Leitsatz (amtlich)
a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers in einem Einheitspreisvertrag "Auch bei einem Einheitspreisvertrag ist die Auftragssumme limitiert" ist überraschend und wird daher nicht Vertragsbestandteil.
b) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers "Zusätzliche Leistungen werden nur nach schriftlich erteiltem Auftrag bezahlt" benachteiligt den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und ist daher unwirksam (Bestätigung von BGH, Urt. v. 27.11.2003 - VII ZR 53/03, MDR 2004, 442 = BGHReport 2004, 354).
c) Die Prüfung und Abzeichnung der Schlussrechnung durch den Architekten bindet den Auftraggeber auch dann nicht als kausales Schuldanerkenntnis, wenn er selbst die Rechnung an den Auftragnehmer weitergeleitet hat.
Normenkette
AGBG §§ 3, 9; BGB § 781
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 27.06.2003; Aktenzeichen 22 U 15/03) |
LG Wuppertal |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 27.6.2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von den Beklagten restlichen Werklohn.
Die Beklagten beauftragten die Klägerin mit Bauarbeiten an einem Bauvorhaben in W. unter Vereinbarung der VOB/B. Der Bauvertrag v. 3.3.1998, der auf ein Leistungsverzeichnis mit Einheitspreisen Bezug nimmt, weist eine Auftragssumme von brutto 320.000 DM aus. Der Beklagte ist der Auffassung, damit sei ein Höchstpreis vereinbart. Im Vertrag findet sich die handschriftliche Bezeichnung "Einheitspreisvertrag". Nr. 3.5. der von den Beklagten gestellten Vertragsklauseln lautet:
"Auch bei einem Einheitspreisvertrag ist die Auftragssumme limitiert. Zusätzliche Leistungen werden nur nach schriftlich erteiltem Auftrag bezahlt."
Die Klägerin rechnete die erbrachten Leistungen in ihrer Schlussrechnung v. 27.11.2000 mit 410.245,02 DM ab. Unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen und Kürzungen verlangt sie noch 91.011,60 DM.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage i.H.v. 20.406,75 EUR uneingeschränkt und i.H.v. weiteren 9.884,39 EUR Zug um Zug gegen Stellen einer Gewährleistungsbürgschaft stattgegeben.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Zurückweisung der Berufung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 EGBGB).
I.
1. Das LG ist nach Beweisaufnahme zur Ansicht gelangt, die Parteien hätten einen Einheitspreisvertrag geschlossen. Die Vertragsklausel Nr. 3.5 sei dahin zu verstehen, dass die der Klägerin zustehende Vergütung ohne Skonto und Nebenkosten auf 320.000 DM begrenzt sei. Das Berufungsgericht ist der Meinung, der Bauvertrag stelle nicht einen Einheitspreisvertrag mit Höchstpreisklausel, sondern einen gewöhnlichen Einheitspreisvertrag dar. Eine solche Höchstpreisklausel wäre zwar individualrechtlich möglich. Eine so verstandene Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wäre jedoch eine ungewöhnliche und seltene Form der Vergabe von Bauleistungen. Zu deren Wirksamkeit wäre deshalb eine eindeutige und unmissverständliche Formulierung erforderlich gewesen. Daran fehle es hier. Der Wortlaut müsse nicht notwendig im Sinne einer Vergütung der Summe als Höchstbetrag verstanden werden. Die Bedenken gegen die Eindeutigkeit der Klausel seien auch nicht durch das Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz ausgeräumt. Da keine Preisdeckelung vereinbart worden sei, sei nach den ermittelten Massen abzurechnen.
2. Dagegen wenden sich die Beklagten im Ergebnis ohne Erfolg.
a) Die Verfahrensrüge der Beklagten, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die in erster Instanz erhobenen Beweise anders als das LG gewürdigt, hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 564 ZPO).
b) Die Beklagten beanstanden im Ergebnis ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht die Klägerin nicht an die Auftragssumme von 320.000 DM für gebunden hält.
aa) Satz 1 der Klausel ist als Höchstpreisklausel zu verstehen. Sie begrenzt die Vergütung auf einen bestimmten Betrag, auch wenn sich bei einer Abrechnung nach Massen und Einheitspreisen ein höherer Betrag ergibt. Diese Klausel ist nicht Vertragsbestandteil geworden (§ 3 AGBG). Die Parteien haben in Nr. 1 unter "Vertragsgegenstand - Vertragsart" den Vertrag als "Einheitspreisvertrag" bezeichnet. Diese Bezeichnung ist handschriftlich eingetragen. Dem Vertrag liegt ein Leistungsverzeichnis zu Grunde, das mit Einheitspreisen versehen ist. Bei der Vergütung der Bauleistungen wird die Auftragssumme als "Einheitspreissumme" bezeichnet. Damit ist dem Vertrag das Gepräge eines Einheitspreisvertrages gegeben. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass nach tatsächlichen Massen und Einheitspreisen abgerechnet wird. Eine Klausel, die im Weiteren Vertragstext diesen Abrechnungsmodus dadurch verändern will, dass sie eine Limitierung vorsieht, ist überraschend. Ein Auftragnehmer, der einen Einheitspreisvertrag geschlossen hat, muss nicht damit rechnen, dass durch das Klauselwerk des Auftraggebers der Charakter des Einheitspreisvertrages dahin verändert wird, dass die dem Einheitspreisvertrag innewohnende Möglichkeit eine von der Menge abhängige Vergütung zu verlangen ab einem bestimmten Höchstpreis ausgeschlossen ist.
bb) Satz 2 der Vertragsklausel, wonach zusätzliche Leistungen nur nach "schriftlichem Auftrag" bezahlt werden, ist unwirksam (BGH, Urt. v. 27.11.2003 - VII ZR 53/03, MDR 2004, 442 = BGHReport 2004, 354 = BauR 2004, 488 = ZfBR 2004, 258 = NZBau 2004, 146). Ein Ausschluss aller Ansprüche aus vertraglich nicht vorgesehenen Leistungen benachteiligt den Auftraggeber unangemessen.
II.
1. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, dass eine Begrenzung der Vergütung der Klägerin für die im Vertrag vorgesehenen Leistungen auf 320.000 DM nicht wirksam vereinbart worden ist. Demnach seien die Leistungen nach den durch Aufmaß ermittelten Massen abzurechnen. Danach stehe der Klägerin eine Restforderung von 30.291,14 EUR zu. Der Vergütungsanspruch für zusätzliche Leistungen richte sich nach § 2 Nr. 6 VOB/B. Dabei seien bei Klageerhebung auf der Basis der vom Architekten der Beklagten geprüften Rechnung nur 12.671,73 DM im Streit gewesen. In der Klageerwiderung hätten die Beklagten sich nicht mehr an das Ergebnis der Rechnungsprüfung durch den Architekten gehalten. Sie hätten vielmehr alle Massen, die über die in der Leistungsbeschreibung enthaltenen hinausgingen, teilweise pauschal, teilweise konkret bestritten.
Die Beklagten seien nach Rechnungsprüfung durch ihren Architekten und Mitteilung des Ergebnisses dieser Prüfung an die Klägerin gehindert, über die vom Architekten vorgenommenen Kürzungen hinaus die der Schlussrechnung der Kläger zu Grunde liegenden Massenansätze zu bestreiten. Sie seien vielmehr an die korrigierten Massenansätze gebunden. Der Architekt habe die Rechnung geprüft und mit Häkchen versehen. Damit seien die in der Abrechnung übernommenen Rechnungsposten verbindlich festgelegt worden. Die Beklagte zu 1) habe die geprüfte Schlussrechnung der Klägerin übersandt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie diese Rechnungsposten akzeptiere. Dies gelte auch, soweit der Architekt vermerkt habe, die Massenansätze seien nicht mehr zu kontrollieren. Die gerichtliche Prüfung sei demnach darauf zu beschränken, inwieweit die noch streitigen Kürzungen, die der Architekt vorgenommen habe, berechtigt seien.
2. Dagegen wenden sich die Beklagten mit Erfolg.
Der Prüfvermerk eines Architekten ist eine Wissenserklärung dem Auftraggeber gegenüber, dass die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist. Eine Wissenserklärung ist keine rechtsgeschäftliche Erklärung des Architekten namens seines Auftraggebers gegenüber dem Unternehmer und damit kein Angebot zum Abschluss eines kausalen Schuldanerkenntnisses (BGH, Urt. v. 6.12.2001 - VII ZR 241/00, BGHReport 2002, 366 = MDR 2002, 450 = BauR 2002, 613 = ZfBR 2002, 345 = NZBau 2002, 345). Nichts Anderes gilt, wenn der Architekt die Schlussrechnung prüft und mit Häkchen versieht. Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte zu 1) die Rechnung an die Klägerin gesandt hat (BGH, Urt. v. 6.12.2001 - VII ZR 241/00, BGHReport 2002, 366 = MDR 2002, 450 = BauR 2002, 613 = ZfBR 2002, 345 = NZBau 2002, 345).
Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen eines kausalen Schuldanerkenntnisses fehlen. Dieses setzt voraus, dass die Parteien mit der Vereinbarung das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollten (BGH, Urt. v. 1.12.1994 - VII ZR 215/93, MDR 1995, 244 = NJW 1995, 960 = BauR 1995, 232 = ZfBR 1995, 82).
III.
Das Urteil hat demnach keinen Bestand, weil das Berufungsgericht den Beklagten versagt, sich gegen die Schlussrechnung auch hinsichtlich der Positionen zu verteidigen, die vom Architekten der Beklagten zu 1) geprüft sind.
Die weitere Verhandlung gibt dem Berufungsgericht auch die Möglichkeit, sich mit den Einwendungen der Beklagten hinsichtlich der abgerechneten Böschungswinkelstützen zu befassen.
Fundstellen
DB 2005, 222 |
BGHR 2005, 286 |
BauR 2005, 94 |
EBE/BGH 2004, 2 |
EBE/BGH 2004, 402 |
NJW-RR 2005, 246 |
IBR 2005, 1 |
IBR 2005, 74 |
ZAP 2005, 170 |
ZIP 2005, 627 |
ZfIR 2005, 468 |
MDR 2005, 442 |
MDR 2006, 1150 |
ZfBR 2005, 172 |
BTR 2005, 38 |
BauSV 2005, 58 |
NJW-Spezial 2005, 118 |
NZBau 2005, 148 |
UBB 2005, 1 |
UBB 2005, 15 |
BBB 2005, 55 |
BauRB 2005, 65 |
JbBauR 2006, 340 |