Verfahrensgang

OLG Celle (Beschluss vom 06.12.2010; Aktenzeichen 21 WF 359/10)

AG Soltau (Beschluss vom 03.06.2010; Aktenzeichen 13 F 1266/10)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten gegen den Beschluss des 21. Zivilsenates - Senat für Familiensachen - des OLG Celle vom 6.12.2010 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist die Frage, welche Fahrtkosten der Antragstellerin bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu berücksichtigen sind.

Rz. 2

In der Hauptsache hat das AG die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Es hat der Antragstellerin mit Beschluss vom 3.6.2010 Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihr dabei die Zahlung monatlicher Raten von 45 EUR aufgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das OLG die Ratenzahlungsverpflichtung auf 15 EUR herabgesetzt. Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde und begehrt die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

II.

Rz. 3

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Rz. 4

1. In Ehesachen sind gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) über die Verfahrenskostenhilfe (§§ 76 bis 78 FamFG) nicht anzuwenden. Stattdessen gelten gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung, mithin auch die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, welche allerdings nach § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG als Verfahrenskostenhilfe zu bezeichnen ist.

Rz. 5

2. Die Staatskasse ist jedoch nicht beschwerdebefugt. Eine Beschwerde der Staatskasse findet nach § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO nur statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann also nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Dementsprechend ist das Beschwerderecht der Staatskasse auf den Fall beschränkt, dass Prozesskostenhilfe bewilligt und weder Ratenzahlungen aus dem Einkommen noch Zahlungen aus dem Vermögen angeordnet worden sind (BGH Beschl. v. 17.11.2009 - VIII ZB 44/09, NJW-RR 2009, 494 Rz. 3). Nach den aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen Absichten des Gesetzgebers sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift soll die Beschwerde der Staatskasse nur dazu dienen, im Interesse der Haushaltsmittel der Länder zu Unrecht unterbliebene Zahlungsanordnungen nachträglich zu erreichen. Dementsprechend ist der Staatskasse auch nur in diesem beschränkten Umfang ein Beschwerderecht zugebilligt worden, nämlich nur zu einer dahin gehenden Kontrolle von Bewilligungsentscheidungen, in denen Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt worden ist (BGH Beschl. v. 17.11.2009 - VIII ZB 44/09, NJW-RR 2009, 494; BGHZ 119, 372 = NJW 1993, 135, m.w.N.).

Rz. 6

Eine von der Staatskasse eingelegte Beschwerde mit dem Ziel, die Heraufsetzung der angeordneten Raten zu erreichen, ist deshalb nicht statthaft. Vielmehr begrenzt § 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Beschwerdebefugnis der Staatskasse bei bewilligenden Prozesskostenhilfeentscheidungen auf die in § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO ausdrücklich genannten Fälle einer unterbliebenen Zahlungsanordnung und beschränkt gem. § 127 Abs. 3 Satz 2 ZPO darüber hinaus die möglichen Anfechtungsgründe, so dass nur solche Beschwerdeanträge zugelassen sind, die darauf gerichtet sind, dem Antragsteller die Leistung von Zahlungen auf die Kosten der Prozessführung aufzuerlegen (BGH Beschl. v. 17.11.2009 - VIII ZB 44/09, NJW-RR 2009, 494 Rz. 4; Motzer in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 127 Rz. 27; Musielak/Fischer, ZPO, 8. Aufl., § 127 Rz. 10; Saenger/Pukall ZPO, 4. Aufl., § 127 Rz. 18; BeckOK ZPO/Kratz § 127 Rz. 52). Für die Beschwerdebefugnis der Staatskasse im Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die Beschränkungen des § 127 Abs. 3 ZPO entsprechend (Motzer in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 127 Rz. 37).

Rz. 7

3. An der Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde ändert nichts, dass das OLG diese zugelassen hat. Denn die Zulassung der Rechtsbeschwerde hat keine Ausweitung der Rechtsschutzmöglichkeiten über die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen hinaus zur Folge. Dementsprechend macht die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht die Prüfung der sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht entbehrlich, zu denen u.a. die Feststellung gehört, ob der Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung überhaupt beschwert ist oder ob ihm hiergegen ein Beschwerderecht zusteht (BGH Beschl. v. 17.11.2009 - VIII ZB 44/09, NJW-RR 2009, 494 Rz. 5; vgl. auch BGH, Urt. v. 10.3.1993 - VIII ZR 85/92, NJW 1993, 2052). Vielmehr wird einem Beschwerdeführer durch die Rechtsmittelzulassung die Einlegung einer Rechtsbeschwerde nur ermöglicht, wenn und soweit sie nach dem Gesetz statthaft und auch sonst zulässig ist. Ist dagegen - wie hier durch § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO - die Anfechtbarkeit der Entscheidung gesetzlich ausgeschlossen oder begrenzt, vermag auch eine positive Zulassungsentscheidung den Rechtsmittelzug nicht zu eröffnen, weil eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung nicht mit Hilfe einer Zulassung der Anfechtung unterworfen werden kann (BGH Beschl. v. 13.11.2008 - IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210, Rz. 6 m.w.N.).

Rz. 8

4. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens findet gem. § 127 Abs. 4 ZPO nicht statt (vgl. BGH Beschl. v. 23.3.2006 - IX ZB 130/05, NJW 2006, 1597, Rz. 10; Musielak/Fischer ZPO, 8. Aufl., § 127 Rz. 29; jeweils m.w.N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 3511576

FamRZ 2013, 213

FamFR 2013, 16

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