Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete. vertragsgemäßer Gebrauch der Mietsache. Gebrauchsüberlassung an Dritte. Aufnahme eines Lebensgefährten zum Zwecke der gemeinschaftlichen Lebensführung und Lebensplanung. Erlaubnisvorbehalt. Anspruch auf Erlaubnis des Vermieters. Erlaubnispflicht. Dritter im Sinne der §§ 540, 533 BGB
Leitsatz (amtlich)
Für die Aufnahme eines Lebensgefährten in eine gemietete Wohnung bedarf der Mieter der Erlaubnis des Vermieters. Auf die Erteilung der Erlaubnis hat er im Regelfall einen Anspruch.
Normenkette
BGB §§ 553, 540 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main |
AG Frankfurt am Main |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main v. 19.11.2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG Frankfurt am Main - Abteilung 33 - v. 24.5.2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin hat von der Beklagten eine Wohnung in dem Anwesen V.straße in F. gemietet, die sie zunächst allein bewohnte. Mit Schreiben v. 7.1.2002 teilte sie der Beklagten mit, dass sie Herrn R. S. in die Wohnung aufnehmen und ihm den Mitgebrauch überlassen wolle. Der Aufforderung der Beklagten, ihr das Geburtsdatum und die frühere Anschrift des Herrn S. mitzuteilen, kam die Klägerin nicht nach. In der Folgezeit nahm sie Herrn S. zur Bildung eines auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushaltes in ihre Wohnung auf.
Die Klägerin hat beim AG Klage auf Feststellung erhoben, dass sie berechtigt sei, ohne die Erlaubnis der Beklagten den Gebrauch der von der Beklagten gemieteten Wohnung ihrem Lebenspartner, Herrn R. S. , mit zu überlassen.
Sie macht geltend, Herr S. sei ihr Lebenspartner und als solcher nicht "Dritter" i. S. d. §§ 540, 553 BGB. Für den Mitgebrauch der Wohnung durch ihn bedürfe sie daher weder der Erlaubnis der Beklagten, noch sei sie aus sonstigen Gründen verpflichtet, der Beklagten das Geburtsdatum und die frühere Anschrift ihres Mitbewohners mitzuteilen.
Die Beklagte hält die Klage für unbegründet. Sie meint, auch dann, wenn es sich bei Herrn S. um den Lebensgefährten der Klägerin handele, bedürfe diese für seine Aufnahme in die Wohnung der Erlaubnis der Vermieterin nach § 553 BGB. Selbst wenn man dies für entbehrlich halte, treffe den Mieter jedenfalls eine Anzeigepflicht, die sich auch auf die frühere Anschrift und das Geburtsdatum des Lebensgefährten erstrecke.
Das AG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG der Klage stattgegeben und die begehrte Feststellung ausgesprochen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das LG hat ausgeführt:
Die Feststellungsklage sei zulässig und begründet. Zwar handele es sich auch bei der Einräumung des bloßen Mitgebrauchs an einer Wohnung begrifflich um eine Gebrauchsüberlassung mit der Folge, dass der Anwendungsbereich sowohl des § 8 Ziff. 1a des Mietvertrages als auch des § 540 Abs. 1 BGB eröffnet sei. Der Lebensgefährte der Klägerin sei jedoch nicht "Dritter" im Sinne dieser Bestimmungen. Diese in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene Frage sei dahin zu beantworten, dass alle diejenigen keine Dritten seien, die vom Mieter zum Zwecke einer gemeinschaftlichen Haushaltsführung und Lebensplanung in die Wohnung aufgenommen würden. Einer institutionellen Verfestigung durch Eheschließung oder Gründung einer Lebenspartnerschaft bedürfe es nicht, da die Form, in der Lebensgefährten ihre auf Dauer angelegte Gemeinschaft vollziehen, Teil ihrer Privatsphäre sei und zum Kern ihres Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gehöre. Auch die berechtigten Interessen des Vermieters verlangten eine Erlaubnispflicht nicht; gegen einen etwaigen vertragswidrigen Gebrauch der Wohnung durch den Lebensgefährten sei der Vermieter durch die Möglichkeit einer Kündigung hinreichend geschützt.
Die Klägerin treffe auch keine mietvertragliche Nebenpflicht zur Bekanntgabe der von der Beklagten geforderten persönlichen Daten. Die Beklagte habe keinen Anlass, über den neuen Mitbewohner Auskünfte bei Behörden oder anderen Institutionen einzuziehen; ein Schuldnerwechsel finde nicht statt.
II.
Diese Erwägungen halten der rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Gegen die vom LG bejahte Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken (§ 256 ZPO). Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwände.
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Rüge der Revision durchgreift, das LG habe verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass die Beklagte die Behauptung der Klägerin, Herr S. sei ihr Lebensgefährte, bestritten habe; denn auch wenn Letzteres zutrifft, bedarf die Klägerin der Erlaubnis der Beklagten gem. §§ 540 Abs. 1, 553 BGB.
a) Die Frage, ob der Lebensgefährte eines Mieters als "Dritter" anzusehen ist, für dessen Aufnahme in die Wohnung die Erlaubnis des Vermieters erforderlich ist, war bereits vor In-Kraft-Treten des Mietrechtsreformgesetzes umstritten. Teilweise wurde in Rechtsprechung und Schrifttum die Auffassung vertreten, die Aufnahme eines Lebensgefährten in die Wohnung zur Bildung einer auf Dauer angelegten Gemeinschaft gehöre - ähnlich wie beim Ehegatten oder sonstigen nahen Familienangehörigen - zum persönlichen Lebensbereich des Mieters und sei von dem Recht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung umfasst. Der Lebensgefährte sei nicht "Dritter" i. S. d. § 549 BGB (a. F.), seine Mitbenutzung der Wohnung bedürfe daher nicht der Erlaubnis des Vermieters. Eine Unterscheidung zwischen Ehegatten und Personen, die in einer eheähnlichen Beziehung zusammenlebten, sei auch im Hinblick auf die gewandelten sozialen Anschauungen nicht mehr gerechtfertigt (vgl. z. B. LG Hamburg WuM 1980, 255; LG Aachen v. 28.12.1988 - 7 S 342/88, WuM 1989, 372; Lammel, Wohnraummietrecht, 1. Aufl., §§ 535 Rz. 62, 549 Rz. 4, ebenso nunmehr in der 2. Aufl., § 540 Rz. 5, 6; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., II Rz. 238, 239). Für den Zeitraum nach dem In-Kraft-Treten des Mietrechtsreformgesetzes v. 19.6.2001 (BGBl. I, 1149) am 1.9.2001 wird als weiteres Argument angeführt, der Gesetzgeber habe durch die Neufassung der an die Stelle des bisherigen § 569a BGB getretenen Bestimmungen des § 563 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB, die ein Eintrittsrecht des gleichgeschlechtlichen Lebenspartners und des (nicht ehelichen) Lebensgefährten in den Mietvertrag bei Tod des Mieters vorsähen, die rechtliche Stellung des Lebenspartners bzw. Lebensgefährten derjenigen des Ehegatten angenähert; die frühere Differenzierung zwischen Ehegatten und nicht ehelichen Lebensgefährten könne deshalb nicht mehr aufrecht erhalten werden (Haas, Das neue Mietrecht, Erläuterung zu § 553, Rz. 1; Lützenkirchen, Neue Mietrechtspraxis, Rz. 515; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 540 Rz. 30 unter Aufgabe der noch in der Vorauflage vertretenen Ansicht).
b) Demgegenüber handelt es sich nach der - jedenfalls bislang - herrschenden Meinung bei dem Lebensgefährten des Mieters um einen "Dritten" i. S. d. § 549 BGB a. F., an dessen Stelle durch das Mietrechtsreformgesetz § 540 BGB als Grundsatzvorschrift und § 553 BGB - entsprechend der Systematik des reformierten Mietrechts - als Spezialvorschrift für die Wohnungsmiete getreten sind.
In der Entscheidung BGHZ 92, 213 (BGH v. 3.10.1984 - VIII ARZ 2/84, MDR 1985, 401) ist der Senat - allerdings ohne nähere Unterscheidung zwischen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft und einer "einfachen" Wohngemeinschaft - davon ausgegangen, dass beide Formen des Zusammenlebens unter den Erlaubnisvorbehalt des § 549 BGB (a. F.) fallen. In seinem Urt. v. 15.5.1991 (BGH v. 15.5.1991 - VIII ZR 38/90, NJW 1991, 1750 = WM 1991, 1306 unter II 2a = BGHR BGB § 549 Abs. 1, Erlaubnis 2) hat er die vom damaligen Berufungsgericht angenommene Beschränkung der Erlaubnisfreiheit auf die Aufnahme von Familienangehörigen des Mieters gebilligt. Die Rechtsprechung der Obergerichte zu § 549a. F. ging gleichfalls überwiegend davon aus, dass die Aufnahme eines Lebensgefährten in die Mietwohnung nicht zum vertragsgemäßen - und deshalb erlaubnisfreien - Gebrauch der Wohnung zählte (OLG Hamm v. 17.8.1982 - 4 REMiet 1/82, MDR 1983, 56 = NJW 1982, 2876; v. 23.10.1991 - 30 REMiet 1/91, MDR 1992, 156 = OLGReport Hamm 1992, 1 = WuM 1991, 668; OLG Hamburg NJW-RR 1988, 1481 [1482]; vgl. auch BayObLG WuM 1984, 13; OLG Schleswig v. 17.11.1992 - 4 REMiet 1/92, WuM 1992, 674 [677]; ebenso die h. M. in der Lit.: Blank/Börstinghaus, Miete, § 549a. F., Rz. 19; Bub/Treier/Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III A Rz. 1011; Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV Rz. 217a. E.; Voelskow in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 549 Rz. 10; Staudinger/Emmerich, 13. Bearb. 1995, § 549 Rz. 9; Schmidt-Futterer/Blank, 7. Aufl., § 549 Rz. 25).
3. Der Senat hält an der bereits früher vertretenen Auffassung auch für den jetzigen Rechtszustand fest; durch das Mietrechtsreformgesetz hat sich die Gesetzeslage insoweit nicht geändert (ebenso Blank/Börstinghaus, Neues Mietrecht, § 540 Rz. 2; Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., § 540 Rz. 5).
a) Auszugehen ist nach wie vor von dem Grundsatz, dass der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt ist, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen (§ 540 Abs. 1 S. 1 BGB). Dem Lebensgefährten, der von dem Mieter in die Wohnung aufgenommen wird, wird der Gebrauch der Mietsache eingeräumt. Die früher vielfach vorgenommene Unterscheidung zwischen "selbständigem" und "unselbständigem" Gebrauch mit der Folge, dass der Lebensgefährte des Mieters von vornherein nicht als Dritter i. S. d. § 549 BGB a. F. galt, hat bereits das OLG Hamm in seinem Rechtsentscheid v. 17.8.1982 (OLG Hamm v. 17.8.1982 - 4 REMiet 1/82, MDR 1983, 56 = NJW 1982, 2876) für die hier zu entscheidende Rechtsfrage zu Recht und mit überzeugender Begründung aufgegeben. Daher ist zunächst jede Person, die nicht Partei des Mietvertrages ist, "Dritter" i. S. d. § 540 BGB; hiervon ausgenommen sind nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ebenso wie schon unter der Geltung des § 549 BGB a. F. die Familie des Mieters wegen ihrer engen, unter dem ausdrücklichen Schutz der Verfassung (Art. 6 GG) stehenden persönlichen Beziehung und - mit Rücksicht auf ihren nur kurzen Aufenthalt - Besucher des Mieters. Im Übrigen gilt jedoch, dass andere Personen als der Mieter unter den grundsätzlichen Erlaubnisvorbehalt auch des jetzigen § 540 Abs. 1 S. 1 BGB (§ 549 Abs. 1 S. 1 BGB a. F.) fallen.
b) Die Reform des Mietrechts durch das Gesetz v. 19.6.2001 gibt keinen Anlass zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Der Wortlaut der einschlägigen Bestimmung ist - von dem nur sprachlich angepassten Begriff der "Mietsache" an Stelle der "gemieteten Sache" abgesehen - unverändert geblieben. Auch der Gesetzgeber ist in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 553 BGB, der als Sondervorschrift für die Wohnungsmiete an die allgemeine Vorschrift des § 540 BGB über die Gebrauchsüberlassung an Dritte anschließt, ausdrücklich davon ausgegangen, dass der Mieter für "die Aufnahme seines Lebenspartners zum Zwecke der Bildung oder Fortführung eines auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalts" der Erlaubnis des Vermieters bedarf (BT-Drucks. 14/4553, 49; vgl. Haas, Das neue Mietrecht, S. 142). Die §§ 540, 553 BGB i. d. F. des Regierungsentwurfs sind im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht geändert worden; zu eigenen Anmerkungen hat insbesondere auch der Rechtsausschuss des Bundestages keinen Anlass gesehen (vgl. Haas, Das neue Mietrecht, S. 111, 142, 402, 407).
Allerdings hat das Mietrechtsreformgesetz die Rechtsstellung des Lebensgefährten insofern gestärkt, als § 563 BGB nunmehr ausdrücklich den Eintritt des Partners in den Mietvertrag bei Tod des Mieters vorsieht, und zwar sowohl für den Partner einer homosexuellen Lebenspartnerschaft (§ 563 Abs. 1 S. 2 BGB) als auch für sonstige Lebensgefährten (§ 563 Abs. 2 S. 4 BGB; vgl. dazu auch Ziff. 3 der Begründung zu § 563 Abs. 2 S. 2 BGB des Regierungsentwurfs [§ 563 Abs. 2 S. 4 des Gesetzes], BT-Drucks. 14/4553, 62; vgl. Haas, Das neue Mietrecht, S. 215; Schmidt-Futterer/Gather, 8. Aufl., § 563 Rz. 29). Diese Regelung geht über den Geltungsbereich des § 569a BGB a. F., an dessen Stelle § 563 BGB getreten ist, hinaus. Die ihr zu Grunde liegende allgemeine Wertentscheidung des Mietrechtsreformgesetzes rechtfertigt es jedoch entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht (Haas, Das neue Mietrecht, § 553 Erl. Rz. 1; Lützenkirchen, Neue Mietrechtspraxis, Rz. 515; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 540 Rz. 30) nicht, abweichend vom konkret geäußerten Willen des Gesetzgebers (Begründung zu § 553 BGB des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/4553, 49; vgl. Haas, Das neue Mietrecht, S. 142) den Lebensgefährten im Rahmen des § 553 BGB dem Ehegatten oder dem Lebenspartner i. S. d. § 1 Abs. 1 LPartG gleichzustellen. Wenn der Gesetzgeber eine solche Gleichstellung gewollt hätte, hätte es sich ihm - angesichts der ihm bekannten höchstrichterlichen Rechtsprechung - aufgedrängt, eine der Vorschrift des § 563 Abs. 2 S. 4 BGB entsprechende Bestimmung zur Klarstellung auch in § 553 BGB aufzunehmen. Zudem unterscheidet der Gesetzgeber in § 563 Abs. 2 BGB zwischen dem Lebensgefährten und dem Ehegatten bzw. Lebenspartner insofern, als der Lebensgefährte nur dann in das Mietverhältnis eintritt, wenn Letztere die Wohnung nicht übernehmen. Der Lebensgefährte wird also nur nachrangig berücksichtigt.
Im Übrigen besteht zwischen den beiden Fallgestaltungen, die von § 540 und § 563 BGB erfasst werden, ein Unterschied in tatsächlicher Hinsicht, der auch eine rechtliche Differenzierung rechtfertigt. Die Situation bei der Aufnahme eines Lebensgefährten in die gemietete Wohnung zur Bildung einer auf Dauer angelegten Beziehung ist mit der Lage, die sich für einen nicht ehelichen Lebensgefährten nach dem Tod des Mieters ergibt, nicht ohne weiteres zu vergleichen. Es macht einen Unterschied, ob der gemeinsame Haushalt in einer vom Mieter zunächst allein genutzten Wohnung erst begründet werden soll oder ob der Partner dort bereits - möglicherweise jahrelang - gemeinsam mit dem Mieter seinen eigenen Lebensmittelpunkt gehabt hat, den er nunmehr aufgeben müsste. Dass ein Partner in dieser Lage einen stärkeren Schutz verdient als derjenige, der bisher nicht am Gebrauch der Wohnung teilgenommen hat, liegt auf der Hand.
c) Das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) und das daraus hergeleitete Recht auf ungehinderte Gestaltung des persönlichen Lebensbereiches innerhalb der Wohnung gebieten es gleichfalls nicht, die von der bisherigen herrschenden Meinung entwickelten Grundsätze über den vom Erlaubnisvorbehalt des § 540 BGB (§ 549 BGB a. F.) ausgenommenen Personenkreis auf den Lebensgefährten auszudehnen. Insbesondere greift es zu kurz, wenn darauf abgestellt wird, dem Grundrecht des Mieters auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit stehe "nur die Eigentumsgarantie" des Vermieters gegenüber (so aber Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., II Rz. 240). Der Mieter - und mittelbar auch sein (künftiger) Lebensgefährte - sind durch die Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB (§ 549 Abs. 2 BGB a. F.) vor willkürlicher Versagung der Erlaubnis des Vermieters hinreichend geschützt.
Nach § 553 Abs. 1 S. 1 BGB steht dem Mieter, der ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme des Dritten in seine Wohnung hat, ein Anspruch auf Erlaubnis gegen den Vermieter zu. Schon bisher war in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass für die Geltendmachung eines berechtigten Interesses i. S. d. gleich lautenden § 549 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. die nachvollziehbare Darlegung vernünftiger Gründe für die Bildung einer Wohngemeinschaft oder einer ähnlichen Form des Zusammenlebens genügte (BGH, Urt. v. 3.10.1984 - VIII ARZ 2/84, BGHZ 92, 213 [218 f.] = MDR 1985, 401; Schmidt-Futterer/Blank, 7. Aufl., § 549 Rz. 25 und die dort angeführten Entscheidungen; Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rz. 218). Vor dem Hintergrund der gerade in der jüngsten Vergangenheit gewandelten sozialen Anschauungen über hetero- oder homosexuelle Lebensgemeinschaften und der darauf beruhenden Wertentscheidungen des Mietrechtsreformgesetzes ist der - nicht näher zu begründende, weil auf höchstpersönlichen Motiven beruhende - Wunsch des Mieters, eine solche Gemeinschaft zu bilden oder fortzusetzen, in aller Regel für die Darlegung eines berechtigten Interesses an der Aufnahme des Dritten in die Wohnung ausreichend. Stützt der Mieter mithin gegenüber dem Vermieter sein Anliegen auf eine derartige Absicht, hat er einen klagbaren Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis, die der Vermieter nur dann versagen kann, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann (§ 553 Abs. 1 BGB). Die Vorschriften der §§ 540, 553 BGB gewährleisten einen angemessenen Ausgleich zwischen den berechtigten Belangen sowohl des Mieters als auch des Vermieters; sie greifen weder in das Persönlichkeitsrecht des Mieters noch in das Eigentumsrecht des Vermieters über Gebühr ein. Einer - vom Gesetzgeber nicht gewollten - Ausdehnung des privilegierten Personenkreises, der, obwohl nicht Partei des Mietvertrages, von vornherein nicht zu den "Dritten" i. S. d. §§ 540, 553 BGB zählt, bedarf es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht.
4. Benötigt die Klägerin somit für die Mitnutzung der Wohnung durch Herrn S. die Erlaubnis der Beklagten nach §§ 540 Abs. 1, 553 Abs. 1 S. 1 BGB, so ist ihre Klage mit dem Ziel der Feststellung, dass sie ohne Erlaubnis der Beklagten berechtigt sei, den Gebrauch des gemieteten Wohnraumes ihrem Lebenspartner mit zu überlassen, unbegründet. Weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf es für diese Entscheidung nicht. Die Frage, ob und in welchem Umfang die Beklagte von der Klägerin vor Erteilung der Erlaubnis nähere Angaben zur Person des Herrn S. verlangen kann, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
III.
Auf die Revision der Beklagten ist daher das angefochtene Urteil dahin aufzuheben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG Frankfurt am Main v. 24.5.2002 ist mit der - klarstellenden - Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 3 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1070880 |
BGHZ 2004, 1 |
DB 2004, 485 |
NJW 2004, 56 |
NWB 2003, 3669 |
BGHR 2004, 2 |
DWW 2004, 16 |
EBE/BGH 2003, 388 |
FamRZ 2004, 358 |
FamRZ 2004, 91 |
FuR 2004, 429 |
EWiR 2004, 743 |
JR 2004, 377 |
JurBüro 2004, 218 |
NZM 2004, 22 |
WM 2004, 528 |
ZAP 2004, 61 |
ZMR 2004, 100 |
BtPrax 2004, 1 |
FPR 2004, 277 |
JA 2004, 345 |
JuS 2004, 625 |
MDR 2004, 141 |
WuM 2003, 688 |
Info M 2004, 8 |
MietRB 2004, 34 |
RÜ 2004, 16 |
RdW 2004, 125 |
ZGS 2003, 444 |
AIM 2003, 243 |
AIM 2004, 13 |
BBB 2004, 50 |
IWR 2003, 74 |
JT 2004, 92 |
LL 2004, 229 |
LMK 2004, 1 |
MK 2004, 9 |