Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer „demnächstigen” Zustellung

 

Normenkette

VVG § 12 Abs. 3; ZPO n.F. § 167

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 27.11.2002; Aktenzeichen 4 O 692/01)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 27.11.2002 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Potsdam durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, und gibt Gelegenheit zur Stellungnahme, wie in jener Vorschrift vorgesehen.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die verklagte Versicherung gem. § 12 Abs. 3 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei sei. Die noch vor Ablauf der Ausschlussfrist von sechs Monaten bei Gericht eingereichte Klageschrift sei nicht „demnächst” i.S.d. § 270 Abs. 3 ZPO a.F. (jetzt: § 167 ZPO) zugestellt worden und der Kläger habe durch verspätete Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses die Verzögerung der Zustellung zu vertreten. Das ist zutreffend.

Eine Zustellung „demnächst” nach Einreichung der Klageschrift bedeutet eine Zustellung innerhalb einer nach den Umständen angemessenen – selbst längeren – Frist, wenn die Partei und ihr Prozessbevollmächtigter unter Berücksichtigung der Gesamtsituation alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan haben. Das ist nicht der Fall, wenn die klagende Partei (oder ihr Bevollmächtigter) durch nachlässiges, auch nur leicht fahrlässiges Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen hat. Bei der Berechnung der Zeitdauer der Verzögerung ist auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich die ohnehin erforderliche Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert.

Als geringfügig in diesem Sinne hat der BGH in langjähriger Spruchpraxis regelmäßig nur Verzögerungen von bis zu 14 Tagen angesehen (BGHReport, ZPO, § 270 Abs. 3 „demnächst” Nr. 2 und Nr. 13 – jew. m.w.N.). Dem hat sich das LG angeschlossen und der Senat tut dies ebenfalls.

Die maßgebliche Zeitspanne der Verzögerung umfasst den Zeitraum vom 14.12.2001 (Eingang der Kostenanforderung des LG bei der Prozessbevollmächtigten des Klägers) bis zum 4.1.2002 (Anweisung der Zahlung durch die Rechtsschutzversicherung). Das sind 21 Kalendertage, wenn man den ersten Tag nicht mitzählt. Ein solcher Zeitraum ist nicht mehr als geringfügig im obigen Sinne zu werten.

Die eingetretene Verzögerung geht auf nachlässiges Verhalten des Klägers und/oder seiner Prozessbevollmächtigten respektive seiner Rechtsschutzversicherung zurück. Eine Nachlässigkeit der Letzteren muss sich der Kläger zurechnen lassen. Das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung befreite den Kläger und seine Prozessbevollmächtigte nicht davon, von sich aus Vorsorge dafür zu treffen, dass der Kostenvorschuss alsbald nach eingehender Zahlungsaufforderung eingezahlt werden konnte, um baldmöglichst die Zustellung der Klageschrift zu bewirken (vgl. BGH VersR 1968, 1062 [1063] – Verzögerung um 25 Tage im Dezember 1966). Dieser Pflicht zur eigenen Vorsorge ist der Kläger nicht nachgekommen. Er respektive seine Prozessbevollmächtigte hat sich damit begnügt, die Zahlungsaufforderung – ohne Hinweis auf die Eilbedürftigkeit – an die Rechtsschutzversicherung weiterzuleiten, und hat dann abgewartet. Dass dies nicht ausreicht, hat der BGH bereits mit dem zuletzt zitierten Urteil aus dem Jahre 1968 entschieden.

Kahl Feles Boiczenko

 

Fundstellen

Haufe-Index 1103868

EzFamR aktuell 2003, 174

MDR 2003, 771

OLG-NL 2003, 166

OLGR-NBL 2004, 40

www.judicialis.de 2003

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