Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummietvertrag. Kündigung. Wohnraummietverhältnis auf bestimmte Zeit. befristeter Mietvertrag. zum Zeitpunkt der Mietrechtsreform bestehender Zeitvertrag mit Verlängerungsklausel. vor dem 01.09.2001 abgeschlossener Mietvertrag. Kündigungstermin
Leitsatz (amtlich)
Ein am 1.9.2001 bestehendes Mietverhältnis über Wohnraum, das auf bestimmte Zeit eingegangen und bei dem vereinbart ist, dass es sich mangels Kündigung jeweils um einen bestimmten Zeitraum verlängert, kann auch nach dem 31.8.2001 nur zu dem im Vertrag vereinbarten Ablauftermin gekündigt werden.
Normenkette
BGB i. d. Fassung bis 31.08.2001 § 565a
Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 07.09.2006; Aktenzeichen 5 S 20/06) |
AG Höxter (Urteil vom 27.01.2006; Aktenzeichen 10 C 276/05) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Paderborn vom 7.9.2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Beklagte mietete vom Kläger ab dem 1.8.1991 ein Wohnhaus in H. . Der Mietvertrag enthält folgende Regelung:
"§ 2 Mietzeit
(1) Das Mietverhältnis beginnt am 1.8.1991. (...)
a) (nur für Verträge von bestimmter Dauer)
Der Mietvertrag wird auf die Dauer von 7 Jahren geschlossen und läuft am 31.7.1998 ab.
(...)
Er verlängert sich jeweils um 1 Jahr, falls er nicht mit der gesetzlichen Frist1 zu seinem Ablauftermin gekündigt wird."
[2] Die Zahlen und das Datum waren jeweils handschriftlich eingetragen. In der vorgedruckten Fußnote zu dieser Bestimmung heißt es u.a.:
"Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt gem. § 565 BGB bei einem Mietverhältnis
a) über Wohnraum: 3 Monate und verlängert sich nach 5, 8 und 10 Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils 3 Monate;
(...)"
[3] Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 27.9.2004 zum 31.12.2004. Der Kläger wies die Kündigung als nicht fristgerecht zurück und begehrt mit seiner Klage die Zahlung der Miete für die Monate Januar bis April 2005 sowie der Müllgebühren für Januar 2005, insgesamt 1.455,16 EUR nebst Zinsen.
[4] Das AG hat ein gegen den Kläger zunächst ergangenes Versäumnisurteil nach Einspruch des Klägers aufgehoben und der Klage - bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG das Urteil abgeändert und das die Klage abweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
[5] Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
[6] Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
[7] Die Klage sei unbegründet, weil das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten zum 31.12.2004 beendet worden sei. Auf diese Kündigung sei die kurze Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB - anstelle der längeren Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 BGB a.F. - anzuwenden. Die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 3 Abs. 10 Satz 1 EGBGB über die Fortgeltung der früher geltenden Kündigungsfristen finde im vorliegenden Fall keine Anwendung, weil die Parteien im Mietvertrag aus dem Jahr 1991 keine von § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende - längere - Kündigungsfrist vereinbart hätten. Die Auslegung der Formularklausel in § 2 des Mietvertrages führe zu dem Ergebnis, dass die Fußnote, die die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen wiedergebe, eine dynamische Verweisung auf die jeweils geltende gesetzliche Regelung zur Kündigung des Mietverhältnisses darstelle. Maßgebend für diese Auslegung sei der Umstand, dass es sich bei dem Mietvertrag zwischen den Parteien um ein auf bestimmte Zeit vereinbartes Mietverhältnis handele.
II.
[8] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dem Kläger kann der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Miete für die Zeit von Januar bis April 2005 und der Müllgebühren für Januar 2005 mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt werden. Das Mietverhältnis der Parteien konnte von der Beklagten nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, zum 31.12.2004 gekündigt werden. Unabhängig von der Frage, ob auf den vorliegenden Fall die Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 BGB oder die des § 565 Abs. 2 BGB a.F. Anwendung findet, war eine Beendigung des Mietverhältnisses durch eine ordentliche Kündigung des Mieters jedenfalls nicht vor dem 31.7.2005 möglich. Dies ergibt sich aus der am 1.9.2001 außer Kraft getretenen, auf den vorliegenden Fall gem. Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB aber weiterhin anzuwendenden Bestimmung des § 565a Abs. 1 BGB in der bis zum 31.8.2001 geltenden Fassung (künftig § 565a BGB a.F.).
[9] 1. Mit dem im Juni 1991 geschlossenen Vertrag sind die Parteien ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen, bei dem vereinbart ist, dass es sich mangels Kündigung jeweils um ein Jahr verlängert. Bei solchen Zeitverträgen mit Verlängerungsklausel tritt nach § 565a Abs. 1 BGB a.F. "die Verlängerung des Mietverhältnisses ein, wenn es nicht nach den Vorschriften des § 565 BGB gekündigt wird". Dem entspricht die Regelung in § 2 Ziff. 1a des Mietvertrags, nach der sich der am 31.7.1998 ablaufende Mietvertrag jeweils um ein Jahr verlängert, falls er nicht mit der gesetzlichen Frist zu seinem Ablauftermin gekündigt wird. Eine solche vertragliche Regelung war nach dem bis zum 31.8.2001 geltenden Recht wirksam; sie verstieß insb. nicht gegen die inzwischen ersetzte Vorschrift des § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB a.F. (vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2007 - VIII ZR 145/06, MDR 2007, 880 = BGHReport 2007, 546 = WuM 2007, 202, unter II 1 m.w.N.).
[10] 2. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass das Mietrechtsreformgesetz vom 19.6.2001 (BGBl. I, 1149) und das Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 26.5.2005 (BGBl. I, 1435) diese Rechtslage für ein am 1.9.2001 bereits bestehendes Mietverhältnis wie das vorliegende nicht geändert haben. Nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB ist § 565a Abs. 1 BGB auf ein am 1.9.2001 bestehendes Mietverhältnis auf bestimmte Zeit in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Die Überleitungsvorschrift soll sicherstellen, dass die unter der Geltung des früheren Rechts geschlossenen Zeitmietverträge nach der damals geltenden Rechtslage beurteilt, durchgeführt und abgewickelt werden (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., Anh. zu § 575 BGB Rz. 1). In bestehende Zeitmietverträge greift das Mietrechtsreformgesetz somit nicht ein (Haug in Emmerich/Sonnenschein, Miete 8. Aufl., § 575 Rz. 3). Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nichts Anderes. In der Begründung des Regierungsentwurfs für das Mietrechtsreformgesetz wird zur Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB ausgeführt, dass die bisherigen einfachen Zeitmietverträge, die zukünftig entfallen, aus Gründen des Vertrauensschutzes auch zukünftig als Zeitmietverträge wirksam bestehen bleiben und dass sich die Beendigung der bestehenden Zeitmietverträge "weiterhin nach altem Recht" richtet (BT-Drucks. 14/4553, 76).
[11] Dies gilt für vor dem 1.9.2001 abgeschlossene Mietverträge i.S.d. § 565a BGB a.F. unabhängig von der Frage, ob und wann eine Verlängerung des Mietverhältnisses eingetreten ist. Die im Schrifttum von Gellwitzki (WuM 2004, 575 ff., 579; ders., WuM 2005, 436 ff., 437) vertretene Auffassung, Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB gelte nur für die Beendigung des am 1.9.2001 gerade laufenden Zeitabschnitts eines solchen Mietverhältnisses, und nur diese richte sich nach § 565a BGB und damit nach altem Recht, während eine erst nach Inkrafttreten der Mietrechtsreform eingetretene Verlängerung des Mietverhältnisses als neuer Zeitmietvertrag voll und ganz unter die Geltung des neuen Mietrechts (§ 575 Abs. 2, § 573c Abs. 1 und 4 BGB, Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB) falle, trifft nicht zu. Durch die mangels Kündigung eintretende Verlängerung eines befristeten Mietverhältnisses um einen bestimmten Zeitraum wird kein neues Mietverhältnis begründet, sondern das bestehende unverändert fortgesetzt (vgl. § 542 Abs. 2 Nr. 2 BGB; BGH v. 29.4.2002 - II ZR 330/00, BGHZ 150, 373, 375 = BGHReport 2002, 620 m. Anm. Riecke = MDR 2002, 1199). Dementsprechend ist für die Anwendung des Art. 229 § 3 Abs. 3 BGB nicht maßgebend, ob eine Verlängerung des Mietverhältnisses vor oder nach dem 1.9.2001 eintritt; entscheidend ist allein, ob der Mietvertrag, aufgrund dessen sich das befristete Mietverhältnis mangels Kündigung um einen bestimmten Zeitraum verlängert, vor dem 1.9.2001 abgeschlossen worden ist (BT-Drucks. 14/4553, 75; Haug, a.a.O.). Das ist hier der Fall.
[12] 3. Um ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit i.S.d. § 565a BGB a.F., das nur zum Ende seiner vertraglich bestimmten Dauer gekündigt werden konnte, handelte es sich bei dem vorliegenden auch noch im Zeitpunkt der Kündigung vom 27.9.2004. Zwar war der ursprüngliche Ablauftermin - 31.7.1998 - verstrichen. Danach hatte sich das nicht zu diesem Termin gekündigte Mietverhältnis aber nicht auf unbestimmte Zeit fortgesetzt, sondern vereinbarungsgemäß mehrmals um eine bestimmte Zeit - jeweils um ein Jahr - verlängert. Zum Zeitpunkt der Kündigung lief die mangels vorheriger Kündigung zuletzt - mit Ablauf des 31.7.2004 - eingetretene Verlängerung noch bis zum 31.7.2005. Das Mietverhältnis konnte nach § 565a BGB a.F. jedenfalls nicht vor diesem in § 2 Ziff. 1a des Mietvertrags bestimmten Ablauftermin gekündigt werden. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob sich die für die Kündigung vom 27.9.2004 maßgebliche Frist - dem Wortlaut des § 565a Abs. 1 BGB a.F. entsprechend - nach § 565 BGB a.F. oder, wie das Berufungsgericht angenommen hat, nach § 573c Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB richtet. In jedem Fall bestand das Mietverhältnis noch in dem Zeitraum, für den der Kläger Ansprüche geltend macht (Januar bis April 2005); es war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durch die Kündigung vom 27.9.2004 noch nicht beendet worden.
III.
[13] Da die Revision Erfolg hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht selbst abschließend entscheiden, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz weiterhin geltend gemacht, dass sie aus gesundheitlichen Gründen gem. § 543 BGB zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen sei und dass sie darüber hinaus dem Kläger Nachmieter benannt habe, die dieser ohne triftigen Grund abgelehnt habe. Zu diesem entscheidungserheblichen Vorbringen hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Dies hat das Berufungsgericht aufgrund der neuen Verhandlung nachzuholen.
Fundstellen