Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 23. September 1998 aufgehoben, soweit die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 11. September 1997 als unzulässig verworfen worden ist.
Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil wird auch in Höhe von 16.092,30 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12. Juli 1997 zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
I.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von Mietzins für die Zeit vom 1. Oktober 1995 bis 31. Mai 1997 in Höhe von insgesamt 105.490 DM zuzüglich Nebenkosten für 1995 in Höhe von 2.232,30 DM und auf Leistung einer Kaution in Höhe von 13.860 DM, jeweils mit Zinsen, aus einem mit der Beklagten geschlossenen Mietvertrag vom 11. März 1993 in Anspruch genommen. Die Beklagte, die die Räume nicht bezogen hat, hat die begehrte Zahlung insbesondere mit der Begründung abgelehnt, daß der Mietvertrag – wegen fehlender Beurkundung eines darin u.a. vereinbarten Vorkaufsrechts – insgesamt unwirksam sei.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung wegen des Mietzinses in Höhe von 105.490 DM nebst anteiligen Zinsen zurückgewiesen. Wegen der Nebenkosten in Höhe von 2.232,30 DM und der Kautionszahlung in Höhe von 13.860 DM, jeweils mit Zinsen, hat das Oberlandesgericht die Berufung mangels Begründung dieses Teils des Rechtsmittels als unzulässig verworfen.
Mit der Revision hat die Beklagte das Berufungsurteil in vollem Umfang angegriffen. Der Senat hat durch Beschluß vom 31. Mai 2000 die Annahme der Revision abgelehnt, soweit das Berufungsgericht eine Sachentscheidung – in Höhe von 105.490 DM nebst Zinsen – getroffen hat.
II.
Soweit das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen hat, ist die Revision gegen diesen Teil des Berufungsurteils ohne Rücksicht auf die Höhe der Beschwer gemäß § 547 ZPO zulässig. Ein Annahmeverfahren gemäß § 554 b ZPO findet insoweit nicht statt (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1997 – XII ZR 22/97 = WM 1997, 2097; Zöller/Gummer ZPO 21. Aufl. § 547 Rdn. 3).
Auch dieser Teil der Revision führt jedoch im Ergebnis nicht zum Erfolg.
1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, auch des erkennenden Senats, muß der Berufungskläger, um die Voraussetzungen der gesetzlich geforderten Berufungsbegründung gemäß § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO zu erfüllen, eine auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnittene Begründung liefern, die erkennen läßt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach seiner Ansicht unrichtig ist, und aus welchen Gründen er die rechtliche oder tatsächliche Würdigung des Vorderrichters beanstandet. Bei einem teilbaren Streitgegenstand oder in Fällen der Abweisung mehrerer verschiedener Ansprüche muß der Berufungskläger seine Begründung auf alle Teile des angefochtenen Urteils erstrecken, hinsichtlich derer er eine Änderung beantragt; die Begründung der Berufung muß grundsätzlich alle tragenden Erwägungen beanstanden, mit denen die Entscheidung über die einzelnen Ansprüche in dem angefochtenen Urteil begründet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 29. September 1993 – XII ZR 209/92 = BGHR ZPO § 519 Abs. 3 Nr. 2 Bezugnahme 5; BGH, Urteile vom 27. Januar 1994 – I ZR 326/91 – und vom 10. Oktober 1996 – III ZR 205/95 = BGHR aaO Inhalt, notwendiger 11 und 13). Allerdings bedarf es nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung derartiger im einzelnen differenzierender Beanstandungen in einer Berufungsbegründung nur dann, wenn die Vorinstanz die erhobenen mehreren Ansprüche aus jeweils eigenen, besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen und nicht aus einem einheitlichen, allen Ansprüchen gemeinsamen Grund für unbegründet erklärt hat. Im letztgenannten Fall genügt es, wenn die Berufungsbegründung nur diese einheitliche Begründung im ganzen angreift (BGH Urteil vom 27. Januar 1994 aaO).
2. Nach diesen aufgezeigten Grundsätzen ließ die Berufungsbegründung der Beklagten weder hinsichtlich der Verurteilung zu den Nebenkosten für 1995 noch in Bezug auf die Kautionszahlung die notwendige Begründung vermissen. Das Landgericht hatte seine Entscheidung insgesamt darauf gestützt, daß der Mietvertrag vom 11. März 1993 entgegen der Auffassung der Beklagten wirksam, insbesondere nicht wegen eines Formmangels im Hinblick auf das dingliche Vorkaufsrecht, unwirksam und die Beklagte deshalb zur Erfüllung ihrer in dem Vertrag eingegangenen Verbindlichkeiten verpflichtet sei. Wegen der Nebenkostenforderung hatte das Landgericht darauf hingewiesen, daß die Umlage sämtlicher Betriebskosten in § 5 des Mietvertrages vereinbart worden und das Bestreiten der Beklagten zu dieser Position unsubstantiiert sei. Die Entscheidung zur Kautionszahlung hatte das Landgericht – nach den Darlegungen über die Wirksamkeit des Mietvertrages – damit begründet, daß sich die Verpflichtung zur Zahlung einer Kaution von drei Nettokaltmieten aus § 20 des Mietvertrages ergebe. Es hatte mithin den Anspruch auf die Nebenkosten und die Kautionszahlung mit derselben rechtlichen Begründung für gerechtfertigt erklärt, mit der es der Klägerin auch den Anspruch auf die Zahlung des Mietzinses zugesprochen hatte, nämlich aufgrund der von ihm angenommenen Wirksamkeit des Mietvertrages.
Unter diesen Umständen genügte es, wie ausgeführt, für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung, daß diese sich mit der Wirksamkeit des Mietvertrages befaßte und eindeutig zu erkennen gab, daß sämtliche hierauf gestützten Ansprüche Gegenstand der Berufungsangriffe sein sollten. Das ist in hinreichender Form geschehen. Denn die Berufungsbegründung stellt im Eingang fest, das landgerichtliche Urteil werde „in vollem Umfang zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt”.
3. Da das Oberlandesgericht diesen Teil der Berufung hiernach zu Unrecht als unzulässig verworfen hat, kann das angefochtene Urteil insoweit nicht bestehen bleiben. Einer Zurückverweisung an das Oberlandesgericht bedarf es allerdings unter den gegebenen Umständen nicht; denn der Sachverhalt bedarf keiner weiteren Aufklärung. Der Senat kann vielmehr gemäß § 565 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden (vgl. MünchKomm/Wenzel ZPO 2. Aufl. § 547 Rdn. 12 und 13 m.N.).
Die Entscheidung ist dahin zu treffen, daß die Berufung der Beklagten auch hinsichtlich ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Nebenkosten und der Kaution als – sachlich – unbegründet zurückzuweisen ist. Denn der Mietvertrag, auf dessen §§ 5 und 20 die entsprechenden Verbindlichkeiten der Beklagten beruhen, ist wirksam. Die Revision hat insoweit, wie bereits in dem Annahmebeschluß des Senats vom 31. Mai 2000 für die Verpflichtung zur Mietzinszahlung entschieden worden ist, keinen Erfolg.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Gerber, Sprick, Weber-Monecke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 27.09.2000 durch Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556512 |
NJW-RR 2001, 789 |