Leitsatz (amtlich)
Ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aktionär, wonach der Aktionär seine Aktien auf die Gesellschaft unentgeltlich zu übertragen hat, wenn der Vertrag beendet wird, ist jedenfalls dann nichtig, wenn der Aktionär die Aktien zuvor entgeltlich erworben hat.
Normenkette
GG Art. 14 Abs. 1; BGB § 138 Abs. 1; AktG § 237
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 06.04.2010; Aktenzeichen 36 S 3/09) |
AG Düsseldorf (Urteil vom 09.07.2009; Aktenzeichen 54 C 14868/08) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf vom 6.4.2010 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11.6.2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG Düsseldorf vom 9.7.2009 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die klagende Aktiengesellschaft betreibt ein Verbundsystem für Versicherungsmakler. Nach § 2 der Satzung besteht ihr Unternehmensgegenstand darin, Versicherungsmaklern die Hilfen und Unterstützungsmittel zur Verfügung zu stellen, die sich aus dem Berufsbild des Maklers ergeben. Sämtliche Aktionäre sind Versicherungsmakler. Sie sind außerdem über einen "Partnerschaftsvertrag" mit der Klägerin verbunden. In diesem Rahmen bietet die Klägerin den Partnern ihre Beratungs- und Unterstützungsleistungen an.
Rz. 2
Die Beklagte, die als selbständige Versicherungsmaklerin tätig ist, schloss am 29.5.2001 einen Partnerschaftsvertrag mit der Klägerin. Darin ist vorgesehen, dass jeder Partner 25 vinkulierte Namensaktien der Klägerin im Nominalwert von jeweils 52 EUR zu erwerben und eine einmalige Bearbeitungsgebühr i.H.v. 300 EUR sowie weitere Beiträge zu zahlen hat. Der Vertrag kann von beiden Vertragsparteien mit einer dreimonatigen Frist zum Ablauf des Kalenderjahres gekündigt werden. In § 12 Abs. 4 des Vertrages heißt es:
Mit Beendigung des Vertragsverhältnisses gibt der C. -Partner alle C. -Aktien unentgeltlich zur Übertragung auf einen neuen C. -Partner zurück.
Rz. 3
Die Beklagte erwarb 25 Aktien der Klägerin für insgesamt 1.300 EUR. Mit Schreiben vom 12.9.2007 kündigte die Klägerin den Partnerschaftsvertrag zum 31.12.2007.
Rz. 4
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage die unentgeltliche Rückübertragung der Aktien. Die Beklagte wehrt sich dagegen und erstrebt hilfsweise eine Verurteilung zur Herausgabe nur Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung. Das AG hat der Klage mit der Einschränkung stattgegeben, dass die Übertragung der Aktien Zug um Zug gegen Zahlung von 1.300 EUR zu geschehen habe. Die beiderseitigen Berufungen hat das LG zurückgewiesen. Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien ihre jeweiligen Rechtsschutzbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Revision der Beklagten führt dagegen zur teilweisen Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Rz. 6
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Rz. 7
Der Anspruch auf Rückübertragung der Aktien ergebe sich entweder aus § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages oder aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB. Die ordentliche Kündigung nach § 11 Abs. 2 des Partnerschaftsvertrages sei nach der Rechtsprechung zu den sog. Hinauskündigungsklauseln wirksam. Dagegen stelle zwar die Pflicht, die Aktien unentgeltlich zu übertragen, eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar und sei deshalb unwirksam. Wirksam bleibe aber die Pflicht, die Aktien gegen Zahlung des Nennwerts zu übertragen.
Rz. 8
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern. Die Regelung in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages, wonach bei einer Beendigung des Vertrages die Beklagte verpflichtet sein soll, ihre Aktien auf die Klägerin unentgeltlich zurückzuübertragen, ist gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil sie gegen die guten Sitten verstößt. Rechtsfolge dieses Verstoßes ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Nichtigkeit der gesamten Klausel in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages.
Rz. 9
1. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass sich aus der Satzung der Klägerin eine Pflicht der Aktionäre ergibt, ihre Aktien bei einer Beendigung des Partnerschaftsvertrages auf die Klägerin zurückzuübertragen. Ebenso wenig hat es eine in der Satzung begründete Pflicht der Aktionäre festgestellt, in diesem Fall die Aktien auf einen beitrittswilligen Dritten zu übertragen. Ob derartige Satzungsklauseln zulässig wären oder gegen den Grundsatz der beschränkten Satzungsautonomie nach § 23 Abs. 5 AktG verstoßen würden (gegen die Zulässigkeit RGZ 49, 77, 79 ff.; BayObLG, WM 1989, 139, 140 ff.; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 87; Westermann/Rosener in FS Quack, 1991, S. 545, 551 f.; s. auch RGZ 120, 177, 179 ff.; dafür Becker, ZGR 1986, 383, 392 ff.; Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, 1987, S. 198 f.), bedarf somit keiner Entscheidung.
Rz. 10
2. Die Pflicht zur Rückgabe der Aktien an die Klägerin kann sich vielmehr allein aus § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages ergeben. Diese Klausel ist indes nichtig.
Rz. 11
a) In Rechtsprechung und Schrifttum ist allerdings anerkannt, dass die Aktionäre aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit schuldrechtliche Nebenabreden treffen und darin Regelungen vorsehen können, die in der Satzung der Aktiengesellschaft nicht zulässig wären (BGH, Urt. v. 25.9.1986 - II ZR 272/85, ZIP 1987, 103, 104; Urt. v. 13.6.1994 - II ZR 38/93, BGHZ 126, 226, 234 f.; Urt. v. 24.11.2008 - II ZR 116/08, ZIP 2009, 216 Rz. 12 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; OLG Karlsruhe WM 1990, 725 ff.; Röhricht in Großkomm/AktG, 4. Aufl., § 23 Rz. 238 ff.; Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 23 Rz. 45 ff.; Seibt in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 23 Rz. 64 ff.; Pentz in MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 23 Rz. 187 ff.; Limmer in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 23 Rz. 41 ff.; Arnd Arnold in KölnKomm/AktG, 3. Aufl., § 23 Rz. 172 ff.; Mayer, MittBayNot 2006, 281, 285; Noack, Gesellschaftervereinbarungen bei Kapitalgesellschaften, 1994, S. 113 ff.; ebenso für die GmbH BGH, Urt. v. 29.5.1967 - II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 166; 20.1.1983 - II ZR 243/81, ZIP 1983, 297, 298; Urt. v. 7.2.1983 - II ZR 25/82, ZIP 1983, 432 f.; Urt. v. 27.10.1986 - II ZR 240/85, ZIP 1987, 293, 295; Urt. v. 15.10.2007 - II ZR 216/06, ZIP 2007, 2416 Rz. 13 ff.; Beschl. v. 15.3.2010 - II ZR 4/09, ZIP 2010, 1541 Rz. 7). So können etwa die Gesellschafter einer Familiengesellschaft vereinbaren, dass ein Aktionär, der aus der Aktiengesellschaft ausscheiden will, seine Aktien den übrigen Gesellschaftern zum Kauf anbieten muss (BGH, Urt. v. 25.9.1986 - II ZR 272/85, ZIP 1987, 103, 104; Urt. v. 13.6.1994 - II ZR 38/93, BGHZ 126, 226, 234 f.). Damit wird das - zulässige - Ziel verfolgt, den Kreis der Aktionäre auf Familienmitglieder zu beschränken. Das Gleiche gilt für Regelungen, durch die der Aktionärskreis auf Personen beschränkt werden soll, die ein anderes gemeinsames Merkmal aufweisen (Friedewald, Die personalistische Aktiengesellschaft, 1991, 776 f.). In der Regel wird durch eine derartige Absprache eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet (vgl. BGH, Beschl. v. 21.9.2009 - II ZR 250/07, ZIP 2009, 2155 Rz. 4).
Rz. 12
b) Hier ist eine entsprechende schuldrechtliche Nebenabrede aber nicht zwischen den Aktionären getroffen worden. Vielmehr hat die klagende Aktiengesellschaft selbst mit jeweils einem - künftigen - Aktionär vereinbart, dass er bei einer Beendigung des mit ihm geschlossenen Partnerschaftsvertrages - auch infolge einer fristgemäßen Kündigung seitens der Klägerin - seine Aktien auf die Klägerin unentgeltlich zurückzuübertragen habe. Eine derartige Abrede verstößt gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB.
Rz. 13
aa) Durch eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen der Aktiengesellschaft und ihrem jeweiligen Aktionär können grundsätzlich keine Rechte und Pflichten begründet werden, die alle gegenwärtigen und künftigen Aktionäre treffen sollen und damit mitgliedschaftlicher Natur sind (Wiedemann in Großkomm/AktG, 4. Aufl., § 179 Rz. 34 f.; Röhricht in Großkomm/AktG, 4. Aufl., § 23 Rz. 13; Zöllner in KölnKomm/AktG, 2. Aufl., § 179 Rz. 8, 11; ebenso für die GmbH Ulmer in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 53 Rz. 8; a.A. Becker, ZGR 1986, 383 Fn. 86; zum Meinungsstand Oechsler in MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 237 Rz. 56 f.). Solche Abreden sind vielmehr notwendige materielle Satzungsbestandteile (BGH, Urt. v. 11.10.1993 - II ZR 155/92, BGHZ 123, 347, 350; ebenso für die GmbH BGH, Urt. v. 25.10.1962 - II ZR 188/61, BGHZ 38, 155, 161), die nur dann wirksam sein können, wenn sie in die Satzung aufgenommen werden. So kann etwa ein Recht zur Zwangseinziehung i.S.d. § 237 AktG nicht durch eine schuldrechtliche Abrede zwischen der Aktiengesellschaft und ihren Aktionären begründet werden (vgl. Mayer, MittBayNot 2006, 281, 283; Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 23 Rz. 47 aE).
Rz. 14
bb) Hier haben die Klägerin und die jeweiligen Aktionäre schuldrechtliche Verträge geschlossen, nämlich die Partnerschaftsverträge, mit denen sie im Ergebnis eine Bindung aller Aktionäre erreichen wollten. Dazu wird im Schrifttum in Übereinstimmung mit einem obiter dictum des BayObLG (WM 1989, 139, 143) die Meinung vertreten, schuldrechtliche Nebenabreden der Aktionäre mit der Gesellschaft seien u.a. dann zulässig, wenn sie das Ziel verfolgten, in Ergänzung einer satzungsmäßigen Vinkulierung der Aktien nach § 68 Abs. 2 AktG einen bestimmten Aktionärskreis zu erhalten (Barthelmeß/Braun, AG 2000, 172 ff.; Schanz, NZG 2000, 337, 341; Merkt in Großkomm/AktG, 4. Aufl., § 68 Rz. 522; Bayer in MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 68 Rz. 41; Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Aktiengesetz, § 68 Rz. 70; ebenso für schuldrechtliche Vereinbarungen von zusätzlichen Zahlungen an die Gesellschaft: Drygala in KölnKomm/AktG, 3. Aufl., § 54 Rz. 31; Lutter in KölnKomm/AktG, 2. Aufl., § 54 Rz. 21; Hüffer, Aktiengesetz, 10. Aufl., § 54 Rz. 7 f.). Es geht dabei etwa um den Fall, dass nach der Ausgabe von Belegschaftsaktien eine Rückübertragung der Aktien für den Fall sichergestellt werden soll, dass der Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet (BayObLG, WM 1989, 139 ff.). Die Gegenmeinung hält derartige Andienungspflichten für unzulässig. Sie stellt darauf ab, dass die Gesellschaft im Rahmen der Nebenabrede durch den Vorstand vertreten wird und damit der Vorstand im Widerspruch zu der innergesellschaftlichen Kompetenzordnung über die Zusammensetzung der Hauptversammlung bestimmen könne. Einer solchen Möglichkeit außerhalb des Zustimmungserfordernisses bei der Vinkulierung von Aktien nach § 68 Abs. 2 AktG seien aber enge Grenzen gesetzt, wie etwa das Verbot des § 136 Abs. 2 AktG zeige, nach dem der Aktionär sich nicht verpflichten dürfe, sein Stimmrecht nach den Weisungen des Vorstands auszuüben. Damit fehle dem Vorstand die Geschäftsführungsbefugnis zum Abschluss derartiger Vereinbarungen (Immenga, AG 1992, 79; Otto, AG 1991, 369 ff.; ähnlich schon Rudolf Fischer in Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, III. Band, 1916, S. 376 f.).
Rz. 15
cc) Welcher Meinung grundsätzlich zu folgen ist, braucht aus Anlass des vorliegenden Falles nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls ist ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aktionär unwirksam, wenn danach der Aktionär verpflichtet sein soll, bei Beendigung der Vertragsbeziehung die von ihm entgeltlich erworbenen Aktien entschädigungslos auf die Gesellschaft zurückzuübertragen.
Rz. 16
Nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH fällt das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG ZIP 2012, 1402 Rz. 52; ZIP 2012, 1656 Rz. 21 - Daimler/Chrysler; ZIP 1999, 1436, 1439 - DAT/Altana; ZIP 1999, 1804, 1805 f.; BGH, Urt. v. 25.11.2002 - II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 55; Beschl. v. 12.3.2001 - II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 112, 114). Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie umfasst die Substanz des Anteilseigentums in seiner mitgliedschaftsrechtlichen und vermögensrechtlichen Ausgestaltung. Er ist beispielsweise betroffen bei einem Ausschluss des Aktionärs (BVerfG ZIP 2007, 1261 Rz. 18). Grundsätzlich ist dem Aktionär, dessen Aktien eingezogen werden oder der sonst aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird, der volle Wert seiner Aktien zu ersetzen. Ein entschädigungsloser oder nur mit einer unangemessen geringen Abfindung verbundener Ausschluss greift unzulässig in die vermögensmäßige Rechtsposition des Aktionärs ein und verstößt deshalb grundsätzlich gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG und gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB (Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, S. 174 f.; Oechsler in MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 237 Rz. 65; Becker in Bürgers/Körber, AktG, 2. Aufl. § 237 Rz. 24; s. auch OLG München ZIP 2008, 220, 224; MünchHdbGesRIV/Krieger, 3. Aufl., § 62 Rz. 12 f.).
Rz. 17
Dieser Grundsatz gilt nicht nur bei einer Zwangseinziehung i.S.d. § 237 AktG - oder einer Übertragung von Aktien nach §§ 327a ff. AktG -, sondern ggf. auch bei einem zwangsweisen Ausschluss, der auf einer außerhalb der Satzung getroffenen schuldrechtlichen Abrede beruht. Denn es ist kein Grund ersichtlich, das Aktieneigentum gegen Eingriffe aufgrund schuldrechtlicher Abreden geringer zu schützen als gegen Eingriffe, die auf einer Satzungsbestimmung oder auf dem Gesetz beruhen. Dass sich der Aktionär bei Begründung seiner Aktionärsstellung mit dieser Eingriffsmöglichkeit einverstanden erklärt hat, gilt für das satzungsmäßige Einziehungsrecht ebenso wie für ein möglicherweise anzuerkennendes Ausschließungsrecht aufgrund einer schuldrechtlichen Abrede. Jedenfalls dann, wenn der Aktionär - wie hier - die Aktien entgeltlich erworben hat, verletzt die Pflicht zur unentgeltlichen Rückübertragung der Aktien sein Eigentumsgrundrecht und kann daher keinen Bestand haben.
Rz. 18
dd) Rechtsfolge dieses Verstoßes ist die Nichtigkeit der gesamten Klausel in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages. Sie kann weder durch eine ergänzende Vertragsauslegung oder eine entsprechende Anwendung von § 139 BGB noch durch eine Umdeutung aufrechterhalten werden.
Rz. 19
Eine ergänzende Vertragsauslegung nach § 157 BGB oder eine entsprechende Anwendung von § 139 BGB kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil nach der Rechtsprechung des BGH ein wegen eines sittenwidrigen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung nichtiges Rechtsgeschäft grundsätzlich nicht durch Anpassung der Leistungen auf ein noch vertretbares Maß aufrechterhalten werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 30.5.1958 - V ZR 280/56, NJW 1958, 1772; Urt. v. 12.7.1965 - II ZR 118/63, BGHZ 44, 158, 162; Urt. v. 21.3.1977 - II ZR 96/75, BGHZ 68, 204, 207). Es kommt hinzu, dass weder Umstände festgestellt noch sonst ersichtlich sind, aufgrund derer ermittelt werden könnte, welche Regelung die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben getroffen hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages bedacht hätten (vgl. etwa BGH, Urt. v. 14.3.2012 - VIII ZR 113/11, NJW 2012, 1865 Rz. 24; Urt. v. 7.11.2012 - XII ZR 41/11, juris Rz. 26).
Rz. 20
Nichts anderes gilt für die Umdeutung nach § 140 BGB. Zwar wird für den Fall einer in der Satzung angeordneten entschädigungslosen Zwangseinziehung im Schrifttum angenommen, dass diese Regelung in eine gestattete - entgeltliche - Einziehung umzudeuten ist (vgl. Oechsler in MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 237 Rz. 35 m.w.N.). Dafür wird angeführt, dass die gestattete Einziehung einen Beschluss der Hauptversammlung erfordert und deshalb nicht demselben strengen Bestimmtheitsgrundsatz unterliegt wie die angeordnete Zwangseinziehung, die nach § 237 Abs. 6 AktG ohne Beteiligung der Hauptversammlung durch den Vorstand vollzogen wird. Deshalb bleibt es bei der gestatteten Zwangseinziehung der Hauptversammlung vorbehalten, die - angemessene - Abfindung oder jedenfalls deren Bemessungsgrundsätze festzulegen (Lutter in KölnKomm/AktG, 2. Aufl., § 237 Rz. 34). Das kann aber nur für die in der Satzung vorzusehenden Formen der Zwangseinziehung gelten, nicht dagegen für eine etwaige Ausschlussmöglichkeit durch Kündigung aufgrund einer schuldrechtlichen Abrede. Denn insoweit fehlt es schon an der Möglichkeit, im Wege der Umdeutung eine Zuständigkeit der Hauptversammlung zu begründen.
Rz. 21
Im Übrigen hat sich auch eine Umdeutung an dem (hypothetischen) Parteiwillen zu orientieren (BGH, Beschl. v. 17.9.2008 - III ZB 19/08, WM 2008, 2153 Rz. 18). Der (hypothetische) Parteiwille kann aber angesichts der Vielgestaltigkeit schuldrechtlicher Abreden nicht ohne Weiteres im Sinne einer gestatteten Zwangseinziehung angenommen werden. Ebenso gut hätten die Parteien, wenn ihnen die Unwirksamkeit einer Pflicht zur entschädigungslosen Rückübertragung der Aktien bewusst gewesen wäre, auf diese Rückübertragung gänzlich verzichten können oder aber die von allen Partnern zu zahlenden laufenden Gebühren höher ansetzen können, um das Kapital für etwaige Abfindungszahlungen aufzubringen.
Rz. 22
3. Da somit schon keine Pflicht zur Übertragung der Aktien auf die Klägerin begründet worden ist, kann die Frage offen bleiben, wie eine angemessene Abfindung ggf. zu bemessen wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 3578244 |
BB 2013, 321 |
DB 2013, 278 |
DB 2013, 8 |
DStR 2013, 367 |