Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. Juli 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage in Höhe eines Teilbetrags von 152.923 DM nebst 12,5 % Zinsen seit Klagezustellung verworfen worden ist.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin beansprucht von den Beklagten gemäß § 538 Abs. 2 BGB Aufwendungsersatz wegen der angeblichen Unzulänglichkeit der Lüftungsanlagen in den ihr von den Beklagten zum Betrieb eines Fitneß-Centers vermieteten Räumen. Hinsichtlich der Squash-Plätze hat die Klägerin – im Zusammenhang mit Umbauarbeiten – bereits von ihr für erforderlich erachtete Lüftungsgeräte installiert, deren Kosten sie ersetzt verlangt; hinsichtlich des Restaurantbereichs hält sie lüftungstechnische Maßnahmen für erforderlich, für deren Durchführung sie einen Kostenvorschuß fordert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung nicht den Erfordernissen des § 519 Abs. 3 ZPO entspreche. Hiergegen wendet sich die Revision, mit der die Klägerin die Ansprüche auf Aufwendungsersatz weiterverfolgt; hinsichtlich eines mit der Klage geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns wird die Verwerfung der Berufung von der Revision nicht angegriffen.
Entscheidungsgründe
Das nach § 547 ZPO statthafte Rechtsmittel hat teilweise Erfolg:
1. Der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts ist nicht zu beanstanden: Ist ein klagabweisendes Urteil hinsichtlich eines einheitlichen prozessualen Anspruchs auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, so muß die Berufungsbegründung geeignet sein, das Urteil insgesamt in Frage zu stellen. Sie hat deshalb für jede der Erwägungen darzulegen, warum sie die Entscheidung nicht trägt. Anderenfalls ist das Rechtsmittel in Ansehung dieses einheitlichen prozessualen Anspruchs nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO insgesamt unzulässig (vgl. etwa BGH, Beschluß vom 25. Januar 1990 – IX ZB 89/89 – BGHR ZPO § 519 Abs. 3 Nr. 2 Anfechtungsgründe 1 = NJW 1990, 1184; Urteile vom 15. Juni 1993 – XI ZR 111/92 – BGHR ZPO § 519 Abs. 3 Nr. 2 Anfechtungsgründe 4 = NJW 1993, 3073, vom 13. November 1997 – VII ZR 199/96 – BGHR ZPO § 519 Abs. 3 Nr. 2 Anfechtungsgründe 5 und vom 18. Juni 1998 – IX ZR 389/97 – BGHR ZPO § 519 Abs. 3 Nr. 2 Anfechtungsgründe 6 = NJW 1998, 3126). Betrifft das angefochtene Urteil mehrere prozessuale Ansprüche oder ist der prozessuale Anspruch teilbar, so muß sich die Berufungsbegründung auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt ist; anderenfalls ist das Rechtsmittel nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO für den nicht begründeten Teil unzulässig (vgl. etwa BGH Beschluß vom 25. Januar 1990 aaO; Urteil vom 15. Juni 1993 aaO).
2. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts entspricht die Berufungsbegründung diesen Anforderungen nicht. Das ist nur hinsichtlich eines Teils des Klaganspruchs richtig.
a) Das Landgericht hat die Klagabweisung damit begründet, dem Vortrag der Klägerin sei im einzelnen nicht zu entnehmen, worin sie die Mängel der Belüftungsanlagen sehe. Insbesondere sei die „Mängelliste”, auf welche die Klägerin in ihrer schriftlichen Mängelrüge vom 31. Juli 1989 Bezug nehme, unter den zahlreichen von der Klägerin vorgelegten Anlagen nicht zweifelsfrei zu identifizieren. Außerdem ergebe sich auch aus der schriftlichen Mahnung vom 26. September 1989, mit welcher die Klägerin die Beklagten zur „Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes laut Mietvertrag” aufgefordert haben wolle, kein einziger konkret angesprochener Mangel der lüftungstechnischen Anlagen; somit fehle es auch an einem Verzug der Beklagten, der Voraussetzung für die von der Klägerin gemäß § 538 Abs. 2 BGB geltend gemachten Ansprüche auf Aufwendungsersatz sei.
Das Oberlandesgericht hält die Berufung für unzulässig, weil ihre Begründung nur die vom Landgericht getroffenen Feststellungen einer nicht ordnungsgemäßen Mängelrüge vom 31. Juli 1989 und eines nicht hinreichend substantiierten Vortrags zu den behaupteten Mängeln der raumlufttechnischen Anlage angreife. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht einen Verzug der Beklagten verneine, würden in der Berufungsbegründung, die weder das Mahnschreiben erwähne noch einen sonstigen verzugsbegründenden Sachverhalt vortrage, nicht bekämpft.
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision zu Recht:
Richtig ist, daß das Landgericht die Klage aus zwei voneinander unabhängigen Rechtsgründen für unschlüssig erachtet hat: Zum einen, weil die Klägerin in ihrer Klage die eine Gewährleistungspflicht nach den §§ 537 f. BGB begründenden Mängel der Mietsache weder detailliert gerügt noch in ihrer Klage substantiiert dargelegt habe. Zum andern, weil die Klägerin in ihrem Mahnschreiben vom 26. September 1989 die zu behebenden Mängel nicht im einzelnen bezeichnet und die Beklagten deshalb nicht, wie von § 538 Abs. 2 BGB gefordert, wirksam in Verzug gesetzt habe. Richtig ist auch, daß die Berufungsbegründung sich formal nur zu der – nach Auffassung des Landgerichts: unzulänglichen – Rüge und Substantiierung der angeblichen Mängel der Mietsache verhält und die ebenfalls tragenden Erwägungen des Landgerichts zum fehlenden Verzug nicht gesondert angreift.
Diese formale Betrachtung läßt allerdings unberücksichtigt, daß die Klägerin meint, ihrer Rüge- und Substantiierungspflicht bereits durch Vorlage ihrer schriftlichen Mängelrüge vom 31. Juli 1989 in Verbindung mit den ihr beigefügten Unterlagen nachgekommen zu sein. Für die Frage nach der Zulässigkeit der Berufung kann dahinstehen, ob diese Auffassung der Klägerin zutrifft. Waren die Beanstandungen, auf welche die Klägerin ihre Gewährleistungsansprüche stützt, mit der Mängelrüge vom 31. Juli 1989 ausreichend präzise bezeichnet, so war insoweit nicht nur die Klage hinreichend substantiiert; vielmehr war auch das Mahnschreiben vom 26. September 1989 in Ansehung der Mängel, deren Behebung verlangt wird, hinreichend bestimmt und damit geeignet, die Beklagten in Verzug zu setzen. Zwar verweist das Mahnschreiben vom 26. September 1989 nicht ausdrücklich auf die Mängelrüge vom 31. Juli 1989; es läßt sich aber – auch im Zusammenhang mit den Schreiben der Beklagten vom 3. August 1989 und der Klägerin vom 7. August 1989 – zwanglos auf die zuvor gerügten Mängel beziehen und ist von den Beklagten – wie sich aus deren Schreiben vom 2. Oktober 1989 folgern läßt – auch auf diese Mängel bezogen worden. Damit bildet die Mängelrüge vom 31. Juli 1989 aber die gemeinsame tatsächliche Grundlage, von der aus das Landgericht sowohl die hinreichende Substantiierung des Klagvortrags wie auch die erforderliche Bestimmtheit der Mahnung zu beurteilen hatte.
Die Klägerin ist in ihrer Berufungsschrift – unter Hinweis auf ihre erneut beigefügte und mit Anlagen versehene Mängelrüge vom 31. Juli 1998 – der Feststellung mangelnder Substantiiertheit der Klage entgegengetreten. Damit hat sie aber – zumindest konkludent – auch die Erwägung des Landgerichts angegriffen, das Mahnschreiben der Klägerin vom 26. September 1989 habe die zu behebenden Mängel nicht hinreichend bestimmt bezeichnet. Einer ausdrücklichen Erklärung in der Berufungsschrift bedurfte es dazu nicht. Das stellt das Berufungsurteil jedoch nur insoweit in Frage, als die Klägerin mit ihrer Klage Kostenvorschuß für erst noch beabsichtigte Mängelbeseitigungsmaßnahmen in Höhe von 152.923 DM begehrt.
b) Das Landgericht hat die Klagabweisung nämlich ferner damit begründet, daß die Klägerin in ihrem Vortrag nicht von vornherein zwischen den durch ihre Umbaumaßnahmen bedingten Veränderungen der lüftungstechnischen Anlagen und etwaigen nicht umbaubedingt gegebenen Mängeln unterschieden habe. Soweit sich der Gutachter im Beweissicherungsverfahren zu der möglicherweise unzulänglichen Belüftung der Squash-Plätze geäußert und festgestellt habe, daß deren Belüftung vor den Umbaumaßnahmen lediglich über offene Fenster erfolgt sei, habe es sich jedenfalls um einen „offen sichtbaren” Mangel gehandelt; einen solchen Mangel hätte die Klägerin nach dem Mietvertrag spätestens bei der Raumabnahme schriftlich anzeigen müssen.
Das Berufungsgericht erachtet die Berufung auch insoweit für unzulässig, als ihre Begründung weder die Erwägung, bei der Belüftung der Squash-Plätze lediglich über offene Fenster habe es sich jedenfalls um einen „offen sichtbaren” und damit sofort anzeigepflichtigen Mangel gehandelt, bekämpft noch eine sofortige schriftliche Anzeige dieses angeblichen Mangels behauptet habe.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand:
Zwar ist die Erwägung des Landgerichts nicht geeignet, eine Abweisung der Klage in vollem Umfang zu rechtfertigen. Das ist aber auch nicht erforderlich. Die Klägerin hat bereits im ersten Rechtszug klargestellt, daß sie im Bereich der – nunmehr zum Teil als Fitneß-Bereich genutzten – Squash-Plätze eine Lüftungsanlage habe einbauen lassen, deren – von ihr mit 340.843,44 DM bezifferte – Kosten sie erstattet verlange; der Einbau sei erforderlich gewesen, da die Be- und Entlüftung der Squash-Plätze zuvor unzulässigerweise nur über die Fenster möglich gewesen sei. Die Überlegung des Landgerichts, daß insoweit die vom Mietvertrag für eine Mängelrüge vorgegebene Frist und Form nicht eingehalten sei, bezieht sich damit auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstands. Daß das landgerichtliche Urteil diesen Teil bei seiner Erwägung weder ausdrücklich beziffert hat noch – angesichts der Abweisung der Klage in vollem Umfang – beziffern mußte, ändert daran nichts; denn der Vortrag der Klägerin läßt keinen Zweifel, daß die Klagforderung in Höhe von 340.843,44 DM ausschließlich den Kosten für im Bereich der Squash-Plätze installierte Belüftungsanlagen zuzuordnen ist.
Hinsichtlich dieses – klar abgrenzbaren – Teils der Klagforderung hat sich das Landgericht mit seiner Erwägung auf einen weiteren Rechtsgrund gestützt, der – auch für sich genommen – eine teilweise Abweisung der Klage gerechtfertigt hätte. Diesen selbständig tragenden Rechtsgrund hat die Berufung nicht angegriffen; die Berufungsbegründung ist folglich nicht geeignet, das Urteil in Ansehung dieses Teils des Streitgegenstands in Frage zu stellen. Das Rechtmittel war daher für diesen nicht begründeten Teil unzulässig und ist insoweit vom Oberlandesgericht zu Recht verworfen worden.
3. Insgesamt war danach die unbeschränkt eingelegte Berufung insoweit unzulässig, als die Klägerin eine gesamtverbindliche Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der auf die Squash-Plätze entfallenden Aufwendungen der Klägerin in Höhe von 340.843,44 DM nebst 12,5 % Zinsen seit dem 27. September 1989 und zur Zahlung von Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns begehrt hat. Im übrigen war die Berufung hinreichend begründet und damit zulässig. In diesem Umfang war das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Blumenröhr, Hahne, Sprick, Weber-Monecke, Wagenitz
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 13.12.2000 durch Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen