Leitsatz (amtlich)
a) Grobe Nachlässigkeit i.S.d. § 296 Abs. 2 ZPO liegt nur dann vor, wenn eine Prozesspartei ihre Pflicht zur Prozessförderung in besonders gravierender Weise vernachlässigt, wenn sie also dasjenige unterlässt, was nach dem Stand des Verfahrens jeder Partei als notwendig hätte einleuchten müssen (Bestätigung von BGH, Urt. v. 24.9.1986 - VIII ZR 255/85, NJW 1987, 501 unter II 2b cc; Beschlüsse v. 2.9.2013 - VII ZR 242/12, juris Rz. 13; v. 10.5.2016 - VIII ZR 97/15, GE 2016, 1207 Rz. 15).
b) Zur Annahme grober Nachlässigkeit bei verspäteter Einzahlung eines Auslagenvorschusses (§§ 402, 379 ZPO), nachdem das erkennende Gericht eine Gegenvorstellung gegen die Höhe des von ihm angeforderten Auslagenvorschusses zurückgewiesen hat.
Normenkette
ZPO § 296 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des OLG München - 21. Zivilsenat - vom 1.8.2018 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 34.120,01 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug. Sie behauptet, das Fahrzeug weise einen Unfallschaden auf, den die beklagte Verkäuferin ihr bei Vertragsabschluss arglistig verschwiegen habe.
Rz. 2
Auf die mündliche Verhandlung vom 13.3.2017 hat das LG mit einem am 24.4.2017 verkündeten Beweisbeschluss die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung der Klägerin angeordnet, "der Stoßfänger weise einen irreparablen Schaden auf." Die Versendung der Gerichtsakten an den Gutachter hat das LG von der Zahlung eines Auslagenvorschusses von 2.500 EUR bis zum 24.5.2017 abhängig gemacht.
Rz. 3
Mit Schriftsatz vom 10.5.2017 beanstandete der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beweisbeschluss inhaltlich; ferner wandte er sich gegen die Höhe des Auslagenvorschusses und machte mit näherer Begründung geltend, ein Auslagenvorschuss von 500 EUR sei ausreichend. Der zuständige Einzelrichter trat den inhaltlichen Bedenken mit Verfügung vom 17.5.2017 entgegen und teilte ferner mit: "Im Übrigen verbleibt es bei der Vorschussanordnung [...]." Nachdem der Auslagenvorschuss nicht eingegangen war, beraumte der Einzelrichter am 6.6.2017 Haupttermin auf den 18.9.2017 an.
Rz. 4
Mit Schriftsatz vom 19.6.2017 beantragte der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit näherer Begründung, den Auslagenvorschuss auf 1.000 EUR herabzusetzen. Auf die mit Schriftsatz vom 5.7.2017 geäußerte Bitte um beschleunigte Mitteilung, ob das Gericht entsprechend verfahren werde, teilte der Kammervorsitzende mit, der zuständige Einzelrichter befinde sich bis zum 16.8.2017 in Elternzeit.
Rz. 5
Mit Schriftsatz vom 17.8.2017 bat der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut um Mitteilung, ob seinem Antrag auf Herabsetzung des Auslagenvorschusses stattgegeben werde. Der Einzelrichter führte unter dem 18.8.2017 im Wesentlichen aus, ein Auslagenvorschuss von 2.500 EUR sei in Anbetracht der Erfahrungen in anderen Fällen angemessen. Daraufhin teilte der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 4.9.2017 mit, der Rechtsschutzversicherer habe den gerichtlich angeforderten Auslagenvorschuss geleistet, und fragte an, ob der Sachverständige noch genügend Zeit erhalten werde, um das Gutachten bis zum Termin am 18.9.2017 zu erstellen.
Rz. 6
Der Einzelrichter erwiderte mit Verfügung vom 11.9.2017, dass es bei dem anberaumten Termin verbleibe. Zuvor hatte er - ohne dies den Parteien mitzuteilen - in einem Aktenvermerk über ein Telefonat mit dem Sachverständigen festgehalten, dass dieser wegen vorrangiger anderer Termine eine Begutachtung bis zum 18.9.2017 nicht vornehmen könne.
Rz. 7
Nach einem vergeblichen Antrag des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 12.9.2017, den Verhandlungstermin aufzuheben, blieb die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18.9.2017 säumig. Auf Antrag der Beklagten beraumte das LG Termin zur Verkündung einer Entscheidung nach Lage der Akten auf den 9.10.2017 an. Durch Urteil vom 11.12.2017 hat der Einzelrichter die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei beweisfällig geblieben, weil der angeforderte Vorschuss verspätet eingezahlt worden sei; das Angriffsmittel der Klägerin werde nach § 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückgewiesen.
Rz. 8
Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
Rz. 9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 10
Zu Recht habe das LG die Voraussetzungen eines Urteils nach Lage der Akten bejaht. Der Klägervertreter habe eine unverschuldete Säumnis im erstinstanzlichen Verhandlungstermin vom 18.9.2017 nicht glaubhaft gemacht (§§ 331a Satz 2, 251a Abs. 2 Satz 4 ZPO). Auch sei der Sachverhalt für eine Entscheidung nach Lage der Akten hinreichend geklärt gewesen (§ 331a Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Das LG habe ein Sachverständigengutachten unter zutreffender Anwendung der Vorschriften des Beweisverfahrens nicht eingeholt. Die Voraussetzungen einer Zurückweisung verspäteten Vorbringens gem. § 296 Abs. 2 ZPO seien erstinstanzlich gegeben gewesen. Daher sei das Angriffsmittel auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen (§ 531 Abs. 1 ZPO).
Rz. 11
Zutreffend habe das LG die für die Zurückweisung des Vorbringens der Klägerin erforderliche grobe Nachlässigkeit bejaht. Zwar indiziere die nicht fristgerechte Zahlung eines Auslagenvorschusses noch keine grobe Nachlässigkeit. Doch habe der Klägervertreter hier auf die Mitteilung des LG vom 17.5.2017, wonach nicht beabsichtigt sei, den Auslagenvorschuss herabzusetzen, diesen weiterhin nicht eingezahlt. Erst als das LG nach mehrmaliger Nachfrage durch den Klägervertreter mit Verfügung vom 18.8.2017 darauf hingewiesen habe, dass eine Änderung der Vorschusshöhe nicht veranlasst sei, sei der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an deren Rechtsschutzversicherer herangetreten und habe die Vorschusszahlung veranlasst. Zwar habe der Klägervertreter wegen des Erziehungsurlaubs des Einzelrichters über mehrere Wochen eine inhaltliche Antwort auf seine nochmaligen Einwände gegen die Höhe des Auslagenvorschusses nicht erhalten. Doch sei es grob nachlässig gewesen, nach dem ersten Hinweis des LG (vom 17.5.2017) die Einzahlung des Vorschusses nicht zu veranlassen. Die Nachlässigkeit sei kausal für die Verspätung geworden, denn zu diesem Zeitpunkt hätte der Vorschuss noch fristgerecht geleistet werden können. Dass die Klägerin den Auslagenvorschuss als zu hoch erachte, ändere an der Nachlässigkeit nichts; zudem sei der gerichtlich angeforderte Auslagenvorschuss nicht unverhältnismäßig hoch gewesen.
Rz. 12
Zwar habe das LG den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, denn eine Zurückweisung als verspätet hätte erst nach einem darauf gerichteten Hinweis und entsprechender Gelegenheit zur Äußerung erfolgen dürfen. Diese Gehörsverletzung wirke sich jedoch auf das Urteil des LG nicht aus. Es sei nicht ersichtlich, was die Klägerin auf einen solchen Hinweis anderes hätte vortragen können. Die grobe Nachlässigkeit bei der Fristversäumnis liege auf der Hand und ergebe sich aus den Akten.
III.
Rz. 13
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist begründet, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Dies führt gem. § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 14
1. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.
Rz. 15
a) Bleibt ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei deswegen unberücksichtigt, weil der Tatrichter es in offenkundig fehlerhafter Anwendung von Präklusionsnormen zu Unrecht zurückgewiesen hat, so ist damit zugleich der Anspruch der Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (st.Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 2.9.2013 - VII ZR 242/12, juris Rz. 7 ff.; v. 3.5.2018 - III ZR 429/16, juris Rz. 7 ff.; v. 20.3.2019 - VII ZR 182/18, NJW-RR 2019, 726 Rz. 15 ff.; [jeweils zu § 531 Abs. 1 ZPO]); v. 17.7.2012 - VIII ZR 273/11, NJW 2012, 3787 Rz. 9; v. 15.7.2014 - VI ZR 145/14, juris Rz. 5 ff.; v. 10.5.2016 - VIII ZR 97/15, GE 2016, 1207 Rz. 9; v. 14.3.2017 - VI ZR 205/16, juris Rz. 5 ff.; [jeweils zu § 296 Abs. 2 ZPO]).
Rz. 16
b) So verhält es sich im Streitfall. Das Berufungsgericht hätte nicht gem. § 531 Abs. 1 ZPO von der auch zweitinstanzlich beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen dürfen, denn das darauf gerichtete Vorbringen der Klägerin ist erstinstanzlich offenkundig zu Unrecht gem. § 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückgewiesen worden. Das Berufungsgericht wiederum hat unter offenkundig rechtsfehlerhafter Anwendung des § 531 Abs. 1 ZPO angenommen, dass die erstinstanzliche Zurückweisung des Vorbringens der Klägerin Wirkung für die Berufungsinstanz entfalte. Damit hat das Berufungsgericht den erstinstanzlichen Verfahrensfehler perpetuiert, indem es das Rechtsmittel der Klägerin durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 15.7.2014 - VI ZR 145/14, a.a.O., Rz. 10).
Rz. 17
2. Die Klägerin hat den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens in der Berufungsinstanz aufrechterhalten. Dem hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen. Es hat jedoch zu Unrecht die Ermessensentscheidung des LG gebilligt, wonach die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe ihr in Kenntnis eines Unfallschadens ein Gebrauchtfahrzeug veräußert, ohne diesen zu offenbaren, verspätet sei und zurückgewiesen werde, weil die Klägerin den Auslagenvorschuss, von dessen Zahlung das LG die Übersendung der Akten an den Sachverständigen abhängig gemacht hat (§§ 402, 379 Satz 1 ZPO), nicht rechtzeitig geleistet habe.
Rz. 18
a) Hat das Gericht die Akten nach Erlass eines Beweisbeschlusses gem. §§ 402, 379 Satz 2 ZPO wegen nicht fristgerechter Einzahlung des Auslagenvorschusses durch den Beweisführer nicht an den Sachverständigen versandt, sondern Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, so kann zwar unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 ZPO das unter Beweis gestellte Vorbringen auch dann als verspätet zurückgewiesen werden, wenn der Kostenvorschuss bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch eingezahlt wird (BGH, Urt. v. 17.10.1979 - VIII ZR 221/78, NJW 1980, 343 unter 1b; v. 5.5.1982 - VIII ZR 152/81, NJW 1982, 2559 unter 2b; Beschlüsse v. 27.11.1997 - III ZR 246/96, NJW 1998, 761 unter 1b; v. 10.5.2016 - VIII ZR 97/15, a.a.O., Rz. 11). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt.
Rz. 19
b) Gemäß § 296 Abs. 2 ZPO können Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Eine Zurückweisung unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 ZPO hätte damit u.a. eine grobe Nachlässigkeit der Klägerin vorausgesetzt. Daran fehlt es ersichtlich.
Rz. 20
Grobe Nachlässigkeit i.S.d. § 296 Abs. 2 ZPO liegt - wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt nicht verkannt hat - nur dann vor, wenn eine Prozesspartei ihre Pflicht zur Prozessförderung in besonders gravierender Weise vernachlässigt, wenn sie also dasjenige unterlässt, was nach dem Stand des Verfahrens jeder Partei als notwendig hätte einleuchten müssen (BGH, Urt. v. 24.9.1986 - VIII ZR 255/85, NJW 1987, 501 unter II 2b cc; Beschlüsse v. 2.9.2013 - VII ZR 242/12, a.a.O., Rz. 13; v. 10.5.2016 - VIII ZR 97/15, a.a.O., Rz. 15; s. auch Urt. v. 15.10.2002 - X ZR 69/01, NJW 2003, 200 unter II 6b [zu § 528 Abs. 2 ZPO a.F.]).
Rz. 21
aa) Noch zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die nicht fristgerechte Zahlung eines Auslagenvorschusses noch keine grobe Nachlässigkeit indiziert (BVerfG NJW 2000, 1327; Senat, Beschl. v. 10.5.2016 - VIII ZR 97/15, a.a.O., Rz. 15 m.w.N.).
Rz. 22
bb) Allerdings lässt sich die Annahme grober Nachlässigkeit entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht darauf stützen, dass die Klägerin den vom LG bestimmten Auslagenvorschuss nicht zeitnah geleistet hat, nachdem das LG am 17.5.2017 die als Gegenvorstellung der Klägerin anzusehende Eingabe vom 10.5.2017 gegen die Höhe des Auslagenvorschusses zurückgewiesen hat.
Rz. 23
(1) Allein die Erhebung der Gegenvorstellung vom 10.5.2017 gegen die Höhe des Auslagenvorschusses ist nicht geeignet, die Annahme grober Nachlässigkeit der Klägerin zu begründen. Zwar steht die Anordnung der Vorschussleistung für die Einholung eines Sachverständigengutachtens, die die voraussichtlichen Kosten des Sachverständigen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) decken soll, im Schätzermessen des Gerichts. Ermessensfehler des LG zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf und sind angesichts der Bandbreite der Kosten für technische Schadensgutachten auch nicht zu erkennen. Da im Erkenntnisverfahren gegen die Anforderung eines Vorschusses nach § 379 ZPO bzw. §§ 402, 379 ZPO ein Rechtsmittel grundsätzlich nicht gegeben ist (BGH, Beschl. v. 3.3.2009 - VIII ZB 56/08, NJW-RR 2009, 1433 Rz. 8), ist es einer vorschusspflichtigen Partei jedoch unbenommen, im Wege der Gegenvorstellung auf eine Herabsetzung des Auslagenvorschusses hinzuwirken (Damrau in MünchKomm/ZPO, 5. Aufl., § 379 Rz. 9; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 16. Aufl., § 379 Rz. 8; Greger in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 379 Rz. 6). Dies zieht das Berufungsgericht nicht in Zweifel.
Rz. 24
(2) Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, kann grobe Nachlässigkeit unter den gegebenen Umständen auch nicht bejaht werden, nachdem die Klägerin auf die gerichtliche Verfügung vom 17.5.2017 den im Beweisbeschluss bestimmten Auslagenvorschuss von 2.500 EUR nicht geleistet hat. Denn die vorgenannte Verfügung entbehrt im Hinblick auf die Vorschusshöhe jeglicher Begründung. Das LG hat insoweit lediglich ausgeführt: "Insoweit verbleibt es bei der Vorschussanordnung. Eine Begutachtung allein anhand des Akteninhalts kommt nicht in Betracht". Demgegenüber hatte die Klägerin, worauf auch die Beschwerdebegründung hinweist, bereits mit der Klageschrift ein Privatgutachten der D. GmbH überreicht. Ausweislich der beigefügten Rechnung waren - unter Einschluss einer Besichtigung des Fahrzeugs - insoweit Kosten i.H.v. 248,60 EUR brutto entstanden, etwa ein Zehntel der gerichtlichen Vorschussanforderung. Angesichts der mit keinerlei Begründung versehenen Verfügung des LG vom 17.5.2017 ist die Annahme des Berufungsgerichts unter diesen Umständen verfehlt, die Klägerin habe in besonders gravierender Weise gegen ihre Prozessförderungspflicht verstoßen, als sie den Auslagenvorschuss nicht zeitnah nach dem 17.5.2017 geleistet hat.
Rz. 25
(3) Eine inhaltliche - auf die Erfahrungen des LG in anderen Fällen gegründete - Mitteilung über die Angemessenheit des Auslagenvorschusses hat die Klägerin erst rund drei Monate später, nämlich mit Verfügung vom 18.8.2017 erhalten. Daraufhin entrichtete die Klägerin den gerichtlich angeforderten Auslagenvorschuss. Die bis dahin verstrichene Zeit beruht, wie auch das Berufungsgericht gesehen hat, nicht auf grober Nachlässigkeit der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten, sondern auf innergerichtlichen Vorgängen, die der Klägerin nicht anzulasten sind.
Rz. 26
c) Unbeschadet dessen hätte eine Zurückweisung des Vorbringens der Klägerin als verspätet erst nach einem darauf gerichteten Hinweis des LG erfolgen dürfen. Ein solcher Hinweis, der eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vorausgesetzt hätte (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2013 - V ZR 147/12, NJW 2014, 550 Rz. 25; Beschlüsse v. 25.1.2012 - IV ZR 230/11, juris Rz. 19; v. 10.5.2016 - VIII ZR 97/15, a.a.O., Rz. 17), ist jedoch unterblieben. Die Anwendung der Präklusionsvorschrift des § 296 Abs. 2 ZPO ist erstmals dem am 11.12.2017 verkündeten Urteil des LG zu entnehmen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts beruht das Urteil des LG auf dieser Gehörsverletzung, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin die (ohnehin verfehlte) Annahme grober Nachlässigkeit nach einem entsprechenden Hinweis des LG entkräftet hätte (s. oben III 2b).
Rz. 27
3. Der angefochtene Beschluss beruht auf der dargestellten Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht nach einer Beweisaufnahme zu einem der Klägerin günstigeren Ergebnis gekommen wäre. Der angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO).
Rz. 28
Bei der Zurückverweisung an das Berufungsgericht macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch, der auf den Fall einer Zurückverweisung nach § 544 Abs. 7 ZPO entsprechend anwendbar ist (BGH, Beschlüsse v. 1.2.2007 - V ZR 200/06, NJW-RR 2007, 1221 Rz. 12; v. 23.8.2016 - VIII ZR 178/15, NJW-RR 2017, 72 Rz. 29; v. 3.7.2018 - VIII ZR 229/17, BGHZ 219, 161 Rz. 81; v. 23.10.2018 - VIII ZR 61/18, NJW-RR 2019, 134 Rz. 17).
Fundstellen
Haufe-Index 13496836 |
NJW 2019, 3456 |
NJW 2019, 9 |
FA 2019, 381 |
IBR 2020, 54 |
JZ 2019, 821 |
MDR 2019, 1464 |
MDR 2020, 13 |
VRS 2019, 60 |
Mitt. 2020, 47 |