Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19.12.2019, Az. 2 O 27/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Potsdam ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1 als Verkäuferin und die Beklagte zu 2 als Herstellerin eines Pkw Audi A4 wegen darin vermeintlich vorhandener unzulässiger Abschalteinrichtungen in Anspruch.
Die Klägerin erwarb auf Grundlage der Bestellung vom 25.04.2016 von der Beklagten zu 1 einen Neuwagen vom Typ Audi A4 Allroad 3.0 TDI, 200 KW/272 PS, mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer W... zu einem Kaufpreis von 76.363,44 EUR. Das Fahrzeug ist nicht mit dem den sog. Dieselskandal auslösenden Motor EA189 ausgestattet, sondern mit einem 3.0 L-Sechszylinder Dieselmotor mit dem Motorkennbuchstaben CRTC der Abgasklasse EU 6. Ausweislich der Pressemitteilung des KBA vom 23. Januar 2018 ordnete dieses einen Rückruf von Fahrzeugen der "Audi 3.0 L Euro 6" u.a. des Modells Audi A4 wegen nachgewiesener unzulässiger Abschalteinrichtungen an. Ob das Fahrzeug der Klägerin von diesem Rückruf betroffen ist, ist unter den Parteien streitig.
Unstreitig werden zwei Technologien zur Reduktion des Stickoxidausstoßes eingesetzt ein SCR-Katalysator, der mit AdBlue betreiben wird, und die sog. Abgasrückführung, bei der es zum Einsatz des sog. Thermofensters kommt. Die Abgasrückführung erfolgt in der Weise, dass das Abgas aus dem Abgasbereich des Motors über ein Absaugventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeführt wird. Dort ersetzt das rückgeführte Abgas einen Teil der Frischladung, die für die nächste Verbrennung benötigt wird. Infolgedessen wird eine Absenkung der Verbrennungstemperatur erreicht, wodurch weniger Stickoxide entstehen. Das Thermofenster bewirkt, dass die Abgasrückführung bei kühleren Temperaturen, bei denen das System der Abgasrückführung Schäden durch die sog. Versottung erleiden kann, zurückgefahren wird; eine signifikante Reduktion erfolgt jedenfalls bei einer (Außen)Temperatur von 5 °Celsius.
Des Weiteren ist das Fahrzeug mit einem SCR-Katalysator ausgestattet, der die Emissionen durch den Einsatz von Harnstoff - Handelsname AdBlue - verringert. Ob das Fahrzeug der Klägerin überdies über die Abschalteinrichtung einer sog. "Aufwärmstrategie" verfügt, bei der aufgrund des Lenkradeinschlages erkannt wird, ob sich das Fahrzeug im Testzyklus befindet und im erkannten Testzyklus ein Schaltprogramm greift, bei dem die Schaltpunkte, zu denen von einem Gang auf den nächsten geschaltet wird, höher liegen als im regulären Straßenbetrieb, wodurch weniger NOx produziert werde, ist unter den Parteien streitig.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 9. August 2018 (Anlage K 72, Ordner II) erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1 die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung, den Rücktritt vom Kaufvertrag und setzte eine Frist zur Rückabwicklung bis zum 23. August 2018.
Die Klägerin hat geltend gemacht, das Fahrzeug sei vom Rückruf des KBA vom 23. Januar 2018 betroffen. In dem streitgegenständlichen Fahrzeug werde ein unzulässiges Thermofenster verwendet; hierdurch werde die Abgasreinigung abgeschaltet, wenn die Außentemperaturen unter 17° und über 30° bzw. - nach der Klageschrift S. 50 - unter 15° und über 33° lägen. Die Temperatur im Thermofenster sei so gewählt, dass sie im Prüfstand - dort betrage die Temperatur 20-24 Grad - stets vorhanden sei, außerhalb des Prüfstandes indes meistens nicht. Das Thermofenster sei nicht notwendig gewesen, denn nach derzeitigem Stand der Technik sei ein Thermofenster zum Motorenschutz nicht mehr notwendig; die fehlende Notwendigkeit zeige sich bei dem hier betroffenen Fahrzeug bereits darin, dass die Software beseitigt werden solle.
Des Weiteren sei bei Fahrzeugen mit dem Getriebe AL551, das auch in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sei, eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung, die sog. "Aufwärmstrategie", installiert, wegen derer es, wie am 21. Januar 2018 bekannt geworden sei, bei V6-Motoren von Audi einen Rückruf gegeben habe. Hierbei erkenne das Fahrzeug aufgrund des Lenkradeinschlages, ob es sich auf dem Prüfstand oder im normalen Straßenverkehr befinde; auf dem erkannten Prüfstand werde ein Getriebeschaltprogramm in Gang gesetzt, bei dem die Schaltpunkte höher lägen als im regulären Betrieb mit der Folge niedrigerer NOx-Werte.
Eine weitere Abschalteinrichtung (SCR-Katalysator/AdBlue-Dosierung) liege darin, dass nur im - vermutlich aufgrund der Lenkwinkelerkennung - erkannten Prüfstand die AdBlue-Dosierung ausreichend sei, um die NOx-Grenzwerte einzuhalten, im regulären Straßenbetrieb werde diese hingegen reduziert. Hintergrund dieser Motormanipulation sei gewesen, dass eine Vorgabe fü...