Leitsatz (amtlich)
Die Bestellung von Grundschulden zugunsten redlicher Erwerber durch einen dinglich am Grundstück nicht berechtigten Bucheigentümer stellt keine Beeinträchtigung des Eigentums im Sinne von § 1004 BGB dar.
Normenkette
BGB § 1004 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. September 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zu 4) verurteilt worden ist, auf die in Abt. III zu den lfd. Nrn. 1 und 2 im Grundbuch von L. beim Amtsgericht D., Bl. … und … zugunsten der K. und der S. bank eingetragenen Grundpfandrechte hinsichtlich des Flurstücks … den Betrag zu zahlen, der notwendig ist, damit die Grundschuld gelöscht werden kann.
Im Umfang der Aufhebung wird das Teilurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 13. April 1999 (dort Tenor II) auf die Berufung der Beklagten geändert und die Klage abgewiesen.
Von den Kosten der ersten und zweiten Instanz haben die Klägerin 1/20 und die Beklagten zu 1) bis 4) 19/20 zu tragen.
Die Kosten der Revisionsinstanz tragen die Klägerin zu 1/5 und die Beklagten zu 4/5.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin macht ihre Rechte als Miterbin geltend. Nach den rechtskräftig gewordenen Feststellungen der Vorinstanzen ist sie die nichteheliche Tochter des in Sachsen wohnhaft gewesenen und 1991 gestorbenen Erblassers. Dieser ist kraft Gesetzes, also gemäß Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB auch von der Klägerin, beerbt worden. Seine Ehefrau, die Beklagte zu 1), sowie die aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder, die Beklagten zu 2) bis 4), haben den Nachlaß unter sich aufgeteilt. Der Erblasser und die Beklagte zu 1) waren je zur Hälfte Miteigentümer zweier Grundstücke. Durch Überlassungsvertrag vom 7. Januar 1992 haben die Beklagten das Eigentum an dem einen Grundstück ganz auf die Beklagte zu 4) übertragen. Sie bebaute dieses Grundstück und belastete es mit zwei Grundschulden. Das andere Grundstück wurde zur Hälfte auf die Beklagte zu 1) und zu je einem Viertel auf die Beklagten zu 2) und 3) übertragen.
Die Vorinstanzen haben die Beklagten zur Auskunft sowie zur Zustimmung verurteilt, das Grundbuch dahin zu berichtigen, daß die Erbengemeinschaft unter Einschluß der Klägerin bezüglich der in den Nachlaß fallenden Grundstückshälften als Eigentümerin eingetragen wird. Der Senat hat die Revision der Beklagten insoweit nicht angenommen. Außerdem ist die Beklagte zu 4) verurteilt worden, auf die eingetragenen Grundpfandrechte den Betrag zu zahlen, der notwendig ist, damit sie gelöscht werden können. Insoweit hat der Senat die Revision angenommen. In diesem Umfang beantragen die Beklagten, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat im Umfang der Annahme Erfolg.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin gemäß §§ 816 Abs. 1 Satz 2, 2039 BGB einen Anspruch darauf, daß die Beklagte zu 4) die unentgeltlich aus dem Nachlaß erlangte Grundstückshälfte der Erbengemeinschaft (unter Einschluß der Klägerin) so herausgebe, wie die Beklagte zu 4) sie erhalten habe, nämlich lastenfrei. Die Beklagte zu 4) könne die Grundschulden zwar nicht selbst löschen, aber die Voraussetzungen dafür herbeiführen. Dieser Anspruch der Erbengemeinschaft werde nicht davon berührt, daß die Beklagte zu 4) ein Haus auf dem Grundstück errichtet habe. Insoweit stehe ihr allenfalls ein Wertersatzanspruch gegenüber der Erbengemeinschaft zu.
2. Die Erbengemeinschaft hat jedoch keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 4) darauf, die Grundpfandrechte zur Löschung zu bringen.
a) In der Bestellung der Grundschulden liegt keine fortdauernde Beeinträchtigung des Eigentums der Erbengemeinschaft, deren Beseitigung die Klägerin nach §§ 1004, 2039 BGB fordern könnte (Staudinger/Gursky, BGB Bearb. 1999, § 1004 Rdn. 64; MünchKomm/Medicus, BGB 3. Aufl. § 1004 Rdn. 7). Sie stellt vielmehr eine einmalige Schädigung dar, deren Beseitigung die Klägerin nur aufgrund eines Schadensersatzanspruchs analog §§ 989, 990, 2039 BGB zu beanspruchen hätte (BGH, Urteil vom 29. April 1964 – V ZR 119/63 – LM Nr. 10 zu § 989 BGB). Die Klägerin hat aber nicht vorgetragen, daß die Beklagte zu 4) das Fehlen ihrer dinglichen Berechtigung hinsichtlich des vom Erblasser stammenden Miteigentumsanteils gekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. In ihrem Schriftsatz vom 5. November 1998 heißt es vielmehr, die Beklagte zu 1) habe ihre Kinder, also auch die Beklagte zu 4), in der Frage der Abstammung der Klägerin belogen.
b) Die vom Berufungsgericht herangezogene Vorschrift des § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB setzt voraus, daß der herausverlangte Gegenstand unentgeltlich, aber dinglich wirksam übertragen worden ist. Schon daran fehlt es hier. Die Beklagte zu 4) hat zwar eine aus dem Nachlaß stammende ideelle Hälfte des Grundstücks unentgeltlich durch den Überlassungsvertrag vom 7. Januar 1992 erlangt. Diese Übertragung war aber unwirksam, weil die Klägerin daran nicht beteiligt war (§ 2040 Abs. 1 BGB). Auch ein gutgläubiger Erwerb scheidet insoweit aus, da die Auseinandersetzung unter Miterben kein Verkehrsgeschäft ist.
c) Bei der Bestellung der beiden Grundschulden hat die Beklagte zu 4) als Nichtberechtigte über die aus dem Nachlaß stammende Grundstückshälfte verfügt. Diese Verfügungen zugunsten der Banken sind nach Eintragung der Beklagten zu 4) als Eigentümerin erfolgt und gemäß § 892 BGB dinglich wirksam geworden. Die Klägerin könnte mithin aus §§ 816 Abs. 1 Satz 1, 2039 BGB Herausgabe des durch Bestellung der Grundschulden Erlangten fordern. Hierzu gehört der durch die Tilgung der gesicherten Forderungen aufschiebend bedingte Anspruch auf Rückübertragung der Grundschulden (BGH, Urteil vom 29. April 1964, aaO). Diesen Anspruch macht die Klägerin aber nicht geltend.
d) Die Klägerin leitet in ihrer Revisionserwiderung aus der Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten gemäß § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Pflicht der Beklagten zur Beseitigung der Grundstücksbelastungen mit Rücksicht auf § 818 Abs. 1 BGB her (zum Meinungsstreit vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1996 – XI ZR 227/95 – NJW 1997, 190, 191 unter II 3 a). Dem folgt der Senat nicht. In BGHZ 112, 376, 380 f. ist entschieden, daß der Bereicherungsgläubiger, wenn der Bereicherungsschuldner ein Grundstück rechtsgrundlos erlangt und mit Grundpfandrechten belastet hat, zwar Herausgabe des Grundstücks, nicht aber die Beseitigung der Belastung verlangen kann. Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten, in dem die Beklagte zu 4) das Grundstück vom Nichtberechtigten und damit dinglich nicht wirksam erlangt, dann aber zugunsten gutgläubiger Dritter mit Grundpfandrechten belastet hat (ebenso Staudinger/Lorenz, BGB 1999, § 816 Rdn. 29; MünchKomm/Lieb, BGB 3. Aufl. § 818 Rdn. 33 d im Anschluß an BGHZ 112, 376).
Ob der Bereicherungsschuldner für die Benachteiligung des Bereicherungsgläubigers, die in der Belastung mit Grundpfandrechten liegt, gemäß § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz in Höhe des Nominalbetrags der Grundpfandrechte schuldet, ob und inwieweit eine solche Verpflichtung im Hinblick auf die von den Grundpfandrechten gesicherten schuldrechtlichen Verbindlichkeiten des Bereicherungsschuldners nach § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist und ob der Bereicherungsgläubiger Wertersatz fordern kann, wenn er den Bereicherungsschuldner von den gesicherten Verbindlichkeiten freistellt (so BGHZ 112, 376, 381), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Klägerin verlangt lediglich die Beseitigung der Belastung.
Damit war die Klage, soweit sie sich auf Herbeiführung der Löschung der von der Beklagten zu 4) veranlaßten Grundpfandrechte richtet, abzuweisen.
Unterschriften
Dr. Schmitz, Prof. Römer, Dr. Schlichting, Terno, Ambrosius
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 13.12.2000 durch Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NJW 2001, 1069 |
BGHR 2001, 195 |
NJW-RR 2001, 878 |
DNotI-Report 2001, 57 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 415 |
ZAP 2001, 369 |
ZfIR 2001, 206 |
MDR 2001, 510 |
NJ 2001, 315 |
NotBZ 2001, 110 |
ZBB 2001, 93 |
JAR 2001, 70 |