Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrssicherungspflicht: Kontrolle von Straßenbäumen
Normenkette
BGB § 839; GG Art. 34
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 11 O 261/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.5.2001 verkündete Urteil des LG Frankfurt (Oder) – 11 O 261/00 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
– ohne Tatbestand gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO –
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LG festgestellt, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG zusteht.
Der Beklagten oblag die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des fraglichen Straßenbaumes, von dem der Ast herabgefallen und zu einer Schädigung des Pkw's des Klägers geführt hat, als Amtspflicht gem. §§ 9 Abs. 4 S. 3, 10 Abs. 1 BbgStrG. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst den Schutz vor Gefahren, die von Straßenbäumen ausgehen, sei es durch Herabfallen von Teilen eines Baumes, sei es durch Umstürzen eines Baumes selbst (ganz allg. A., vgl nur: BGH VersR 1965, 475; OLG Köln v. 11.6.1992 – 7 U 44/92, OLGReport Köln 1992, 317 = VersR 1992, 1370 [1371]; OLG Hamm VersR 1994, 347; st. Senatsrspr., insb. Entscheidungen v. – 12.1.1999 – 2 U 40/98, OLGReport Brandenburg 1999, 68; v. 23.11.1999 – 2 U 125/98; v. 7.3.2000 – 2 U 58/99; v. 17.7.2001 – 2 U 99/00, OLGReport Brandenburg 2001, 497). Von Straßenbäumen gehen für die Benutzer der Straße dann Gefahren aus, wenn die Bäume selbst nicht mehr hinreichend stand- bzw. bruchsicher sind und wenn die nahe liegende Möglichkeit besteht, dass Äste oder ganze Bäume unvermutet auf die Straße stürzen können. Da eine derartige Gefahr grundsätzlich von allen Bäumen ausgehen kann, obliegt es dem jeweiligen Verkehrssicherungspflichtigen, ausreichend Vorsorge dafür zu treffen, dass bei erkrankten Bäumen rechtzeitig Maßnahmen getroffen werden, die eine Gefährdung des Verkehrs im Rahmen des Zumutbaren ausschließen. Je größer die Gefährdung ist, die von dem jeweiligen Baum ausgeht (z.B.: Standort in unmittelbarer Nähe einer stark befahrenen oder begangenen Straße, hohes Alter des Baumes, besonders windanfällige Lage etc.), desto höher sind die Anforderungen, die an den Inhalt der Verkehrssicherungspflicht zu stellen sind. Wie der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden hat, ist es unumgänglich notwendig, dass der Verkehrssicherungspflichtige regelmäßig zweimal pro Jahr die Bäume kontrollieren muss, nämlich einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand. Dabei kann sich die Untersuchung normalerweise auf eine Sichtprüfung vom Boden aus beschränken (so die angeführten Senatsurteile; OLG Köln VersR 1992, 371; OLG Hamm v. 26.1.1993 – 9 U 152/92, VersR 1994, 357; OLG Düsseldorf v. 15.3.1990 – 18 U 228/89, VersR 1992, 467). Die Untersuchung muss durch hinreichend qualifiziertes Personal durchgeführt werden. Dabei muss es sich zwar nicht notwendigerweise um Forstfachleute handeln, die Bediensteten des Verkehrssicherungspflichtigen müssen jedoch ausreichend dahin geschult worden sein, dass sie Krankheitszeichen an Bäumen erkennen können. Fallen bei einer visuellen Untersuchung Schäden am Baum auf, so sind entsprechende Maßnahmen je nach dem zu Tage tretenden Grad der Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu veranlassen. Als Schäden am Baum, die auf Krankheiten desselben und Gefährdungen der Verkehrsteilnehmer hindeuten, kommt in aller erster Linie das Vorhandensein von Totholz, also unbelaubten Ästen, in Betracht. Sind größere Äste, die noch dazu über eine Straße oder einen Gehweg ragen, völlig unbelaubt, so ist es schon für einen Laien ohne weiteres erkennbar, dass hiervon die Gefahr eines Abbrechens unmittelbar ausgeht und Maßnahmen dringend ergriffen werden müssen.
Von diesen Grundsätzen ist im Ansatz zutreffend auch das LG ausgegangen. Es hat jedoch sodann aus der Rechtsprechung des Senats unzutreffenderweise den Schluss gezogen, im vorliegenden Fall sei die Sichtprüfung nicht in ausreichender Weise durchgeführt worden. Wie der Senat bereits in seinem Urt. v. 17.7.2001 – 2 U 99/00, OLGReport Brandenburg 2001, 497, klargestellt hat, ist sein Urteil vom 7.3.2000 (OLG Brandenburg v. 7.3.2000 – 2 U 58/99, OLG-NL 2000, 102) nicht so zu verstehen, dass die Sichtprüfung regelmäßig unter Zuhilfenahme einer Hebebühne erfolgen muss. Eine Prüfung vom Boden aus, wenn sie in ordnungsgemäßer Weise erfolgt, ist in aller Regel ausreichend, um auch die Kronen höherer Bäume hinreichend in Augenschein nehmen zu können. Nur unter besonderen Umständen, die sich etwa aus einer überaus dichten Belaubung oder ungünstigen örtlichen Gegebenheiten (wenn ein Herumgehen um den Baum etwa nicht möglich sein sollte, um ihn aus verschiedenen Perspektiven zu besehen) ergeben können, kann im Einzelfall die Sichtprüfung v...