen wird der Antrag der beteiligten Behörde gerecht. Er enthält insb. hinreichende Angaben zum Haftgrund der Fluchtgefahr. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war von der Behörde kein Antrag auf Anordnung von Abschiebungshaft nach § 62 AufenthG zu stellen. Denn bei der Haftanordnung handelte es sich, wie von der beteiligten Behörde ausdrücklich beantragt, um die Anordnung von Zurückweisungshaft nach § 15 Abs. 5 Satz 1 AufenthG. Zum Vorliegen oder zur Entbehrlichkeit eines staatsanwaltschaftlichen Einvernehmens musste der Antrag keine Darlegungen enthalten, denn § 72 Abs. 4 AufenthG ist auf Zurückweisungen nicht anzuwenden (vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.2017 - V ZB 41/17, InfAuslR 2018, 93 Rz. 6, 10 f. m.w.N.).
Rz. 19
bb) Die infolge der Geltung der Rückführungsrichtlinie bei einer Zurückweisung an einer Binnengrenze erforderliche Rückkehrentscheidung lag mit der Zurückweisung der beteiligten Behörde vom 10.5.2019 vor, welche die Anforderungen an eine Rückkehrentscheidung nach Art. 6, Art. 3 Nr. 4 der Rückführungsrichtlinie erfüllt (vgl. BGH, Beschl. v. 14.7.2020 - XIII ZB 81/19, juris Rz. 16).
Rz. 20
cc) Die vom AG und dem Beschwerdegericht über das von ihnen als geboten Angesehene hinaus getroffenen Feststellungen ergeben auch die Voraussetzungen des Haftgrundes der Fluchtgefahr nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG a.F. Danach ist ein Ausländer in Sicherungshaft zu nehmen, wenn im Einzelfall Gründe vorliegen, die auf den in § 2 Abs. 14 AufenthG a.F. festgelegten Anhaltspunkten beruhen, und deshalb der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung - bzw. hier der Zurückweisung - durch Flucht entziehen will. So liegt der Fall hier.
Rz. 21
(1) Die Behörde hat sich in ihrem Antrag auf § 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG a.F. berufen, wonach es ein konkreter Anhaltspunkt für Fluchtgefahr sein kann, wenn der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung bzw. Zurückweisung entziehen wolle. In seiner polizeilichen Vernehmung vom 10.5.2019 gab der Betroffene an, nicht zurück nach Nigeria zu wollen. Die Frage, ob er sich für eine Rückführung dorthin bereithalten und sich der geplanten Außerlandesbringung durch die Bundespolizei stellen würde, verneinte er ausdrücklich. Seine Absicht, nicht nach Nigeria zurückkehren zu wollen, hat er im Rahmen der persönlichen Anhörung vor dem AG bekräftigt.
Rz. 22
(2) Das Beschwerdegericht hat diese Umstände zusammen mit der Tatsache, dass der Betroffene in Deutschland keinen festen Wohnsitz und keine sozialen Bindungen unterhält, einer Gesamtwürdigung unterzogen und ist zu der Überzeugung gelangt, dass er ohne Sicherungshaft untertauchen und sich den Maßnahmen der Zurückweisung entziehen würde. Diese tatrichterliche Würdigung unterliegt einer Rechtskontrolle nur dahin, ob die verfahrensfehlerfrei festgestellten Tatsachen die aus ihnen gezogenen Schlüsse als möglich erscheinen lassen (vgl. BGH, Beschl. v. 16.3.2017 - V ZB 61/16, juris Rz. 2 m.w.N.), und ist insoweit nicht zu beanstanden.
Rz. 23
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG und Art. 6 Abs. 3 Buchst. e EMRK analog. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.
Fundstellen