Verfahrensgang
OLG München (Entscheidung vom 13.01.2022; Aktenzeichen 14 U 2707/21) |
LG Kempten (Entscheidung vom 08.04.2021; Aktenzeichen 13 O 1486/20) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. Januar 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.
Rz. 2
Der Kläger kaufte bei einem Händler im September 2011 einen Neuwagen des Typs VW Touran zum Preis von 39.511 €. Die Übergabe erfolgte im Februar 2012. Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs und des darin verbauten Dieselmotors der Baureihe EA 189. Dieser verfügte über eine Motorsteuerungssoftware, die die Durchführung einer Emissionsmessung auf dem Prüfstand erkannte und in diesem Fall einen geringeren Stickoxidausstoß als im Normalbetrieb bewirkte.
Rz. 3
Der Kläger hat in erster Instanz, nachdem er den Rechtsstreit teilweise einseitig für erledigt erklärt hat, zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 39.511 € nebst Verzugszinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 12.583,80 € Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs (Klageantrag zu 1), hilfsweise zur Zahlung von 8.300,63 € ohne Zug-um-Zug-Vorbehalt, und zur Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.434,74 € (Klageantrag zu 3) zu verurteilen und den Annahmeverzug der Beklagten festzustellen (Klageantrag zu 2). Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Beklagte zur Zahlung von 20.781,84 € nebst Prozesszinsen aus anfänglich gestaffelt höheren Beträgen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf vollständige Zurückweisung der Berufung des Klägers weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 4
Die uneingeschränkt statthafte (BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, BGHZ 233, 16 Rn. 16 ff.) Revision der Beklagten hat Erfolg.
I.
Rz. 5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte gemäß §§ 826, 852 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten, der der Höhe nach durch den verjährten Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 31 BGB begrenzt sei. Da hier der von der Beklagten erlangte Betrag - Bruttokaufpreis 39.511 € abzüglich einer Händlermarge von nicht mehr als 25%, zu deren Höhe sich der Kläger allerdings nicht festgelegt habe - den verjährten Schadensersatzanspruch in Höhe von 20.781,84 € - Bruttokaufpreis: 39.511 € abzüglich Nutzungsentschädigung in Höhe von 18.729,16 € - übersteige, sei ein Restschadensersatzanspruch in Höhe von 20.781,84 € begründet.
II.
Rz. 6
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
Rz. 7
Noch rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB einen Anspruch auf Erstattung des von ihm für das Fahrzeug geleisteten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs hat, der bei Klageerhebung allerdings verjährt war. Entgegen den Angriffen der Revision ist das Berufungsgericht zudem im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass §§ 826, 852 Abs. 1 BGB auf Fälle wie den vorliegenden Anwendung findet (BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, BGHZ 233, 16 Rn. 51 ff.). Es hat weiter von der Revision unbeanstandet festgestellt, dass der Händler das Fahrzeug aus Anlass des Kaufvertrages und nicht auf eigenes Absatzrisiko bei dem Hersteller bestellt hat, so dass der für einen Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen dem Vermögensnachteil des Geschädigten und dem Vermögensvorteil des Anspruchsgegners besteht (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2022 - VIa ZR 275/21, WM 2022, 745 Rn. 28).
Rz. 8
Rechtsfehlerhaft hat es das Berufungsgericht jedoch unterlassen, die Höhe des von der Beklagten erlangten Händlereinkaufspreises, von dem es anschließend die von ihm auf 18.729,16 € geschätzten Nutzungsvorteile hätte abziehen müssen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 16), festzustellen. Damit muss revisionsrechtlich zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass das Berufungsgericht dem Kläger mehr zugesprochen hat, als ihm nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB zusteht.
III.
Rz. 9
Das Berufungsurteil unterliegt danach der Aufhebung, soweit darin zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urteil vom 12. September 2022 - VIa ZR 122/22, zVb) Feststellungen zur Höhe des Händlereinkaufspreises zu treffen und anschließend die Grundsätze der Vorteilsausgleichung anzuwenden haben (BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 16).
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Fundstellen
Dokument-Index HI15462200 |