Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Entscheidung vom 31.07.2023; Aktenzeichen 13 U 216/22) |
LG Offenburg (Entscheidung vom 27.09.2022; Aktenzeichen 2 O 88/22) |
Tenor
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 13. Zivilsenat - vom 31. Juli 2023 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 12.500 €.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Klägerin erwarb von dem Beklagten, ihrem Vater, auf der Grundlage eines notariellen Kaufvertrags vom 23. März 2021 ein Hausgrundstück zu einem Preis von 300.000 €. Auf dem Dach des Hauses war bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Photovoltaikanlage montiert, die nicht mitverkauft wurde. Mit der Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten, die Aufdach-Photovoltaik-anlage nebst Hausverkabelung, Wechselrichter und Stromzähler zu beseitigen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen. Gegen die damit verbundene Nichtzulassung der Revision wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Rz. 2
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Rz. 3
1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend. Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzungen zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Oktober 2020 - V ZR 273/19, MDR 2021, 380 Rn. 4; Beschluss vom 24. September 2020 - V ZR 296/19, juris Rn. 4; Beschluss vom 21. März 2019 - V ZR 127/18, WuM 2019, 349 Rn. 4).
Rz. 4
2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Rz. 5
a) Der Wert der Beschwer des zur Beseitigung einer Eigentumsstörung verurteilten Beklagten bemisst sich grundsätzlich nach dessen Interesse, sich gegen die Kosten einer Ersatzvornahme zu wehren, die ihm durch die Zwangsvollstreckung des Urteils nach § 887 ZPO droht (Urteil vom 10. Dezember 1993 - V ZR 168/92, BGHZ 124, 313, 319). Maßgeblich sind somit die für die Beseitigung der Störung anfallenden Kosten (Senat, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 168/13, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 16. März 2012 - LwZB 3/11, NJW-RR 2012, 1103 Rn. 14). Geht es um die Beseitigung eines Bauwerks und übersteigt das Interesse des zur Beseitigung verurteilten Beklagten an dem Erhalt des Bauwerks die grundsätzlich maßgeblichen Kosten einer Ersatzvornahme des Abrisses, die ihm im Fall des Unterliegens drohen, so ist die Beschwer regelmäßig nach dem höheren Interesse an dem Erhalt des Bauwerks zu bemessen; dieses bestimmt sich grundsätzlich nach den für den Bau aufgewendeten Kosten (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Juli 2020 - V ZB 137/19, NJW-RR 2020, 1004 Rn. 8 mwN; Beschluss vom 19. Mai 2022 - V ZB 53/21, Grundeigentum 2022, 734 Rn. 7). Demgegenüber bleiben mittelbare wirtschaftliche Folgen bei der Ermittlung der Beschwer außer Betracht (vgl. Senat, Beschluss vom 26. September 2019 - V ZR 224/18, NZM 2019, 881 Rn. 3; Beschluss vom 23. Januar 2020 - V ZR 170/19, juris Rn. 7).
Rz. 6
b) Unmittelbare Folge der Verurteilung des Beklagten ist, dass er die Photovoltaikanlage abbauen muss. Der Beklagte hat weder die Rückbaukosten, die die Klägerin in der Klageschrift mit 12.500 € beziffert hat, noch die Aufbaukosten dargelegt. Er stützt sich vielmehr auf sein höheres Interesse an dem Verbleib der Photovoltaikanlage auf dem Dach des Hauses und bewertet dieses mit ca. 37.000 € (entgehende künftige Einspeisevergütung) bzw. mit mindestens 37.122,50 € (bei Selbstnutzung des erzeugten Stroms und Einspeisung des Überschussstroms). Ob das Interesse des zur Beseitigung einer Photovoltaikanlage verurteilten Beklagten an der Erzielung der Einspeisevergütung nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) bzw. an der Selbstnutzung des erzeugten Stroms dessen Beschwer mitbestimmt, weil es sich dabei um den naturgemäßen Zweck einer Photovoltaikanlage handelt, oder ob diese Vorteile zu den mittelbaren wirtschaftlichen Folgen des Urteils zählen, bedarf hier keiner Entscheidung (zur Beschwer des Mieters, der zur Beseitigung einer Parabolantenne verurteilt worden ist, vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2006 - VIII ZB 32/05, juris Rn. 9, i.E. offengelassen). Denn die Berechnung der Einspeisevergütung bzw. des erzeugten Stroms ist schon nicht glaubhaft gemacht. Ob, wie die Beschwerde geltend macht, die Berechnung in den Vorinstanzen unstreitig geblieben ist, ist für die Ermittlung der Beschwer nicht maßgeblich, weil es dazu keine tatbestandlichen Feststellungen gibt. Die Berechnung und ihre Grundlagen sind aus dem Berufungsurteil nicht ersichtlich; auf sie kam es für das Berufungsgericht auch nicht an. Deshalb war eine Glaubhaftmachung erforderlich, an der es fehlt.
Rz. 7
c) Eine Schätzung der Beschwer ist dem Senat nicht möglich. Zwar muss das Revisionsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegebenenfalls eine Schätzung vornehmen; als Grundlage der Schätzung dienen dabei aber nur solche Tatsachen, die der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist dargelegt und glaubhaft gemacht hat oder die jedenfalls in Verbindung mit dem Berufungsurteil offenkundig sind (vgl. Senat, Beschluss vom 24. März 2022 - V ZR 149/21, ZWE 2022, 293 Rn. 7; Beschluss vom 30. März 2023 - V ZR 171/22, juris Rn. 11). Anhaltspunkte für eine 20.000 € übersteigende Beschwer liegen nicht vor.
III.
Rz. 8
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO. Den Gegenstandswert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mangels anderer Anhaltspunkte mit den Vorinstanzen auf 12.500 € festgesetzt.
Brückner |
|
Göbel |
|
Haberkamp |
|
Laube |
|
Grau |
|
Fundstellen