Leitsatz (amtlich)
1. Ein deutscher Lebens- oder Rentenversicherer musste in dem Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des § 124 VAG a.F. am 21. Dezember 2004 und der tatsächlichen Einrichtung eines Sicherungsfonds am 23. Mai 2006 in der Verbraucherinformation nicht angeben, dass er einem Sicherungsfonds nicht angehörte.
2. Durfte der Versicherer bei Absendung der Police nebst Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformation davon ausgehen, dass seine Vertragsannahmeerklärung im Rahmen der Antragsbindungsfrist beim Versicherungsnehmer eingehen würde, musste er nicht auch eine auf den Fall der verspäteten Annahmeerklärung bezogene Widerspruchsbelehrung erteilen.
Normenkette
BGB § 147 Abs. 2, §§ 242, 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; VVG § 5a Abs. 1 S. 1 Fassung: 2004-12-02; VAG a.F. § 10a Abs. 1 S. 1; VAG a.F. Anl D Abschn. 1 Nr. 1 Buchst. i; VAG a.F. § 124
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 12. Zivilsenat - vom 21. Dezember 2021 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 4.000 € festgesetzt (Revision 4.000 €, Anschlussrevision nicht streitwerterhöhend, § 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 3 GKG).
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger verfolgt gegen den beklagten deutschen Lebensversicherer im Wege der Stufenklage Ansprüche auf Rückabwicklung eines fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrages und Herausgabe von Nutzungen aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Rz. 2
Der Kläger beantragte unter dem 27. Dezember 2004 den Abschluss des Versicherungsvertrags, wobei ihm die vollständigen Vertragsunterlagen erst mit der Annahme des Vertrages durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur: die Beklagte) zugehen sollten. Mit Policenbegleitschreiben der Beklagten vom 2. Februar 2005 überreichte diese die Unterlagen "zu der abgeschlossenen" Police, unter anderem den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen, die Verbraucherinformation sowie ein Merkblatt zum Steuerrecht, worauf der Versicherungsschein hinwies. Wann die Unterlagen abgesendet wurden und dem Kläger zugingen, ist zwischen den Parteien streitig. Auf Seite 2 des Policenbegleitschreibens befand sich fett gedruckt und unterstrichen unmittelbar unterhalb der Unterschriften folgender Absatz:
"Widerspruchsrecht
Der Versicherungsvertrag gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheines, insbesondere der Versicherungsbedingungen, als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 30 Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."
Rz. 3
Ein Sicherungsfonds im Sinne der §§ 124 ff. Versicherungsaufsichtsgesetz in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: VAG a.F.) war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht eingerichtet.
Rz. 4
In der Folgezeit zahlte der Kläger die Versicherungsbeiträge. Mit Schreiben vom 7. Januar 2020 erklärte der Kläger den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Vertrages nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: VVG a.F.). Die Beklagte wertete den Widerspruch als Kündigung und zahlte dem Kläger den Rückkaufswert in Höhe der gezahlten Beiträge aus.
Rz. 5
Der Kläger meint, die Widerspruchsfrist sei wegen inhaltlicher Mängel der Widerspruchsbelehrung sowie der Unvollständigkeit der Verbraucherinformation nicht in Gang gesetzt worden. Die Verbraucherinformation habe - unstreitig - unter anderem keine Angaben über die Zugehörigkeit zu einer Einrichtung zur Sicherung der Ansprüche von Versicherten (Sicherungsfonds) enthalten. Die Verpflichtung des Versicherers nach Abschnitt I Nr. 1 Buchst. i) der Anlage Teil D zum VAG a.F. umfasse jedoch auch die Mitteilung, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entgegen § 124 VAG a.F. keinem Sicherungsfonds anzugehören.
Rz. 6
Der Kläger verlangt von der Beklagten im Wege der Stufenklage auf der ersten Stufe Auskunft zur Berechnung des Rückabwicklungsanspruchs über in Abzug gebrachte Kosten, die Höhe des tatsächlich investierten Sparanteils der Prämienzahlungen und über das vorhandene Fondsguthaben im Zeitpunkt des Widerspruchs sowie die Feststellung des Nichtzustandekommens des Versicherungsvertrages und der Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe der rechtsgrundlos empfangenen Leistungen nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen. Auf der zweiten Stufe verfolgt er die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines aus den begehrten Auskünften zu beziffernden Betrags nebst Zinsen.
Rz. 7
Das Landgericht hat die Beklagte auf der ersten Stufe antragsgemäß zur Auskunftserteilung verurteilt und die beantragte Feststellung ausgesprochen. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten im Wesentlichen zurückgewiesen, den Umfang des Auskunftsanspruchs jedoch gegenüber dem Urteil des Landgerichts beschränkt. Die Beklagte verfolgt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die vollständige Klageabweisung weiter, der Kläger mit seiner Anschlussrevision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Anschlussrevision des Klägers bleibt erfolglos.
Rz. 9
A. Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 10
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung sowie die Klageanträge als zulässig angesehen und - soweit für die Revision von Interesse - ausgeführt, der Kläger habe zur Durchsetzung eines ihm zustehenden, auf die Zwischenfeststellungsklage festzustellenden bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsanspruchs infolge des Widerspruchs einen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB. Die Widerspruchsbelehrung sei hinsichtlich des Fristbeginns unabhängig davon zutreffend, ob die Annahme der Beklagten im Sinne von § 147 Abs. 2 BGB rechtzeitig erfolgt oder gemäß § 150 Abs. 1 BGB als unverändertes neues Angebot anzusehen sei. Der Vertrag sei jedenfalls wirksam zustande gekommen. Es sei davon auszugehen, dass eine Annahme innerhalb von sechs Wochen üblicherweise noch als rechtzeitig anzusehen sei, so dass die Annahmeerklärung nicht verspätet wäre. Selbst wenn dem nicht so sein sollte, hätte der Kläger das in der allenfalls geringfügig verspäteten Annahmeerklärung liegende unveränderte neue Angebot (§ 150 Abs. 1 BGB) stillschweigend angenommen. Ob die Annahmeerklärung noch rechtzeitig erfolgt sei, könne auch deshalb dahinstehen, da § 5a Abs. 1, 2 VVG a.F. bei einer verspäteten Annahme analog anwendbar sei und die Frist mit dem Zugang der Belehrung und der erforderlichen Unterlagen begonnen habe. Die Widerspruchsbelehrung sei formal ordnungsgemäß und entspreche den Anforderungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. Sie sei ausreichend drucktechnisch hervorgehoben und begegne inhaltlich keinen durchgreifenden Bedenken. Jedoch bestehe das Widerspruchsrecht fort, weil die Verbraucherinformation mangels Angabe zur Zugehörigkeit der Beklagten zu einer Einrichtung zur Sicherung der Ansprüche von Versicherten (Sicherungsfonds) unvollständig gewesen sei. Es komme nicht darauf an, ob ein Sicherungsfonds zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Deutschland eingerichtet gewesen sei. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. für Lebens- und Rentenversicherungen ergebe, dass das Widerspruchsrecht zeitlich unbegrenzt fortbestanden habe.
Rz. 11
Die weiter gerügten Beanstandungen der Verbraucherinformation seien unbegründet. Eine Information über die Antragsbindungsfrist sei wegen des Vertragsschlusses im Policenmodell nicht erforderlich gewesen. Die Informationen zur Überschussermittlung und -beteiligung seien hinreichend gewesen. Über das unanwendbare Vermögenssteuergesetz habe die Beklagte nicht informieren müssen. Der Kläger habe sein Widerspruchsrecht nicht verwirkt.
Rz. 12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 13
1. Die Revision der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie im Umfang der Zulassung durch das Berufungsgericht statthaft. Dieses hat die Revisionszulassung wirksam auf die Frage beschränkt, ob die Beklagte im Rahmen der erteilten Verbraucherinformation Angaben zur Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds machen musste. Zwar enthält die Entscheidungsformel des Berufungsurteils keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision einschränkt. Die Beschränkung der Revisionszulassung kann sich aber auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich die Beschränkung aus den Gründen klar ergibt. Das ist regelmäßig anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbstständigen Teil des Streitstoffs stellt (Senatsbeschluss vom 21. September 2022 - IV ZR 300/20, VersR 2022, 1571 Rn. 15 m.w.N.; vgl. BGH, Beschluss vom 21. Februar 2023 - VIII ZR 106/21, WuM 2023, 610 Rn. 6). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Berufungsgericht hat die Zulassung für die Beklagte ausschließlich mit der seiner Ansicht nach klärungsbedürftigen Frage der Verpflichtung der Beklagten zur Angabe über ihre Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds begründet. Damit hat es die Zulassung ausdrücklich auf die Voraussetzungen des Abschnitts I Nr. 1 Buchst. i) der Anlage Teil D zum VAG a.F. beschränkt (vgl. Senatsbeschluss vom 27. September 2023 - IV ZR 123/21, juris Rn. 8 f.).
Rz. 14
2. Die Revision ist auch begründet.
Rz. 15
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Berufung der Beklagten - anders als die Revisionserwiderung meint - zulässig war. Das Revisionsgericht hat selbständig zu würdigen, ob die von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen der Zulässigkeit der Berufung vorliegen (Senatsurteil vom 18. Mai 1994 - IV ZR 8/94, VersR 1994, 1495 [juris Rn. 7]).
Rz. 16
Die Berufungsbegründungsschrift ist gemäß §§ 520 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO wirksam durch einen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO) unterschrieben worden. Sie muss als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen, was im Anwaltsprozess unter anderem voraussetzt, dass die Berufungsbegründung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss. Mit den Regelungen über den Anwaltszwang und über den notwendigen Inhalt einer Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 3 ZPO) soll erreicht werden, dass ein mit dem Verfahren vertrauter Rechtsanwalt dem Gericht und dem Gegner den Sachverhalt unter bestimmter Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Anfechtungsgründe nach persönlicher Durcharbeitung des Prozessstoffes vorträgt. Die Berufungsbegründung muss deshalb Ergebnis der geistigen Arbeit des Berufungsanwalts sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Februar 2014 - IV ZB 30/12, juris Rn. 14; vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6; jeweils m.w.N.).
Rz. 17
Die vorliegend durch anwaltlich qualifizierte elektronische Signatur gemäß § 130a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO unterschriebene Berufungsbegründung erfüllt diese Voraussetzungen. Nach § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO muss das elektronische Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein (Halbsatz 1) oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (Halbsatz 2). Dass der Schriftsatz mit der maschinenschriftlichen Nennung des Namens eines anderen als des qualifiziert elektronisch signierenden Rechtsanwalts abschloss, steht der Formwirksamkeit nicht entgegen. Dieser Zusatz macht - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - lediglich deutlich, dass die Berufungsschrift von diesem Rechtsanwalt erstellt worden ist. Auch wenn ein ausdrücklicher Zusatz des elektronisch signierenden Rechtsanwalts, "für" den Ersteller tätig zu werden, fehlt, lässt sich hier der Unterzeichnung gleichwohl entnehmen, dass er an dessen Stelle die Unterschrift leisten und damit zugleich die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsbegründung übernehmen wollte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2017 - XI ZB 25/16, juris Rn. 9). Die von der Revisionserwiderung angeführten Entscheidungen sind für den hiesigen Fall der qualifizierten elektronischen Signatur unergiebig. Sie beziehen sich auf den anderen Fall des § 130a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, der für die Verwendung einer einfachen Signatur die Einreichung durch die(selbe) verantwortende Person über einen sicheren Übermittlungsweg erfordert.
Rz. 18
b) Die erhobene Stufenklage ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, zur Vorbereitung und Bezifferung eines bereicherungsrechtlichen Rückgewähranspruchs zulässig (vgl. etwa Senatsurteil vom 15. März 2023 - IV ZR 40/21, VersR 2023, 631 Rn. 9).
Rz. 19
c) Auch die Zwischenfeststellungsklage des Klägers gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ist, wie das Berufungsgericht richtig angenommen hat, zulässig. Die Stufenklage ist ein besonders geregelter Fall der objektiven Klagehäufung, bei dem die auf der ersten Stufe stattgebende Entscheidung über den Auskunftsanspruch in Bezug auf das zugrundeliegende Rechtsverhältnis für den auf der letzten Stufe verfolgten Zahlungsanspruch noch keine materielle Rechtskraft oder innerprozessuale Bindungswirkung erzeugt. Durch die Entscheidung über den Auskunftsanspruch wird das Rechtsverhältnis daher nicht erschöpfend klargestellt, sodass ein Zwischenfeststellungsantrag zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1998 - V ZR 180/97, ZIP 1999, 447 [juris Rn. 8] m.w.N.).
Rz. 20
d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte der Kläger den Widerspruch jedoch nicht wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation hinsichtlich der Angaben zum Sicherungsfonds noch im Jahr 2020 wirksam erklären. Die dem Kläger gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. überlassene Verbraucherinformation war nicht, wie das Berufungsgericht meint, deshalb unvollständig, weil eine Angabe dazu fehlte, ob die Beklagte Mitglied eines Sicherungsfonds war. Zwar musste die vom Versicherungsunternehmen zu erteilende Verbraucherinformation gemäß Abschnitt I Nr. 1 Buchst. i) der Anlage Teil D zum VAG a.F. "Angaben über die Zugehörigkeit zu einer Einrichtung zur Sicherung der Ansprüche von Versicherten (Sicherungsfonds)" enthalten. Ein deutscher Lebens- oder Rentenversicherer musste aber in dem Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des § 124 VAG a.F. und der tatsächlichen Einrichtung eines Sicherungsfonds in der Verbraucherinformation nicht angeben, dass er einem Sicherungsfonds nicht angehörte (offen gelassen im Senatsurteil vom 10. Februar 2021 - IV ZR 32/20, VersR 2021, 437 Rn. 16).
Rz. 21
Nach § 124 Abs. 1 VAG in der Fassung vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3416, in Kraft getreten am 21. Dezember 2004) mussten alle Lebensversicherer einem Sicherungsfonds angehören, der dem Schutz der Ansprüche ihrer Versicherungsnehmer, der versicherten Personen, Bezugsberechtigten und sonstiger aus dem Versicherungsvertrag begünstigter Personen diente. Dahinstehen kann, ob - wie die Beklagte meint - eine Verpflichtung eines Lebensversicherers zur Information über die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds mit der hier einschlägigen Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen (ABl. 2002 L 345 S. 1 ff.) unvereinbar ist (vgl. Senatsurteil vom 10. Februar 2021 - IV ZR 32/20, VersR 2021, 437 Rn. 16). Jedenfalls war die Beklagte nicht verpflichtet, den Kläger über ihre (bisherige) Nichtzugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds zu informieren. Ein Sicherungsfonds im Sinne der §§ 124 ff. VAG a.F. wurde erstmals mit Wirkung vom 23. Mai 2006 - und damit nach Vertragsschluss zwischen dem Kläger und der Beklagten - durch die Beleihung der P. Lebensversicherungs-AG gemäß § 127 VAG eingerichtet (§§ 1, 3 Verordnung über die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen eines Sicherungsfonds für die Lebensversicherung an die P. Lebensversicherungs-AG vom 11. Mai 2006, BGBl. I S. 1170). Die gesetzliche Errichtung zweier Sicherungsfonds bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 VAG a.F. ist nicht vollzogen worden. Nach § 127 Abs. 2 Satz 1 VAG a.F. (§ 223 Abs. 2 Satz 1 VAG n.F.) trat die Beliehene in die Rechte und Pflichten der jeweiligen Sicherungsfonds ein. Vor der tatsächlichen Errichtung einer Sicherungseinrichtung konnten Lebensversicherer - wie auch die Beklagte - trotz der bereits bestehenden gesetzlichen Verpflichtung nicht deren Mitglied sein. Dementsprechend brauchten sie in der Verbraucherinformation nicht anzugeben, dass sie dem Sicherungsfonds im Sinne des § 124 Abs. 1 VAG a.F. nicht angehörten (tendenziell a.A. OLG Köln, Urteil vom 2. August 2016 - I-20 U 102/16, juris Rn. 19). Eine derartige "negative" Informationspflicht lässt sich Abschnitt I Nr. 1 Buchst. i) der Anlage Teil D zum VAG a.F., insbesondere seinem Wortlaut, nicht entnehmen (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2023 - IV ZR 300/22, VersR 2023, 830 Rn. 20 f.). Auch die Entstehungsgeschichte und der systematische Zusammenhang belegen, dass dem Versicherer keine "Negativmitteilung" über die Nicht-Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds abverlangt wurde. Der Zweck der Informationspflicht sollte darin bestehen, eine "Information der Versicherten über die ihnen zustehenden Rechte" zu gewährleisten (BT-Drucks. 15/3418 S. 28 re. Sp. zu Nr. 33). Eine solche Information ergab nur dann Sinn, wenn der Versicherer dem Sicherungsfonds überhaupt angehören konnte (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2023 aaO Rn. 22). Ein Versicherungsinteressent konnte daher - anders als die Revisionserwiderung geltend macht - ohne eine Negativinformation zur Zugehörigkeit des Versicherers zu einem Sicherungsfonds auch nicht angesichts der gesetzlichen Verpflichtung, einem solchen anzugehören, davon ausgehen, seine Investitionen seien gesichert.
Rz. 22
Auf die von der Beklagten im Zusammenhang mit der Bewertung der Erforderlichkeit der Angaben über die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds durch das Berufungsgericht erhobene Gehörsrüge kommt es damit nicht an.
Rz. 23
e) Die Entscheidung des Berufungsgerichts, der Kläger habe das Widerspruchsrecht noch im Jahr 2020 wirksam ausüben können, stellt sich auch nicht gemäß § 561 ZPO aus anderen Gründen als richtig dar. Jedenfalls auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist nicht ausgeschlossen, dass dem Kläger mangels wirksamer Ausübung eines Widerspruchsrechts kein Bereicherungsanspruch und kein davon abhängiger Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zusteht.
Rz. 24
aa) Das Berufungsgericht hat allerdings ohne revisionsrechtlich zu beanstandende Rechtsfehler die dem Kläger erteilte Verbraucherinformation für ausreichend erachtet.
Rz. 25
(1) Angaben über die Frist, während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll (Abschnitt I Nr. 1 Buchst. f) der Anlage Teil D zum VAG a.F.) waren, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, wegen des beabsichtigten Vertragsschlusses im Policenmodell nicht erforderlich (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2019 - IV ZR 8/19, VersR 2020, 208 Rn. 27). Der Senat sieht auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in den Vorinstanzen keine Veranlassung, von seiner Rechtsauffassung abzurücken.
Rz. 26
(2) Entgegen der Ansicht des Klägers entsprechen die Angaben der Beklagten zur Überschussermittlung und -beteiligung, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, den Vorgaben nach Abschnitt I Nr. 2 Buchst. a) der Anlage Teil D zum VAG a.F. Danach gehören zur Verbraucherinformation "Angaben über die für die Überschussermittlung und Überschussbeteiligung geltenden Berechnungsgrundsätze und Maßstäbe". Bezüglich der - ansonsten vollständigen - Informationen beanstandet der Kläger einzig das Fehlen eines Hinweises auf die Möglichkeit einer Absenkung der in der Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung (ZRQuotenV vom 23. Juli 1996, BGBl. I S. 1190) vorgesehenen Mindestbeteiligungssätze seitens der Beklagten. Eine Unvollständigkeit liegt auch insoweit jedoch nicht vor. Die Beklagte hat in den Allgemeinen Vertragshinweisen (Blatt 6) erklärt, dass die Überschussanteile des Anspruchsberechtigten in ihrer Höhe vom Risikoverlauf sowie der Entwicklung der Kosten abhingen, dass sich die Höhe der Überschussanteile ändern könne und verbindliche Angaben darüber nicht möglich seien. In § 16 Abs. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) ist dargelegt, dass die Beklagte den Kläger sowie die anderen Versicherungsnehmer an den Überschüssen, deren Herkunft und Zusammensetzung benannt wird (Sätze 1, 2), "mindestens in der von der Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung vorgeschriebenen Höhe" beteiligt (Satz 3). § 16 Abs. 2 AVB erklärt ergänzend, dass der "den Versicherungsnehmern zustehende Anteil am Überschuss […] diesen unmittelbar zugeteilt (Direktgutschrift) oder der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) zugeführt" werde (Satz 1). Die RfB werde "außer in den vom § 56a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) zugelassenen Fällen nur für die Gewinnbeteiligung der Versicherungsnehmer verwendet" (Satz 2).
Rz. 27
Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass dem Versicherungsnehmer dadurch hinreichend deutlich gemacht wird, dass er nicht zwingend an den erzielten Überschüssen beteiligt wird. § 56a VAG in der Fassung vom 21. Dezember 2000 galt zwischen dem 28. Dezember 2000 und dem 31. Dezember 2007 und damit auch im Zeitpunkt des hiesigen Versicherungsvertragsschlusses. Dessen Satz 5 berechtigte Versicherungsunternehmen dazu, mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde in Ausnahmefällen die Rückstellung der Beitragsrückerstattung, soweit sie nicht auf bereits festgelegte Überschussanteile entfiel, im Interesse der Versicherten zur Abwendung eines Notstandes heranzuziehen. Die zulässige Verweisung in den AVB auf die ZRQuotenV und auf die Regelung des § 56a VAG a.F. (vgl. Senatsurteil vom 9. Mai 2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354, 372 f. [juris Rn. 59, 61]) sowie die in den Allgemeinen Vertragshinweisen enthaltene, eingangs erwähnte Passage informieren den Kläger somit darüber, dass die Beklagte von der Ausnahmeregel Gebrauch zu machen beabsichtigt, dass er mit einer bestimmten Höhe des Überschusses nicht rechnen kann und die Überschussbeteiligung ausnahmsweise auch geringer ausfallen kann als die in § 16 Abs. 1 Satz 3 AVB über die Mindesthöhe nach der ZRQuotenV in Bezug genommene.
Rz. 28
(3) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Pflicht zu Angaben über die für die Versicherungsart geltende Steuerregelung (Abschnitt I Nr. 2 Buchst. f) der Anlage Teil D zum VAG a.F.) nicht über das - nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 (BGBl. I S. 1191) teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbare und tatsächlich nach Ablauf des Jahres 1996 nicht mehr angewendete (vgl. BT-Drucks. 19/25789 S. 1, 2) - Vermögenssteuergesetz informieren musste. Es fehlte insoweit an einem berechtigten Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers (vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2018 - IV ZR 68/17, VersR 2018, 1113 Rn. 16). Die Ausübung eines Widerspruchsrechts mit der Begründung, über ein unanwendbares Gesetz sei nicht informiert worden, wäre überdies rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB, da hiermit eine bloß formal bestehende Rechtsposition ohne schutzwürdiges Eigeninteresse des Versicherungsnehmers ausgenutzt würde (vgl. Senatsurteil vom 10. Februar 2021 - IV ZR 32/20, VersR 2021, 437 Rn. 17).
Rz. 29
bb) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Einschätzung des Berufungsgerichts, die dem Kläger erteilte Widerspruchsbelehrung sei formal ordnungsgemäß. Das Berufungsgericht hat im Streitfall die Belehrung, die am Ende des Policenbegleitschreibens vollständig in Fettdruck und unterstrichen an exponierter Stelle abgedruckt ist, für ausreichend drucktechnisch hervorgehoben angesehen. Diese tatrichterliche Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. auch Senatsurteil vom 26. April 2023 - IV ZR 300/22, VersR 2023, 830 Rn. 15).
Rz. 30
cc) Soweit aber das Berufungsgericht der Ansicht war, die Widerspruchsbelehrung begegne inhaltlich keinen durchgreifenden Bedenken, kann diese Würdigung aufgrund der bisherigen Feststellungen keinen Bestand haben. Es kommt - was das Berufungsgericht offengelassen hat - entscheidend darauf an, ob der Versicherungsvertrag durch den Zugang des auf den 2. Februar 2005 datierten Policenbegleitschreibens, des Versicherungsscheins und der weiteren übersendeten Unterlagen beim Kläger oder erst durch eine nachfolgende Annahmeerklärung des Klägers zustande gekommen ist.
Rz. 31
(1) Unter der Annahme einer - der tatrichterlichen Würdigung unterliegenden (BGH, Urteil vom 24. Februar 2016 - XII ZR 5/15, BGHZ 209, 105 Rn. 22) - Rechtzeitigkeit der Annahmeerklärung der Beklagten im Sinne von § 147 Abs. 2 BGB durch die Übersendung des Policenbegleitschreibens und des Versicherungsscheins vom 2. Februar 2005 wäre die dem Kläger im Policenbegleitschreiben erteilte Widerspruchsbelehrung inhaltlich nicht zu beanstanden. In diesem Fall wäre der Versicherungsvertrag nach dem Policenmodell des § 5a VVG a.F. durch den Antrag des Klägers als Versicherungsnehmer vom 27. Dezember 2004, eine Annahme durch die Beklagte als Versicherer und das Unterbleiben eines Widerspruchs des Klägers binnen 30 Tagen nach Überlassung der vollständigen Unterlagen zustande gekommen. Die Widerspruchsbelehrung wäre dann - was auch die Revisionserwiderung nicht in Abrede stellt - insgesamt zutreffend, auch hinsichtlich des einzig fraglichen Merkmals des Beginns der Widerspruchsfrist. Die Belehrung knüpft insoweit in Übereinstimmung mit § 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. an die "Überlassung der Unterlagen" an, die nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts noch hinreichend klar aufgrund einer Auflistung im Versicherungsschein bezeichnet sind.
Rz. 32
(2) Erfolgte die Annahmeerklärung der Beklagten hingegen nicht mehr rechtzeitig im Sinne von § 147 Abs. 2 oder § 149 BGB, wäre das Angebot des Klägers gemäß § 146 BGB erloschen und die Übersendung des Versicherungsscheins mit Anlagen hätte einen neuen - inhaltlich unveränderten - Antrag der Beklagten auf Abschluss des Versicherungsvertrages dargestellt (§ 150 Abs. 1 BGB), der in der Folge einer - ausdrücklichen oder konkludenten - Annahme durch den Kläger bedurft hätte (vgl. Senatsurteile vom 11. Dezember 2019 - IV ZR 8/19, VersR 2020, 208 Rn. 27; vom 22. Mai 1991 - IV ZR 107/90, VersR 1991, 910 [juris Rn.10, 12]). Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F., der lediglich den konkreten Inhalt des abgeschlossenen Versicherungsvertrages (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 48; Lorenz, VersR 1995, 616, 621; Schirmer, VersR 1996, 1045, 1052), nicht aber den Vertragsschluss als solchen fingierte.
Rz. 33
(a) Entgegen der Widerspruchsbelehrung hätte bei dieser Konstellation die Widerspruchsfrist mangels zu diesem Zeitpunkt erfolgten Vertragsschlusses nicht bereits mit der Überlassung des Versicherungsscheins und der weiteren übersendeten Unterlagen begonnen. Vielmehr ergibt die Auslegung des - als Folge des ursprünglich von den Parteien beabsichtigten Abschlusses im Wege des Policenmodells jedenfalls analog anwendbaren - § 5a Abs. 1, 2 VVG a.F., dass die Widerspruchsfrist, falls das ursprüngliche Vertragsangebot des Versicherungsnehmers gemäß § 146 BGB erloschen war, nicht vor Zugang seiner Annahmeerklärung zu laufen beginnen konnte. Der Wortlaut der Regelung knüpft allerdings - anders als § 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F. - für den Fristbeginn nicht ausdrücklich an den Abschluss des Vertrages oder eine Willenserklärung des Versicherungsnehmers an. Das beruht ersichtlich darauf, dass § 5a VVG a.F. der "Normalfall" eines Vertragsschlusses im Policenmodell zugrunde liegt, bei dem das - schwebend unwirksame - Zustandekommen des Vertrages mit dem Zugang der Annahmeerklärung des Versicherers und der damit übersandten Unterlagen beim Versicherungsnehmer zusammenfällt (vgl. Senatsurteile vom 11. Dezember 2019 - IV ZR 8/19, VersR 2020, 208 Rn. 27; vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 14; vom 24. November 2010 - IV ZR 252/08, VersR 2011, 338 Rn. 22).
Rz. 34
Der Gesetzgeber begründete die Einführung des § 5a VVG a.F. damit, dass der Versicherungsnehmer "nicht an seinen Versicherungsantrag gebunden sein kann, wenn er bei Antragstellung nicht vollständig … unterrichtet ist" (BT-Drucks. 12/7595 S. 111 li. Sp.). Er ging mithin davon aus, dass der Widerspruch des Versicherungsnehmers dessen Bindung an seine eigene Willenserklärung, die zum Vertragsschluss führen würde, aufheben soll. Diese Bindungswirkung kann aber gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB überhaupt nur nach Abgabe und Zugang der Willenserklärung beim Erklärungsgegner eintreten. Dem Versicherungsnehmer schon nach Erhalt des (verspäteten und somit neuen) Vertragsangebots des Versicherers ein Widerspruchsrecht einzuräumen, bevor er überhaupt eine Annahmeerklärung abgegeben hatte, wäre zum einen widersinnig, da er noch an keine Erklärung gebunden war (Schimikowski, VW 2007, 715, 716). Er konnte seine vertragliche Bindung bereits dadurch vermeiden, dass er das Angebot nicht annahm. Zum anderen wäre die Annahme eines Laufs der Widerspruchsfrist unabhängig vom Vertragsschluss mit den Vorgaben des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG (Zweite Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 330 S. 50), dessen Umsetzung § 5a VVG a.F. unter anderem diente (vgl. BT-Drucks. 12/7595 S. 7), nicht vereinbar. Danach wie auch nach der entsprechenden Bestimmung des Art. 35 Abs. 1 der späteren Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen (ABl. L 345 S. 1) mussten die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass zu Gunsten des (Lebens-)Versicherungsnehmers eine Rücktrittsfrist von 14 bis 30 Tagen gelte, und zwar beginnend mit dem Zeitpunkt, zu dem er "davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass der Vertrag geschlossen ist".
Rz. 35
(b) Auch wenn die dem Kläger erteilte Widerspruchsbelehrung den Beginn der Widerspruchsfrist für den Fall einer verspäteten Annahmeerklärung der Beklagten nicht zutreffend angab, führt dies allerdings nicht zwingend zu einem zeitlich unbegrenzt fortbestehenden Widerspruchsrecht des Klägers. Solange der Versicherer davon ausgehen darf, dass seine Vertragsannahmeerklärung im Rahmen der Antragsbindungsfrist beim Versicherungsnehmer eingeht, muss er nicht zugleich in Rechnung stellen, dass sie den Versicherungsnehmer doch verspätet erreichen könnte und er, um sich pflichtgemäß zu verhalten, auch eine auf den Fall der Verspätung bezogene Widerspruchsbelehrung erteilen muss (vgl. auch Senatsurteil vom 27. März 2019 - IV ZR 132/18, r+s 2019, 312 Rn. 11 zu einer Belehrung über die Rechtsfolgen eines Widerrufs nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG n.F.). Demgemäß musste die Beklagte den Kläger nicht vorsorglich darüber belehren, dass die Widerspruchsfrist nur dann mit Zugang ihrer Vertragserklärung und der beigefügten Unterlagen beginnen würde, wenn sie das Angebot des Klägers rechtzeitig annehmen würde, und für den Fall ihrer verspäteten Annahmeerklärung erst später mit der dann noch erforderlichen Annahme durch den Kläger. Eine solche "Alternativbelehrung" war in § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht vorgeschrieben; aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/7595 S. 111) lässt sich kein dahingehender Wille des Gesetzgebers entnehmen. Zudem bestünde die Gefahr einer inhaltlichen Überfrachtung und Unübersichtlichkeit der Belehrung (vgl. auch Senatsurteil vom 27. März 2019 aaO). Dies widerspräche dem Ziel der Regelung, dem Versicherungsnehmer die Voraussetzungen und den zeitlichen Rahmen für die Ausübung seines Widerspruchsrechts verständlich zu verdeutlichen.
Rz. 36
Durfte der Versicherer - was im Streitfall bislang nicht festgestellt ist und vom Berufungsgericht gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien noch zu klären sein wird - bei Absendung der Police nebst Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformation hingegen nicht mehr davon ausgehen, dass seine Annahmeerklärung rechtzeitig beim Versicherungsnehmer eintreffen würde, musste er allein den zutreffenden Fristbeginn ab dem Zeitpunkt des späteren Vertragsschlusses in Rechnung stellen und den Versicherungsnehmer darüber belehren. In diesem Fall kann er sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht darauf berufen, dem Versicherungsnehmer eine nach dem Wortlaut des Gesetzes ausreichende Widerspruchsbelehrung erteilt zu haben.
Rz. 37
(c) Auf die von der Revisionserwiderung mit der Begründung erhobene Gehörsrüge, das Berufungsgericht habe den Kern der Argumentation des Klägers zur Unwirksamkeit der Widerspruchsbelehrung für den Fall einer - unterstellt - verspäteten Annahmeerklärung der Beklagten verkannt, kommt es damit nicht mehr an.
Rz. 38
B. Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg.
Rz. 39
Das von dem Kläger mit seinem Rechtsmittel in der Hauptsache verfolgte Begehren, das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen, ist schon deshalb unbegründet, weil ein Auskunftsanspruch aus den zur Revision der Beklagten dargelegten Gründen auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht bejaht werden kann. Im Übrigen kann der Kläger mit seiner Auffassung, das Berufungsgericht habe sein Vorbringen zum Auskunftsverlangen im Kern nicht erfasst, schon deshalb nicht durchdringen, weil er sich in der Sache lediglich gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts wendet, in welchem Umfang der Auskunftsberechtigte auf Informationen angewiesen ist, um seinen Leistungsanspruch geltend machen zu können.
Rz. 40
C. Gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen zum Vertragsschluss treffen kann.
Prof. Dr. Karczewski |
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Harsdorf-Gebhardt |
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Dr. Brockmöller |
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Dr. Bußmann |
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Dr. Bommel |
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Fundstellen
Haufe-Index 16227486 |
NJW 2024, 1496 |
WM 2024, 550 |
WuB 2024, 200 |
VuR 2024, 239 |
r+s 2024, 518 |