Leitsatz (amtlich)
Das den Eintritt des Rechtsschutzfalles bestimmende schädigende Verhalten muss beim Schadensersatzrechtsschutz ebenso wie beim verstoßabhängigen Rechtsschutz nach dem Tatsachenvortrag des Versicherungsnehmers ihm gegenüber begangen sein.
Ohne diesen Bezug fehlt es an der Eignung, einen Versicherungsfall auszulösen.
Normenkette
ARB 94 § 4 Abs. 1 S. 1 Buchst. a, c
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Karlsruhe vom 15.1.2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin verlangt Versicherungsschutz aus einem am 1.2.1999 abgeschlossenen und von der Beklagten zum 1.2.2011 gekündigten Rechtsschutzversicherungsvertrag mit den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 94 (ARB 94 - vgl. VerBAV 1994, 97).
Rz. 2
Im März 1999 beteiligten sich die Klägerin und ihr mitversicherter Ehemann im Umfang von 258.300 DM als atypische stille Gesellschafter an der S. Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG (S. AG), die sich als Teil des Unternehmensverbundes "..." u.a. mit Erwerb und Verwaltung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen befasste. Das Anlagekonzept nach dem sog. Steigermodell (vgl. dazu BGH, Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 149/03, WM 2005, 838) sah für die Gesellschafter Gewinn- und Verlustbeteiligungen, Nachschusspflichten, steuerliche Verlustzuweisungen und bei Ablauf der steuerlichen Verlustphase weitere Beteiligungen an neuen Unternehmenssegmenten vor mit erneuten steuerlichen Verlusten. 2007 wurde über das Vermögen der S. AG das Insolvenzverfahren eröffnet.
Rz. 3
Die Klägerin und ihr Ehemann warfen Konzeptanten, Initiatoren und ehemaligen Vorständen der S. AG Betrug, Kapitalanlagebetrug und vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vor; das Steigermodell sei von Anfang an nicht tragfähig gewesen. Für die außergerichtliche und gerichtliche Interessenwahrnehmung bei der Verfolgung der darauf gestützten Schadensersatzansprüche erteilte die Beklagte Deckungsschutz.
Rz. 4
2010 erhielten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Hinweise auf eine deliktische Verantwortlichkeit der für die Beteiligungsunternehmen und ihre Verantwortlichen tätigen Wirtschaftsprüfer und Berater, die als deren Gehilfen seit Anfang 1993 u.a. durch unzutreffende unbeschränkte Testierungen der Verschmelzungsverträge und sämtlicher Abschlüsse der Gruppengesellschaften sowie weitere Unterstützungshandlungen ebenfalls den Anlegern schadensersatzpflichtig seien. Auf ihre entsprechenden Deckungsschutzanfragen teilte die Beklagte im nachfolgenden Schriftverkehr jeweils mit, dass noch Zweifel an der hinreichenden Erfolgsaussicht dieser Interessenwahrnehmung bestünden und weitere Informationen und Unterlagen erforderlich seien.
Rz. 5
Die Klägerin begehrt Feststellung, dass ihr die Beklagte Kostenschutz für die außergerichtliche und gerichtliche Interessenwahrnehmung in erster Instanz sowie für ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung und der ihres Ehemannes an der S. AG zu gewähren hat.
Rz. 6
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den Einwand fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Interessenwahrnehmung und Mutwilligkeit bei der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gem. § 18 (1) ARB 94 noch erheben kann, ob die Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch eine Gebührenverzichtszusage vor Mandatserteilung das Abtretungsverbot des § 17 (7) ARB 94 umgangen haben und ob der Rechtsschutzfall in versicherter Zeit eingetreten ist gem. § 4 (1) Satz 1a) ARB 94, der lautet:
"§ 4 Voraussetzungen für den Anspruch auf Rechtsschutz (1) Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles a) im Schadenersatz-Rechtsschutz gem. § 2a) von dem ersten Ereignis an, durch das der Schaden verursacht wurde oder verursacht worden sein soll; ... c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Die Voraussetzungen nach a) bis c) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gem. § 7 und vor dessen Beendigung eingetreten sein. ..."
Rz. 7
Das LG hat die Klage abgewiesen, das OLG hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
Rz. 9
Die Klägerin hat aus ihrer Rechtsschutzversicherung Anspruch auf Deckungsschutz für die Interessenwahrnehmung gegenüber den Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2013, 579 abgedruckt ist, hat im Ergebnis zutreffend den vorvertraglichen Eintritt des Versicherungsfalles verneint (nachfolgend zu I.) und die Einwände der Beklagten aus § 18 (1) ARB 94 (fehlende Erfolgsaussicht und Mutwilligkeit der Interessenwahrnehmung - nachfolgend zu II.) und § 17 (7) ARB 94 (Umgehung des Abtretungsverbots - nachfolgend zu III.) nicht durchgreifen lassen.
Rz. 10
I. Zum Eintritt des Versicherungsfalles
Rz. 11
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Rz. 12
Dem Anspruch auf Versicherungsschutz stehe nicht die Vorvertraglichkeit des Rechtsschutzfalles gem. § 4 (1) Satz 1a) ARB 94 entgegen. Der verständige, auch den Sinnzusammenhang und Zweck der Klausel in den Blick nehmende Versicherungsnehmer werde erkennen, dass sie dem reinen Wortlaut nach offensichtlich zu weit gefasst sei und den Versicherungsschutz faktisch leerlaufen lasse. Er werde sie daher so verstehen, dass das den Rechtsschutzfall bestimmende Erstereignis nur ein solches sein könne, das sich auf seine Rechtsgüter auszuwirken vermöge und deshalb den Eintritt eines Schadens gerade für ihn hinreichend wahrscheinlich mache, mithin einen fassbaren Bezug zu seiner Person habe. Danach sei für das Erstereignis auf den Beteiligungsvertrag und die dabei vom Versicherungsnehmer behauptete, seine Interessen erstmals berührende Pflichtverletzung des Haftpflichtigen abzustellen. Dem stehe die von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung des BGH zu § 4 (1) Satz 1c) ARB 94 (Urt. v. 28.9.2005 - IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684) nicht entgegen, die zur Auslegung der streitgegenständlichen Klausel nichts beitragen könne.
Rz. 13
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Rz. 14
Die Beklagte ist nach §§ 1, 2a), 4 (1) Satz 1a) ARB 94 vertraglich verpflichtet, der Klägerin den begehrten Deckungsschutz zu gewähren. Der mit der Revision weiterhin geltend gemachte Vorvertragseinwand greift nicht durch; der Rechtsschutzfall ist erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages und damit nach dem Beginn des Versicherungsschutzes mit der Beteiligung an der S. AG eingetreten und nicht bei Testierungen und weiteren Unterstützungshandlungen Jahre zuvor.
Rz. 15
a) Die von § 4 (1) Satz 1a) ARB 94 festgeschriebene Anknüpfung an die erste Ursache des Schadens kann zu einer die Wirksamkeit in Frage stellenden sehr weiten Vorverlagerung des Versicherungsfalles führen.
Rz. 16
aa) Bei wortlautkonformer Anwendung birgt dies die Gefahr einer uferlosen Rückverlagerung in sich, die den berechtigten Interessen des Versicherungsnehmers widerspricht (statt aller Looschelders/Paffenholz, ARB [2014] § 4 ARB 2010 Rz. 14). Dieser wird daher nach gefestigter Rechtsprechung des Senats nur solche Ursachen als für den Beginn des Versicherungsschutzes maßgebende Ereignisse verstehen, die der Schadensersatzpflichtige, gegen den er Ansprüche erhebt, zurechenbar gesetzt hat und die den Eintritt irgendeines Schadens, den er von diesem ersetzt bekommen will, nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich machen (grundlegend BGH, Urt. v. 25.9.2002 - IV ZR 248/01, VersR 2002, 1503 unter 2b bb = juris Rz. 15, 16). Für den Eintritt des Versicherungsfalles ist danach auf den Tatsachenvortrag abzustellen, mit dem der Versicherungsnehmer seinen Schadensersatzanspruch begründet. Frühester Zeitpunkt ist das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten ihm gegenüber, auf das er sein Ersatzverlangen stützt (BGH, Urt. v. 19.3.2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 1a = juris Rz. 8). Nicht die objektiven Gegebenheiten bilden mithin das den Rechtsschutzfall auslösende Kausalereignis, sondern die vom Versicherungsnehmer behaupteten Vorgänge, für die der Anspruchsgegner ihm gegenüber haftungsrechtlich verantwortlich sein und durch die er ihn geschädigt haben soll; auf Schlüssigkeit und Beweisbarkeit dieses Vortrages kommt es dabei nicht an (Senatsurteil, a.a.O., Rz. 9; Looschelders/Paffenholz, a.a.O., Rz. 18 m.w.N.).
Rz. 17
Nur in dieser einschränkenden Auslegung nach dem maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, der bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs auch seine Interessen beachtet (BGH, Urt. v. 23.6.1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 und ständig), hält diese Klausel einer Inhaltskontrolle (§ 307 BGB) stand.
Rz. 18
bb) Insoweit unterscheidet sie sich nicht von der für Rechtsschutzfälle nach § 4 (1) Satz 1c) ARB 94 mit ihrer Anknüpfung an den Verstoß gegen Rechtspflichten und Rechtsvorschriften. Auch dabei kommt es für die Festlegung des Rechtsschutzfalles nach ständiger Rechtsprechung des Senats unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die vorgenannten von ihm zum Schadensersatzrechtsschutz entwickelten Grundsätze auf die dem Vertragspartner vorgeworfene Pflichtverletzung und den dazu gehaltenen Tatsachenvortrag an, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß begründet, unabhängig von Schlüssigkeit, Substantiiertheit und Entscheidungserheblichkeit der Behauptung (grundlegend: BGH, Urt. v. 28.9.2005 - IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684 unter I 2a = juris Rz. 20; ferner BGH, Urt. v. 24.4.2013 - IV ZR 23/12, VersR 2013, 899 Rz. 12; v. 19.11.2008 - IV ZR 305/07, VersR 2009, 109 Rz. 19; BGH v. 17.10.2007 - IV ZR 37/07, VersR 2008, 113 Rz. 3; Looschelders/Paffenholz, a.a.O., Rz. 45, 46 m.w.N.).
Rz. 19
cc) Das erfüllt zugleich den "fassbaren Bezug des Erstereignisses zur Person des Geschädigten", der von der Rechtsprechung und Literatur insb. bei auf Verletzungen von Verkehrssicherungspflichten und Unterlassen beruhenden Haftungen oder Gefährdungshaftungen für die Festlegung des schädigenden Ereignisses herangezogen wird (Looschelders/Paffenholz, a.a.O., Rz. 17; Harbauer/Maier, ARB 8. Aufl., § 4 ARB 2000 Rz. 19, 20; OLG Koblenz VersR 2013, 99, 100; OLG Karlsruhe VersR 2013, 579, 581 - Berufungsurteil). Die schadensersatzbegründende Pflichtverletzung muss - nach der Darstellung des Versicherungsnehmers - ihm gegenüber begangen sein. Nur darauf kann er einen eigenen Anspruch gegen den Schädiger stützen, den er im Prozesswege mit dem Deckungsschutz seines Rechtsschutzversicherers durchsetzen möchte. Das gilt nach der vorgenannten Rechtsprechung des Senats für die Versicherungsfälle nach § 4 (1) Satz 1a) und c) ARB 94 unterschiedslos. Beide Rechtsschutzfälle sind - für den Versicherungsnehmer erkennbar - nach Wortlaut, Systematik und Zweck gleichermaßen über die Verletzung von Pflichten eines zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnisses festgelegt (vgl. Harbauer/Maier, a.a.O., Rz. 19; Prölss/Martin/Armbrüster, VVG 28. Aufl., § 4 ARB 2008/II Rz. 7). Ob sich die Pflichtverletzungen gegenüber dem geschädigten Versicherungsnehmer auf gesetzliche oder vertragliche Schuldverhältnisse beziehen sollen, ist insoweit ohne Belang. Das den Eintritt des Rechtsschutzfalles bestimmende schädigende Verhalten muss mithin gegenüber dem Versicherungsnehmer begangen sein. Ohne diesen Bezug fehlte seinem Tatsachenvortrag die anspruchsbegründende Eignung und damit zugleich die Eignung, einen Versicherungsfall auszulösen. In diesem Punkt stimmt bei der Verschuldenshaftung das einen Rechtsschutzfall nach § 4 (1) Satz 1a) ARB 94 begründende erste schadenverursachende Ereignis mit dem nach § 4 (1) Satz 1c) ARB 94 überein (vgl. Harbauer/Maier, a.a.O., Rz. 13).
Rz. 20
Der Rechtsschutzfall wird demgemäß beim verstoßabhängigen Rechtsschutz wie beim Schadensersatzrechtsschutz in gleicher Weise über den Eintritt des dem Anspruchsgegner angelasteten pflichtwidrigen Verhaltens ihm gegenüber als frühest möglicher Zeitpunkt festgelegt (BGH, Urt. v. 24.4.2013 - IV ZR 23/12, VersR 2013, 899 Rz. 12).
Rz. 21
b) Das ist hier der Vorwurf, Wirtschaftsprüfer und Beratungsunternehmen hätten Beihilfe zu vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, Betrug und Kapitalanlagebetrug der für das Anlagekonzept Verantwortlichen geleistet. Die Klägerin stützt ihre behaupteten Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264a StGB, §§ 826, 830 BGB auf die Unterstützung des diesen Verantwortlichen auf Seiten der S. AG als Haupttäter bei ihrer Kapitalanlage angelasteten deliktischen Verhaltens, gegenüber dem sich die Beklagte trotz der Jahre zurückliegenden Produktentwicklung folgerichtig nicht auf den Vorvertragseinwand berufen hat (zu den objektiven und subjektiven Haftungsvoraussetzungen wegen Beihilfe zur Schädigung von Anlegern durch Fondsinitiatoren vgl. BGH, Urt. v. 3.12.2013 - XI ZR 295/12, WM 2014, 71 Rz. 28-36). Damit scheiden die Erstellung falscher Testate und weitere Unterstützungshandlungen seit 1993 als Eintrittszeitpunkt für den Rechtsschutzfall aus.
Rz. 22
Die vorgehaltene Beihilfe kann ihre anspruchsbegründende Wirkung erst bei Begehung der Haupttat im Zeitpunkt der Anlageentscheidung entfaltet haben, nicht bei den - vorbereitenden - Förderungshandlungen, die in betrügerischer Weise bei Entwicklung und Vertrieb ihres Anlageprodukts mit eingesetzt worden sein sollen. Gegenüber potentiellen Anlegern wie der Klägerin und ihrem Ehemann bestanden damals noch keine gesetzlichen oder schuldrechtlichen Pflichtenbeziehungen, aus deren Verletzung sie Ansprüche hätten herleiten können. Solche kommen frühestens bei der Anbahnung des Anlagegeschäfts in Betracht, wenn sich der Gehilfenbeitrag für Anlageinteressenten manifestiert. Erst dann wird auch ein Schaden von Anlagezeichnern im Sinne der vorgenannten Senatsrechtsprechung hinreichend wahrscheinlich. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin aber schon rechtsschutzversichert.
Rz. 23
c) Das steht nicht im Widerspruch zu den von der Beklagten für ihren gegenteiligen Standpunkt herangezogenen Beschlüssen des OLG München vom 31.1. und 10.3.2011 (25 U 4100/10, juris). Diesen Entscheidungen lag ein § 4 (1) Satz 1c) ARB 94 entsprechender verstoßabhängiger Rechtsschutzfall zugrunde, ausgelöst durch eine fehlerhafte jährliche Abrechnungspraxis eines Verwalters, mit der er begonnen haben soll, als der um Deckungsschutz nachsuchende Wohnungseigentümer noch nicht rechtsschutzversichert war. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Abrechnung gegenüber den Wohnungseigentümern bestand indes schon zu diesem Zeitpunkt, und damit auch ihre behauptete Verletzung. Der danach erfolgte Abschluss einer Rechtsschutzversicherung vermag dem für diese Pflichtverletzung, die in den Folgejahren lediglich beibehalten wurde, begründeten Vorvertragseinwand nicht die Grundlage zu entziehen. Die dem Verwalter angelasteten, Jahr für Jahr wiederholten pflichtwidrigen Abrechnungen bilden zwar mehrere Verstöße, die aber wegen ihrer Gleichartigkeit und ihres natürlichen Handlungszusammenhangs als Dauerverstoß anzusehen sind (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, VVG 28. Aufl., § 4 ARB 2008/II Rz. 59), bei der die erste Pflichtverletzung den Rechtsschutzfall auslöst.
Rz. 24
Die von der Revision erneut in Bezug genommenen Beschlüsse des OLG München vom 15.2.2012 (25 U 61/12) und 12.3.2012 (25 U 455/12) betreffen zwar einen vergleichbaren Sachverhalt, vermögen aber den Rechtsstandpunkt der Beklagten nicht zu stützen; sie verkennen den - wie ausgeführt - erforderlichen Zusammenhang der behaupteten Pflichtverletzung gegenüber dem Versicherungsnehmer.
Rz. 25
d) Entgegen der Revision werden durch die gebotene zeitliche Anknüpfung an die Anlageentscheidung im Streitfall keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet über sog. Zweckabschlüsse, die durch die Rechtsschutzfallklauseln unterbunden werden sollen (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, a.a.O., Rz. 39; Harbauer/Maier, ARB 8. Aufl., § 4 ARB 2000 Rz. 3).
Rz. 26
Mit dem maßgeblichen Pflichtverletzungsvorwurf erhält der Versicherungsnehmer Anlass, für die Durchsetzung seiner Rechte kostenauslösende Maßnahmen zu ergreifen (BGH, Urt. v. 28.9.2005 - IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684 unter I 3c). Von diesem Zeitpunkt an kommt der Abschluss einer kostenüberwälzenden Rechtsschutzversicherung nicht mehr in Betracht. Ein solcher Zweckabschluss scheidet aber aus, wenn - wie hier - bei der Entwicklung eines Anlageprodukts noch keinerlei Grund und Möglichkeit für kostenauslösende Maßnahmen besteht. Ebenso wenig wie bei etwa anlässlich eines einzugehenden Mietverhältnisses oder beabsichtigten Erwerbs eines Kraftfahrzeugs zur Teilnahme am Straßenverkehr genommenen Rechtsschutzversicherungen handelt es sich beim Abschluss einer Rechtsschutzversicherung um einen derartigen Zweckabschluss, wenn sich der Versicherungsnehmer schon mit Geldanlagegedanken trägt.
Rz. 27
II. Zum Einwand aus § 18 (1) ARB 94
Rz. 28
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne sich nicht mehr darauf berufen, die beabsichtigte Interessenwahrnehmung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens sei mutwillig, § 18 ARB 94. Sie hätte der Klägerin auf ihre Deckungsschutzanträge unverzüglich eine etwaige Leistungsablehnung mitteilen müssen und sich nicht darauf zurückziehen dürfen, die Erfolgsaussicht mangels fehlender Informationen noch nicht prüfen zu können. Der Verstoß gegen die Prüfungspflicht habe den Verlust ihres Ablehnungsrechts wegen fehlender Erfolgsaussicht zur Folge.
Rz. 29
2. Diese Beurteilung trifft zu.
Rz. 30
Nach ständiger, vom Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegter Rechtsprechung hat der Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Erfolgsaussicht und Stellungnahme über die Eintrittspflicht für den Versicherer den Verlust der darauf gestützten Ablehnungsrechte aus § 18 ARB 94 zur Folge (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 2; OLG Celle r+s 2007, 57, 59; OLG Karlsruhe r+s 2004, 107, 109; OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 - 9 W 59/08, juris Rz. 8 f.).
Rz. 31
Ohne Erfolg hält die Revision dagegen dem Berufungsgericht vor, verkannt zu haben, dass der von ihm nicht behandelte Einwand der Mutwilligkeit der Durchführung des nachgeschobenen Schlichtungsverfahrens von dieser Vorschrift nicht erfasst werde. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Parteivortrag zum Kostenschutz für das Güteverfahren befasst und seine rechtliche Prüfung ausdrücklich auf den Einwand der Mutwilligkeit eines Schlichtungsverfahrens erstreckt, § 18 (1) a) ARB 94. Dabei hat es - was auch die Revision einräumt - zu Recht die Begründung der Beklagten herangezogen, das nachgeschobene Schlichtungsverfahren sei mutwillig, weil für alle Beteiligten erkennbar aussichtslos. Auf fehlende Erfolgsaussicht kann sich die Beklagte nach der von der Revision unangegriffenen Verletzung ihrer Pflicht zur entsprechenden Prüfung und Stellungnahme gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin - wie vorstehend ausgeführt - nicht mehr berufen. Damit ist ihr im Streitfall - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - auch der allein darauf gestützte Mutwilligkeitseinwand entzogen.
Rz. 32
III. Zum Einwand aus § 17 (7) ARB 94
Rz. 33
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es für den Einwand einer Umgehung des Abtretungsverbots nach § 17 (7) ARB 94 bereits an substantiiertem Vortrag, der geeignet wäre, die Annahme eines entsprechenden Verstoßes zu begründen. Selbst der von der Beklagten vorgetragene Verzicht auf Gebührenansprüche begründe keinen Verstoß gegen das Abtretungsverbot. Zudem stehe dies im Widerspruch zu der Rahmenvereinbarung mit den Prozessbevollmächtigten der Klägerin über die Gebührenhöhe bei ihrer Inanspruchnahme aus der Rechtsschutzversicherung wegen der streitgegenständlichen Ansprüche. Es handele sich insgesamt um unzulässige Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein". Der Antrag auf Parteivernehmung der Klägerin sei ein unbeachtlicher Beweisermittlungsantrag, der lediglich der Ausforschung des Sachverhalts diene.
Rz. 34
2. Auch das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Rz. 35
Zutreffend hat das Berufungsgericht die von der Beklagten herangezogene Korrespondenz der Klägerin mit ihren Prozessbevollmächtigten über ihre Kostenbelastung nicht als substantiierten Vortrag für den erhobenen Verzichtseinwand bewertet. Der mit diesem Schriftwechsel erkennbar verfolgten Klärung des persönlichen Kostenrisikos vorab ist ein darüber hinausgehender Gebührenverzicht nach revisionsrechtlich beanstandungsfreier tatrichterlicher Würdigung nicht zu entnehmen; der darauf gestützte Verzichtseinwand ist ohne Substanz. Eine Parteivernehmung der Klägerin dazu kam nicht in Betracht.
Rz. 36
Auf die Frage der Erheblichkeit dieses Einwandes - insb. ob dem eine zulässige Abtretung von Versicherungsansprüchen an die eigenen Prozessbevollmächtigten zugrunde liegt, wie die Revisionserwiderung meint - kommt es danach nicht mehr an.
Fundstellen
Haufe-Index 6787119 |
BGHZ 2015, 73 |
BB 2014, 1281 |
NJW 2014, 2042 |
NJW 2014, 6 |
EBE/BGH 2014 |
WM 2014, 985 |
WuB 2014, 387 |
JZ 2014, 452 |
MDR 2014, 835 |
NJ 2014, 4 |
VRS 2014, 64 |
VersR 2014, 742 |
VuR 2014, 279 |
ZfS 2014, 581 |
r+s 2014, 354 |