Entscheidungsstichwort (Thema)
Bauvertragsrecht: Abweichung eines vereinbarten Zahlungsplans von § 3 Abs. 2 MaBV
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 12. Juli 1999 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
I.
Der Kläger macht die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde geltend (§ 767 ZPO). Er wendet insbesondere Erfüllung und das Fehlen der Fälligkeit ein.
II.
Die Beklagte warb für ein von ihr in B. zu erstellendes Mehrfamilienhaus mit einem Prospekt, der Flächenangaben zu den geplanten Wohnungen enthielt. Der Kläger und seine Ehefrau – Klägerin des Parallelverfahrens VII ZR 310/99 – interessierten sich für die beiden Wohnungen im Dachgeschoß des Hauses. Nach den Angaben in dem Prospekt sollten bei hälftiger Anrechnung der Terrassen die vom Kläger später erworbene Wohnung (Nr. 3.2) 205,5 m², die seiner Ehefrau (Nr. 3.1) 186,72 m² groß werden. Der Prospekt enthält keinen Hinweis, nach welcher Berechnungsmethode die angegebenen Flächen ermittelt worden sind. Im Zuge der Vertragsverhandlungen vereinbarten der Kläger und seine Ehefrau mit der Beklagten, daß die Wohnung der Ehefrau auf Kosten der des Klägers größer werden solle. Im notariellen „Kaufvertrag” vom 21. Juni 1994 wird die „Wohn- bzw. Nutzfläche” der Wohnung 3.2 mit ca. 174,87 m² angegeben. Dem vom Kläger geschuldeten „Kaufpreis” von 1.225.000 DM entspricht ein m²-Preis von 7.005,20 DM. Die Wohnung der Ehefrau sollte nach deren Vertrag mit der Beklagten 277,18 m² groß werden und 1.821.000 DM kosten, also 6.569,74 DM pro m². Die Verträge enthalten unter § 9 Nr. 1 Abs. 3 folgende Regelung:
„Flächendifferenzen des Kaufobjektes bis zu 1 % gegenüber der angenommenen Wohn- bzw. Nutzflächen sind nicht auszugleichen; übersteigt die Flächendifferenz 1 %, so ist der Kaufpreis entsprechend der tatsächlich errichteten Wohnfläche anzupassen und anläßlich der Zahlung der vorletzten Kaufpreisrate auszugleichen.”
Die Abschlagszahlungsvereinbarung in § 4 Nr. 3 des Vertrages entspricht weitgehend § 3 Abs. 2 MaBV (Fassung vom 7. November 1990). Die erste Abschlagszahlung sollte abweichend von § 3 Abs. 2 Nr. 1 MaBV nicht erst mit Beginn der Erdarbeiten, sondern bereits „nach Vertragsabschluß” fällig werden. § 8 Nr. 3 des Vertrages sieht eine förmliche Abnahme vor; ausstehende „geringfügige Fertigstellungsarbeiten oder Ausbesserungen” sollten den Erwerber nach § 8 Nr. 2 des Vertrages nicht zur Abnahmeverweigerung berechtigen. Die Wohnungen sollten spätestens zum 31. Dezember 1994 bezugsfertig werden.
Die Fertigstellung verzögerte sich. Der Kläger konnte seine Wohnung vollständig erst im Mai 1995 beziehen. Eine förmliche Abnahme führten die Parteien nicht durch. Die Beklagte bat mit Schreiben vom 1. Juni 1995 um Zahlung der vierten und der fünften Rate und für noch ausstehende Restarbeiten um Geduld. Die Schlußabrechnung der Beklagten vom 28. September 1995 erwähnt einerseits Mängelbeseitigungsarbeiten, andererseits Mehraufwand für Sonderwünsche. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger zahlreiche Mängelrügen erhoben.
Nachdem die Beklagte angekündigt hatte, daß sie wegen des rechnerisch offenen Rest-„Kaufpreises” von 144.106 DM, der sich aus der sechsten Abschlagsforderung und einem Restbetrag aus der fünften Abschlagsforderung zusammensetzt, und vermeintlich aufgelaufener Verzugszinsen in Höhe von 12.966,54 DM aus der notariellen Urkunde vollstrecken werde, hat der Kläger Vollstreckungsgegenklage erhoben. Diese hat er vorrangig auf den Einwand der Erfüllung gestützt; er sei zur Minderung des „Kaufpreises” in einer die Restforderung übersteigenden Höhe berechtigt, weil die Wohnung rund 37 m² kleiner sei als vertraglich vereinbart. Die Beklagte hat widerklagend eine Mehrvergütung für Sonderwünsche geltend gemacht, ferner Verzugszinsen im Wege der Hilfswiderklage. Gegen die Widerklage hat sich der Kläger mit Gewährleistungsansprüchen verteidigt.
III.
Das Landgericht hat der Klage wegen der Zinsen insgesamt stattgegeben, wegen der Hauptforderung nur insoweit, als wegen eines 118.396,92 DM übersteigenden Betrages vollstreckt wird; die Widerklage hat es abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat den auf die Hauptforderung zu vollstreckenden Betrag auf 108.686,71 DM ermäßigt und die Berufungen im übrigen zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter, die Zwangsvollstreckung insgesamt für unzulässig zu erklären.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
II.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Kläger nur in Höhe von 25.709,08 DM zur Minderung des „Kaufpreises” berechtigt. Der Betrag ergebe sich aus der Differenz des Preises pro m² der vertraglich zugesagten „Wohn- bzw. Nutzfläche” und der tatsächlich erstellten Grundfläche. Eine Minderung für einzelne Teilflächen, die keine „Wohnfläche” seien, stehe dem Kläger nicht zu, weil der vertragliche Begriff der „Wohn- bzw. Nutzfläche” mit der Grundfläche gleichzusetzen sei. Der Begriff der „Wohn- bzw. Nutzfläche” sei auslegungsbedürftig. Einen allgemeinen Sprachgebrauch gebe es insoweit nicht. Die unterstellte Verkehrssitte in B., daß bei Grundstücksbewertungen Wohnflächen entsprechend §§ 42 bis 44 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) ermittelt würden, sei im Streitfall „wegen der Anbahnung und des Inhalts des notariellen Vertrages nicht einschlägig”. Der Prospekt habe nämlich die Flächenangaben nicht erläutert, sondern lediglich die Terrasse als hälftig zugrundegelegt bezeichnet. Bei voller Anrechnung der Terrasse habe sich eine Dachgeschoßfläche von insgesamt 452,04 m² ergeben. Hieraus sei für den Kläger und seine Ehefrau eindeutig erkennbar gewesen, daß der Prospekt Grundflächen bezeichnet habe. Dachschrägen seien aus dem Prospekt ersichtlich gewesen. Der Kläger hätte bei Zweifeln über die Flächenangaben nachfragen müssen. Jedenfalls sei er nicht in berechtigten anderen Erwartungen enttäuscht worden. Da sich die prospektierten und die vertraglichen Flächenangaben in Wahrheit nicht unterschieden hätten, sei die Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, ihre Prospektangaben zu den Flächen nachträglich zu erläutern. Der „Kaufpreis” sei ausweislich des Vertrages nicht durch Multiplikation eines m²-Preises mit der Fläche ermittelt worden. Das ergebe sich vor allem aus den unterschiedlichen m²-Preisen für die Wohnung des Klägers und die seiner Ehefrau. § 9 Nr. 1 Abs. 3 des Vertrages führe nicht zu einer anderen Auslegung. Zum einen sei einerseits von „Wohn- und Nutzflächen”, andererseits von „Wohnflächen” die Rede. Außerdem könnten nur Flächenabweichungen gemeint gewesen sein, die sich im Zuge der Bauerstellung ergeben können. Der Begriff „Wohn- bzw. Nutzfläche gemäß Teilungserklärung (Grundriß Dachgeschoß)” lasse darauf schließen, daß die Parteien die II. BV nicht vor Augen gehabt hätten.
2. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die für die Auslegung des Vertrages relevanten Umstände rechtsfehlerhaft gewürdigt. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein weitergehendes Minderungsrecht des Klägers nicht auszuschließen, weil die tatsächlich erstellte Wohnfläche geringer sein kann als die vertraglich geschuldete.
Das Berufungsgericht sieht zu Recht den Begriff „Wohnfläche” als auslegungsbedürftig und den allgemeinen Sprachgebrauch als insoweit nicht eindeutig an (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1990 – V ZR 91/89, BauR 1991, 230 ff mit Anm. Quack; Urteil vom 11. Juli 1997 – V ZR 246/96, BauR 1997, 1030 ff = ZfBR 1998, 23 f; BayObLG, Beschluß vom 7. März 1996 – 2Z BR 136/96, NJW 1996, 2106; für eine Dachgeschoßwohnung eher zu einem an der II. BV orientierten Verständnis tendierend BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 – VIII ZR 123/90, ZfBR 1991, 201 ff = NJW-RR 1991, 1120). Es mißt jedoch dem von ihm unterstellten und deshalb auch im Revisionsverfahren zugrundezulegenden Umstand eine zu geringe Bedeutung bei, daß in B. die Verkehrssitte bestehen soll, mit „Wohnfläche” eine nach der II. BV ermittelte Größe zu bezeichnen. Auf der Grundlage einer solchen Verkehrssitte durfte der Kläger die Willenserklärung der Beklagten und deren Prospektangaben in dieser typischen Weise verstehen, es sei denn, besondere Umstände geboten ein atypisches Verständnis. Die Umstände, auf die das Berufungsgericht seine Ansicht stützt, der Kläger habe die Angaben atypisch verstehen müssen, sprechen dafür, daß der Kläger die Angaben entsprechend der Verkehrssitte verstehen durfte.
a) Daß der Prospekt die Flächenangaben nicht erläutert, war kein Grund für den Kläger, diese atypisch zu verstehen. Die Verkehrssitte rechtfertigt gerade bei unklaren Angaben zu den Flächen das typische Verständnis (BGH, Urteil vom 7. September 2000 – VII ZR 443/99, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, in juris dokumentiert). Wenn die Beklagte als Erklärende etwas anderes gemeint haben sollte, wäre es ihre Sache gewesen, das von ihr Gemeinte klarzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 1997 – V ZR 248/96, NJW 1998, 535 = ZfBR 1998, 80). Die lediglich hälftige Einbeziehung der Terrassenflächen in die prospektierte Gesamtfläche legt das typische Verständnis zusätzlich nahe.
b) Rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, die sich unter Einbeziehung der vollen Terrassenflächen ergebende Gesamtfläche des Dachgeschosses von gut 452 m² habe dem Kläger und seiner Ehefrau eindeutig klargemacht, daß nur die Grundflächen prospektiert gewesen sein könnten. Das Berufungsgericht ist vermutlich aufgrund der Gegenüberstellung der sich aus dem Prospekt ergebenden Geschoßfläche von 392,22 m² einerseits und der laut beiden Verträgen insgesamt geschuldeten „Wohn- bzw. Nutzflächen” von insgesamt 452,05 m² andererseits zu diesem Schluß gelangt. Derartige Rechenoperationen waren von dem Kläger nicht zu erwarten.
c) Der Umstand, daß die Dachschrägen aus dem Prospekt ersichtlich waren, mußte den Kläger nicht an ihrer üblichen Berücksichtigung in der Wohnflächenberechnung zweifeln lassen. Nicht der Kläger mußte nachfragen, ob die Schrägen wie üblich berücksichtigt waren; vielmehr hätte die Beklagte darüber aufklären müssen, daß die Schrägen nicht berücksichtigt worden sind.
d) Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien den „Kaufpreis” durch die Multiplikation eines m²-Preises mit der Fläche ermittelt haben. Die Größenangabe stellt eine Beschaffenheitsbezeichnung dar, die wegen ihrer Bedeutung für den Verkehrswert einen „Fehler” im gewährleistungsrechtlichen Sinne begründet, wenn sie zuungunsten des Erwerbers falsch ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1997, aaO; Urteil vom 14. Mai 1998 – III ZR 229/97, NJW-RR 1998, 1169 f; Urteil vom 21. Januar 1999 – VII ZR 398/97, BauR 1999, 648 f = ZfBR 1999, 194). Die vertragliche Preisanpassungsregel des § 9 belegt zusätzlich, daß die Größe der Wohnung für die Bemessung des „Kaufpreises” wesentlich war.
e) Die Verwendung der Begriffe „Wohn- bzw. Nutzflächen” und „Wohnflächen” begründet eine sprachliche Unklarheit, die eine Auslegung des Vertrages erfordert. Der Begriff „Nutzfläche” wird in der DIN 283 verwendet; er bezeichnet nicht Wohnflächen unter Dachschrägen oder dergleichen, sondern Flächen in Wirtschaftsräumen und gewerblichen Räumen. Derartige Flächen sind nicht Gegenstand des Streites zwischen den Parteien.
3. Die Entscheidung ist insoweit auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 563 ZPO). Eine Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung war zur Begründung eines Minderungsanspruchs nicht erforderlich, weil eine Nachbesserung hinsichtlich der fehlenden Wohnfläche unmöglich war (§ 634 Abs. 2 Alt. 1 BGB). Da dieser Mangel nur das Sondereigentum des Klägers betrifft, kann er hierfür ohne Mitwirkung der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Minderung des „Kaufpreises” geltend machen.
III.
1. Das Berufungsgericht hält die zu vollstreckende Hauptforderung für fällig. Für die sechste Rate ergebe sich dies aus der Abnahme, die darin zum Ausdruck gekommen sei, daß der Kläger die Wohnung in Besitz genommen und permanent genutzt habe. Unschädlich sei, daß entgegen § 8 des Vertrages keine förmliche Abnahme durchgeführt und keine Mängel festgehalten worden seien. Jedenfalls hätten die vom Kläger behaupteten Mängel im von ihr geschätzten Gesamtwert von 24.200 DM (knapp 2 % des „Kaufpreises”) eine Abnahme nicht unzumutbar gemacht.
2. Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Maßgeblich für die Fälligkeit der Hauptforderung ist nicht die vertragliche Vereinbarung über die Abschlagszahlungen, weil diese Vereinbarung nichtig ist (a). An die Stelle dieser nichtigen Regelung tritt § 641 Abs. 1 BGB (b). Eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend, daß der Erwerber die Abschlagszahlungen entsprechend § 3 Abs. 2 MaBV schuldet, ist nicht möglich (c). Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen dessen Annahme nicht, der Kläger habe das Werk der Beklagten abgenommen oder sei doch dazu verpflichtet gewesen (d).
a) Der Abschlagszahlungsplan des Vertrages ist nichtig (§ 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB), weil er zum Nachteil des Klägers von § 3 Abs. 2 Nr. 1 MaBV a.F. abweicht.
(1) § 12 MaBV verbietet dem Gewerbetreibenden den Abschluß einer Abschlagszahlungsvereinbarung, die zu Lasten des Erwerbers von § 3 Abs. 2 MaBV abweicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richten sich die zivilrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen § 12 MaBV nach § 134 BGB (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1998 – VII ZR 99/97, BGHZ 139, 387, 391 = ZfBR 1999, 93 = BauR 1999, 53).
(2) Die Vereinbarung zur Fälligkeit der ersten Abschlagszahlung weicht von § 3 Abs. 2 Nr. 1 MaBV a.F. zu Lasten des Erwerbers ab; die erste Abschlagszahlung sollte bereits nach Abschluß des Vertrages fällig werden und nicht, wie es die MaBV vorsieht, frühestens nach Beginn der Erdarbeiten.
(3) Die Abschlagszahlungsvereinbarung ist aufgrund dieses Verstoßes gegen § 12 MaBV gemäß § 134 BGB nichtig (aa). Die Nichtigkeit beschränkt sich nicht auf die Fälligkeitsvereinbarung zur ersten Abschlagszahlung (bb). Die Wirksamkeit des Vertrages im übrigen bleibt unberührt (cc).
aa) Die Frage, ob verbotswidrige Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB nichtig sind, ist aus Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift zu beantworten. Entscheidend ist, ob das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluß des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg. Die Nichtigkeit kann im Ausnahmefall auch aus der Verletzung einseitiger Verbote folgen, falls der Zweck des Gesetzes nicht anders zu erreichen ist und die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung nicht hingenommen werden kann (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1998 – VII ZR 99/97, BGHZ 139, 387, 391 f = ZfBR 1999, 93 = BauR 1999, 53 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Verbotsvorschrift des § 12 MaBV richtet sich nur gegen den Bauträger (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1998, aaO). § 3 Abs. 2 MaBV bezweckt mit dem Verbot den Schutz des Erwerbers. Er soll davor geschützt werden, daß der Bauträger Vermögenswerte entgegennimmt, ohne daß der mit § 3 Abs. 2 MaBV bezweckte Mindestschutz gewährleistet ist (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1998, aaO). Dieser Schutz ist nur durch die Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung zu erreichen.
bb) Die Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung beschränkt sich nicht auf die Vereinbarung zur ersten Abschlagszahlung, die früher als zu dem in § 3 Abs. 2 Nr. 1 MaBV genannten Zeitpunkt fällig werden sollte. Eine bauvertragliche Fälligkeitsregelung wie die im vorliegenden Fall vereinbarte ist nicht teilbar. Ein bei Teilnichtigkeit verbleibender Rest würde die Fälligkeit der Forderung des Bauträgers nur noch unvollständig regeln und es bliebe offen, wann der Erwerber eine von der Teilnichtigkeit betroffene Abschlagszahlung zu leisten hätte. Eine Beschränkung der Nichtigkeitsfolge würde dem Schutzzweck der §§ 3, 12 MaBV widersprechen. Diese Vorschriften sollen zur Sicherheit des Erwerbers verhindern, daß Abschlagszahlungen ohne einen entsprechenden Bautenstand geleistet werden. Das ließe sich mit bloßer Teilnichtigkeit nicht erreichen. Der Erwerber wird deren Folgen für die Vereinbarung über die Abschlagszahlungen regelmäßig nicht überblicken und auf unberechtigte Forderungen zahlen.
cc) Die Nichtigkeit ist auf die Abschlagszahlungsvereinbarung beschränkt. Aus dem Zweck der Verordnung, den Erwerber vor Vermögensschäden zu schützen, ergibt sich, daß die Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung nicht zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führt.
b) Der Bundesgerichtshof hat bisher nicht die umstrittene Frage entschieden, was an die Stelle einer Abschlagszahlungsvereinbarung tritt, die auf Grund eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 MaBV nach § 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB nichtig ist (vgl. Urteil vom 20. Januar 2000 – VII ZR 224/98, NJW 2000, 1403 ff; Urteil vom 24. November 1983 – VII ZR 34/83, BauR 1984, 173 ff = NJW 1984, 869 f). Das Schrifttum nimmt überwiegend an, die dem Bauträger zustehende Forderung werde in solchen Fällen zu den in § 3 Abs. 2 MaBV genannten Zeitpunkten fällig (Brych/Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 2. Aufl., Rdn. 176; Drasdo, NZM 1999, 1, 4; Kanzleiter, WiVerw 1981, 96, 100; Korbion/Locher, AGB-Gesetz und Bauerrichtungsverträge, 3. Aufl., S. 246 f; Löwe/Graf v. Westphalen/Trinkner, AGBG, § 9 Rdn. 40; Marcks, MaBV, 6. Aufl., § 12 Rdn. 10; Merle, Festschrift für Otto Mühl, S. 431, 439; im Ergebnis ähnlich Kessel, Zivilrechtliche Folgen von Verstößen gegen die §§ 2 bis 8 MaBV, S. 121 f; ihm folgend Koeble, in: Rechtshandbuch Immobilien 12 Rdn. 133). Diese Auffassung ist unzutreffend. An die Stelle der nichtigen Abschlagszahlungsvereinbarung tritt das Werkvertragsrecht. Der Erwerber schuldet infolge der Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung keine Abschlagszahlungen (ebenso Basty, Der Bauträgervertrag, 3. Aufl., Rdn. 311; Reithmann/Meichssner/von Heymann, Kauf vom Bauträger, 7. Aufl., Rdn. A 55). Die Forderung des Bauträgers wird nach § 641 Abs. 1 BGB insgesamt erst mit der Abnahme fällig.
(1) § 3 Abs. 2 MaBV kann nicht als zivilrechtliche Ersatzregelung an die Stelle der nichtigen Abschlagszahlungsvereinbarung treten. Die Vorschrift könnte nur dann eine Ersatzregelung sein, wenn sie neben ihrer Funktion als gewerberechtliche Verbots- und Gebotsnorm zugleich als Norm des Zivilrechts für den Bauträger und den Erwerber die Fälligkeitsvoraussetzungen für die Forderung des Bauträgers mit vorrangigem Geltungsanspruch vor dem Gesetzesrecht regelte. Einen derartigen Regelungsinhalt und Geltungsanspruch hat § 3 Abs. 2 MaBV nicht. Die Ermächtigungsgrundlage der MaBV, § 34 c Abs. 3 GewO (2), und die Entstehungsgeschichte des § 12 MaBV (3) lassen nur den Schluß zu, daß § 3 Abs. 2 MaBV ausschließlich gewerberechtliche Verbote und Gebote regelt, deren alleiniger Normadressat der Bauträger ist.
(2) Nach § 34 c Abs. 1 GewO sind die Adressaten des § 34 c GewO und der MaBV Makler, Bauträger und Baubetreuer. Als Zweck der Verordnung nennt § 34 c Abs. 3 GewO den Schutz der Allgemeinheit und der Auftraggeber. Hinsichtlich der „Befugnisse der Gewerbetreibenden zur Entgegennahme und zur Verwendung von Vermögenswerten des Auftraggebers” ermächtigt § 34 c Abs. 3 Satz 2 GewO den Verordnungsgeber, diese Befugnisse zu beschränken, „soweit dies zum Schutz des Auftraggebers erforderlich ist”. Der Verordnungsgeber hat von der Ermächtigung hinsichtlich der Adressaten der Verordnung in § 1 Satz 1 MaBV in der Weise Gebrauch gemacht, daß er als Adressaten die Gewerbetreibenden im Sinne des § 34 c Abs. 1 GewO bestimmt.
Aus der Ermächtigung folgt, daß der Erwerber nicht Normadressat der MaBV ist und daß die gewerberechtlichen Verbote der MaBV nicht den Schutz des Bauträgers bezwecken, sondern den des Erwerbers (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1998 – VII ZR 99/97, BGHZ 139, 387, 391 f = ZfBR 1999, 93 = BauR 1999, 53; Wagner, ZNotP 2000, 461, 465 ff). Fragen des zivilrechtlichen Vertragsrechts regelt die MaBV nicht. Die Verordnung läßt sich nicht in diesem Sinn auslegen, weil damit die Grenzen der Ermächtigung überschritten würden. Diese Beurteilung hat zur Folge, daß die MaBV weder eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 6 Abs. 2 AGBG noch Kontrollmaßstab im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG ist.
(3) Die Entstehungsgeschichte des § 12 MaBV bestätigt, daß der Verordnungsgeber zivilrechtliche Fragen des Vertragsrechts nicht regeln wollte und nicht geregelt hat (Basty, Bauträgervertrag, 3. Aufl. Rdn. 341; Drasdo/Hofbauer, MaBV, 3. Aufl. § 12 Rdn. 9 ff; Drasdo, NZM 1999, 1, 3). Im Ministerialentwurf, auf dem die Fassung der MaBV vom 20. Juni 1974 beruht, war die folgende Fassung des § 8, dem jetzigen § 12 MaBV, vorgeschlagen worden (BR-Drucks. 786/73 vom 18. Dezember 1973, S. 16):
„Die Verpflichtungen des Gewerbetreibenden nach §§ 2-5 (jetzt §§ 2-8) … dürfen durch vertragliche Vereinbarungen nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Entgegenstehende Vereinbarungen sind nichtig; im übrigen bleibt die Wirksamkeit des Vertrages unberührt.”
Dieser Vorschlag wurde in die MaBV nicht aufgenommen. Der Bundesrat stimmte nicht zu, weil eine Ermächtigungsgrundlage für zivilrechtliche Regelungen fehlte (BR-Drucks. 786/73 vom 15. Februar 1974, S. 5).
c) Der Vertrag kann nicht ergänzend dahingehend ausgelegt werden, daß der Erwerber Abschlagszahlungen zu den in § 3 Abs. 2 MaBV genannten Zeitpunkten schuldet. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt dann nicht in Betracht, wenn sich die Lücke im Vertrag aus der Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen ergibt und dispositives Recht zur Verfügung steht, das die Lücke schließt (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 – IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157; Urteil vom 21. November 1985 – VII ZR 22/85, BauR 1986, 200 ff = ZfBR 1986, 79 f = NJW 1986, 924 f; Urteil vom 1. Februar 1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 75). Das dispositive Gesetzesrecht regelt in § 641 Abs. 1 BGB die Voraussetzungen für die Fälligkeit der Vergütung.
d) Die Voraussetzungen einer Abnahme nach § 641 Abs. 1 BGB a.F. hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe seine Wohnung konkludent abgenommen, ist rechtsfehlerhaft (1). Die Hilfsbegründung, der Kläger sei jedenfalls zur Abnahme der Bauleistung verpflichtet gewesen (2), hält ebenfalls einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
(1) Das Berufungsgericht hat die Tatsache, daß die Parteien eine förmliche Abnahme der von der Beklagten geschuldeten Werkleistung vereinbart haben, nicht hinreichend gewürdigt (aa). Die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen nicht die Annahme, daß der Kläger die Wohnung konkludent abgenommen hat (bb).
(aa) Eine konkludente Abnahme ist nur möglich, wenn die Vertragsparteien die Vereinbarung über die förmliche Abnahme einvernehmlich aufgehoben haben. Die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme kann ihrerseits konkludent wieder aufgehoben werden. Für eine derartige Aufhebungsvereinbarung muß der Tatrichter hinreichende Anhaltspunkte feststellen. An die Voraussetzungen einer konkludenten Aufhebung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1977 – VII ZR 108/76, BauR 1977, 344 ff; Urteil vom 3. November 1992 – X ZR 83/90, NJW 1993, 1063 ff).
Diesen Grundsätzen wird die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht gerecht. Die Annahme, die Parteien hätten konkludent auf eine förmliche Abnahme verzichtet, ist mit den bisherigen Feststellungen nicht vereinbar: Beim Einzug des Klägers war die Wohnung auch nach Einschätzung der Beklagten noch nicht fertiggestellt, wie deren Schreiben vom 1. Juni 1995 zeigt. Als die Beklagte am 28. September 1995 ihre Schlußrechnung stellte, hatte der Kläger bereits zahlreiche Mängelrügen erhoben. Nach ihrem Vortrag, der in der Revision als richtig zu unterstellen ist, hat die Beklagte mehrere vertraglich geschuldete Oberlichter nicht eingebaut. Dieser Mangel ist von erheblichem Gewicht, weil die Beklagte eine deutlich dunklere, anders gestaltete Wohnung erstellt hätte, als sie vertraglich schuldete. Diese Umstände sind gewichtige Indizien dafür, daß der Kläger nicht bereit war, auf die Abnahmeverhandlung im Rahmen einer förmlichen Abnahme zu verzichten (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 1992 – X ZR 83/90, NJW 1993, 1063 ff).
(bb) Eine konkludente Abnahme setzt voraus, daß nach den Umständen des Einzelfalles das Verhalten des Erwerbers den Schluß rechtfertigt, er billige das Werk als im wesentlichen vertragsgemäß. Der Einzug in die Wohnung ist jedenfalls dann keine hinreichende Grundlage für eine konkludente Abnahme, wenn der Erwerber vor dem Einzug Mängel gerügt hat, die ihn zur Abnahmeverweigerung berechtigen (BGH, Urteil vom 10. Juni 1999 – VII ZR 170/98, ZfBR 1999, 327 = BauR 1999, 1186). Nach diesen Grundsätzen fehlt es an den erforderlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die den Schluß rechtfertigen, der Kläger habe die Wohnung mit dem Einzug konkludent abgenommen. Die Feststellungen des Berufungsgerichts (oben (aa)) sprechen gegen eine konkludente Abnahme.
(2) Die hilfsweisen Erwägungen des Berufungsgerichts zu einer Abnahmeverpflichtung des Klägers halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat seiner Begründung die Abnahmevereinbarung in § 8 Nr. 2 des Vertrages zugrunde gelegt, ohne zu prüfen, ob diese Regelung eine von der Beklagten gestellte Formularklausel nach § 1 Abs. 1 AGBG ist und ob diese Vereinbarung als Formularklausel einer Inhaltskontrolle standhält. Diese Fragen können offenbleiben, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vortrag des Klägers, der in der Revision als richtig zu unterstellen ist, Mängel vorhanden sind (oben III. 2. d) (1) (aa)), deren Beseitigung mehr als nur einen geringfügigen Aufwand erfordern würde.
IV.
1. Das Berufungsgericht erkennt dem Kläger drei Gegenforderungen in Höhe von insgesamt 9.710,21 DM zu. In Höhe von 2.186 DM sei der Kläger wegen verschiedener Baumängel zur Minderung berechtigt; für andere Mängel im Wert von 15.000 DM könne sie nicht mindern, weil das wegen des Bezugs zum Gemeinschaftseigentum in die Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft falle. Für die verspätete Erstellung der Wohnung könne sie eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 4.362,17 DM beanspruchen.
2. Diese Ausführungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision beruft sich zur Begründung eines Minderungsrechts auch für die mit 15.000 DM bewerteten Mängel zu Unrecht auf das Senatsurteil vom 15. Februar 1990 (VII ZR 269/88, BGHZ 110, 258, 262 = ZfBR 1990, 180 = BauR 1990, 353). Die betreffenden Mängel wirken sich nicht nur im Sondereigentum des Klägers aus und sind behebbar.
Soweit die Revision weitere Verfahrensrügen erhoben hat, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).
V.
Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden. Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob in B. eine Verkehrssitte besteht, mit Wohnflächen eine nach der II. BV ermittelte Größe zu bezeichnen, und ob die Beklagte den Kläger vor dem Vertragsschluß eindeutig darüber belehrt hat, daß sie ihre Flächenangaben auf die Grundfläche bezog. Für den Fall, daß sich die Verkehrssitte, nicht aber die Belehrung bestätigen sollte, wird es über die Wohnfläche der Wohnung des Klägers Beweis zu erheben haben. Außerdem wird gegebenenfalls nach ergänzender Sachaufklärung neu zu würdigen sein, ob der Kläger die Leistung der Beklagten abgenommen hat oder ob sie hierzu verpflichtet war.
Unterschriften
Thode, Haß, Hausmann, Wiebel, Wendt
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 22.12.2000 durch Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen