Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaß. Ausschlagung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Wirksamkeit einer Ausschlagungserklärung einer Mutter für ihre Kinder in der ehemaligen DDR.

 

Normenkette

EGBGB Art. 231 § 7, Art. 235 § 1

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Beschluss vom 12.03.1999; Aktenzeichen 5 T 381/99)

AG Potsdam (Aktenzeichen 5/2 VI 42/96)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluß des Landgerichts Potsdam vom 3. November 1999 aufgehoben.

Das Amtsgericht Potsdam wird angewiesen, einen Erbschein des aus dem am 04. Februar 1999 erteilten und am 12. März 1999 wieder eingezogenen Erbschein ersichtlichen Inhalts, also dahin zu erteilen, dass der Erblasser von seiner Schwester M. A. P. geborene L., gestorben am …, allein beerbt worden ist.

Der Wert der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 2. und 3. sind die Urenkel des Erblassers. Dieser war verwitwet. Seine Kinder A. E., geb. L., und C. L. schlugen die Erbschaft nach ihm aus. Seine Enkelin, Frau J. L., geb. B. Tochter seiner vorverstorbenen Tochter L. B., geb. L., die zum damaligen Zeitpunkt in Berlin-Spandau wohnte, schlug am 12.04.1960 die Erbschaft nach dem Erblasser aus. Ihre Erklärung ging am 19.04.1960 beim Staatlichen Notariat Potsdam (Stadt) ein. Sie schlug überdies gemeinsam mit ihrem Ehemann am 20./21.06.1960 die Erbschaft für ihre Kinder, die Beteiligten zu 2. und 3., die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht volljährig waren, aus. Diese Erklärung ging am 24.06.1960 beim Staatlichen Notariat Potsdam (Stadt) ein.

Das Amtsgericht erteilte am 8. Mai 1996 einen Erbschein, der die Schwester des Erblassers M. A. P., geb. L. nachverstorben am … als seine Alleinerbin auswies. Dieser Erbschein wurde von der Rechtspflegerin des Amtsgerichts mit Beschluß vom 10.12.1998 eingezogen, weil die Erbausschlagung der Frau L. für die Beteiligten zu 2. und 3. nicht fristgemäß erfolgt sei.

Gegen diesen Beschluß legte der Beteiligte zu 1. Beschwerde ein. Mit Beschluß vom 04.02.1999 hob die Rechtspflegerin ihren Beschluß vom 10.12.1998 auf. Ferner wies sie mit weiterem Beschluß vom 04.02.1999 den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 3. zurück. Sie erteilte am 04.02.1999 einen neuen Erbschein, der M. P. als Alleinerbin des Erblassers auswies. Auf die Erinnerung des Beteiligten zu 3. hob der Richter beim Amtsgericht mit Beschluß vom 03.03.1999 die Beschlüsse der Rechtspflegerin vom 04.02.1999 auf. Ferner wies er sie an, den Erbschein vom 04.02.1999 als unrichtig einzuziehen. Auf die Begründung der Entscheidung wird verwiesen.

Mit Beschluß vom 12.03.1999 zog die Rechtspflegerin den erteilten Erbschein vom 04.02.1999 gemäß richterlicher Anordnung wegen Unrichtigkeit ein. Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen reichte die ihm erteilte 1. Ausfertigung des Erbscheins vom 04.02.1999 unter dem 20.04.1999 an das Amtsgericht zurück.

Der Beteiligte zu 1. hat am 06.04.1999 gegen den Beschluß der Rechtspflegerin vom 12.03.1999 Beschwerde eingelegt, mit der er die Wiedererteilung des eingezogenen Erbscheins begehrt. Er macht geltend, die Erbausschlagung der Frau Le. für die Beteiligten zu 2. und 3. sei fristgemäß erfolgt. Die Frist des § 1944 Abs. 3 BGB sei anzuwenden, da bereits im Jahre 1960 die Bundesrepublik Deutschland von der damaligen DDR als Ausland behandelt worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift verwiesen.

Die Rechtspflegerin und der Richter haben der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Beschwerde des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Erbschein zugunsten der Schwester M. A. P. des Erblassers könne nicht erteilt werden. Denn sie sei von der Erbfolge ausgeschlossen, weil Erben der ersten Ordnung vorhanden seien. J. Le. habe zwar die ihr nach ihrem Großvater angefallene Erbschaft für sich wirksam ausgeschlagen. Eine wirksame Ausschlagungserklärung für ihre Kinder, die Beteiligten zu 2. und 3., liege jedoch nicht vor. Insoweit könne dahinstehen, ob die Ausschlagungsfrist von sechs Wochen gem. § 1944 Abs. 1 BGB oder die Frist von sechs Monaten gem. § 1944 Abs. 3 BGB gegolten habe. Denn die am 24.06.1960 eingegangene Ausschlagungserklärung der Frau J. Le. und ihres Ehemannes habe nach § 1643 Abs. 2 BGB der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurft. Da eine solche Genehmigung nicht vorliege, sei die Ausschlagung nicht wirksam geworden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 1. mit der weiteren Beschwerde. Er trägt vor, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung die Vorschrift des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB übersehen. Danach sei die Ausschlagung genehmigungsfrei, wenn der Erbanfall an die Kinder, wie hier, infolge der Ausschlagung durch einen Elternteil erfolge.

Die Beteiligten zu 2, und 3. sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten. Auch sie vertreten die Auffassung, daß das Landgericht die Vorschrift des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB überse...

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