Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Ermittlungspflicht im Vorsorgungsausgleichsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Ermittlungspflichten aus § 12 FGG betreffen sämtliche Umstände, die die Höhe und die Art des Versorgungsausgleichs betreffen können.

2. Zur Bestimmung der Dynamik einer privaten Rentenversicherung bei Gewinnbeteiligung des Versicherers.

 

Normenkette

FGG § 12

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Urteil vom 10.01.2007; Aktenzeichen 22 F 90/06)

 

Tenor

Die in Ziff. 2) des Tenors des angefochtenen Urteils getroffene Regelung des Versorgungsausgleiches wird aufgehoben. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich wird zur erneuten Durchführung an das AG, das auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat, zurückverwiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die gem. § 621e ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte befristete Beschwerde hat insoweit Erfolg, als die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren an das AG zurückzuverweisen ist. Die amtsgerichtliche Entscheidung zum Versorgungsausgleich leidet an schweren Verfahrensmängeln, die die Aufhebung und Zurückverweisung gebieten.

1. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich ist im Scheidungsfall von Amts wegen zu betreiben; es bedarf für die Durchführung des Versorgungsausgleiches insbesondere keines Antrages einer der Eheleute oder eines sonstigen Beteiligten, § 623 Abs. 1 Satz 3 ZPO. Da sich das Verfahren über den Versorgungsausgleich nach den Vorschriften des FGG bestimmt (§ 621 Abs. 1 Ziff. 6, § 621a Abs. 1 ZPO), gilt für die Ermittlungen von Amts wegen § 12 FGG. Hiernach hat das Gericht die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranlassen und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen. Die Ermittlungspflichten aus § 12 FGG betreffen sämtliche Umstände, die die Höhe und die Art des Versorgungsausgleiches betreffen können (st. Rspr. d. Senats, OLG Brandenburg FamRZ 2006, 129; 2002, 168).

Dem ist das AG nicht ausreichend nachgekommen, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen.

2. Die Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung des Antragstellers bei der ... Lebens-versicherungs AG sind bislang sowohl hinsichtlich ihrer Höhe als auch hinsichtlich ihrer dynamischen Ausgestaltung nicht ausreichend ermittelt worden.

a) Für den Antragsteller hat die ... Lebensversicherungs AG in ihrer letzten Auskunft vom 26.6.2006 eine Anwartschaft auf eine jährliche Rente von 379,20 EUR mitgeteilt. In ihrer vorangegangenen Auskunft vom 17.5.2006 (es handelt sich um eine einheitliche Versorgung, vgl. die gerichtliche Anfrage vom 18.9.2006, sowie den handschriftlichen Vermerk) war dagegen neben dem Deckungskapital nach der Berechnungsmethode II eine monatliche Rente von 31,05 EUR, was einem Jahresbetrag von 372,60 EUR entspricht, mitgeteilt worden.

Die Differenz von 372,60 EUR zu 379,20 EUR ist bislang nicht nachvollziehbar und durch das AG auch nicht hinterfragt worden. Bereits insoweit hat das AG gegen seine Amtsermittlungspflichten verstoßen, zumindest insoweit, als nicht durch eine kurze Rückfrage beim Versorgungsträger klargestellt worden ist, welche Auskunft die tatsächlich für den Versorgungsausgleich zugrunde zu legen ist.

b) Darüber hinaus ist für die zuvor genannte betriebliche Altersversorgung bei der ... Lebensver-sicherungs AG unklar, ob und gegebenenfalls welche Dynamik diese besitzt. In der Auskunft vom 26.6.2006 hat die Beteiligte zu 4. mitgeteilt, dass die Versorgung sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium dynamisch sei; dies ist zugleich mit dem handschriftlichen Vermerk Gewinnbeteiligung des Versicherers versehen. Wie die Gewinnbeteiligung der Beteiligten zu 4. tatsächlich in der Vergangenheit vorgenommen wurde, kann aber den insoweit beigefügten Unterlagen nicht entnommen werden. Damit kann aber nicht überprüft werden, ob die Versorgung tatsächlich dynamisch ist.

Die Bestimmung der Dynamik im Sinne des Versorgungsausgleichs knüpft an die Entwicklung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der Beamtenversorgung an, wie § 1587a Abs. 3 BGB zeigt. Dynamisch ist eine Versorgung dann, wenn sie in der Entwicklung ihrer Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung zumindest nahezu entspricht (BGH, FamRZ 2000, 430). Um als dynamisch im Sinne des Versorgungsausgleiches zu gelten, muss eine noch im Anwartschaftsstadium befindliche Versorgung sowohl in der Anwartschafts- als auch in der Leistungsphase der Dynamik der gesetzlichen Rentenversicherung/Beamtenversorgung zumindest nahezu entsprechen. Dabei sind für den notwendigen Vergleich die Steigerungsraten der gesetzlichen Rentenversicherung (oder Beamtenversorgung) sowie der betrieblichen Altersversorgung für einen längeren zurückliegenden Zeitraum, üblicherweise die letzten 10 Jahre vor dem Entscheidungszeitpunkt des Gerichts, heranzuziehen.

Der Mittelwert der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung kann dafür anhand von insoweit erstellten Ta...

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