Verfahrensgang
Tenor
Der Streitwert für die Revisionsinstanz wird auf 30.000 € festgesetzt (Rechtsmittel der Beklagten: 17.500 €; Anschlussrevision des Klägers: 12.500 €).
Gründe
Rz. 1
1. In Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) richtet sich der Streitwert regelmäßig allein nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der angegriffenen Bestimmungen, nicht hingegen nach der wirtschaftlichen Bedeutung eines Klauselverbots (Senatsbeschlüsse vom 29. Juli 2015 - IV ZR 45/15, VersR 2016, 140 Rn. 3; vom 6. März 2013 - IV ZR 211/11, juris Rn. 3; BGH, Beschluss vom 6. Juli 2021 - II ZR 119/20, juris Rn. 8; st. Rspr.). Danach ist ein Wert von 2.500 € je angegriffener Teilklausel als angemessen anzusehen (Senatsbeschluss vom 29. Juli 2015 aaO). Diese Erwägungen gelten für eine Klage auf Unterlassung unwirksamer Allgemeiner Versicherungsbedingungen gemäß § 1 UKlaG ebenso wie für eine Klage gegen eine verbraucherschutzgesetzwidrige Praxis im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG. Sie betreffen sowohl die Beschwer des klagenden Verbraucherschutzverbands als auch diejenige des im Unterlassungsprozess unterlegenen Gegners (BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2021 aaO; vom 5. Februar 2019 - VIII ZR 277/17, NJW 2019, 1531 Rn. 10; st. Rspr.).
Rz. 2
Danach beträgt der Streitwert vorliegend 30.000 €. Auf die Revision und die hilfsweise erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten entfallen 17.500 €, auf die Anschlussrevision des Klägers 12.500 €. Die Beklagte hat sich gegen die Untersagung der Verwendung von sechs Teilklauseln in den Versicherungsbedingungen und der Verwendung von Produktinformationsblättern gewandt, soweit in ihnen eine Kostenbelastung der eingezahlten Zulagen in den ersten fünf Vertragsjahren vorgesehen ist. Der Kläger hat seine Unterlassungsanträge betreffend die Verwendung von vier Teilklauseln in den Versicherungsbedingungen und die Ausweisung von insgesamt abrechenbaren Abschluss- und Vertriebskosten oberhalb des Höchstzillmersatzes in den Produktinformationsblättern weiterverfolgt.
Rz. 3
Die Möglichkeit, gemäß § 5 UKlaG und § 12 Abs. 3 Satz 1 UWG anzuordnen, dass sich die Verpflichtung einer Partei zur Zahlung von Gerichtskosten nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst, gebietet keine Festsetzung eines abweichenden Streitwerts (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Juli 2015 - IV ZR 45/15, VersR 2016, 140 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - III ZR 389/16, juris Rn. 5). Diese Anpassungsmöglichkeit stellt keinen ausreichenden Schutz eines klagenden Verbraucherschutzverbands vor unangemessenen Kostenrisiken dar (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 aaO). Sie ist zudem ohne Einfluss auf das für die Streitwertbestimmung maßgebende Unterlassungsinteresse der Allgemeinheit.
Rz. 4
2. Ein abweichender - höherer - Streitwert ist auch nicht mit Blick auf die herausragende wirtschaftliche Bedeutung der angegriffenen Bestimmungen festzusetzen. Zwar ist nicht ausgeschlossen, einer solchen Bedeutung ausnahmsweise Rechnung zu tragen, wenn die Entscheidung nicht nur für die beklagte Partei und ihre Vertragspartner, sondern für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2021 - II ZR 119/20, juris Rn. 9; vom 13. Oktober 2020 - VIII ZR 161/19, wrp 2021, 60 Rn. 10 vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12 ZIP 2014, 96 Rn. 6 f.). Das ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Zahl der abgeschlossenen oder zukünftig zu erwartenden Verträge mit den angegriffenen Bestimmungen oder die durchschnittliche Mehrbelastung der betroffenen Verbraucher, zu denen nach Ansicht des Klägers Feststellungen zu treffen sind, begründen für sich genommen keine herausragende wirtschaftliche Bedeutung.
Prof. Dr. Karczewski |
|
Dr. Brockmöller |
|
Dr. Götz |
|
Rust |
|
Piontek |
|
Fundstellen
Dokument-Index HI15639036 |