Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtsstandsbestimmung. Bankgeheimnis
Leitsatz (amtlich)
Der Bestimmung eines gemeinschaftlichen Gerichts für einfache Streitgenossen, bei denen ein gemeinsamer Gerichtsstand nicht gegeben ist, steht es nicht entgegen, dass dadurch das die Streitgenossen schützende Bankgeheimnis berührt werden kann.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
OLG Hamm (Entscheidung vom 14.03.2005; Aktenzeichen 1 Sbd 2/05) |
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das LG Bielefeld bestimmt.
Gründe
[1]I. Die Klägerinnen und Antragstellerinnen haben gegen sämtliche Antragsgegner mit dem Begehren, feststellen zu lassen, dass im Jahr 1992 geschlossene Darlehensverträge wirksam sind, vor dem LG Bielefeld Klage erhoben. Dabei sind die Antragsgegner zu 3), 6) und 7) unter Anschriften in Herzebrock-Clarholz verklagt worden, das im Sprengel des LG Bielefeld liegt. Die Antragsgegner zu 1) und 2) sind unter Anschriften im Land Baden-Württemberg verklagt worden. Die Antragstellerinnen haben beim OLG Hamm beantragt, für sämtliche Beklagte das LG Bielefeld als zuständiges Gericht zu bestimmen. In Richtung gegen die Antragsgegner zu 4) und 5) haben sie nach außergerichtlicher Einigung den Bestimmungsantrag zurückgenommen. Zur Begründung haben die Antragstellerinnen geltend gemacht, zwischen den Beklagten bestehe einfache Streitgenossenschaft i.S.d. § 60 ZPO. Die Ansprüche der Klägerinnen resultierten aus einem inneren sachlichen Zusammenhang, der sie in ihrem Wesen als gleichartig erscheinen lasse, nämlich aus der Finanzierung einer Einlage an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts "Grundstücksgesellschaft B. Straße". Das angerufene OLG hat die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung bejaht, sich an der Bestimmung des LG Bielefeld als zuständiges Gericht aber durch den Beschluss des OLG Stuttgart vom 24.1.2005 (9 AR 11/04) gehindert gesehen, das in einer im Wesentlichen parallel gelagerten Sache den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts mit der Begründung zurückgewiesen hatte, dass die Beklagten nicht als Streitgenossen verklagt werden könnten. Dem stehe nämlich ein eklatanter Verstoß gegen das die Beklagten schützende Bankgeheimnis entgegen. Es hat die Sache zur Bestimmung des zuständigen Gerichts deshalb dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.
[2]II. 1. Da das OLG bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung des OLG Stuttgart abweichen will, ist der BGH zur Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen (§ 36 Abs. 3 ZPO).
[3]2. Der Antrag ist auch nach bereits erhobener Klage noch statthaft (BGH, Beschl. v. 7.10.1977 - I ARZ 513/77, NJW 1978, 321). Gesichtspunkte, die ihn mit Rücksicht auf das fortgeschrittene Verfahren als nicht mehr zulässig erscheinen lassen könnten, sind nicht erkennbar.
[4]3. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor, denn die Beklagten sind (einfache) Streitgenossen nach § 60 ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 23.5.1990 - I ARZ 186/90, NJW-RR 1991, 381 = BGHR ZPO § 36 Nr. 3 Streitgenossen 3), wie das vorlegende Gericht zutreffend ausgeführt hat; dies wird auch vom OLG Stuttgart nicht in Abrede gestellt.
[5]Anders als es das OLG Stuttgart angenommen hat, steht der Bestimmung eines gemeinschaftlichen Gerichtsstands auch nicht entgegen, dass dabei das die Beklagten schützende Bankgeheimnis berührt werden kann. Das ist nämlich keine Folge der Gerichtsstandsbestimmung, sondern nur deren Reflex. Das Bankgeheimnis kann ebenso tangiert werden, wenn die Antragstellerinnen mit einer Klage nur gegen Streitgenossen vorgehen, die einen gemeinsamen allgemeinen Gerichtsstand haben, wie dies hier bei den Antragsgegnern zu 3), 6) und 7) der Fall ist. Die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands bedeutet von daher allenfalls insoweit eine weitere Beeinträchtigung der Beklagten, als durch sie weitere Personen Kenntnis von den Verhältnissen der Antragsgegner erlangen können; die mögliche Beeinträchtigung der Rechte der Kläger wird durch sie aber nicht ausgelöst. Gegen diese Beeinträchtigung können sich die Antragsgegner nicht dadurch zur Wehr setzen, dass sie sich gegen die Zulässigkeit der Gerichtsstandsbestimmung wenden.
[6]4. Für die Annahme eines Missbrauchs prozessualer Befugnisse durch die Antragstellerinnen hat schon das vorlegende Gericht keinen Anhaltspunkt zu erkennen vermocht; der Senat kann sie ebenfalls nicht erkennen. Er bestimmt deshalb, da der Rechtsstreit bereits in Bielefeld anhängig und dort die Mehrheit der Beklagten ansässig ist, antragsgemäß das LG Bielefeld als das zuständige Gericht.
Fundstellen
Haufe-Index 1530877 |
BGHR 2006, 1049 |
FamRZ 2006, 1114 |
NJW-RR 2006, 1289 |
MDR 2007, 45 |