Leitsatz (amtlich)
a) Zur Reichweite der Verjährungshemmung und zu den Anforderungen an die Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs in Bezug auf Güteanträge in Kapitalanlageberatungsfällen (Bestätigung der BGH, Urt. v. 18.6.2015 - III ZR 303/14 und III ZR 198/14).
b) Bei Güteanträgen kann auf Schriftstücke, die der Individualisierung des verfolgten Anspruchs dienen, nur dann zurückgegriffen werden, wenn sie im Güteantrag erwähnt und dem Antrag beigefügt worden sind.
Normenkette
BGB § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
OLG Celle (Beschluss vom 19.05.2014; Aktenzeichen 11 U 5/14) |
LG Hannover (Entscheidung vom 04.12.2013; Aktenzeichen 11 O 8/13) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des OLG Celle vom 19.5.2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs, einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten, hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
Rz. 2
Auf Empfehlung des für die Beklagte tätigen Handelsvertreters F. E. zeichnete der Kläger am 15.12.1993 eine Beteiligung als mittelbarer Kommanditist an der F. Baubetreuung Immobilien-Anlagen Nr. 28 KG (im Folgenden: F. -Fonds 28), einem geschlossenen Immobilienfonds, mit einer Einlage i.H.v. 90.000 DM zzgl. 5 % Agio. Diese Kapitalanlage finanzierte der Kläger teilweise mit einem Bankdarlehen über 36.000 DM.
Rz. 3
Mit Anwaltsschreiben vom 23.9.2011 verlangte der Kläger von der Beklagten Schadensersatz wegen Falschberatung. Dies wies die Beklagte mit Antwortschreiben vom 7.10.2011 zurück.
Rz. 4
Mit Eingang vom 28.12.2011 reichte der Kläger über seine vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators F. X. R. in F. einen Güteantrag ein, der folgende Begründung enthielt:
"Die Antragstellerpartei macht Ansprüche auf Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hintergrund ist die Beteiligung am F. Fonds 28 KG. Die Antragstellerpartei erwarb Anteile an diesem geschlossenen Immobilienfonds. Die Antragstellerpartei hat Anspruch dahin, so gestellt zu werden, als habe sie die Beteiligung nie getätigt. Die Antragsgegnerin war bei dieser Beteiligung als Anlagevermittler und -berater tätig. Die Beratung wurde von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin vorgenommen. Der Antragstellerpartei wurde der oben genannte Immobilienfonds vorgestellt und ihr suggeriert, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende Anlage. Nicht erläutert wurden die Risiken und Nachteile einer Beteiligung an diesem Immobilienfonds. Auch die Verwendung des Prospektes im Beratungsgespräch führt nicht zu einer umfassenden Aufklärung der Antragstellerpartei, da der Prospekt selbst keine ausreichenden Risikohinweise enthält. Der Emissionsprospekt zur gegenständlichen Fondsbeteiligung ist in mehreren Punkten fehlerhaft und es fehlt die Aufklärung über die Risiken der Fondskonzeption. Die Antragsgegnerin haftet auch für die Prospektfehler auf Schadensersatz, da sie ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat. Aus diesen Beratungsfehlern resultieren die Pflichtverletzungen der Antragsgegnerin aus dem mit der Antragstellerpartei geschlossenen Anlageberatungsvertrag. Darüber hinaus wurde die Antragstellerpartei von der Antragsgegnerin auch nicht darüber aufgeklärt, ob und in welcher Höhe diese oder der Berater Provisionen erhalten hat. Auch im Prospekt findet sich hierzu keine klare Angabe. Ein Anlageberater, der Fondsanteile empfiehlt, muss seinen Kunden darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe er Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält. Das ist vorliegend nicht passiert. Danach war die Antragsgegnerin aufgrund des mit der Antragstellerpartei geschlossenen Beratungsvertrags verpflichtet, über die Rückvergütungen aufzuklären und so den hieraus resultierenden Interessenkonflikt offen zu legen. Auch dies stellt eine Pflichtverletzung des mit der Antragstellerpartei geschlossenen Beratervertrages dar. Die Antragstellerpartei strebt eine gütliche Einigung mit der Antragsgegnerin an. Es wird deshalb gebeten und beantragt, die beigefügte Mehrfertigung des Güteantrages der Antragsgegnerin mit der Aufforderung zuzustellen, dem Güteverfahren beizutreten."
Rz. 5
Die Gütestelle unterrichtete die Beklagte hiervon. Nachdem diese mitgeteilt hatte, dass sie dem Güteverfahren nicht beitrete, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 14.8.2012 dem Kläger gegenüber das Scheitern des Verfahrens fest.
Rz. 6
Mit Eingang vom 24.1.2013, der Beklagten zugestellt am 15.2.2013, hat der Kläger bei dem LG Klage eingereicht.
Rz. 7
Der Kläger hat geltend gemacht, es sei ein Anlageberatungsvertrag mit der Beklagten zustande gekommen, und er sei von dem Handelsvertreter der Beklagten nicht anleger- und objektgerecht beraten worden. Er habe eine sichere und risikolose Kapitalanlage zur Altersvorsorge gewünscht und sei über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung, das (Total-)Verlustrisiko, die stark eingeschränkte Fungibilität und die Nachhaftung gem. § 172 Abs. 4 HGB nicht aufgeklärt worden. Die Provisionen würden im Emissionsprospekt, der ihm erst nach dem Erwerb der Beteiligung zugesandt worden sei, nicht transparent dargestellt.
Rz. 8
Die Beklagte hat erwidert, es habe nur eine Anlagevermittlung stattgefunden. Sie ist den Beratungsfehlervorwürfen des Klägers im Einzelnen entgegen getreten und hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
Rz. 9
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 10
Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I.
Rz. 11
Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch ebenso wie das LG als verjährt angesehen und hierzu ausgeführt:
Rz. 12
Die kenntnisunabhängige (mit Ablauf des 2.1.2012 endende) Verjährungsfrist sei durch den Güteantrag des Klägers nur insoweit gehemmt worden, als Pflichtverletzungen darin konkret benannt seien. Nicht nur für den Beginn der Verjährungsfrist, sondern auch für ihre Hemmung müsse nach den einzelnen Beratungsfehlervorwürfen unterschieden werden, die jeweils eigenständige Ansprüche darstellten. Dementsprechend sei es erforderlich, dass aus Sicht des Anspruchsgegners erkennbar sei, aufgrund welcher einzeln zu beurteilenden Pflichtverletzungen der maßgebliche Antrag gestellt werde. Hinsichtlich der an die Beklagte gezahlten Provisionen werde im Güteantrag des Klägers allein die Höhe der erhaltenen Provisionen (mehr als 15 %) genannt; die insoweit einzig relevante Frage, ob es infolge dieser Zahlungen zu einem Abfluss von mehr als 15 % aus dem Fondsvermögen gekommen sei, werde indes nicht angesprochen. Allenfalls der im Güteantrag erwähnte Vorwurf des Klägers, dass ihm die Beteiligung als sicher und gewinnbringend angepriesen worden sei, könne als separate, hinreichend individualisiert gerügte Pflichtverletzung aufgefasst werden. Insoweit seien etwaige Ansprüche des Klägers jedoch kenntnisabhängig - spätestens mit Ablauf des Jahres 2004 - verjährt.
II.
Rz. 13
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem maßgeblichen Punkt nicht stand. Die Revision ist gleichwohl als unbegründet zurückzuweisen, weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).
Rz. 14
1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Güteantrag des Klägers die Hemmung der Verjährung nur für die eigens darin erwähnten Pflichtverletzungsvorwürfe bewirken konnte.
Rz. 15
Zwar ist die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (s. nur BGH, Urt. v. 18.6.2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407, 2408 Rz. 14 m.w.N., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen gem. § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich jedoch - ebenso wie die materielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO - nicht nach dem einzelnen materiell-rechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch. Dieser erfasst alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen, in Anlageberatungsfällen folglich sämtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung führenden Beratungsvorgangs, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Pflichtverletzungen vorgetragen worden sind oder vorgetragen hätten werden können (Senat, Beschl. v. 26.2.2015 - III ZR 53/14, BKR 2015, 216, 217 Rz. 1; BGH, Urt. v. 18.6.2015 - III ZR 198/14, a.a.O., Rz. 15 und III ZR 303/14, NJW 2015, 2411 f Rz. 8 ff. sowie v. 16.7.2015 - III ZR 238/14, WM 2015, 1559, 1560 f Rz. 15; so auch BGH, Urt. v. 22.10.2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294, 298 ff. Rz. 15 ff. sowie Beschl. v. 21.10.2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 59 ff. Rz. 142 ff.). Dementsprechend wird die Verjährung der Ansprüche für jeden einer Anlageentscheidung zugrunde liegenden Beratungsfehler gehemmt, wenn in unverjährter Zeit wegen eines oder mehrerer Beratungsfehler Klage erhoben oder ein Mahn- oder Güteverfahren eingeleitet wird (BGH, Urt. v. 18.6.2015 - III ZR 198/14, a.a.O., und III ZR 303/14, a.a.O., sowie vom 16.7.2015, a.a.O., jeweils m.w.N.; s. auch Senatsbeschlüsse v. 25.6.2015 - III ZR 173/14, BeckRS 2015, 13523 Rz. 3 f.; v. 16.7.2015 - III ZR 302/14, BeckRS 2015, 13231 Rz. 3; v. 13.8.2015 - III ZR 380/14, BeckRS 2015, 15051 Rz. 9 sowie BGH, Urt. v. 20.8.2015 - III ZR 373/14, WM 2015, 1807, 1809 Rz. 20; v. 3.9.2015 - III ZR 347/14, BeckRS 2015, 16019 Rz. 14; BGH, Beschl. v. 21.10.2014, a.a.O., S. 60 f Rz. 145 f.).
Rz. 16
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klageforderung ist wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB insgesamt verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB), weil der Güteantrag des Klägers, wie die Revisionserwiderung mit Recht vorbringt und der Senat für weitestgehend gleichlautende Güteanträge inzwischen mehrfach entschieden hat (Urt. v. 18.6.2015 - III ZR 198/14, a.a.O., S. 2408 ff. Rz. 16 ff. sowie III ZR 189/14, juris Rz. 20 ff.; III ZR 191/14, juris Rz. 21 ff. und III ZR 227/14, juris Rz. 21 ff.; Urt. v. 3.9.2015, a.a.O., Rz. 15 ff.; Beschlüsse v. 16.7.2015 - III ZR 302/14, a.a.O., Rz. 4 ff. sowie vom 13.8.2015, a.a.O., Rz. 13 ff. und III ZR 164/14, BeckRS 2015, 13230 Rz. 2 ff.), nicht den Anforderungen an die nötige Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB entspricht.
Rz. 17
a) Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen. Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist; eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (BGH, Urt. v. 18.6.2015 - III ZR 198/14, a.a.O., S. 2409 Rz. 25 m.w.N.; vom 20.8.2015, a.a.O., Rz. 18 und vom 3.9.2015, a.a.O., Rz. 17; Senatsbeschlüsse v. 16.7.2015 - III ZR 302/14, a.a.O., Rz. 5 und III ZR 164/14, a.a.O., Rz. 3 sowie v. 13.8.2015 - III ZR 380/14, a.a.O., Rz. 14 und III ZR 358/14, BeckRS 2015, 15050 Rz. 3). Auch bedarf es für die Individualisierung nicht der Angabe von Einzelheiten, wie sie für die Substantiierung des anspruchsbegründenden Vorbringens erforderlich sind.
Rz. 18
b) Den vorgenannten Erfordernissen genügt der Güteantrag des Klägers nicht. Er weist keinen Bezug zum konkreten Beratungshergang in dem der Gütestelle vorgelegten Einzelfall auf. Er enthält als individuelle Angaben lediglich den Namen und die Anschrift des Klägers (als "Antragstellerpartei") sowie die Bezeichnung des Anlagefonds (hier: F. -Fonds 28) und nennt weder die Zeichnungssumme noch den (ungefähren) Beratungszeitraum noch andere die getätigte Anlage individualisierende Tatsachen. Auch das angestrebte Verfahrensziel wird in dem Güteantrag nicht ausreichend beschrieben. Zwar ist von "Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung" sowie davon die Rede, dass ein Anspruch geltend gemacht werde, "so gestellt zu werden, als habe sie [die Antragstellerpartei] die Beteiligung nie getätigt". Damit bleibt jedoch offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden oder nur ein Differenzschaden (etwa nach zwischenzeitlicher Veräußerung der Beteiligung oder unter Geltendmachung einer günstigeren Alternativbeteiligung) begehrt wird. Zudem ist dem Güteantrag nicht zu entnehmen, ob das eingebrachte Beteiligungskapital fremdfinanziert war, so dass ein etwaiger Schaden auch oder gar in erster Linie in den aufgebrachten Zins- und Tilgungsleistungen bestand, wie es vorliegend der Fall war. Die Art und die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs waren für die Beklagte (als Antragsgegnerin und Schuldnerin) hieraus nicht im Ansatz zu erkennen, und unter diesen Umständen war es auch für die Gütestelle nicht möglich, den Gegenstand des Güteverfahrens zu erfassen.
Rz. 19
c) Über die unzureichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs im Güteantrag hilft der vorgängige Schriftwechsel der Parteien vom 23.9.2011 und 7.10.2011 nicht hinweg. Dabei kann es offen bleiben, ob das Schreiben der Rechtsanwälte des Klägers vom 23.9.2011 den Anforderungen an die Anspruchsindividualisierung in jeder Hinsicht - auch in Bezug auf die Angabe der (zumindest: ungefähren) Größenordnung der Schadensersatzforderung - genügt. Denn dieses Schreiben wurde im Güteantrag des Klägers nicht erwähnt und dem Antrag auch nicht beigefügt, so dass es - entgegen der Ansicht der Revision - zur Individualisierung des verfolgten Anspruchs im Güteantrag nicht herangezogen werden kann.
Rz. 20
aa) Für das Mahnverfahren ist es anerkannt, dass zur Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs (Individualisierung) im Mahnbescheid (Mahnantrag) auf Rechnungen und andere Unterlagen, etwa auch Anspruchsschreiben, Bezug genommen werden kann und das betreffende Schriftstück nicht in Abschrift beigefügt werden muss, wenn es dem Antragsgegner bereits bekannt ist (s. BGH, Urt. v. 23.1.2008 - VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220, 1221 Rz. 18; v. 10.7.2008 - IX ZR 160/07, NJW 2008, 3498, 3499 Rz. 7; v. 14.7.2010 - VIII ZR 229/09, NJW-RR 2010, 1455 Rz. 11; v. 17.11.2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rz. 11; v. 25.3.2015 - VIII ZR 243/13, NZM 2015, 665, 671 Rz. 64).
Rz. 21
bb) Ob hiernach im Mahnantrag stets eine (hinreichend deutliche) Bezugnahme auf anspruchsindividualisierende Schriftstücke erfolgen muss, damit diese berücksichtigt werden können, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Bei Güteanträgen jedenfalls kann auf Schriftstücke, die der Individualisierung des verfolgten Anspruchs dienen, nur dann zurückgegriffen werden, wenn diese im Güteantrag genannt und diesem Antrag beigefügt worden sind (vgl. dazu BGH, Urt. v. 18.6.2015 - III ZR 198/14, a.a.O., S. 2410 Rz. 28; Senatsbeschlüsse v. 16.7.2015 - III ZR 302/14, a.a.O., Rz. 6 und III ZR 164/14, a.a.O., Rz. 4 sowie v. 13.8.2015 - III ZR 380/14, a.a.O., Rz. 15). Der Güteantrag richtet sich in erster Linie an die Gütestelle, nämlich mit dem Ziel, dass diese als neutraler Schlichter und Vermittler im Sinne einer gütlichen Einigung zwischen den Anspruchsparteien tätig wird. Dies setzt voraus, dass sie ausreichend (s.o. unter a) über den Gegenstand des Verfahrens informiert wird (BGH, Urt. v. 18.6.2015 - III ZR 198/14, a.a.O., S. 2409 Rz. 24 m.w.N.; v. 20.8.2015 - III ZR 373/14, WM 2015, 1807, 1808 f Rz. 17; v. 3.9.2014 - III ZR 347/14, BeckRS 2015, 16019 Rz. 16). Unterlagen, die der Gütestelle nicht vorgelegt werden, finden in das Güteverfahren keinen Eingang und können daher auch bei der Beurteilung, ob der geltend gemachte (prozessuale) Anspruch im Güteantrag hinreichend individualisiert worden ist, keine Berücksichtigung finden (Senat, Urt. v. 3.9.2015, a.a.O., Rz. 19).
Rz. 22
3. Nach alledem erweist sich die Verjährungseinrede der Beklagten als durchgreifend und die Klageforderung somit insgesamt als unbegründet. Mangels wirksamer vorheriger Hemmung ist die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, die gem. Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1.1.2002 begonnen hat, am Ende des 2.1.2012 (Montag) und somit vor Einreichung der Klage im Januar 2013 abgelaufen. Auf die von der Revisionserwiderung aufgeworfenen Fragen, ob dem Güteantrag eine Vollmacht hätte beigefügt werden müssen und ob die Frist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB gewahrt worden ist, kommt es demnach nicht mehr an.
Fundstellen
Haufe-Index 8707062 |
DB 2015, 7 |
NWB 2015, 3448 |
EBE/BGH 2015, 371 |
NJW-RR 2016, 372 |
NZG 2016, 273 |
WM 2015, 2181 |
WuB 2016, 141 |
ZIP 2015, 2482 |
JZ 2015, 700 |
MDR 2016, 83 |
NJ 2015, 3 |
VersR 2016, 408 |
GWR 2016, 34 |
NWB direkt 2015, 1254 |
ZBB 2016, 55 |