Leitsatz (amtlich)
1. Die Wohnungseigentümer können nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht eine bauliche Veränderung grundsätzlich auch dann beschließen, wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum zur Folge hat; einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedarf es hierfür nicht mehr (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 13. Januar 2017 - V ZR 96/16, ZWE 2017, 224 Rn. 30 ff.).
2a. Eine bauliche Veränderung, die einem der in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG aufgeführten Zwecke dient, ist regelmäßig angemessen. Die Angemessenheit ist nur ausnahmsweise aufgrund außergewöhnlicher baulicher Gegebenheiten oder eines außergewöhnlichen Begehrens zu verneinen, wenn die bauliche Veränderung bei der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu Nachteilen führt, die bei wertender Betrachtung außer Verhältnis zu ihrem Zweck stehen. Nachteile, die typischerweise aufgrund einer privilegierten baulichen Veränderung eintreten, begründen regelmäßig nicht deren Unangemessenheit.
2b. Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Umstände der Angemessenheit einer baulichen Veränderung i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG trägt der klagende Wohnungseigentümer; verlangt ein Wohnungseigentümer gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG die Ersetzung eines Grundlagenbeschlusses, muss er zur Begründung des Anspruchs darlegen, dass die bauliche Veränderung einem der gesetzlich privilegierten Zwecke dient. Beruft sich die Gemeinschaft auf die Unangemessenheit der Maßnahme, trifft sie eine sekundäre Darlegungslast für nachteilige Umstände, die sich nicht bereits aus dem Begehren selbst ergeben.
3. Eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage ist bei einer Maßnahme, die der Verwirklichung eines Zweckes i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG dient, zumindest typischerweise nicht anzunehmen; der von dem Gesetzgeber im gesamtgesellschaftlichen Interesse erstrebten Privilegierung bestimmter Kategorien von Maßnahmen ist bei der Prüfung, ob eine grundlegende Umgestaltung vorliegt, im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen.
4. Eine unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers setzt voraus, dass die beabsichtigte Maßnahme bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfte (Fortführung von Senat, Urteil vom 15. Mai 2020 - V ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1022 Rn. 14).
Normenkette
WoEigG § 20 Abs. 1, 2 S. 1 Nrn. 1-4, Abs. 4 Hs. 1 Alt. 1, § 21 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 08.12.2022; Aktenzeichen 36 S 3944/22 WEG) |
AG München (Entscheidung vom 10.02.2022; Aktenzeichen 1294 C 13970/21 WEG) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I - 36. Zivilkammer - vom 8. Dezember 2022 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird für die Revisionsinstanz auf 200.000 € und in Abänderung der Wertfestsetzungen in dem oben genannten Urteil und in dem Urteil des Amtsgerichts München vom 10. Februar 2022 für die erste und die zweite Instanz ebenfalls auf jeweils 200.000 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Kläger sind Mitglieder der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Die Anlage besteht aus zwei zwischen 1911 und 1912 im Jugendstil errichteten Wohnhäusern und steht unter Denkmalschutz. Das Vorderhaus erhielt im Jahr 1983 den Fassadenpreis der Stadt München. Vorder- und Hinterhaus wurden nachträglich auf der Höhe des Hochparterres mit einem Durchgang verbunden. Zwischen den Häusern befindet sich ein etwa 100 qm großer Innenhof. Dort stehen die Mülltonnen, und es werden von den Bewohnern Fahrräder und Motorräder sowie Kinderwagen abgestellt. Die Wohneinheiten der Kläger liegen im dritten und vierten Obergeschoss des Hinterhauses. Bei diesem handelt es sich um das ehemalige „Gesindehaus“. Dessen Fassade und das im Bereich zwischen Erdgeschoss und erstem Obergeschoss weniger als ein Meter breite Treppenhaus sind im Vergleich zum Vorderhaus eher schlicht gehalten. Ein Personenaufzug ist nur für das Vorderhaus vorhanden. In der Eigentümerversammlung vom 26. Juli 2021 beantragten die nicht gehbehinderten Kläger erfolglos, die Verwaltung mit der Planung eines allgemein zugänglichen Personenaufzugs für das Hinterhaus zu beauftragen. Ein weiterer Antrag, ihnen hilfsweise und auf eigene Kosten die Errichtung eines Außenaufzugs am Treppenhaus des Hinterhauses als Zugang für Menschen mit Behinderungen zu gestatten, wurde ebenfalls abgelehnt.
Rz. 2
Die Kläger haben mit ihrer Klage, soweit von Interesse, beantragt, einen Beschluss über die Errichtung eines Aufzugs für das Hinterhaus gerichtlich zu ersetzen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht entschieden, dass auf Verlangen der Kläger beschlossen ist, dass am Hinterhaus auf der zum Innenhof gelegenen Seite ein Personenaufzug zu errichten ist. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 3
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in NZM 2023, 164 veröffentlicht ist, meint, den Klägern stehe ein Anspruch auf Errichtung eines Personenaufzugs für das Hinterhaus gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG zu. Deshalb sei ein entsprechender Grundlagenbeschluss gerichtlich zu ersetzen. Die Entscheidung über die konkrete Durchführung der Errichtung einschließlich der Ausführungsgestaltung und der Frage, wer den Aufzug errichten soll, verbleibe gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 WEG bei den Wohnungseigentümern. Die Errichtung eines Personenaufzugs diene dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG und stelle eine angemessene Maßnahme dar. Mit dem Merkmal der Angemessenheit habe der Gesetzgeber bezweckt, im Einzelfall unangemessene Forderungen eines Wohnungseigentümers zurückweisen zu können. Die Unangemessenheit sei daher von der beklagten GdWE darzulegen und zu beweisen. Eine privilegierte Maßnahme unter Berufung auf deren Unangemessenheit vollständig zu versagen, komme lediglich in atypischen Ausnahmefällen in Betracht, woran es hier fehle. Die Kosten stünden der Angemessenheit grundsätzlich nicht entgegen, und die von der Beklagten gegen die Errichtung des Aufzugs vorgebrachten Nutzungseinschränkungen, optischen Veränderungen und baurechtlichen Erwägungen seien wegen der Vielzahl der Gestaltungsvarianten nicht auf erster Stufe bei der Frage des „Ob“, sondern erst auf der zweiten Stufe bei der Frage des „Wie“ zu berücksichtigen. Etwas anderes könne zwar gelten, wenn in jedem Fall öffentlich-rechtliche Vorgaben verletzt würden. Dies habe die Beklagte aber nicht vorgetragen.
Rz. 4
Die Errichtung eines Personenaufzugs für das Hinterhaus gestalte die Wohnanlage auch nicht grundlegend um im Sinne von § 20 Abs. 4 WEG. Der Begriff der grundlegenden Umgestaltung sei eng auszulegen und erfordere mehr als eine Änderung der Eigenart der Wohnanlage im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG aF. Ausgehend von einem objektiven Vorher-Nachher-Vergleich und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls müsse die Umgestaltung der ganzen Anlage ein neues Gepräge geben. Davon sei hier nicht auszugehen. Denn die Errichtung des Aufzugs für das eher schlicht gehaltene Hinterhaus betreffe lediglich einen Teilbereich der Anlage, deren Charakter deutlich stärker durch das herrschaftliche Vorderhaus geprägt werde.
Rz. 5
Es sei schließlich keine unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers gemäß § 20 Abs. 4 WEG gegeben. Durch die bauliche Veränderung werde keinem Wohnungseigentümer ein erhebliches Sonderopfer auferlegt. Eine mit der Errichtung eines Personenaufzugs im Innenhof verbundene Verschattung von Wohnungen sowie etwaige Lärmstörungen seien bis zu einem gewissen Grad bei der Entscheidung über die Durchführung der Maßnahme steuerbar. Es fehle auch an der Erheblichkeit der Beeinträchtigung. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten wirke sich eine Verschattung durch die Errichtung eines Außenaufzugs vor allem bei den oberen und im Sondereigentum der Kläger stehenden Wohnungen aus. Die Wohnungen im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss des Hinterhauses seien wegen der Lage unter bzw. neben dem Durchgang bereits vorbelastet. Bei der Wohnung im zweiten Obergeschoss des Hinterhauses werde zwar eine zusätzliche Verschattung eintreten. Diese sei aber nicht erheblich.
II.
Rz. 6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht bejaht zu Recht einen Anspruch der Kläger auf eine Beschlussfassung über die Errichtung eines Personenaufzugs gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG.
Rz. 7
1. Zutreffend ist zunächst der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts.
Rz. 8
a) Die Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG ist begründet, wenn der klagende Wohnungseigentümer zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung einen Anspruch auf den seinem Rechtsschutzziel entsprechenden Beschluss hat, weil nur eine Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Das erfordert nicht, dass ein Anspruch auf Durchführung einer mit der Klage konkret verlangten Maßnahme besteht. Es ist regelmäßig ausreichend, wenn die Voraussetzungen für die Ersetzung eines so genannten Grundlagenbeschlusses vorliegen, mit dem zunächst nur über das „Ob“ der Maßnahme entschieden werden soll, während das „Wie“ der Ausgestaltung durch die Wohnungseigentümer vorbehalten bleibt (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 16. September 2022 - V ZR 69/21, NJW 2023, 63 Rn. 8 f.).
Rz. 9
b) Hiervon ausgehend nimmt das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei an, dass entsprechend dem Rechtsschutzziel der Kläger allein über die Ersetzung eines Grundlagenbeschlusses gemäß § 20 Abs. 1 WEG zu entscheiden ist. Nach dieser Vorschrift können Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.
Rz. 10
aa) Mit einem Grundlagenbeschluss wird eine verbindliche Regelung über die von den Klägern begehrte Errichtung des Personenaufzuges für das Hinterhaus begründet und die spätere Durchführung legitimiert. Die Klage ist begründet, wenn der geltend gemachte Anspruch gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG auf eine Beschlussfassung besteht. Das setzt voraus, dass es sich um eine privilegierte Maßnahme gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG handelt und nach § 20 Abs. 4 WEG die Grenzen einer zulässigen baulichen Veränderung eingehalten werden. Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist die bauliche Veränderung jedenfalls dem Grunde nach zu beschließen, ohne dass insoweit ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer besteht (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 63). Die Beschlussfassung erfolgt aber auch in diesem Fall auf der Grundlage von § 20 Abs. 1 WEG. Denn durch die Regelungen in § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG - und § 20 Abs. 3 WEG - wird den einzelnen Wohnungseigentümern lediglich ein Anspruch auf eine Beschlussfassung gewährt, ohne dass eine eigenständige Beschlusskompetenz begründet wird (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66). Die (weitere) Entscheidung über die konkrete Durchführung der baulichen Veränderung - also über das „Wie“ - ist dagegen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 WEG grundsätzlich den Wohnungseigentümern vorbehalten; ein Anspruch des verlangenden Wohnungseigentümers auf eine bestimmte Durchführung der baulichen Veränderung besteht bei Maßnahmen des § 20 Abs. 2 WEG aufgrund des verbleibenden Ausführungsermessens der Wohnungseigentümer regelmäßig nicht (vgl. etwa BT-Drucks. 19/18791 S. 65).
Rz. 11
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird allerdings auch dann, wenn es sich „nur“ um einen Grundlagenbeschluss handelt, in aller Regel darüber zu entscheiden sein, ob dem verlangenden Wohnungseigentümer die Durchführung der Maßnahme gestattet wird oder ob die GdWE die bauliche Veränderung auf Kosten des Wohnungseigentümers (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 WEG) vornehmen soll. Insoweit spricht viel dafür, dass es bei der Errichtung eines Aufzugs wegen des massiven konstruktiven Eingriffs in den Baukörper und der insoweit bestehenden Haftungsrisiken (vgl. dazu Senat, Urteil vom 13. Januar 2017 - V ZR 96/16, ZWE 2017, 224 Rn. 26 f.) im Rahmen einer Beschlussersetzung eher ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen dürfte, die GdWE mit der Durchführung der Maßnahme zu betrauen, wie dies dem von den Klägern in der Eigentümerversammlung vom 26. Juli 2021 gestellten Hauptantrag entspricht. Diese Fragen bedürfen aber keiner Vertiefung, weil die Beklagte dadurch, dass das Berufungsgericht den Klägern möglicherweise zu wenig zugesprochen hat, nicht beschwert ist und die Kläger keine Anschlussrevision eingelegt haben.
Rz. 12
c) Aufgrund der eindeutigen Regelung in § 20 Abs. 1 WEG bestehen keine Bedenken gegen die Beschlusskompetenz, wovon das Berufungsgericht - wenn auch unausgesprochen - ebenfalls ausgeht.
Rz. 13
aa) Allerdings hat der Senat auf der Grundlage des Wohnungseigentumsgesetzes in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung angenommen, dass die Beschlusskompetenz fehlt, wenn - wie hier - die zu beschließende bauliche Veränderung (z.B. ein Personenaufzug) nur einzelnen bau- und zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen soll. Dies beruhte auf der Überlegung, dass den begünstigten Wohnungseigentümern durch einen solchen Beschluss ein Sondernutzungsrecht eingeräumt wird und die übrigen Wohnungseigentümer insoweit entgegen § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG aF (jetzt § 16 Abs. 1 Satz 3 WEG) von dem Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen werden. Eine solche bauliche Veränderung bedurfte daher einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer und konnte deshalb nicht Gegenstand einer den Beschluss ersetzenden Entscheidung des Gerichts sein (vgl. Senat, Urteil vom 13. Januar 2017 - V ZR 96/16, ZWE 2017, 224 Rn. 30 ff. mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom 20. September 2000 - V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 163).
Rz. 14
bb) An dieser Rechtsprechung kann nach der Neufassung der Regelungen über bauliche Veränderungen in §§ 20, 21 WEG durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz nicht festgehalten werden. Nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht können vielmehr die Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung grundsätzlich auch dann beschließen, wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum zur Folge hat; einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedarf es hierfür nicht mehr.
Rz. 15
(1) Die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis ist nunmehr regelmäßige Folge eines seit dem 1. Dezember 2020 gefassten Beschlusses über bauliche Veränderungen nach § 20 Abs. 1 WEG. Dies ergibt sich aus § 21 WEG und den in dieser Vorschrift enthaltenen Regelungen über die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen. Wird einem Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung gestattet oder diese auf sein Verlangen nach § 20 Abs. 2 WEG durch die GdWE durchgeführt, hat er gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 WEG die Kosten allein zu tragen, und nur ihm gebühren nach § 21 Abs. 1 Satz 2 WEG die Nutzungen (§ 100 BGB), sofern ein ausschließlicher Gebrauch des baulich veränderten Gemeinschaftseigentums möglich ist (vgl. dazu BT-Drucks. 19/18791 S. 67; Beispiele bei Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 4 Rn. 71 f.). In den übrigen Fällen haben regelmäßig allein diejenigen Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung zu tragen, die sie beschlossen haben (§ 21 Abs. 3 Satz 1 WEG); nur ihnen gebühren dann nach § 21 Abs. 3 Satz 2 WEG auch die Nutzungen. In diesen Regelungen kommt zum Ausdruck, dass mit der Reform des Wohnungseigentumsrechts eine Beschlussfassung über bauliche Veränderungen gerade auch dann ermöglicht werden sollte, wenn dies eine ausschließliche Nutzungsbefugnis zur Folge hat; hierin bestand ein erklärtes Ziel der Reform des Wohnungseigentumsrechts (vgl. Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes, ZWE 2019, 429, 445). Die Schaffung außerhalb des Grundbuchs bestehender Nutzungsbefugnisse von einzelnen Wohnungseigentümern (§ 21 Abs. 1 Satz 2 WEG) oder Gruppen von Wohnungseigentümern (§ 21 Abs. 3 Satz 2 WEG) beruht damit, auch wenn sich dies der Gesetzesbegründung nicht ausdrücklich entnehmen lässt, auf der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, die bis zum 30. November 2020 geltende Rechtslage zu ändern (vgl. auch LG Düsseldorf, ZWE 2023, 214 Rn. 22; Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 21 Rn. 63; BeckOGK/Kempfle, WEG [1.12.2023], § 20 Rn. 104 f.).
Rz. 16
(2) Ob die Wohnungseigentümer überhaupt - und wenn ja unter welchen weiteren Voraussetzungen - eine bauliche Veränderung auch dann beschließen können, wenn mit der baulichen Veränderung entgegen einer vereinbarten Gebrauchsregelung eine bestimmte Nutzung ermöglicht bzw. ausgeschlossen werden soll (dagegen etwa BeckOK WEG/Elzer [2.10.2023], § 20 Rn. 59; Suilmann, ZWE 2022, 268, 269 f.; aA NK-BGB/Brücher/Schultzky, § 20 WEG Rn. 27; Häublein/Jacoby/Lehmann-Richter/Wobst, ZWE 2021, 27, 28; ausführlich auch Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 21 Rn. 38 ff. mwN), braucht nicht entschieden zu werden. An einer solchen Gebrauchsregelung fehlt es hier.
Rz. 17
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die von den Klägern erstrebte Errichtung eines Personenaufzugs eine angemessene bauliche Veränderung darstellt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dient (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG), erweist sich jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.
Rz. 18
a) Dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen alle baulichen Veränderungen, die für die Nutzung durch körperlich oder geistig eingeschränkte Personen erforderlich oder auch nur förderlich sind. Dafür ist es ohne Belang, ob und in welchem Umfang der Wohnungseigentümer oder einer seiner Angehörigen auf die Maßnahme angewiesen ist (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 63). Das Gesetz trägt mit der Privilegierung der in § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG aufgeführten Veränderungen der Anlage einem gesamtgesellschaftlichen Bedürfnis Rechnung und dient nicht nur dem besonderen Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 967). Hiervon ausgehend legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung zutreffend und von der Revision unbeanstandet zugrunde, dass die Errichtung eines Personenaufzugs für das Hinterhaus den Zugang zu den dort gelegenen Einheiten für körperlich eingeschränkte Personen jedenfalls erleichtert. Dass die Kläger nach den für den Senat nach § 559 Abs. 1 ZPO maßgeblichen Feststellungen des Berufungsgerichts selbst nicht gehbehindert sind, ist unerheblich.
Rz. 19
b) Die Errichtung eines Personenaufzugs ist auch „angemessen“ im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG.
Rz. 20
aa) Das Kriterium der Angemessenheit einer baulichen Veränderung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG dient nach dem Willen des Gesetzgebers dazu, im konkreten Einzelfall objektiv unangemessene Forderungen eines Wohnungseigentümers zurückweisen zu können. Die Umstände des jeweiligen Einzelfalls sind zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 63). Die Beurteilung ist damit in erster Linie Sache des Tatrichters, der alle in Betracht kommenden Umstände einzubeziehen und eine Gesamtwürdigung vorzunehmen hat. Die revisionsrechtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob das Berufungsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit zutreffend erfasst und ausgelegt sowie alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 307/16, NJW-RR 2018, 1227 Rn. 12).
Rz. 21
bb) Das Berufungsgericht erfasst den Begriff der Angemessenheit zutreffend und legt entgegen der Ansicht der Revision bei der Auslegung keinen zu engen rechtlichen Maßstab an. Eine bauliche Veränderung, die einem der in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG aufgeführten Zwecke dient, ist regelmäßig angemessen. Die Angemessenheit ist nur ausnahmsweise aufgrund außergewöhnlicher baulicher Gegebenheiten oder eines außergewöhnlichen Begehrens zu verneinen, wenn die bauliche Veränderung bei der Gesamtheit der davon betroffenen Wohnungseigentümer zu Nachteilen führt, die bei wertender Betrachtung außer Verhältnis zu ihrem Zweck stehen. Nachteile, die typischerweise aufgrund einer privilegierten baulichen Veränderung eintreten, begründen regelmäßig nicht deren Unangemessenheit.
Rz. 22
(1) Aus der in § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG enthaltenen und verfassungsrechtlich unbedenklichen Wertentscheidung des Gesetzgebers lässt sich ableiten, wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgeht, dass die Versagung einer privilegierten Maßnahme aufgrund ihrer Unangemessenheit nur in atypischen Ausnahmefällen in Betracht kommt (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 200; jurisPK-BGB/Kallenborn, 10. Aufl., § 20 WEG Rn. 52; Staudinger/Jacoby, BGB [2023], § 20 WEG Rn. 178; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1184; ähnlich Hogenschurz in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 20 Rn. 45). Voraussetzung ist, dass - entgegen der typisierenden Betrachtung des Gesetzgebers - im konkreten Einzelfall Nachteile aufgrund der baulichen Veränderung entstehen, welche deren Vorteile überwiegen (vgl. etwa Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 200; BeckOGK/Kempfle, WEG [1.12.2023], § 20 Rn. 140; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 20 Rn. 45). Es muss sich um Nachteile handeln, die über die Folgen hinausgehen, die typischerweise mit der Durchführung einer privilegierten baulichen Veränderung einhergehen. Zu Recht stellt das Berufungsgericht insoweit darauf ab, dass sich solche Nachteile aus außergewöhnlichen baulichen Gegebenheiten oder außergewöhnlichen Begehren ergeben können (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1184). Typischerweise eintretende Nachteile wie erforderliche Eingriffe in die Bausubstanz, übliche Nutzungseinschränkungen des Gemeinschaftseigentums und optische Veränderungen der Anlage etwa aufgrund von Anbauten können die Unangemessenheit daher regelmäßig nicht begründen. Die Errichtung eines Aufzugs ist zwar mit Nachteilen verbunden (vgl. Senat, Urteil vom 13. Januar 2017 - V ZR 96/16, ZWE 2017, 224 Rn. 25 ff.). Diese sollen aber nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers als Maßnahme zur Barrierereduzierung hinzunehmen sein (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 25). Dementsprechend sind die Platzbeeinträchtigungen, die unmittelbar auf der Errichtung eines Aufzugs beruhen, für die Beurteilung der Angemessenheit bzw. Unangemessenheit unerheblich.
Rz. 23
(2) Richtig ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass bei der Abwägung regelmäßig nur solche Folgen der baulichen Veränderung relevant sind, die sich für die Gesamtheit der Wohnungseigentümer negativ auswirken. Dies beruht darauf, dass das Gesetz Beeinträchtigungen einzelner Wohnungseigentümer bei der Veränderungssperre des § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 2 WEG (unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers) berücksichtigt; solche individuellen Nachteile können daher nicht zugleich die Angemessenheit einer privilegierten baulichen Veränderung beseitigen (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 200; BeckOGK/Kempfle, WEG [1.12.2023], § 20 Rn. 139; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 20 Rn. 45). Es muss sich zudem um Nachteile handeln, die unabhängig von der weiteren Entscheidung der Wohnungseigentümer über die Art und Weise der Bauausführung einschließlich der konkreten baulichen Details eintreten und nicht durch bestimmte Bedingungen und Auflagen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 WEG beseitigt bzw. abgemildert werden können.
Rz. 24
(3) Die Kosten der baulichen Veränderung sind dagegen grundsätzlich ohne Bedeutung für das Bestehen eines Anspruchs nach § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG; sie sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 WEG von dem verlangenden Wohnungseigentümer zu tragen und können daher die Angemessenheit der Maßnahme nicht entfallen lassen. Dies gilt im Grundsatz auch für Folgekosten des Gebrauchs und der Erhaltung des baulich veränderten Gemeinschaftseigentums, die etwa durch erhöhte Versicherungsprämien, die Wahrnehmung von Kontroll- und Überwachungspflichten oder die Wartung und Reparatur entstehen. Denn der Begriff der Kosten in § 21 WEG ist weit auszulegen und erfasst auch derartige Folgekosten (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 68; siehe zu § 16 Abs. 6 WEG aF auch Senat, Urteil vom 15. Mai 2020 - V ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1022 Rn. 24 mwN). Drohen besonders hohe Folgekosten, kann der Wohnungseigentümer eine Sicherheit stellen, um das Haftungsrisiko auszuräumen (vgl. hierzu Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1185).
Rz. 25
(4) Das Berufungsgericht nimmt ebenfalls zutreffend an, dass die Angemessenheit einer baulichen Veränderung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG nicht wegen einer fehlenden körperlichen Behinderung des verlangenden Wohnungseigentümers oder einer seiner Angehörigen verneint werden kann. Die negativen Folgen der Maßnahme sind aufgrund des vom Gesetzgeber zugrunde gelegten gesamtgesellschaftlichen Interesses an den privilegierten Maßnahmen dem objektiven Nutzen der baulichen Veränderung für die Erreichung des gesetzlich verfolgten Zwecks gegenüberzustellen (vgl. BeckOGK/Kempfle, WEG [1.12.2023], § 20 Rn. 140). Besteht dagegen, anders als es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall ist, ein konkretes Bedürfnis des verlangenden Wohnungseigentümers nach Maßnahmen der Barrierereduzierung, sind von den übrigen Wohnungseigentümern im konkreten Einzelfall ggf. auch erhebliche Nachteile eher hinzunehmen (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 204).
Rz. 26
(5) Einen zu engen rechtlichen Maßstab legt das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision schließlich nicht durch seine Annahme an, dass es bei der Prüfung der Angemessenheit in der Regel nur darum gehen könne, den Bauwilligen auf Alternativen zu verweisen, mit denen er den verfolgten Zweck in ähnlicher Weise erreichen kann (vgl. dazu Staudinger/Jacoby, WEG [2023], § 20 Rn. 174; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1184). Ob die Angemessenheit weiter voraussetzt, dass es zu der von dem Wohnungseigentümer verlangten baulichen Veränderung kein milderes Mittel im engeren Sinne gibt, bedarf hier keiner Entscheidung. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts gibt es ein solch milderes Mittel nämlich nicht. Der Einbau eines Treppenlifts anstelle des Personenaufzugs scheidet im Hinblick auf die geringe Breite des Treppenhauses von weniger als einem Meter von vornherein aus. Der Hinweis in der Revisionsbegründung, angesichts des bereits im Hochparterre bestehenden Übergangs zwischen Vorder- und Hinterhaus liege die Herstellung eines zweiten Übergangs im dritten oder vierten Obergeschoss nahe, der unter Nutzung des Aufzugs des Vorderhauses ebenfalls ein barriereärmeres Erreichen der oberen Wohnungen des Hinterhauses ermögliche, ist bereits aus prozessualen Gründen unbeachtlich (§ 559 Abs. 1 ZPO). Dass die Beklagte diesen Vortrag bereits in den Tatsacheninstanzen gehalten hat, macht sie nicht geltend.
Rz. 27
cc) Anders als die Beklagte meint, mussten die Kläger in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr vortragen, um die Angemessenheit der von ihnen beabsichtigten Maßnahme darzulegen.
Rz. 28
(1) Allerdings trägt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Umstände der Angemessenheit einer baulichen Veränderung i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG der klagende Wohnungseigentümer. Dieser Rechtsfehler verhilft der Revision aber nicht zum Erfolg, weil er sich nicht ausgewirkt hat. Verlangt ein Wohnungseigentümer die Ersetzung eines Grundlagenbeschlusses, muss er zur Begründung des Anspruchs einschließlich der Angemessenheit der Maßnahme darlegen, dass die bauliche Veränderung einem der gesetzlich privilegierten Zwecke dient. Beruft sich die Gemeinschaft auf die Unangemessenheit der Maßnahme, trifft sie eine sekundäre Darlegungslast für nachteilige Umstände, die sich nicht bereits aus dem Begehren selbst ergeben.
Rz. 29
(2) Die Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Umstände zu der Prüfung der Angemessenheit einer baulichen Veränderung trägt, wird unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird angenommen, nach allgemeinen Grundsätzen müsse der klagende Wohnungseigentümer die Anspruchsvoraussetzungen einschließlich der Angemessenheit seines Verlangens vortragen und ggf. beweisen (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 311; Krug, ZMR 2023, 958, 961). Nach der Gegenauffassung ist die Angemessenheit der begehrten baulichen Veränderungen nicht von dem verlangenden Wohnungseigentümer vorzutragen; darlegungs- und beweisbelastet sei die GdWE, soweit sie sich auf die Unangemessenheit der Maßnahme berufe (vgl. BeckOGK/Kempfle, [1.12.2023], § 20 WEG Rn. 135; BeckOK WEG/Elzer [2.10.2023], § 20 Rn. 115; jurisPK-BGB/Kallenborn, 10. Aufl., § 20 WEG Rn. 53).
Rz. 30
(3) Richtig ist im Ausgangspunkt die zuerst genannte Auffassung. Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG kann ein Wohnungseigentümer nur angemessene bauliche Veränderungen verlangen. Damit ist die Angemessenheit ein Tatbestandsmerkmal der Vorschrift, das nach allgemeinen Grundsätzen der Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen hat. Hiervon geht auch die Gesetzesbegründung aus (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 62). Allerdings besteht nach dem der Vorschrift zugrundeliegenden Regel-Ausnahme-Verhältnis der Anspruch eines Wohnungseigentümers regelmäßig schon dann, wenn die verlangte bauliche Veränderung einem der gesetzlich privilegierten Zwecke dient, und er ist nur ausgeschlossen, wenn sich die verlangte Maßnahme ausnahmsweise als unangemessen darstellt. Damit obliegt dem Wohnungseigentümer der Sache nach die Darlegung einer negativen Tatsache, nämlich des Fehlens atypischer Umstände, worauf die Erwiderung zutreffend hinweist. Dies rechtfertigt es - wie bei negativen Tatbestandsmerkmalen im engeren Sinne -, die Grundsätze der sekundären Darlegungslast anzuwenden. Die Schwierigkeiten, die sich bei dem Nachweis einer negativen Tatsache ergeben, mildert der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dadurch ab, dass er Erleichterungen nach den Grundsätzen zur sekundären Darlegungslast gewährt. Die beweispflichtige Partei muss nicht jede theoretisch denkbare Möglichkeit ausräumen, dass der streitige Umstand doch gegeben ist. Vielmehr hat sie in der Regel nur diejenigen Umstände zu widerlegen, die nach dem Vortrag der Gegenseite das Tatbestandsmerkmal ausschließen (vgl. für das Fehlen eines rechtlichen Grundes im Rahmen eines Bereicherungsanspruchs BGH, Urteil vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 21; siehe zu einem Negativbeweis auch BGH, Urteil vom 9. März 2023 - III ZR 80/22, BGHZ 236, 246 Rn. 31 mwN; Senat, Urteil vom 6. März 2020 - V ZR 2/19, VersR 2020, 1112 Rn. 10). Hieraus folgt im vorliegenden Zusammenhang, dass der GdWE die Darlegung obliegt, warum ein atypischer Fall vorliegt, der zur Unangemessenheit der Maßnahme führt. Erst wenn sie dem nachgekommen ist, hat der den Anspruch geltend machende Wohnungseigentümer das Vorbringen der GdWE zu widerlegen.
Rz. 31
(4) Hiervon ausgehend muss der klagende Wohnungseigentümer - hier die Kläger - für die gebotene Abwägung der Umstände des Einzelfalls nicht von vornherein zu solchen Folgen seines Begehrens vortragen, die den Anspruch ausschließen können. Sofern sich die Unangemessenheit nicht ausnahmsweise bereits aus der Außergewöhnlichkeit seines Begehrens selbst ergibt, ist der Klagevortrag schon dann ausreichend, wenn er - wie hier - Tatsachen enthält, nach denen die bauliche Veränderung einem der gesetzlich privilegierten Zwecke dient. Entgegen der von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung haben sich die Kläger nicht auf die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts beschränkt, sondern die von ihnen beabsichtigte bauliche Veränderung zumindest so weit konkretisiert, dass die Beklagte in die Lage versetzt wurde, dazu vorzutragen, warum ein atypischer Ausnahmefall vorliegt. Insoweit hat sich die Beklagte insbesondere auf Nutzungseinschränkungen im Hof, im Durchgang und im Treppenhaus sowie auf optische Veränderungen und finanzielle Belastungen berufen, die erheblich seien. Mit diesen Umständen hat sich das Berufungsgericht auseinandergesetzt und sie aus Rechtsgründen als nicht ausreichend angesehen, um die Maßnahme als unangemessen zu qualifizieren. Über die von dem Berufungsgericht erörterten Umstände hinaus hat die Beklagte keine negative Folgen aufgrund der Errichtung eines Personenaufzugs im Innenhof vorgetragen, die über typischerweise eintretende Beeinträchtigungen - wie die Verringerung der nutzbaren Fläche des Innenhofs - hinausgehen und unabhängig von den durch die Kläger vorgeschlagenen Ausführungsvarianten und der noch zu treffenden Auswahlentscheidung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 WEG bei den Wohnungseigentümern in jedem Fall eintreten werden. Bei dieser Sachlage fehlt es an einem erheblichen Vortrag der Beklagten zu der Unangemessenheit, den die Kläger hätten widerlegen müssen. Auf die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften kommt es insoweit nicht an (dazu unten Rn. 32 ff.).
Rz. 32
dd) Der weitere Einwand der Revision, von einer Angemessenheit der von den Klägern beanspruchten Maßnahme könne auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Kläger nicht hinreichend vortrügen, dass bei der Durchführung sämtliche öffentlich-rechtliche Vorschriften eingehalten würden, geht bereits im Ausgangspunkt fehl. Die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorgaben stellt nämlich keine Frage der Angemessenheit gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG dar, sondern betrifft die ordnungsmäßige Verwaltung i.S.d. § 18 Abs. 2 WEG.
Rz. 33
(1) Ein von den Wohnungseigentümern auf der Grundlage von § 20 Abs. 1 WEG gefasster Beschluss muss, auch wenn dies - anders als etwa in § 19 Abs. 1 WEG - im Wortlaut des Gesetzes keine besondere Erwähnung findet, ordnungsmäßiger Verwaltung im Sinne von § 18 Abs. 2 WEG entsprechen (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 20 Rn. 39; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1034). Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Senats die Einhaltung der das Gemeinschaftseigentum betreffenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften (vgl. etwa Senat, Urteil vom 15. Oktober 2021 - V ZR 225/20, NJW 2022, 326 Rn. 16; Urteil vom 23. Juni 2017 - V ZR 102/16, NZM 2017, 677 Rn. 8 mwN). Ist ein unter § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG fallendes Verlangen eines Wohnungseigentümers etwa bauordnungsrechtlich unzulässig, widerspricht dieses regelmäßig auch ordnungsmäßiger Verwaltung. Ein Anspruch auf Beschlussfassung kann dann bereits aus diesem Grund ausgeschlossen sein, ohne dass es auf die Angemessenheit der baulichen Veränderung ankommt (vgl. auch Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 201, 361).
Rz. 34
(2) Im Rahmen von § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG ist die Einhaltung der das Gemeinschaftseigentum betreffenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften allerdings regelmäßig (noch) nicht von Bedeutung. Zwar ist eine Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG nur dann begründet, wenn ein Anspruch auf den begehrten Beschluss besteht, weil nur eine Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (vgl. oben Rn. 8). Das Berufungsgericht nimmt aber zutreffend an, dass es für den Anspruch nach § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG regelmäßig ausreichend ist, die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften der späteren Prüfung im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über die Durchführung der Maßnahme (§ 20 Abs. 2 Satz 2 WEG) vorzubehalten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um umfangreiche bauliche Veränderungen wie die Errichtung eines Personenaufzugs handelt und - wie hier - zunächst die Ersetzung eines Grundlagenbeschlusses gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG begehrt wird. Denn die Entscheidung der Wohnungseigentümer über die Art und Weise der Bauausführung und der baulichen Details erfordert insbesondere bei genehmigungspflichtigen Bauvorhaben eine konkrete Fachplanung (z.B. Entwurfs- und Genehmigungsplanung; vgl. etwa Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 191). Dabei sind unter anderem die Alternativen der Bauausführung auch im Hinblick auf die einzuhaltenden öffentlich-rechtlichen Vorgaben zu ermitteln, an denen die Durchführung einer privilegierten Maßnahme aber regelmäßig nicht scheitern wird (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 201).
Rz. 35
(3) Ein Grundlagenbeschluss darf allerdings dann nicht gefasst oder ersetzt werden, wenn ausnahmsweise bereits bei der Entscheidung, ob die bauliche Veränderung dem Grunde nach durchgeführt werden soll, feststeht, dass das Begehren in jedem Fall und bei jeder in Betracht kommenden Ausführung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Dann wäre der Anspruch nach § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG nämlich auf eine (rechtlich) unmögliche Leistung im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB gerichtet. Dass es sich hier so verhält, hat die für das Vorliegen einer Unmöglichkeit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte aber nicht dargelegt.
Rz. 36
3. § 20 Abs. 4 WEG, wonach bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, nicht beschlossen und gestattet und auch nicht verlangt werden können, steht dem Anspruch der Kläger auf Beschlussersetzung nicht entgegen.
Rz. 37
a) Das Berufungsgericht verneint jedenfalls im Ergebnis zu Recht eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage im Sinne von § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 1 WEG.
Rz. 38
aa) Ob eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage anzunehmen ist, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden werden (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66). Die Beurteilung ist damit in erster Linie Sache des Tatrichters, der alle in Betracht kommenden Umstände einzubeziehen und eine Gesamtwürdigung vorzunehmen hat. Die revisionsrechtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob das Berufungsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff der „grundlegenden Umgestaltung“ zutreffend erfasst und ausgelegt sowie alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 307/16, NJW-RR 2018, 1227 Rn. 12).
Rz. 39
bb) Hier erkennt das Berufungsgericht zunächst richtig, dass nicht jede bauliche Veränderung, die nach § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG aF die Eigenart der Wohnanlage änderte, auch zu einer grundlegenden Umgestaltung im Sinne des neuen § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 1 WEG führt. Der Begriff der grundlegenden Umgestaltung ist vielmehr enger zu verstehen als der Begriff der Änderung der Eigenart im bisherigen Recht (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66).
Rz. 40
cc) Unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen eine bauliche Veränderung zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führt und ob die von dem Berufungsgericht vorgenommene Konkretisierung zutrifft, muss nicht allgemein entschieden werden. Der Vorstellung des Gesetzgebers entsprechend ist eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage jedenfalls bei einer Maßnahme, die der Verwirklichung eines Zwecks i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG dient, zumindest typischerweise nicht anzunehmen (so ausdrücklich BT-Drucks. 19/18791 S. 66). Wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tage entschieden hat (V ZR 33/23, Rn. 15, zur Veröffentlichung bestimmt), gilt dies unabhängig davon, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 WEG im Einzelnen vorliegen und ob die bauliche Veränderung insbesondere angemessen ist; der von dem Gesetzgeber im gesamtgesellschaftlichen Interesse erstrebten Privilegierung bestimmter Kategorien von Maßnahmen - unter anderem zur Förderung der Barrierefreiheit - ist bei der Prüfung, ob eine grundlegende Umgestaltung vorliegt, im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen. Erst recht scheidet eine grundlegende Umgestaltung jedenfalls typischerweise aus, wenn feststeht, dass die in § 20 Abs. 2 WEG genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Rz. 41
dd) Unter Beachtung dieser Grundsätze wird die Wohnanlage durch den Einbau eines Außenaufzugs an dem Hinterhaus nicht grundlegend umgestaltet. Wie ausgeführt, handelt es sich nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts um eine angemessene bauliche Veränderung, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG). Außergewöhnliche Umstände, die eine Ausnahme von der von dem Gesetzgeber aufgestellten Regel begründen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Im Gegenteil: Nach seinen Feststellungen wird die gesamte Wohnanlage deutlich stärker durch das „herrschaftliche“ Vorderhaus („Stuckaltbau“) als durch das Hinterhaus geprägt, und der Charakter der gesamten Wohnanlage bleibt auch nach der Errichtung eines Personenaufzugs für das Hinterhaus erhalten.
Rz. 42
b) Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht schließlich eine unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers im Sinne von § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 2 WEG.
Rz. 43
aa) Mit dem Verbot, einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig zu benachteiligen, knüpft das Gesetz an die Regelung in § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG aF zu den Grenzen der Zulässigkeit von Modernisierungsmaßnahmen an. Lediglich der bisher verwendete Begriff der Beeinträchtigung wurde aus sprachlichen Gründen durch den Begriff der Benachteiligung ersetzt (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66). Für die Auslegung des § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 2 WEG kann damit insoweit die bisherige Rechtsprechung des Senats zu § 22 Abs. 2 WEG aF herangezogen werden (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG 15. Aufl., § 29 Rn. 370 ff.; BeckOGK/Kempfle, WEG [1.12.2023], § 20 Rn. 234; jurisPK-BGB/Kallenborn, 10. Aufl., § 20 WEG Rn. 210).
Rz. 44
bb) Für die Annahme eines unbilligen Nachteils genügt es demnach nicht schon, dass sich ein verständiger Durchschnittseigentümer nach der Verkehrsanschauung nachvollziehbar beeinträchtigt fühlen kann. Auch Umstände, die zwangsläufig mit der Maßnahme verbunden sind, können für sich alleine nicht zur Bejahung eines unbilligen Nachteils führen. Eine unbillige Benachteiligung setzt vielmehr weiterhin voraus, dass die beabsichtigte Maßnahme bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfte (vgl. Senat, Urteil vom 15. Mai 2020 - V ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1022 Rn. 14; Urteil vom 20. Juli 2018 - V ZR 56/17, NJW-RR 2018, 1165 Rn. 29; jeweils zu § 22 Abs. 2 WEG aF; BT-Drucks. 19/18791 S. 66).
Rz. 45
cc) Im Rahmen der Abwägung sind auch die weiteren in §§ 20, 21 WEG enthaltenen Wertentscheidungen des Gesetzgebers zu berücksichtigen. Dass ein überstimmter Wohnungseigentümer von der Nutzung des baulich veränderten Gemeinschaftseigentums ausgeschlossen wird (§ 21 Abs. 3 Satz 1 WEG), stellt eine regelmäßige Folge eines Beschlusses nach § 20 Abs. 1 WEG dar (vgl. oben Rn. 15) und begründet daher keinen erheblichen Nachteil. Der Gesetzgeber hat zudem in § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG bestimmte Maßnahmen im gesamtgesellschaftlichen Interesse privilegiert. Dient eine bauliche Veränderung - wie hier - einem der gesetzlich privilegierten Zwecke, bedarf es einer besonders schweren Benachteiligung (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1031); ohne Bedeutung ist, dass andere als der verlangende Wohnungseigentümer erst aufgrund einer Beschlussfassung nach § 21 Abs. 4 Satz 1 bzw. § 21 Abs. 5 Satz 1 WEG von der Maßnahme Gebrauch machen dürfen (vgl. etwa Hogenschurz, ZfIR 2021, 419, 420).
Rz. 46
dd) Von diesen Grundsätzen geht das Berufungsgericht in nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung aus. Es nimmt an, dass die mit der Errichtung eines Personenaufzugs im Innenhof verbundene Verschattung von Wohnungen sowie etwaige Lärmstörungen nicht zu einem erheblichen Nachteil für einen oder mehrere Wohnungseigentümer führt. Dabei stellt es maßgeblich auf die konkreten baulichen Gegebenheiten und wegen der Verschattung einzelner Wohnungen auf eine bestehende Vorbelastung ab. Soweit sich die Revision hiergegen wendet, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf, sondern setzt lediglich ihre eigene Beurteilung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung. Dass das Berufungsgericht bei seiner wertenden Beurteilung nur solche Nachteile berücksichtigt, die in jedem Fall eintreten werden, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es liegt auf der Hand, dass Verschattungen- und Lärmbeeinträchtigungen etwa durch den konkreten Standort der Aufzugsanlage, durch die Größe sowie die bauliche Gestaltung des Aufzugs einschließlich der verwendeten Materialien bis zu einem gewissen Grad noch bei der Entscheidung über die Art und Weise der Durchführung (§ 20 Abs. 2 Satz 2 WEG) steuerbar sind.
III.
Rz. 47
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Rz. 48
2. Der Streitwert für das Revisionsverfahren bestimmt sich nach § 49 GKG und beträgt 200.000 €. Hierbei handelt es sich um die - nach der Schätzung des Amtsgerichts - voraussichtlichen Gesamtkosten der Errichtung eines Aufzugs. Insoweit ist das Einzelinteresse der Kläger, die die Kosten der Maßnahme tragen müssen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 WEG), und das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer, in das das Einzelinteresse der Kläger einfließt, identisch. Das Interesse ist nicht deshalb geringer zu gewichten, weil es sich „nur“ um einen Grundlagenbeschluss handelt (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Juni 2023 - ZWE 2023, 336 Rn. 3). Entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung ist der Streitwert auch nicht deshalb geringer festzusetzen, weil es sich um ein Rechtsmittel der Beklagten handelt. Der Wert der Anträge des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 GKG) ist bei Beschlussklagen auch dann nach § 49 GKG zu bestimmen, wenn - wie hier - Rechtsmittelführer die beklagte Partei ist (vgl. Senat, Beschluss vom 18. Januar 2018 - V ZR 71/17, NJW-RR 2018, 775 Rn. 3 zu § 49a GKG aF). Die Grenzen des § 49 Satz 2 GKG sind eingehalten.
Rz. 49
3. Die Änderung des Streitwerts für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren auf einen Betrag von ebenfalls jeweils 200.000 € anstelle der dort festgesetzten 30.000 € beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Dass die Kläger in den Vorinstanzen neben der Beschlussersetzungsklage die in der Eigentümerversammlung vom 26. Juli 2021 gefassten Negativbeschlüsse angefochten haben, führt zu keiner Streitwerterhöhung. Bei der Verbindung einer Anfechtungsklage gegen einen Negativbeschluss mit einer Beschlussersetzungsklage scheidet eine Zusammenrechnung beider Werte wegen wirtschaftlicher Identität aus (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2023 - V ZR 158/22, juris Rn. 32).
Brückner |
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Göbel |
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Malik |
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Laube |
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Grau |
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Fundstellen