Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufungsurteil. Mangel der Unterschrift kein Revisionszulassungsgrund. Sachverständigenäußerung. Ersetzung der Protokollierung durch Vernehmung des Prozessgerichts. Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht deshalb vor, weil das Urteil des Berufungs(kollegial)gerichts von einem Ri unterzeichnet ist, der an der mündlichen Verhandlung und der Urteilsfällung nicht beteiligt war; denn die falsche Unterschrift kann gem. § 319 ZPO nachträglich durch die Richtige ersetzt werden.
Die Voraussetzungen, unter denen gem. § 161 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 und 5 ZPO (hier: Die Ausführungen eines Sachverständigen) nicht in das Protokoll aufgenommen werden müssen, liegen nicht vor, wenn das in dem Rechtsstreit zu erlassende Urteil des Berufungsgerichts der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO unterliegt.
Normenkette
ZPO § 161 Abs. 1 Nr. 1, §§ 319, 543 Abs. 2 S. 1, § 544 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 1.8.2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Streitwert: 35.000 EUR
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist statthaft und in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§ 544 Abs. 1, 2 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg, weil die Klägerin keinen Grund für die Zulassung der Revision dargelegt hat (§ 544 Abs. 2 S. 3, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).
1. Nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren daran beteiligt die Ri B., S. und T.. Dies weist auch der Urteilseingang aus. Ausweislich der dem Revisionsgericht vorliegenden Urteilsausfertigung ist das Urteil an letzter Stelle aber nicht von dem Ri T., sondern von der Ri S.-B. unterschrieben worden.
Der Mangel der Unterschrift nötigt indes nicht zu einer Zulassung der Revision, weil die falsche Unterschrift nach § 319 ZPO nachträglich durch die Richtige ersetzt werden kann, und zwar auch nach Einlegung der Revision (BGH BGHZ 18, 350 [354 ff.]; Beschl. v. 6.12.1988 - VI ZB 27/88, MDR 1989, 345 = NJW 989, 1156 [1157]; Urt. v. 26.11.1997 - VIII ZR 322/96, MDR 1998, 336 = NJW-RR 1998, 1065). Eine Rücksendung der Akten zwecks Berichtigung vor einer Entscheidung des Senats über die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht erforderlich.
2. Das Berufungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung den Sachverständigen Prof. F. vernommen. Es hat von der Protokollierung von dessen Äußerungen "gemäß § 161 Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen".
Mit dieser Begründung durfte zwar von der Protokollierung nicht abgesehen werden. Nach § 161 Abs. 1 Nr. 1 ZPO muss die Aussage eines Sachverständigen dann nicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO in das Protokoll aufgenommen werden, wenn das Prozessgericht die Vernehmung durchgeführt hat und das Endurteil der Berufung oder der Revision nicht unterliegt. Die letzte Voraussetzung lag hier nicht vor, weil eine Revision jedenfalls im Fall der Zulassung auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin in Betracht kommt (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 161 Rz. 3).
Dies nötigt aber nicht zur Zulassung der Revision.
Grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO kommt der Sache entgegen der in der Beschwerdebegründung vertretenen Auffassung nicht zu. Die grundsätzliche Notwendigkeit der Protokollierung ergibt sich aus dem Gesetz. Außerdem wirkt sich der Mangel der Protokollierung auf die Überprüfbarkeit des angegriffenen Urteils durch das Revisionsgericht hier nicht aus (dazu nachfolgend). Dass ein solcher Mangel nicht der für die Anwendung des § 295 ZPO vorauszusetzenden Parteidisposition unterliegt, hat der BGH bereits entschieden (vgl. BGH, Urt. v. 18.9.1986 - I ZR 179/84, MDR 1987, 209 = NJW 1987, 1200 f.; v. 12.5.1993 - XII ZR 174/92, BGHR ZPO § 543 Abs. 2, Tatbestand, fehlender, 10).
Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Dabei kann dahinstehen, ob ein Mangel der Protokollierung, der dazu führt, dass die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung für das Revisionsgericht nicht in vollem Umfang ersichtlich sind, die Zulassung der Revision stets als erforderlich erscheinen lassen muss. Unter den vorliegenden Umständen kommt es darauf nicht an. Denn die an sich notwendige Protokollierung des Inhalts der Beweisaufnahme kann als ersetzbar angesehen werden, wenn er sich mit der erforderlichen Klarheit aus dem Tatbestand oder den Entscheidungsgründen des Urteils ergibt (vgl. BGHZ 40, 84 [86]; BGH, Urt. v. 18.9.1986 - I ZR 179/84, MDR 1987, 209 = NJW 1987, 1200 f.). Dies ist hier der Fall. Entgegen der in der Beschwerdebegründung vertretenen Ansicht lässt sich dem angegriffenen Urteil entnehmen, welche Äußerungen der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung zu den vom Berufungsgericht als entscheidungserheblich angesehenen Punkten gemacht hat. Dabei ist auch deutlich zwischen der Wiedergabe der Äußerungen des Sachverständigen und der daran anschließenden Würdigung des Berufungsgerichts, die weitere Gesichtspunkte einbezieht, unterschieden.
3. Weitere Rügen werden mit der Beschwerde nicht vorgebracht. Sie ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 962595 |
HFR 2004, 177 |
NJW 2003, 3057 |
BGHR 2003, 1107 |
FamRZ 2003, 1741 |
ZAP 2003, 1044 |
MDR 2003, 1310 |
KammerForum 2004, 67 |