Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung. Zugelassene Rechtsbeschwerde vor dem BGH. Nebenverfahren. Beschwerdegebühr. Keine eigene Gebührenvorschrift. Kein Gebührentatbestand der BRAGO, Planwidrige Regelungslücke
Leitsatz (amtlich)
Die Vergütung des Rechtsanwalts für seine Tätigkeit im Verfahren über eine vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde bestimmt sich außer in Zwangsvollstreckungsverfahren auch in anderen Nebenverfahren nach der sinngemäß anwendbaren Bestimmung des § 11 Abs. 1 S. 4 BRAGO (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 30.1.2004 - IXa ZB 153/03, MDR 2004, 597 = BGHReport 2004, 705).
Normenkette
BRAGO §§ 2, 66 i.V.m, § 11 Abs. 1 S. 4
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) wird die seine Vergütung betreffende "Festsetzung der PKH-Kosten" der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle v. 25.2.2004 dahin abgeändert, dass die Vergütung auf 223,76 EUR festgesetzt wird.
Gründe
I.
In dem Ursprungsverfahren, einer Mietstreitigkeit, hatte die Einzelrichterin der Zivilkammer des LG als Beschwerdegericht den erstinstanzlichen Kostenfestsetzungsbeschluss zum Nachteil der Beklagten zu 2) abgeändert und zugleich wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Rechtsbeschwerde zugelassen. Für das Verfahren über die von der Beklagten zu 2) eingelegte Rechtsbeschwerde ist ihr Rechtsanwalt Dr. S. im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden. Nach Abschluss der Rechtsbeschwerdeinstanz hat er beantragt, seine Vergütung gem. § 123 BRAGO auf insgesamt 331,76 EUR festzusetzen, wobei er von einem Streitwert von 1.533,54 EUR und einer 20/10-Rechtsbeschwerdegebühr (§§ 2, 11, 31 BRAGO) ausgegangen ist. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat lediglich eine 5/10-Beschwerdegebühr nach § 61 BRAGO für erstattungsfähig gehalten und die Vergütung auf insgesamt 88,71 EUR festgesetzt. Dagegen wendet sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 2) mit der Erinnerung, mit der er unter Zugrundelegung einer 13/10-Gebühr die Festsetzung seiner Vergütung auf 223,76 EUR erreichen will. Zur Begründung bezieht er sich auf den Beschluss des IXa-Zivilsenates des BGH v. 30.1.2004 zu den Gebühren eines Rechtsanwaltes für Rechtsbeschwerden im Zwangsvollstreckungsverfahren (BGH v. 30.1.2004 - IXa ZB 153/03, MDR 2004, 597 = BGHReport 2004, 705), dessen Grundsätze auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden seien.
Der Vertreter der Bundeskasse hat zu der Erinnerung Stellung genommen.
II.
Die Erinnerung ist zulässig (§ 128 Abs. 3 BRAGO) und begründet.
In dem vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) angeführten Beschl. v. 30.1.2004 hat der IXa-Zivilsenat im Einzelnen dargelegt, dass das durch das Zivilprozessreformgesetz v. 27.7.2001 (BGBl. I, 1887) neu eingeführte Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde von keinem der Gebührentatbestände der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung erfasst wird; diese planwidrige Regelungslücke sei gem. § 2 BRAGO durch die entsprechende Anwendung des § 66 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 4 BRAGO zu schließen. Danach steht dem Rechtsanwalt für (zugelassene) Rechtsbeschwerden vor dem BGH, für die eine eigene Gebührenvorschrift fehlt, eine 13/10-Gebühr zu, und nicht lediglich die für Beschwerdeverfahren allgemein nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO anfallende 5/10-Gebühr.
Der genannte Beschl. v. 30.1.2004 betrifft zwar unmittelbar nur (zugelassene) Rechtsbeschwerden in Zwangsvollstreckungsverfahren vor dem BGH. Die ihm zu Grunde liegenden Erwägungen treffen aber uneingeschränkt jedenfalls auch auf solche Rechtsbeschwerden zu, die in anderen Nebenverfahren kraft Zulassung vor dem BGH durchgeführt werden können. Da die Rechtsbeschwerde nach § 574 ff. ZPO bewusst revisionsähnlich ausgestaltet ist und wirksam nur durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden kann, kommt nur die sinngemäße Anwendung einer der Sonderregelungen der Gebührenordnung für Rechtsanwälte für Rechtsmittelverfahren in Betracht, nicht aber der Beschwerdeverfahren im Allgemeinen erfassende Tatbestand des § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Zu Recht legt der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 2) daher seiner mit der Erinnerung verlangten Vergütung entsprechend § 11 Abs. 1 S. 4 BRAGO eine 13/10-Gebühr zu Grunde, die auch der Senat, dem genannten Beschluss des IXa-Zivilsenat folgend, bei einer von der Vorinstanz zugelassenen Rechtsbeschwerde für angemessen hält. Ob bei einer kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde, die wegen der zur Frage der Zulässigkeitsgründe notwendigen Ausführungen einen erhöhten Begründungsaufwand erfordert, entsprechend § 11 Abs. 1 S. 4 und 5 BRAGO der Ansatz einer 20/10-Gebühr berechtigt ist, bedarf keiner Entscheidung.
III.
Bei einem Beschwerdewert von 1.533,54 EUR beläuft sich die Vergütung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2), wie von ihm mit der Erinnerung beantragt, auf 223,76 EUR (172,90 EUR Gebühr, 20 EUR Auslagenpauschale, insgesamt 192,90 EUR, zzgl. 30,86 EUR Mehrwertsteuer). Somit ist seine Vergütung auf 223,76 EUR festzusetzen, und die Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist entsprechend abzuändern.
Fundstellen
Haufe-Index 1162570 |
BGHR 2004, 1130 |
FamRZ 2004, 1193 |
NJW-RR 2004, 1293 |
JurBüro 2004, 533 |
MDR 2004, 1024 |
Rpfleger 2004, 523 |
AGS 2004, 240 |
RVG-Letter 2004, 78 |