Leitsatz (amtlich)
Die Beiladung im Verwaltungsrechtsstreit nach § 65 Abs. 1 VwGO bewirkt nicht eine Unterbrechung der Verjährung nach § 209 Abs. 2 BGB a.F.; sie kann den dort aufgeführten Unterbrechungsgründen, insbesondere der Streitverkündung (§ 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F.), nicht gleichgestellt werden.
Normenkette
BGB a.F. § 209 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 23. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger kauften am 22. Dezember 1988 von R. und P. Sch. das Teileigentum an einem Grundstück in H.-B., das mit dem Sondereigentum an einem Supermarkt verbunden war. Zur Zeit des Vertragsschlusses waren die Straßen, an denen das Grundstück lag, bereits fertiggestellt. Erschließungsmaßnahmen hatten in den Jahren 1979 bis 1981 stattgefunden. Erschließungsbeiträge waren jedoch, was die Kläger nicht wußten, noch nicht eingefordert worden. Der von dem beklagten Notar beurkundete Kaufvertrag regelte nicht ausdrücklich, welche Vertragspartei etwa ausstehende Erschließungsbeiträge zu zahlen habe.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 1992 setzte die Freie und Hansestadt Hamburg gegen den Kläger zu 1 – als Gesamtschuldner neben dem Kläger zu 2 – einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 113.047,45 DM fest. Der Kläger zu 1 legte gegen den Bescheid Widerspruch ein und beantragte bei dem Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. In dem hierdurch eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren beantragte der Kläger zu 1 mit Schriftsatz vom 22. Juni 1993, den Beklagten beizuladen. Der Antrag wurde damit begründet, daß eine Regreßhaftung des Beklagten gemäß § 19 BNotO in Betracht komme. Die Beiladung erfolgte durch Beschluß des Verwaltungsgerichts vom 9. Juli 1993.
Die Kläger unterrichteten den Beklagten mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 22. Juni 1993 von dem Beiladungsersuchen und regten an, daß er seine Haftpflichtversicherung informiere. Der Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 6. September 1993 den Eingang des Schreibens der Kläger. Weiter teilte er mit, seine Haftpflichtversicherung informiert zu haben, und bat, über den Fortgang des „Verwaltungsrechtsverfahrens” unterrichtet zu werden.
Das Verwaltungsgericht ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an. Das Oberverwaltungsgericht lehnte die von der Freien und Hansestadt Hamburg hiergegen beantragte Zulassung der Beschwerde durch Beschluß vom 27. Januar 2000 ab. Das Hauptsacheverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die Kläger machen geltend, der Beklagte habe es amtspflichtwidrig unterlassen, sie auf das Risiko noch ausstehender Erschließungsbeiträge hinzuweisen. Im Falle einer solchen Aufklärung hätten sie mit den Verkäufern vereinbart, daß diese die Erschließungskosten aus der Vergangenheit, sie als Käufer nur die künftigen Erschließungskosten zu tragen hätten. Mit der im November 1999 erhobenen Klage begehren die Kläger Befreiung von der Zahlungspflicht aus dem Beitragsbescheid der Freien und Hansestadt Hamburg vom 23. Oktober 1992 in Höhe von 113.047,45 DM, ferner Zahlung dieses Betrages an sie nach Ablauf einer unter Ablehnungsandrohung gesetzten Frist und Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, eventuell darüber hinaus festgesetzten Erschließungskostenaufwand zu erstatten. Sie haben ferner eine Reihe von Hilfsanträgen gestellt. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihre Haupt- und Hilfsanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Abweisung der Klage ausgeführt:
Es könne offenbleiben, ob der Beklagte amtspflichtwidrig mit den Urkundsbeteiligten nicht erörtert habe, daß in der Vergangenheit erfolgte Erschließungsmaßnahmen nicht abgerechnet sein könnten und insoweit eine – vertraglich zu regelnde – Übernahme der Erschließungsbeiträge durch die Verkäufer in Betracht komme. Weiter könne dahinstehen, ob die Verkäufer einer solchen Klausel zugestimmt hätten. Etwaige Schadensersatzansprüche der Kläger gegen den Beklagten wegen Verletzung notarieller Amtspflichten seien verjährt. Die für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebliche Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen hätten die Kläger am 22. Juni 1993 gehabt. Der Schaden sei bereits mit dem Erlaß des Beitragsbescheides vom 23. Oktober 1992 eingetreten. Die Kläger hätten den Beklagten spätestens dann als Schädiger angesehen, als sie am 22. Juni 1993 seine Beiladung beantragt hätten. Damals hätten ihnen auch bekanntermaßen keine anderweitigen Ersatzansprüche gegen die Verkäufer zugestanden. Die Verjährungsfrist sei im Juni 1996, vor Einreichung der Klage am 10. November 1999, abgelaufen. Weder durch den Beiladungsbeschluß des Verwaltungsgerichts vom 9. Juli 1993 noch durch das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren selbst sei die Verjährung unterbrochen, noch durch ein pactum de non petendo oder Verhandlungen gehemmt worden.
II.
Die Begründung des Berufungsurteils hält der rechtlichen Prüfung stand. Der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer notariellen Amtspflicht (§ 19 Abs. 1 BNotO) ist jedenfalls verjährt.
1. Der Anspruch auf Ersatz des aus einer schuldhaften Amtspflichtverletzung des Notars entstandenen Schadens verjährte nach dem hier noch anwendbaren alten Recht in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangte (§ 19 Abs. 1 Satz 1 und 3 BNotO i.V.m. § 852 Abs. 1 BGB a.F.); der Beginn der Verjährung erforderte des weiteren nach § 198 Satz 1 BGB a.F., daß überhaupt ein Schaden entstanden war (BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 – IX ZR 436/98 – NJW 2000, 1498, 1499). Diese Voraussetzungen für den Lauf der Verjährung waren im Juni 1993 erfüllt.
a) Ein Schaden ist entstanden, wenn durch die Verletzungshandlung eine Verschlechterung der Vermögenslage des Verletzten eintritt, ohne daß bereits feststehen muß, daß der Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird (BGHZ 100, 228, 231 f); das bloße Risiko eines Vermögensnachteils reicht nicht aus. Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen. Nach seinen Feststellungen haben die Kläger infolge der – unterstellten – Amtspflichtverletzung des Beklagten einen Schaden schon mit dem Erlaß des Beitragsbescheids vom 23. Oktober 1992 erlitten. Das ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
aa) Nach dem für die rechtliche Prüfung maßgeblichen Sachverhalt hat der Beklagte eine den Klägern nachteilige Vertragsgestaltung verursacht. Er hat in den notariellen Verhandlungen nicht darauf hingewiesen, daß nach Vertragsschluß Beitragsbescheide wegen früher ausgeführter Erschließungsmaßnahmen ergehen könnten. Deshalb unterblieb in dem beurkundeten Kaufvertrag eine – in aller Regel dem wahren Willen der Beteiligten entsprechende (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 1994 – IX ZR 161/93 – NJW 1994, 2283) – Bestimmung, daß die Verkäufer solche Erschließungskosten übernahmen. Die – dispositiven – §§ 446 Abs. 1 Satz 2, 103 BGB a.F. blieben anwendbar, was für die Kläger als Käufer bedeutete, daß sie die nach der Übergabe des Grundstücks fällig werdenden Erschließungsbeiträge zu tragen hatten (vgl. BGH aaO und Urteil vom 29. Januar 1982 – V ZR 73/81 – NJW 1982, 1278). Das hiermit verbundene Schadensrisiko verwirklichte sich, als der Kläger zu 1 – als Gesamtschuldner neben dem Kläger zu 2 – auf Zahlung des Beitrages für vor dem Vertragsschluß erfolgte Erschließungen in Anspruch genommen wurde. Mit dem Zugang des Beitragsbescheides der Freien und Hansestadt Hamburg vom 23. Oktober 1992 entstand die Zahlungsverpflichtung und damit der Schaden der Kläger.
bb) Die Revision macht dagegen geltend, ein Abgabenanspruch sei nicht entstanden, weil die Erschließung über den Bebauungsplan hinausgereicht und die Freie und Hansestadt Hamburg auch den planüberschreitenden Mehraufwand auf die beitragspflichtigen Grundstücke umgelegt habe. Der Abgabenbescheid unterliege daher insgesamt der Aufhebung.
Das Oberverwaltungsgericht hat allerdings im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ausgesprochen, daß die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides vom 23. Oktober 1992 ernsthaft zweifelhaft sei (Beschluß vom 27. Januar 2000 – 1 Bs 39/97 Umdruck S. 4). Die Entstehung eines Schadens hing aber nicht davon ab, ob der ergangene Erschließungsbeitragsbescheid rechtswidrig und deshalb mit Widerspruch und Anfechtungsklage anfechtbar war. Die für die Entstehung eines Schadens entscheidende – rechtlich verfestigte (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92 – NJW 1993, 648, 650) – Verschlechterung der Vermögenslage ist bereits mit dem Erlaß des Beitragsbescheides eingetreten. Die Kläger waren aufgrund des – von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) – Beitragsbescheids vom 23. Oktober 1992 verpflichtet, 113.047,45 DM an die Freie und Hansestadt Hamburg zu zahlen. Daß der Bescheid im verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren aufgehoben werden könnte, stellt nur die Endgültigkeit des eingetretenen Schadens in Frage (vgl. BGHZ 129, 386, 389 f und BGH, Urteile vom 12. Februar 1998 – IX ZR 190/97 – WM 1998, 786, 787 und vom 28. April 1994 aaO 2283 f).
b) Die für den Verjährungsbeginn nötige Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen hat der Geschädigte, der die schädlichen Folgen der unerlaubten Handlung dergestalt kennt, daß er auf ihrer Grundlage gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage, sei es auch nur als Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, daß sie ihm zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Urteil vom 12. Oktober 2000 – III ZR 121/99 – NVwZ 2001, 468, 469; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 aaO 653). Das war nach Auffassung des Berufungsgerichts spätestens am 22. Juni 1993 der Fall. Auch hiergegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern.
aa) Wie das Berufungsgericht unbeanstandet von der Revision festgestellt hat, hatten die Kläger die erforderliche Kenntnis von der Person des Beklagten als Schädiger am 22. Juni 1993. Denn mit Schriftsatz von diesem Tag beantragten ihre Bevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren die Beiladung des Beklagten und begründeten dies mit der Möglichkeit eines Regresses.
bb) Der Beklagte hat nach dem Vortrag der Kläger die ihm bei der Beurkundung obliegenden Pflichten lediglich fahrlässig verletzt, und es hat sich nicht um ein selbständiges Betreuungsgeschäft im Sinne der §§ 23, 24 BNotO gehandelt. In einem solchen Fall beginnt die Verjährung erst mit der Kenntnis vom Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO); denn solange der Geschädigte nicht darzulegen vermag, daß er auf andere Weise keinen Ersatz erlangen kann, ist ihm die Erhebung einer (Feststellungs-) Klage, die schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben könnte, nicht zuzumuten (BGHZ 102, 246, 248 f; 121, 65, 71; BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 aaO 1500).
(1) Als anderweitige Ersatzmöglichkeit wären im Streitfall nur Ansprüche der Kläger gegen die Verkäufer wegen arglistigen Verschweigens in Betracht gekommen. Das Berufungsgericht hat den Parteivortrag indes dahin gewürdigt, daß den Klägern nach ihrem Kenntnisstand bereits ab dem 22. Juni 1993 solche Ersatzansprüche gegen die Verkäufer nicht zugestanden hätten. Die Frage nach der Erhebung von Erschließungsbeiträgen sei den Verkäufern nicht ohne weiteres ersichtlich gewesen. Diese tatrichterliche Feststellung ist vertretbar und daher im Revisionsverfahren hinzunehmen. Von einer Begründung im einzelnen wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
(2) Die Revision meint, vor dem Abschluß des verwaltungsgerichtlichen (Hauptsache-)Verfahrens hätten die Kläger keine „Kenntnis vom Schaden” gehabt. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil die Kläger ihre Beitragspflicht mit den verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfen möglicherweise mindern, aber nicht vollständig abwenden können. Die Verjährungsfrist läuft bereits, wenn der Geschädigte weiß, daß ihm ein Schaden, in welcher Höhe auch immer, entstanden ist und ihm daher die Erhebung einer Feststellungsklage zuzumuten ist.
Die Kläger waren als Anlieger – grundsätzlich und bekanntermaßen – für die unstreitig erfolgten und noch nicht abgerechneten Erschließungsmaßnahmen beitragspflichtig. Die Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, die Kläger hätten die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides vom 23. Oktober 1992 daraus hergeleitet, daß die Freie und Hansestadt Hamburg Erschließungskosten in nicht zulässiger Höhe geltend gemacht habe. In die Abrechnung der Erschließungskosten seien – so ihr Vortrag im Revisionsverfahren – rechtsfehlerhaft planüberschreitungsbedingte Mehrkosten einbezogen worden. Die Kläger hatten demnach selbst im Fall einer erfolgreichen Anfechtungsklage zu erwarten, daß sie – aufgrund eines neuen Bescheids und unter Umständen in geringerem Umfang – zu Erschließungskosten herangezogen würden.
2. Die mithin im Juni 1993 beginnende Verjährung ist weder durch ein pactum de non petendo (§§ 202 Abs. 1; 205 BGB a.F.) noch durch Verhandlungen über den zu leistenden Schadensersatz (§ 852 Abs. 2 BGB a.F.) gehemmt worden.
a) Ein Abkommen über den befristeten Verzicht auf die Geltendmachung einer Forderung (pactum de non petendo) setzt eine Vereinbarung voraus, daß der Schuldner vorübergehend zur Leistungsverweigerung berechtigt sein soll. Dafür braucht kein bestimmter Endzeitpunkt vereinbart zu werden; es genügt, daß die Partner auf ein zwar bestimmtes, aber zeitlich offenes Ereignis abstellen (BGH, Urteil vom 5. November 1992 – IX ZR 200/91 – NJW 1993, 1320, 1323 und vom 6. Juli 2000 – IX ZR 134/99 – NJW 2000, 2661, 2662).
Ein solches Stillhalteabkommen ist hier indes nicht zustande gekommen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Kläger dem Beklagten kein entsprechendes Angebot gemacht. Das wird von der Revision erfolglos bekämpft. Das Berufungsgericht durfte das Schreiben der Bevollmächtigten der Kläger an den Beklagten vom 22. Juni 1993 dahin verstehen (§ 286 ZPO), daß sie die Unterbrechung der laufenden Verjährungsfrist nicht im Wege des pactum de non petendo, sondern durch die mit Schriftsatz vom selben Tag beantragte Beiladung des Beklagten im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren bewirken wollten. In dem von den Bevollmächtigten der Kläger in Bezug genommenen und ihrem Schreiben an den Beklagten abschriftlich beigefügten Gesuch an das Verwaltungsgericht heißt es nämlich „zur Vermeidung sonst erforderlicher anderweitiger verjährungsfristunterbrechender Maßnahmen … ≪sei≫ die (einfache) Beiladung sachgerecht”.
b) Aus Rechtsgründen ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht in dem Antwortschreiben des Beklagten vom 6. September 1993 auf das – schon genannte – Schreiben der Bevollmächtigten der Kläger vom 22. Juni 1993 keine Aufnahme von Verhandlungen (§ 852 Abs. 2 BGB a.F.) gesehen hat.
Das für den Beginn der Verjährungshemmung maßgebliche „Verhandeln” im Sinne des § 852 Abs. 2 BGB a.F. ist zwar weit zu verstehen. Es genügt jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben daher schon dann, wenn der in Anspruch Genommene Erklärungen abgibt, die dem Geschädigten die Annahme gestatten, der Verpflichtete lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein. Nicht erforderlich ist, daß dabei eine Vergleichsbereitschaft oder eine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird (BGH, Urteil vom 8. Mai 2001 – VI ZR 208/00 – NJW-RR 2001, 1168, 1169). Davon ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat das Schreiben des Beklagten vom 6. September 1993 als bloße Eingangsbestätigung und Erfüllung von Obliegenheiten gegenüber seiner Haftpflichtversicherung gewürdigt. Der Beklagte hat dort in der Tat jegliche Aussage zur Berechtigung der gegen ihn geltend gemachten Schadensersatzansprüche vermieden.
3. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß die Verjährung nicht analog § 209 Abs. 1 BGB a.F. durch den Widerspruch und das verwaltungsgerichtliche (Eil- und Klage-)Verfahren unterbrochen worden ist. Die verwaltungsrechtliche Rechtsbehelfe richteten sich nämlich nicht gegen das amtspflichtwidrige Verhalten des Beklagten, also gegen die unzureichende Aufklärung der Vertragsparteien vor der Beurkundung des Kaufvertrags, sondern gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Freien und Hansestadt Hamburg (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 2000 – III ZR 121/99 – NVwZ 2001, 468 f).
a) Fehl geht der Hinweis der Revision auf § 220 Abs. 1 BGB a.F. Die Vorschrift erklärt bestimmte Verjährungsregeln für entsprechend anwendbar auf einen Anspruch, der vor einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde geltend zu machen ist. Der hier eingeklagte Notarhaftungsanspruch ist aber vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen (vgl. Art. 34 Satz 3 GG). Auf das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten sind die §§ 209 ff BGB a.F. unmittelbar anzuwenden (Staudinger/Frank Peters, BGB ≪2001≫ § 220 Rn. 1); sie führen im Streitfall indes nicht zu einer Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung.
b) Die Revision beruft sich darauf, eine – am 22. Juni 1993 begonnene – Verjährung sei jedenfalls durch den im Eilverfahren ergangenen Beiladungsbeschluß des Verwaltungsgerichts vom 9. Juli 1993 rechtzeitig unterbrochen worden (§ 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F. analog).
Dem Standpunkt der Revision ist nicht beizutreten.
§ 209 BGB a.F. enthält, wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat, eine erschöpfende Aufzählung der Unterbrechungsgründe, die einer Ausdehnung grundsätzlich nicht zugänglich ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 122, 287, 294; BGH, Urteil vom 27. April 1977 – VIII ZR 246/75 – WM 1977, 766, 768; RGZ 153, 375, 383; Staudinger/Frank Peters aaO § 209 Rn. 1; Soergel/Niedenführ, BGB 13. Aufl. 1999 § 209 Rn. 1).
Es muß weiter davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber keine Notwendigkeit gesehen hat, außer der Streitverkündung (vgl. § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F.) noch den Beiladungsbeschluß (§ 65 VwGO) als Grund für die Unterbrechung der Verjährung zu normieren. Selbst die jüngsten Änderungen der Verjährungsvorschriften durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) gaben ihm keinen Anlaß, den Beiladungsbeschluß als Grund für die – nach dem Wegfall der Verjährungsunterbrechung nur noch mögliche – Hemmung der Verjährung einzuführen (vgl. § 204 BGB n.F.).
Zwischen den im Katalog des § 209 Abs. 2 BGB a.F. genannten Unterbrechungshandlungen und der Beiladung im Verwaltungsrechtsstreit gibt es einen grundsätzlichen Unterschied. Die der Erhebung der Klage gleichstehenden Unterbrechungshandlungen des § 209 Abs. 2 BGB a.F. stehen wie die Klage selbst zur Disposition der Parteien. Sie werden entweder unmittelbar durch den Berechtigten bewirkt (§ 209 Abs. 2 Nr. 1a, 2, 3 und 5 zweite Alternative BGB a.F.) oder erfolgen auf seinen Antrag oder durch Zustellung eines Schriftsatzes (§ 209 Abs. 2 Nr. 1, 1b, 4 ≪i.V.m. § 73 ZPO≫, 5 erste Alternative BGB a.F.), erfordern also ein aktives, auf Durchsetzung des eigenen Rechts gerichtetes Vorgehen des Gläubigers (Senatsurteil aaO). Die Beiladung geschieht hingegen nur durch Gerichtsbeschluß (Jörg Schmidt in Eyermann/Fröhler, VwGO 11. Aufl. 2000 § 65 Rn. 3; Martin Redeker in Redeker/v. Oertzen VwGO 13. Aufl. 2000 § 65 Rn. 11; Kopp/Schenke, VwGO 13. Aufl. 2003 § 65 Rn. 23; vgl. auch Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts 2. Aufl. 1974 S. 289); die einfache Beiladung (§ 65 Abs. 1 VwGO), die hier allein in Rede steht, ist zudem nach ganz h.M. dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts überlassen (Jörg Schmidt aaO Rn. 5; Martin Redeker aaO Rn. 12; Kopp/Schenke aaO Rn. 6; vgl. dagegen Grunsky aaO S. 287 und 291). Diese systematischen Unterschiede sind – im Verein mit dem Wortlaut des § 209 BGB a.F., der die Beiladung nicht nennt, und dem Schweigen des Reformgesetzgebers – von solchem Gewicht, daß jedenfalls die einfache Beiladung den in § 209 Abs. 2 BGB a.F. aufgeführten Unterbrechungsgründen, insbesondere der Streitverkündung (§ 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F.), nicht gleichgestellt werden kann. Das entspricht der Rechtsprechung des 6. Senats des Bundessozialgerichts (BSGE 69, 158, 164); in der früheren Entscheidung des 12. Senats des Bundessozialgerichts (BSGE 66, 222, 225) kam es auf die Gleichstellung der Beiladung mit der Streitverkündung letztlich nicht an.
c) Die gegen den Beitragsbescheid ergriffenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsbehelfe haben sich auch nicht in anderer Weise als durch Unterbrechung oder Hemmung auf die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs (§ 19 BNotO) wegen ungenügender Rechtsbelehrung ausgewirkt (vgl. Senatsurteile BGHZ 122, 317, 324 f und vom 12. Oktober 2000 – III ZR 121/99 – NVwZ 2001, 468, 469). Im Verwaltungsrechtsweg konnten die Kläger, wie bereits dargelegt, nicht die vollständige Beseitigung des durch die nachteilige Vertragsgestaltung verursachten Schadens erreichen. Jedenfalls die Erhebung einer Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten war ihnen zumutbar; sie hätten sich – wie im anhängigen Verfahren – nicht prozessual widersprüchlich verhalten müssen.
4. Die am 10. November 1999 eingereichte und am 15. November 1999 zugestellte Klage konnte die Verjährung nicht mehr rechtzeitig unterbrechen. Die Verjährung des Klageanspruchs begann im Juni 1993 und endete mangels Hemmung oder Unterbrechung spätestens im Juni 1996 (§ 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i.V.m. § 852 Abs. 1 BGB a.F.).
Unterschriften
Rinne, Wurm, Kapsa, Dörr, Galke
Fundstellen
Haufe-Index 905819 |
BGHR 2003, 557 |
BGHR |
BauR 2003, 863 |
NVwZ 2003, 1549 |
JurBüro 2003, 445 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2003, 2242 |
ZAP 2003, 695 |
ZfIR 2003, 358 |
MDR 2003, 628 |
VersR 2003, 873 |
BayVBl. 2004, 92 |
DVBl. 2003, 816 |