Leitsatz (amtlich)
a) Zur Auslegung des Begriffes der allgemeinen Versorgung i. S. d. § 1 KWKG.
b) Zum Belastungsausgleich nach § 5 Abs. 1 KWKG.
Normenkette
KWKG §§ 1, 5 Abs. 1 (Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) v. 12.5.2000 (BGBl. I 2000, 703))
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des 7. Zivilsenats des OLG Naumburg v. 20.6.2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des LG Halle v. 31.5.2001 wegen eines Betrages von mehr als 200.609,09 DM = 102.569,79 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 28.9.2000 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin betreibt am Chemiestandort L. neben anderen Infrastruktureinrichtungen ein Stromnetz, durch das überwiegend die ortsansässigen Industrieunternehmen, nach der Behauptung der Klägerin aber auch alle anderen gewerblichen, freiberuflichen und privaten Abnehmer, die dies wünschen, mit Strom versorgt werden. Durch Bescheid v. 11.3.1996 erteilte ihr das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung des Landes Sachsen-Anhalt die Genehmigung zur Aufnahme der Versorgung anderer mit elektrischer Energie und Gas gem. § 5 des Gesetzes zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) v. 13.12.1935 (RGBl. I 1935, 1451) im Versorgungsgebiet des Chemiestandortes L. . Die Klägerin bezieht den Strom für ihr Netz zum einen gemäß Vertrag v. 15.5.1996 von der L. GmbH i. L. (L.), die den Strom wiederum gemäß Vertrag v. 11.5.1992 von der L. -St. mbH (LS) geliefert bekommt. Zum anderen bezieht die Klägerin den Strom gemäß Vertrag v. 13.3.1997 von der K. Kraftwerk L. GmbH (K.), einer 100 %igen Tochtergesellschaft der Beklagten. Der Vertrag, der ursprünglich mit der inzwischen auf die Beklagte verschmolzenen M. Energieversorgung AG (M. ; im Folgenden nur noch: Beklagte) geschlossen worden war, wurde durch Überleitungsvertrag v. 16. /28.12.1998/18.1.1999 einvernehmlich auf die K. übertragen. Der unmittelbar in das Netz der Klägerin eingespeiste Strom wird von der LS. und der K. in Gas- und Dampf(GuD)-Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) erzeugt. Ferner bestand zwischen der Klägerin und der Beklagten ein am 26.8./29.9.1996 geschlossener "Vertrag über energiewirtschaftliche Zusammenarbeit", der u. a. die Ausspeisung von Strom aus dem Netz der Klägerin in das vorgelagerte Netz der Beklagten vorsah. Dieser Vertrag wurde von der Beklagten zum 31.12.1999 gekündigt.
Am 18.5.2000 trat das Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz; KWKG) v. 12.5.2000 (BGBl. I 2000, 703) in Kraft. Mit Schreiben v. 9.6.2000 erteilte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung, in der sie u. a. einen Belastungsausgleich gem. § 5 KWKG für den Strom begehrte, den sie in der Zeit v. 18. bis zum 31.5.2000 aus dem Kraftwerk der LS. (Position 1) und dem Kraftwerk der K. (Position 2) bezogen hatte. Die Position 1 wurde von der Beklagten ausdrücklich unstreitig gestellt und beglichen. Bezüglich der Position 2 erbat die Beklagte eine Neuberechnung, die ihr die Klägerin mit Schreiben v. 14.7.2000 zukommen ließ. Insoweit verlangte sie nunmehr Zahlung von 263.829,39 DM. Unter dem 7.9.2000 erteilte die Klägerin der Beklagten eine weitere Rechnung, in der sie für die Lieferung von Strom im August 2000 eine Vergütung nach § 4 Abs. 1 KWKG i. H. v. insgesamt 200.609,09 DM begehrte. Beiden Forderungen kam die Beklagte nicht nach.
In dem vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Beklagte zunächst auf Zahlung des erstgenannten Betrages von 263.829,39 DM nebst Verzugszinsen in Anspruch genommen. Im Verlauf des Rechtsstreits hat sie ihre Klage um den an zweiter Stelle genannten Betrag von 200.609,09 DM nebst Verzugszinsen erweitert. Die Beklagte hat der V. Energiewerke AG, deren "Teilbetrieb Übertragungsnetz" inzwischen von der V. GmbH übernommen worden ist, den Streit verkündet. Diese hat ihrerseits u. a. der B. AG den Streit verkündet. Beide sind dem Rechtsstreit aufseiten der Beklagten beigetreten. Die Parteien haben insbesondere darüber gestritten, ob die Klägerin nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz anspruchsberechtigt ist.
Das LG hat die Klage abgewiesen (LG Halle v. 31.5.2001, RdE 2001, 195, m. Anm. Köster/Scholtka, RdE 2001, 196). Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens erteilte das Ministerium für Wirtschaft und Technologie des Landes Sachsen-Anhalt der Klägerin durch Bescheid v. 9.10.2001 gem. § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) v. 24.4.1998 (BGBl. I 1998, 730) für den Chemiestandort L. die Genehmigung zur allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern i. S. d. § 10 Abs. 1 EnWG mit Elektrizität. Durch weiteren Bescheid v. 10.12.2001 wurde der Klägerin mit Wirkung v. 1.1.2002 ein Allgemeiner Tarif für die Versorgung mit elektrischer Energie in Niederspannung genehmigt. Am 17.12.2001 trafen die Klägerin, die Beklagte und die K. eine Vereinbarung, in der sie ihre weitere Zusammenarbeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits regelten. Unter dem 6.3.2002 erteilte die Klägerin der Beklagten erneut eine Rechnung, in der sie neben anderen Forderungen für Strom, den sie im Februar 2002 über die L. aus dem Kraftwerk der LS. bezogen hatte, einen Belastungsausgleich gem. § 5 KWKG i. H. v. 175.444,41 EUR geltend machte. Um diesen Betrag nebst Verzugszinsen hat die Klägerin die Klage im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens ebenfalls erweitert. Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen (OLG Naumburg v. 20.6.2002, RdE 2002, 286, m. Anm. von La Chevallerie/Kasche, RdE 2002, 289). Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
A.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche auf Belastungsausgleich nach § 5 Abs. 1 KWKG und auf Einspeisungsvergütung nach § 4 KWKG nicht zu, da sie nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes unterfalle. Dieser sei in § 2 KWKG geregelt. Der Grundfall des § 2 Abs. 1 S. 1 KWKG (1. Förderweg) sei unstreitig nicht erfüllt, da die Klägerin die KWK-Anlagen, aus denen sie den Strom beziehe, nicht selber betreibe. Der 2. Förderweg des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 KWKG liege nicht vor, weil die Klägerin an den betreffenden KWK-Anlagen auch nicht mit mindestens 25 % beteiligt sei. Der 3. Förderweg nach § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG gelte entgegen der Ansicht der Klägerin nicht für jedes Energieversorgungsunternehmen, das auf Grund von vor dem 1.1.2000 geschlossenen Lieferverträgen Strom aus KWK-Anlagen beziehe, sondern wie in § 2 Abs. 1 S. 1 KWKG nur für solche Energieversorgungsunternehmen, welche gem. § 10 EnWG die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern betrieben. Dazu gehöre die Klägerin nicht. Sie habe den Strom an Letztverbraucher nicht auf Grund allgemeiner Bedingungen und Tarife geliefert, sondern auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarungen. Sie sei zudem nicht verpflichtet gewesen, Anschluss und Versorgung der Abnehmer durchzuführen. Unbeachtlich sei, ob das Netz der Klägerin für die Versorgung privater, freiberuflicher oder sonstiger nichtindustrieller Abnehmer offen gewesen sei. Die der Klägerin am 9.10.2001 erteilte Genehmigung zur Aufnahme der allgemeinen Versorgung anderer mit Elektrizität könne allenfalls Wirkung für die Zukunft und damit für die in der Berufungsinstanz klageerweiternd geltend gemachte Forderung haben. Nach dem Zweck des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes könne es jedoch nicht darauf ankommen, ob eine Genehmigung vorliege, sondern allein darauf, ob tatsächlich eine allgemeine Versorgung stattfinde. Davon könne wegen des begrenzten Abnehmerkreises und der räumlichen Eingrenzung des Netzes der Klägerin auf den Chemiestandort L. keine Rede sein.
B.
Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
I.
Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch aus § 5 Abs. 1 KWKG auf Belastungsausgleich i. H. v. 263.829,39 DM für den in der Zeit v. 18. bis zum 31.5.2000 von der K. bezogenen Strom (Position 2 der Rechnung v. 9.6.2000, berichtigt durch Rechnung v. 12.7.2000) zu Unrecht verneint.
1. Der vorgenannte Anspruch ist noch nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz v. 12.5.2000 (a. a. O.) zu beurteilen. Dieses Gesetz ist zwar inzwischen außer Kraft getreten. Das ist jedoch nach § 13 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) v. 19.3.2002 (BGBl. I 2002, 1092) erst am 1.4.2002 und damit nach dem hier in Rede stehenden Zeitraum geschehen.
2. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 KWKG kann ein Netzbetreiber, soweit er Zahlungen nach § 3 zu leisten hat, von dem vorgelagerten Netzbetreiber einen Ausgleich für seine Zahlungen verlangen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin betreibt in L. ein Stromnetz, dem das Netz der Beklagten vorgelagert ist. Sie ist nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt gem. § 3 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 KWKG in Verbindung mit dem Vertrag v. 13.3.1997 verpflichtet, der K. den Strom, den sie von dieser in der Zeit v. 18. bis zum 31.5.2000 bezogen hat, nach § 4 KWKG zu vergüten.
a) Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 KWKG sind Netzbetreiber verpflichtet, KWK-Anlagen nach § 2 Abs. 1 an ihr Netz anzuschließen, den Strom aus Anlagen nach § 2 abzunehmen und den eingespeisten Strom nach § 4 zu vergüten. Diese Verpflichtung wird durch § 3 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 KWKG dahin eingeschränkt, dass bereits bestehende vertragliche Abnahmeverpflichtungen auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 S. 3 KWKG unberührt bleiben. Hier hat die Klägerin den in Rede stehenden Strom auf Grund eines Liefervertrages nach § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG bezogen. Nach dieser Bestimmung gilt das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz auch für Strom aus KWK-Anlagen auf der Basis von Steinkohle, Braunkohle, Erdgas, Öl oder Abfall, der auf der Grundlage von Lieferverträgen, die vor dem 1.1.2000 abgeschlossen wurden, von einem Energieversorgungsunternehmen bezogen wird. Das trifft hier zu.
aa) Der Strom, den die Klägerin in der Zeit v. 18. bis zum 31.5.2000 von der K. geliefert bekommen hat, stammt aus einer der genannten KWK-Anlagen. Die Klägerin hat ihn auf Grund eines Liefervertrages bezogen, der am 13.3.1997 und damit vor dem 1.1.2000 geschlossen worden ist.
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klägerin ein Energieversorgungsunternehmen i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG.
Energieversorgungsunternehmen sind nach der auch für das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz als Teil des Energiewirtschaftsrechts einschlägigen Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 3 EnWG (in der seinerzeit geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts v. 24.4.1998, BGBl. I 1998, 730, nachfolgend: a. F.; jetzt gem. Art. 1 Nr. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts v. 20.5.2003, BGBl. I 2003, 686, wortgleich § 2 Abs. 4) alle Unternehmen und Betriebe, die andere mit Energie versorgen oder ein Netz für die allgemeine Versorgung betreiben. Zwar erfasst davon § 2 Abs. 1 S. 1 KWKG nach seinem Wortlaut nur diejenigen, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen und als Energieversorger bereits am 31.12.1999 tätig waren. Das gilt jedoch nicht für § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG, so dass sich die vom Berufungsgericht bejahte weitere Frage, ob Energieversorgungsunternehmen i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 KWKG nur solche i. S. d. § 10 EnWG sind, erst gar nicht stellt. Insoweit besteht ein Unterschied zu § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 KWKG, in dem das Wort "das" in der Formulierung "das Energieversorgungsunternehmen" klarstellt, dass es sich bei dem Energieversorgungsunternehmen um ein solches i. S. d. Satzes 1 handeln muss. In dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (BT-Drucks. 14/2765) war zwar auch in § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG noch von Strom die Rede, der von "dem" Energieversorgungsunternehmen bezogen wird. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahren ist das Wort "dem" jedoch gemäß der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (BT-Drucks. 14/3007) durch das Wort "einem" ersetzt worden. Daraus folgt, dass insoweit - anders als im Fall des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 KWKG - jedes Energieversorgungsunternehmen i. S. d. § 2 Abs. 3 EnWG a. F. in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 11.2.2004 - VIII ZR 236/02, z.V.b., unter II 2 c). Ein solches Energieversorgungsunternehmen ist die Klägerin. Diese versorgt - gemäß der ihr bereits durch Bescheid v. 11.3.1996 erteilten Genehmigung - andere mit Strom, wobei es nicht darauf ankommt, ob es sich um gewerbliche oder private Abnehmer handelt.
cc) Nach dem Zweck des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes muss eine weitere Voraussetzung für die Anwendung des Gesetzes erfüllt sein. Der Zweck des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ist gem. § 1 der befristete Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung im Interesse von Energieeinsparung und Klimaschutz. Danach ist auch im Fall des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG erforderlich, dass der Strom für die allgemeine Versorgung bestimmt ist (BGH, Urt. v. 11.2.2004 - VIII ZR 236/02, z.V.b., unter II 2 c). Diese Voraussetzung ist hier nach dem in der Revisionsinstanz zu Grunde zu legenden Sachverhalt zu bejahen.
Der Begriff der allgemeinen Versorgung ist in dem auch insoweit maßgeblichen Energiewirtschaftsgesetz nicht definiert. In § 2 Abs. 3 EnWG a. F. ist die allgemeine Versorgung der Versorgung anderer gegenübergestellt. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung des Sprachgebrauchs, dass die allgemeine Versorgung nicht von vorneherein auf bestimmte Abnehmer begrenzt sein darf, sondern grundsätzlich für jeden Abnehmer offen sein muss (vgl. Büdenbender, EnWG, § 2 Rz. 36 und § 10 Rz. 35; Danner, EnWG, § 2 Rz. 36 und § 10 Rz. 35). Teilweise ist im Energiewirtschaftsgesetz auch von der allgemeinen Versorgung "i. S. d. § 10 Abs. 1" (§ 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2) oder "nach § 10 Abs. 1 S. 1" (§ 13 Abs. 2 S. 1) die Rede. Nach dieser Vorschrift haben Energieversorgungsunternehmen für Gemeindegebiete, in denen sie die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Tarife öffentlich bekannt zu geben und zu diesen Bedingungen und Tarifen jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen. Demgemäß ist die allgemeine Versorgung nach oder i. S. d. § 10 EnWG durch zusätzliche Elemente, namentlich die räumliche Beziehung zu einem bestimmten Gemeindegebiet, die Versorgung von Letztverbrauchern sowie die Anschluss- und Versorgungspflicht nach Allgemeinen Bedingungen und Tarifen, gekennzeichnet (vgl. Büdenbender, EnWG, § 2 Rz. 36 und § 10 Rz. 35; Danner, EnWG, § 2 Rz. 36 und § 10 Rz. 35).
Dafür, dass mit der allgemeinen Versorgung in § 1 KWKG der engere Begriff der allgemeinen Versorgung i. S. d. § 10 Abs. 1 S. 1 EnWG gemeint sein soll, ist nichts ersichtlich. Vielmehr spricht dagegen, dass das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz selbst zwischen der allgemeinen Versorgung in § 1 und der allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern in § 2 Abs. 1 S. 1 unterscheidet. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen (BT-Drucks. 14/2765) ergibt sich nichts anderes. Darin wird zu dem Gesetzeszweck in § 1 KWKG ergänzend ausgeführt, der Fortbestand der KWK-Anlagen der allgemeinen Versorgung sei im liberalisierten Strommarkt wegen der wesentlich gefallenen Strombezugskosten bedroht. Dagegen sei die Wirtschaftlichkeitslücke für KWK-Anlagen in der Industrie auf Grund deren Auslegung auf den betrieblichen Eigenbedarf an Energie weniger eindeutig. Diese Anlagen sollten daher erst in dem - seinerzeit bereits geplanten - KWK-Ausbaugesetz berücksichtigt werden (a. a. O. S. 4 unter "Allgemein" und zu § 1). Daraus ergibt sich lediglich, dass die Beschränkung des Schutzzweckes in § 1 KWKG auf die Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung der Abgrenzung von der Kraft-Wärme-Kopplung in der Industrie dient. Dafür ist es nicht erforderlich, den Begriff der allgemeinen Versorgung in dem engeren Sinn des § 10 Abs. 1 S. 1 EnWG zu verstehen. Denn bei einer auf die Industrie beschränkten Versorgung liegt schon keine allgemeine Versorgung i. w. S. vor, weil sie nicht für private Abnehmer offen ist.
Hier hat die Klägerin in den Vorinstanzen unter Beweisantritt vorgetragen, dass sie am Chemiestandort L. über die ortsansässigen Industrieunternehmen hinaus auch alle anderen gewerblichen, freiberuflichen und privaten Abnehmer, die dies wünschen, mit Strom beliefert und solche Abnehmer auch tatsächlich beliefert hat. Hiervon ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz auszugehen. Danach dient der von der Klägerin bezogene Strom im Bereich des Chemiestandortes L. der allgemeinen Versorgung im vorbezeichneten Sinne. Unerheblich ist insoweit, dass es sich bei den Abnehmern der Klägerin überwiegend um Industrieunternehmen handelt. Entscheidend ist vielmehr, dass die von der Klägerin vorgenommene Stromversorgung grundsätzlich für jeden Abnehmer offen ist.
Darüber hinaus hat die Klägerin in den Vorinstanzen vorgetragen, dass sie auch nach der Kündigung des Vertrages über energiewirtschaftliche Zusammenarbeit zum 31.12.1999 weiter Strom in das vorgelagerte Netz der Beklagten eingespeist habe. Insbesondere hat sie unter Beweisantritt behauptet, der Beklagten im August 2000 den unter dem 7.9.2000 in Rechnung gestellten Strom geliefert zu haben. Für den Vortrag der Klägerin spricht auch, dass die Klägerin, die Beklagte und die K. am 17.12.2001 eine Vereinbarung getroffen haben, in der sie ihre weitere Zusammenarbeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits geregelt haben. Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist daher auch dieser Vortrag der Klägerin in der Revisionsinstanz zu Grunde zu legen. Danach dient der von der Klägerin bezogene Strom selbst dann der allgemeinen Versorgung, wenn die Klägerin entgegen ihrer vorgenannten Darstellung am Chemiestandort L. nicht alle Abnehmer, die dies wünschen, mit Strom versorgen würde. Denn die Beklagte betreibt jedenfalls ihrerseits ein Netz für die allgemeine Versorgung.
b) Fällt danach der in Rede stehende Strom gem. § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG in den Anwendungsbereich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes, steht die dafür nach § 3 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2, § 4 KWKG geschuldete Vergütung der K. als der Betreiberin der KWK-Anlage zu, aus der der Strom kommt; zur Zahlung der Vergütung verpflichtet ist die Klägerin als das Energieversorgungsunternehmen, das den Strom auf Grund des mit der K. geschlossenen Liefervertrages bezogen hat (vgl. BGH, Urt. v. 11.2.2004 - VIII ZR 236/02, z.V.b., unter II 3 und 4 sowie im Folgenden unter B II).
3. Der Höhe nach kann die Klägerin als Belastungsausgleich nach den bisher getroffenen Feststellungen von der Beklagten den geltend gemachten Betrag i. H. v. 263.829,39 DM = 134.893,83 EUR verlangen. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 KWKG beträgt der Belastungsausgleich in der hier maßgeblichen Zeit 3 Pfennig pro Kilowattstunde. Die Klägerin hat die von ihr in Rechnung gestellte Strommenge von 8.794.313 kWh unter Beweis gestellt. Hiervon ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz auszugehen.
II.
Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht dagegen den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch aus § 3 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1 KWKG auf Vergütung des im August gelieferten Stroms i. H. v. 200.609,09 DM = 102.569,79 EUR (Rechnung v. 7.9.2000) verneint.
Hinsichtlich dieses Anspruchs, der ebenfalls noch nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz v. 12.5.2000 (a. a. O.) zu beurteilen ist (vgl. oben unter B I 1), kann zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass der von dieser im August 2000 aus den KWK-Anlagen der LS. und der K. bezogene und an die Beklagte weitergelieferte Strom entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nach der - insoweit allein in Betracht kommenden - Vorschrift des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG in den Anwendungsbereich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes fällt. In diesem Fall steht der Vergütungsanspruch aus § 3 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1 KWKG indessen nicht dem Energieversorgungsunternehmen, das den Strom aus den KWK-Anlagen bezieht (hier Klägerin), sondern dem Anlagenbetreiber (hier LS. und K.) zu. Das ist in den genannten Vorschriften zwar nicht ausdrücklich geregelt. Dafür sprechen jedoch der nach § 1 KWKG bezweckte Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung vor sinkenden Strompreisen im liberalisierten Strommarkt (vgl. dazu bereits oben unter B I 2a cc), der nur zu verwirklichen ist, wenn der Vergütungsanspruch dem Anlagenbetreiber zugute kommt, ferner auch die Regelungen in § 3 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 und § 4 Abs. 2 KWKG, die sinnlos wären, wenn das Energieversorgungsunternehmen anspruchsberechtigt wäre (BGH, Urt. v. 11.2.2004 - VIII ZR 236/02, z.V.b., unter II 3, m. w. N.).
Da die Klägerin für den im August 2000 gelieferten Strom ausdrücklich eine Vergütung nach § 4 Abs. 1 KWKG begehrt, bedarf keiner Entscheidung, ob ihr insoweit aus anderen Rechtsgründen ein Vergütungsanspruch zustehen könnte. Dazu fehlt es auch an Vortrag der Klägerin.
III.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht nach den bisher getroffenen Feststellungen wiederum den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch aus § 5 Abs. 1 KWKG auf Belastungsausgleich i. H. v. 175.444,41 EUR für den im Februar 2002 von der L. aus der KWK-Anlage der LS. bezogenen Strom (Rechnung v. 6.3.2002) verneint.
1. Dieser Anspruch, der ebenfalls noch nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz v. 12.5.2000 (a. a. O.) zu beurteilen ist (vgl. oben unter B I 1), ergibt sich allerdings - anders als der Anspruch der Klägerin auf Belastungsausgleich für den Strom, den sie in der Zeit v. 18. bis zum 31.5.2000 von der K. aus deren KWK-Anlage bezogen hat (vgl. dazu oben unter B I 2) - nicht aus der Ersten, sondern aus der zweiten Alt. des § 5 Abs. 1 S. 1 KWKG. Danach kann ein Netzbetreiber, soweit er Zahlungen nach den Absätzen 1 bis 3 (des § 5 KWKG) zu leisten hat, von dem vorgelagerten Netzbetreiber einen Ausgleich für seine Zahlungen verlangen. Der Anspruch auf Belastungsausgleich steht mithin auch einem Netzbetreiber zu, der seinerseits nach § 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 KWKG zum Belastungsausgleich verpflichtet ist (vgl. Salje, KWKG, § 5 Rz. 8 f.). So ist es hier.
Die Klägerin ist ihrerseits der L. gem. § 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 KWKG zum Belastungsausgleich verpflichtet. Denn die L. muss der LS. den von dieser bezogenen und an die Klägerin gelieferten Strom gem. § 3 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 KWKG i. V. m. dem Vertrag v. 11.5.1992 nach § 4 KWKG vergüten. Der Strom fällt gem. § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG in den Anwendungsbereich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes. Die L. bezieht den Strom von der LS. auf Grund des am 11.5.1992 und damit vor dem 1.1.2000 abgeschlossenen Liefervertrages. Sie ist selbst ein Energieversorgungsunternehmen, da sie einen anderen, die Klägerin, mit Strom beliefert (vgl. oben unter B I 2a bb). Der Strom ist schließlich für die allgemeine Versorgung bestimmt. Das ist allerdings nicht allein schon deswegen zu bejahen, weil der Klägerin vor dem hier in Rede stehenden Zeitraum, dem Februar 2002, für den Chemiestandort L. die Genehmigung zur allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern i. S. d. § 10 Abs. 1 EnWG mit Elektrizität nach einem Allgemeinen Tarif erteilt worden ist. In allen drei Fällen, in denen das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz nach § 2 Abs. 1 Anwendung findet (S. 1 mit S. 2, S. 3 Nr. 1 und S. 3 Nr. 2; vgl. BGH, Urt. v. 11.2.2004 - VIII ZR 236/02, z.V.b., unter II 2 a), bestehen Stichtagsregelungen, die einheitlich auf die Zeit vor dem 1.1.2000 abstellen. Daraus ergibt sich der Wille des Gesetzgebers, den nach § 1 KWKG bezweckten Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung auf den Bestand vor dem genannten Zeitpunkt zu begrenzen. Daher ist erforderlich, dass die allgemeine Versorgung bereits vor dem 1.1.2000 erfolgte. Davon ist hier gemäß den Ausführungen oben unter B I 2a cc in der Revisionsinstanz auszugehen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten Belastungsausgleich für den in der Zeit v. 18. bis zum 31.5.2000 von der L. aus der KWK-Anlage der LS. bezogenen Strom (Position 1 der Rechnung v. 9.6.2000) mit Schreiben v. 19.6.2000 ausdrücklich unstreitig gestellt und später auch bezahlt hat.
2. Der Höhe nach kann die Klägerin nach den bisher getroffenen Feststellungen von der Beklagten den geltend gemachten Betrag i. H. v. 175.444,41 EURverlangen. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 KWKG beträgt der Ausgleich in der hier in Rede stehenden Zeit, dem Februar 2002, 2 Pfennig = 1,0226 Cent pro Kilowattstunde. Dass die von der Klägerin in Rechnung gestellte Strommenge von 17.156.700 kWh bestritten worden wäre, ist nicht ersichtlich.
IV.
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die oben unter B I und III behandelten Ansprüche der Klägerin verneint hat. Insoweit ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, da es noch weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Daher ist das Berufungsurteil in dem genannten Umfang aufzuheben, und die Sache ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1132077 |
BGHR 2004, 858 |
EBE/BGH 2004, 2 |
WM 2004, 2264 |
RdE 2004, 167 |
ZNER 2004, 182 |
NJOZ 2006, 365 |