Tenor
I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 1. Oktober 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über die Feststellungswiderklage zum Nachteil der Klägerin entschieden hat.
Die Feststellungswiderklage wird insgesamt als unzulässig abgewiesen.
II. Die Anschlußrevision der Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 1. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen:
1. Im ersten Rechtszug:
Die Klägerin 30%, die Beklagten zu 1), 2) und 3) als Gesamtschuldner 61%, die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner weitere 9% der Gerichtskosten.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Streithelfer tragen diese je selbst zu 30%, die Beklagten zu 1), 2) und 3) als Gesamtschuldner zu 61%, die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner zu weiteren 9%.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen diese selbst zu 81%, die Klägerin zu 19%.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) tragen diese selbst.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4) trägt die Klägerin.
2. Im zweiten Rechtszug:
Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 45%, die Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner zu 55%.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Streithelferin zu 2) tragen diese selbst zu je 45%, die Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner zu 55%.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4) trägt die Klägerin.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen diese selbst.
3. Im Revisionsverfahren:
Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 69%, die Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner zu 31%.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4) trägt die Klägerin.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner zu 31% und die Klägerin selbst zu 69%.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen diese selbst.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verpachtete 1969 ein Gelände zur Ausbeutung von Sand und Kies an die Firma S. KG mit der Verpflichtung zur Wiederauffüllung. Der Pächterin war es untersagt, in der Kiesgrube grundwassergefährdende Stoffe abzulagern; sie verpflichtete sich vertraglich, für die unverzügliche Beseitigung solcher Ablagerungen auf eigene Kosten zu sorgen. Nach Abschluß der Ausbeute verfüllte die Beklagte zu 2), Rechtsnachfolgerin der Firma S. KG, die Kiesgrube unerlaubt u.a. mit Absiebrückständen aus Recyclinganlagen. Die Beklagte zu 3) ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 2). Geschäftsführer der Beklagten zu 3) waren der Beklagte zu 4) und dessen Vater, E.S., der frühere Beklagte zu 1).
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Absiebrückstände zu entfernen und zulässiges Material einzubringen; zugleich hat sie die Feststellung begehrt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der aus der Einbringung der Absiebrückstände entstanden ist oder noch entstehen wird.
Das Landgericht hat die Beklagten zu 2) und zu 3) rechtskräftig mit Teilurteil antragsgemäß verurteilt. Mit Schlußurteil vom 5. April 1995 hat es unter Abweisung der Klage im übrigen (insbesondere Neueinbringung von Material) E.S. und den Beklagten zu 4) als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 2) und zu 3) zur Entfernung der Absiebrückstände verurteilt und auch die beantragte Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiteren materiellen Schadens getroffen. Hiergegen haben E.S. und der Beklagte zu 4) Berufung eingelegt. Im Laufe des Berufungsverfahrens ist E.S. verstorben und von den Beklagten zu 1) – in bislang ungeteilter Erbengemeinschaft – beerbt worden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 11. Juli 1996 ist die Frage eines Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung erörtert worden. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu 1) hat erklärt, er mache den Vorbehalt nicht im vorliegenden Rechtsstreit geltend, sondern führe die Beschränkung für seine Partei günstiger im Wege des Nachlaßkonkurses herbei. Mit inzwischen rechtskräftigem Teilurteil vom 24. Oktober 1996 hat das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zu 1) zurückgewiesen. Ein Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung nach § 780 ZPO ist dabei unterblieben. Im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens, in dem es in der Sache nur noch um die Haftung des Beklagten zu 4) als Geschäftsführer der Beklagten zu 3) ging, haben die Beklagten zu 1) Widerklage erhoben, mit der sie die Feststellung, daß sie der Klägerin aus dem Teilurteil vom 24. Oktober 1996 nur im Umfang der beschränkten Erbenhaftung haften, und den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung begehrt haben. Für den Fall der Unzulässigkeit der Feststellungswiderklage nach § 256 Abs. 1 ZPO haben sie vorsorglich deren Verweisung an das Landgericht A. beantragt. Sie haben die Auffassung vertreten, auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt nach § 780 ZPO ergebe sich eine Beschränkung ihrer Haftung aus den besonderen Umständen des Falles, insbesondere den Abreden der beiderseitigen Prozeßvertreter und dem Grundsatz von Treu und Glauben. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu 1) sei irrtümlich davon ausgegangen, durch Eröffnung des Nachlaßkonkurses trete kraft Gesetzes eine beschränkte Erbenhaftung ein. Nach Verlassen des Sitzungssaales habe er den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin darauf angesprochen. Dieser habe angeboten, nochmals in die Verhandlung zur Protokollierung eines Vorbehalts nach § 780 ZPO einzutreten, habe das aber nicht für notwendig erachtet. Beiderseits habe die Ansicht bestanden, auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt in einem Urteil könne eine beschränkte Erbenhaftung durch Nachlaßkonkurs herbeigeführt werden.
Mit Schlußurteil vom 1. Oktober 1998 hat das Berufungsgericht auf die Berufung des Beklagten zu 4) die gegen diesen (als Geschäftsführer der Beklagten zu 3)) gerichtete Klage abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten zu 1) festgestellt, daß die Klägerin die Beklagten zu 1) so behandeln müsse, als behalte das Teilurteil vom 24. Oktober 1996 ihnen die beschränkte Erbenhaftung vor. Die Zwischenfeststellungswiderklage und die weitergehende Feststellungswiderklage der Beklagten zu 1) hat es abgewiesen.
Mit ihrer Revision hat sich die Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage gegen den Beklagten zu 4) sowie dagegen gewandt, daß sie die Beklagten zu 1) so behandeln müsse, als behalte ihnen das Teilurteil die beschränkte Erbenhaftung vor. Der Senat hat die Revision nur angenommen, soweit sie sich gegen die Beschränkung der Klägerin hinsichtlich der Rechte aus dem Teilurteil wendet. Mit ihrer – vom Senat ebenfalls angenommenen – Anschlußrevision verfolgen die Beklagten zu 1) ihr Begehren zur Feststellungswiderklage in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hält die Zwischenfeststellungsklage für unzulässig, weil es an der gemäß § 256 Abs. 2 ZPO erforderlichen Vorgreiflichkeit fehle; über die Klage gegen die Beklagten zu 1) sei rechtskräftig entschieden. Die Widerklage sei jedoch als allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig; sie sei auch sachdienlich (§ 530 Abs. 1 ZPO). Es gehe darum, in dem hinsichtlich der Kostenentscheidung noch nicht entschiedenen Rechtsstreit gegen die Beklagten zu 1) die Reichweite des Vollstreckungstitels zu klären. Die Widerklage sei auch begründet, soweit die Beklagten zu 1) die Feststellung begehrten, daß ihnen im Ergebnis die Geltendmachung der beschränkten Erbenhaftung vorzubehalten sei. Die Klägerin müsse sich aufgrund des Verhaltens ihres Prozeßbevollmächtigten nach § 242 BGB so behandeln lassen, als wären die Prozeßvertreter beider Parteien in den Sitzungssaal zurückgekehrt und als hätte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu 1) die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zur Geltendmachung des Vorbehalts beantragt. Damit hätte er Erfolg gehabt. Wenn der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin in Kenntnis der Umstände auf das Anliegen seines Gegners, in den Sitzungssaal zurückzukehren, entgegnet habe, das sei nicht erforderlich, da die Beschränkung der Erbenhaftung auch im Nachlaßkonkurs möglich sei, müßten die Beklagten zu 1) so stehen, als wären beide Rechtsanwälte in den Sitzungssaal zurückgekehrt und als hätte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu 1) den Antrag gestellt. Die Klägerin dürfe aus dem auf einem beiderseitigen Irrtum beruhenden Verhalten ihres Prozeßbevollmächtigten keine Vorteile ziehen. Bei korrektem Verlauf hätten die Beklagten zu 1) auch nach der Vorstellung des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung im Urteil erhalten. Der Umfang des „Rechtsbindungswillens” des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin könne dahinstehen.
II.
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision der Klägerin nicht stand. Die Anschlußrevision der Beklagten zu 1) hat dagegen keinen Erfolg.
1. Die Revision der Klägerin ist im Umfang der Annahme begründet. Die Feststellungsklage konnte nicht mehr in zulässiger Weise im Wege der Widerklage (§ 33 ZPO) – weder als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO noch als „normale” Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO – erhoben werden.
Prozeßvoraussetzung einer Widerklage ist, daß die Klage gegen die beklagte Partei in der Hauptsache im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage noch rechtshängig ist (vgl. BGHZ 40, 185, 187; BGH, Urteil vom 8. März 1972 - VIII ZR 34/71 - JR 1973, 18). Daran fehlte es vorliegend.
Die Rechtshängigkeit einer Klage endet u.a. dann, wenn über die Klage durch rechtskräftiges Urteil entschieden worden ist. Das war hier im Prozeßrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 1) durch das Teilurteil vom 24. Oktober 1996 geschehen, lange bevor die Beklagten zu 1) im April 1998 die Widerklage erhoben haben.
Daß die Kostenentscheidung hinsichtlich der durch das Teilurteil vom 24. Oktober 1996 erledigten Klage gegen die Beklagten zu 1) noch offengeblieben und darüber erst durch Schlußurteil zusammen mit der gegen den Beklagten zu 4) gerichteten Klage zu befinden war, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Sache liegt nicht anders als bei einer nach Klagerücknahme oder übereinstimmender Erledigungserklärung noch offenen Kostenentscheidung. Auch dann ist die Erhebung einer Widerklage unzulässig (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 21. Aufl., § 33 Rdn. 17; Wieczorek/Schütze/Hausmann, ZPO 3. Aufl., § 33 Rdn. 19 f.; Münchener Kommentar-ZPO/Patzina, § 33 Rdn. 12 f.; Musielak/Smid, ZPO, § 33 Rdn. 6).
Anderes ergibt sich – entgegen der Ansicht der Anschlußrevision – auch nicht daraus, daß über die Klage gegen den Beklagten zu 4) noch nicht entschieden war. Das für die Zulässigkeit der Widerklage maßgebende Prozeßrechtsverhältnis besteht nur zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 1); mit dem Beklagten zu 4), der sich einer im Wege der subjektiven Klagenhäufung (§ 59 ZPO) erhobenen weiteren Klage gegenüber sah, war ein weiteres Prozeßrechtsverhältnis begründet worden, in dessen Rahmen die Widerklage nicht erhoben war. Der zufällige Umstand, daß der Beklagte zu 4) zugleich als Miterbe an dem (anderen) Prozeßrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 1) beteiligt ist, ändert daran nichts.
2. Die Anschlußrevision der Beklagten zu 1) ist dagegen aus den zur Revision dargelegten Gründen unbegründet.
3. Soweit die Beklagten hilfsweise für den Fall einer Unzulässigkeit ihrer Feststellungswiderklage beantragt haben, diese an das zuständige Landgericht zu verweisen, ist dem Antrag nicht zu entsprechen. Der Feststellungswiderklage fehlt die besondere Prozeßvoraussetzung der Rechtshängigkeit der Klage bei Erhebung der Widerklage. Infolgedessen ist dem Gericht jede andere Entscheidung als eine Abweisung der Widerklage als unzulässig verwehrt. Zudem gestattet § 281 ZPO keine Verweisung bei funktioneller Unzuständigkeit (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Juli 1996 - XII ZB 90/95 - VersR 1996, 1390, 1391; Beschluß vom 20. März 1996 - X ARZ 1018/95 - NJW-RR 1996, 891).
Einer Entscheidung über die – naheliegenden – Bedenken dagegen, aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts einen Verstoß des Prozeßvertreters der Klägerin gegen § 242 BGB anzunehmen, bedarf es nach allem nicht. Da das angefochtene Urteil zu Unrecht die Zulässigkeit der Feststellungswiderklage bejaht, ist es insoweit aufzuheben und die Feststellungswiderklage insgesamt abzuweisen.
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, Abs. 4, 101 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Groß, Dr. Lepa, Dr. Dressler, Dr. Greiner, Wellner
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 18.04.2000 durch Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen