Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. März 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 3. Juni 1999 zurückgewiesen.
Die Anschlußrevision des Klägers wird nicht angenommen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren, einschließlich der Kosten der Streithilfe, trägt der Kläger.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag vom 12. August 1997 verkaufte die beklagte Gemeinde an den Kläger zum Preis von 15 DM/m² eine insgesamt etwa 13.000 m² große Teilfläche zweier Grundstücke. Unter § 1 der Urkunde war vereinbart, daß die Teilungsvermessung „durch den Käufer auf eigene Kosten durchgeführt” wird. Vereinbarungsgemäß zahlte der Kläger in der Folgezeit 195.000 DM als vorläufigen Kaufpreis auf ein Anderkonto des beurkundenden Notars. Dort ist der Betrag noch immer hinterlegt.
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Kläger war die Beklagte noch nicht Eigentümerin der Grundstücke, über die sie mit ihrer Streithelferin am 26. März 1996 einen Kaufvertrag geschlossen hatte. Die neu vermessenen Flurstücke, aus denen sich die an den Kläger verkauften Trenngrundstücke zusammensetzen, wurden am 4. September 1998 (Flurstück …), 16. März 1999 (Flurstücke … und …) und 5. Juli 1999 (Flurstück …) auf die Beklagte umgeschrieben.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 10. September 1998 setzte der Kläger für die Übereignung der ihm verkauften Grundstücksflächen der Beklagten eine Frist bis zum 12. Oktober 1998. Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs drohte er die Zurückweisung der Leistung und die Geltendmachung von Schadensersatz an. Nachdem die Eigentumsumschreibung zu seinen Gunsten nicht erfolgt war, ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 12. Oktober 1998 mitteilen, er lehne nunmehr die Leistung der Beklagten als nicht vertragsgemäß ab und mache Schadensersatz geltend.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei für die Verzögerung bei der Eigentumsverschaffung verantwortlich, weil es ihre Sache gewesen sei, die Vermessung der verkauften Teilflächen abzuwickeln. Er hat von der Beklagten verlangt, den Notar zur Auszahlung des hinterlegten Kaufpreises an ihn anzuweisen und überdies 84.209,70 DM als Schadensersatz zu zahlen. Die Klage ist in erster Instanz ohne Erfolg geblieben. Unter Abweisung des Zahlungsantrages hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Erteilung der Anweisung an den Notar Zug um Zug gegen Rückauflassung der neu gebildeten Grundstücke verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision und verfolgt mit der Anschlußrevision sein Ziel einer nicht durch den Zug-um-Zug-Vorbehalt eingeschränkten Verurteilung der Beklagten weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Anschlußrevision.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hält den Kläger entsprechend § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB für berechtigt, den Kaufpreis – allerdings nur Zug um Zug gegen Rückauflassung der neu gebildeten Grundstücke – zurückzuverlangen. Es habe ein vorübergehendes Unvermögen der Beklagten vorgelegen, die über ein Jahr nach Abschluß des Kaufvertrages noch immer nicht als Eigentümerin eingetragen gewesen sei. Der Anspruch scheitere nicht an fehlender Vertragstreue des Klägers. Vertragstreue sei ungeschriebene Voraussetzung des § 326 BGB, hier gehe es aber „im Kern” um eine Haftung wegen anfänglicher Unmöglichkeit aus §§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 Satz 1 BGB, bei der „lediglich die ‚technische’ Abwicklung entsprechend § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB” erfolge. In jedem Fall fehle es selbst bei einem Subventionsbetrug, der Nichtunterzeichnung der Grenzverhandlung, der Verweigerung der Identitätserklärung und der Nichtzahlung der Vermessungskosten an einer Pflichtverletzung des Klägers, die nach Art und Schwere geeignet sei, den Vertragszweck zu gefährden. Es sei schon zur Verzögerung der Eigentumsumschreibung auf die Beklagte selbst gekommen, weil sie mit der Antragstellung bis zur Vorlage der Vermessungsunterlagen für die Weiterveräußerung an den Kläger zugewartet habe. Hierfür sei allein die Beklagte verantwortlich gewesen.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
II.
Die Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung der vollständigen Klageabweisung durch das Urteil des Landgerichts.
1. Das Urteil des Berufungsgerichts unterliegt der Aufhebung nicht schon wegen einer Widersprüchlichkeit des Tatbestandes, die eine rechtliche Nachprüfung unmöglich macht (vgl. BGHZ 80, 64, 67). Die Revision beanstandet allerdings der Sache nach zu Recht, daß der formelle Tatbestand des Berufungsurteils den Verkauf noch zu vermessender Teilflächen zweier Trenngrundstücke an den Kläger nicht ausdrücklich erwähnt. Trotz dieser unpräzisen Schilderung ist durch die im Tatbestand erfolgte Bezugnahme auf den Inhalt der notariellen Urkunde lediglich eine Ergänzung der nach § 543 Abs. 2 ZPO gedrängten Darstellung des Sach- und Streitstandes erfolgt und eine widersprüchliche Schilderung vermieden worden. Denn in den weiteren Ausführungen des Berufungsurteils finden sich genügende Hinweise auf die erforderliche und nachfolgend auch durchgeführte Teilungsvermessung, so daß der Tatbestand im Ergebnis nicht den unzutreffenden Eindruck vermittelt, der Kläger habe seinerseits keine Teilflächen erwerben sollen.
2. Dem Kläger steht jedoch kein Anspruch auf Freigabe des hinterlegten Kaufpreises zu.
a) Als Grundlage der Klageforderung kommt unter den gegebenen Umständen nur ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 326 Abs. 1 BGB in Betracht. Für einen Anspruch nach §§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BGHZ 110, 196, 200; auch Senat, BGHZ 62, 119, 120; Senat, Urt. v. 10. März 1972, V ZR 87/70, WM 1972, 656; Urt. v. 20. Dezember 1996, V ZR 277/95, NJW 1997, 938, 939) ist wegen des nur vorübergehenden Leistungshindernisses kein Raum. Auch zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist, die der Kläger ihr zur Eigentumsverschaffung gesetzt hatte, war der Beklagten die geschuldete Übereignung nicht unmöglich. Unmöglichkeit liegt erst dann vor, wenn feststeht, daß der Schuldner die Verfügungsmacht nicht erlangen wird und zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs nicht mehr auf die geschuldete Sache einwirken kann (Senat, BGHZ 141, 179, 182 mit zust. Anm. von Kohler, JR 2000, 63 f; vgl. auch Senat, Urt. v. 24. September 1999, V ZR 71/99, NJW 1999, 3625). Hier mußte jedoch zu keiner Zeit befürchtet werden, daß die Beklagte von ihrer Streithelferin das Eigentum an den Teilflächen, die sie an den Kläger verkauft hatte, nicht werde erwerben können. Tatsächlich ist die Beklagte am 5. Juli 1999 auch Eigentümerin aller geschuldeten Grundstücke geworden.
b) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 326 Abs. 1 BGB scheitert an fehlendem Verzug der Beklagten. Daß die Beklagte bereits in der notariellen Urkunde vom 12. August 1997 die Auflassung erklärte, hatte allerdings noch nicht das Erlöschen des schuldrechtlichen Eigentumsverschaffungsanspruchs des Klägers zur Folge (vgl. Senat, Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW 1994, 2947, 2948). Ein Verzug der Beklagten mit der Erbringung der ihr obliegenden Leistung ist jedoch ausgeschlossen, weil die eingetretene Verzögerung auf der Verletzung einer Mitwirkungspflicht des Klägers beruhte (vgl. BGH, Urt. v. 13. Juli 1988, VIII ZR 292/87, NJW-RR 1988, 1396, 1397; Urt. v. 23. Januar 1996, X ZR 105/93, NJW 1996, 1745, 1746).
aa) Als Grund dafür, daß die Beklagte dem Kläger bei Ablauf der Nachfrist nicht das Eigentum verschaffen konnte, kommt nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts aufgrund des übereinstimmenden Parteivorbringens allein die damals noch nicht abgeschlossene Teilungsvermessung in Betracht. Wegen der von § 28 GBO geforderten Bezeichnung des Grundstücks in Übereinstimmung mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt ist vor kataster- und grundbuchmäßiger Verselbständigung der verkauften Teilflächen der Vollzug der Auflassung im Grundbuch nicht möglich (vgl. Senat, Urt. v. 21. Februar 1986, V ZR 246/84, NJW 1986, 1867, 1868; Urt. v. 13. Dezember 1996, V ZR 200/95, LM § 662 BGB Nr. 47). Damit war die Beklagte erst nach erfolgter Teilungsvermessung in der Lage, dem Kläger die verkauften Teilflächen zu übereignen.
bb) Nach der Vereinbarung der Parteien unter § 1 der notariellen Urkunde war die Teilungsvermessung Pflicht des Klägers. Die Revision beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht diese vertragliche Bestimmung nicht beachtet hat. Der Kläger wurde danach nicht etwa nur – wie in § 5 der Urkunde geregelt – mit den Vermessungskosten belastet, ihm ist vielmehr die Durchführung der Teilungsvermessung ausdrücklich als eigene Aufgabe zugewiesen worden. Zwar ist die Vermessung grundsätzlich Sache des Verkäufers, wie durch die Kostenregelung in § 448 Abs. 1 BGB bestätigt wird (vgl. MünchKomm-BGB/H. P. Westermann, 3. Aufl., § 448 Rdn. 1; Erman/Grunewald, BGB, 10. Aufl., § 448 Rdn. 1), es steht den Vertragsparteien jedoch frei, abweichende Vereinbarungen zu treffen (vgl. Brambring in Beck'sches Notarhandbuch, 3. Aufl., Rdn. A I 270).
War die Durchführung der Teilungsvermessung danach Aufgabe des Klägers, so wurde der beauftragte Vermessungsingenieur in dessen Pflichtenkreis als Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) des Klägers tätig. Verzögerungen bei der Vermessung sind mithin nicht der Beklagten, sondern dem Kläger zuzurechnen. Dies hat zur Folge, daß der Kläger seiner Verpflichtung, bei der Erfüllung der Pflicht der Beklagten zur Eigentumsverschaffung mitzuwirken, nicht nachgekommen ist. Solange der Kläger nicht durch die abgeschlossene Teilungsvermessung die Voraussetzungen für die Übereignung der verkauften Teilflächen geschaffen hatte, konnte die Beklagte nicht in Schuldnerverzug geraten.
cc) Daß die Parteien außerhalb der Urkunde eine abweichende Vereinbarung getroffen haben, für die der Kläger wegen der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit beweispflichtig ist (vgl. Senat, Urt. v. 5. Februar 1999, V ZR 353/97, NJW 1999, 1702, 1703), hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dies läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere reicht für eine Übernahme der Teilungsvermessung der unstreitige Umstand nicht aus, daß sich die Beklagte in Absprache mit dem Kläger bereit fand, die Vermessung in dessen Namen in Auftrag zu geben. Die Beklagte handelte danach bei der Beauftragung des Vermessungsingenieurs lediglich als Vertreter des Klägers, übernahm aber nicht weitergehende Verantwortung für die Durchführung der Vermessung.
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es keine Ursache der eingetretenen Verzögerung und damit für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Bedeutung, daß die Beklagte die Eigentumsumschreibung aus dem mit ihrer Streithelferin geschlossenen Vertrag erst nach Vermessung und Abschreibung der an den Kläger verkauften Teilflächen beantragt hat. Selbst wenn die Beklagte bereits als Eigentümerin der von ihr erworbenen ungeteilten Flächen im Grundbuch eingetragen gewesen wäre, hätte dies, weil der Kläger nur Teilflächen hiervon erwerben sollte, eine neuerliche Teilungsvermessung wegen der an den Kläger verkauften Grundstücksteile nicht erübrigt. Da die Vermessung aller Teilflächen bis dahin noch nicht abgeschlossen war, wären die bis zur Nachfristsetzung eingetretenen Verzögerungen (vgl. BGHZ 104, 6, 11) aber auch bei einer Voreintragung der Beklagten als Eigentümerin nicht vermieden worden.
3. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Da Entscheidungsreife gegeben und eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO) und das klageabweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.
III.
Die Annahme der unselbständigen Anschlußrevision des Klägers war abzulehnen. Die Anschlußrevision wirft keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf und hat im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg (§ 554b ZPO). Die Entscheidung über die Nichtannahme muß nicht in einem vorgeschalteten Beschlußverfahren ergehen, sondern kann auch nach mündlicher Verhandlung durch Urteil ausgesprochen werden (BGH, Urt. v. 29. September 1992, XI ZR 265/91, NJW 1992, 3235, 3237; Urt. v. 30. November 1994, XII ZR 59/93, NJW 1995, 652, 654; Urt. v. 11. Juni 1996, XI ZR 172/95, NJW 1996, 2511, 2513, insoweit in BGHZ 133, 82 nicht abgedruckt; Urt. v. 14. März 2000, XI ZR 14/99, NJW 2000, 2021; Urt. v. 19. Dezember 2000, XI ZR 349/99, NJW 2001, 962, 964). Dem steht nicht entgegen, daß in der mündlichen Verhandlung Anträge zur Anschlußrevision gestellt und in die Sitzungsniederschrift aufgenommen worden sind. Als stillschweigende Annahme der Anschlußrevision kann dies schon deshalb nicht verstanden werden, weil darin keine Entscheidung des Senats liegt (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 2. Aufl., § 554b Rdn. 9)
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 101 ZPO.
Unterschriften
Wenzel, Lambert-Lang, Tropf, Lemke, Gaier
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 11.05.2001 durch Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BGHR 2001, 628 |
IBR 2001, 401 |
NJOZ 2001, 913 |