Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 16.12.2015) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das als "Teilversäumnis- und Schlussurteil" zu bezeichnende Urteil der 8. Zivilkammer des LG Potsdam vom 16.12.2015 teilweise wie folgt abgeändert:
1. Der Kläger wird auf die Hilfswiderklage verurteilt, an die Beklagte 56.486,61 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 4,75 % p.a. seit dem 31.10.2016 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Hilfswiderklage abgewiesen, die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 66 % und die Beklagte 34 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen zu 88 % dem Kläger und zu 12 % der Beklagten zur Last.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger verlangt festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 27.04./3.05.2007 aufgrund des der Beklagten am 14.07.2014 zugegangenen Widerrufs in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt sei und die Restschuld nach Aufrechnung nicht mehr als 51.995,35 EUR betrage. Die Beklagte machte mit ihrer Hilfswiderklage - nur diese ist Gegenstand des Berufungsverfahrens - einen Zahlungsanspruch i.H.v. 59.203,54 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4,75 % p.a. seit dem 31.10.2015 geltend.
Der Kläger vertrat die Auffassung, er habe den Darlehensvertrag widerrufen können, weil die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht abgelaufen sei.
Die von ihm bis zum Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungsraten von insgesamt 27.609,44 EUR seien - ebenso wie die jedenfalls bis einschließlich September 2016 weiterhin unter Vorbehalt erfolgten Ratenzahlungen - zurückzugewähren und zwar zuzüglich einer Verzinsung von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz als Nutzungswertersatz. Die Beklagte könne auf die ihr rückzugewährende Darlehensvaluta Zinsen i. H. d. vereinbarten Zinssatzes von lediglich 4,75 % verlangen.
Die Beklagte nahm mit der Behauptung, die verwendete Belehrung habe dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV entsprochen, allenfalls redaktionelle und marginale Abweichungen hiervon enthalten, die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV für sich in Anspruch.
Ein etwaig fortdauerndes Widerrufsrecht sei verwirkt, seine Ausübung jedenfalls rechtsmissbräuchlich.
Für den Fall des wirksamen Widerrufs stünde ihr ein Anspruch auf Erstattung des Darlehenskapitals zuzüglich Wertersatz in Höhe der vereinbarten Darlehenszinsen auch über den Zeitpunkt der Widerrufserklärung hinaus zu. Die Kläger könnten die geleisteten Zahlungen zurückverlangen, Nutzungswertersatz stünde ihnen indes nur in Höhe des für grundpfandrechtlich gesicherte Kredite üblichen Verzugszinses von 2,5 % über Basiszinssatz zu. Überdies seien Kapitalertragssteuer und Solidarzuschlag in Abzug zu bringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird mit der folgenden Ergänzung auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO):
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 7.10.2015 erkannte der Kläger die Widerklageforderung i. H. eines Betrages von 52.000,00 EUR an (Sitzungsprotokoll Bl. 306 d.A.).
Das LG gab der Klage in Bezug auf die Feststellung, dass der Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt sei, statt und verurteilte den Kläger auf die Hilfswiderklage hin zur Zahlung von 52.490,41 EUR nebst Zinsen i.H.v. 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2015. Im Übrigen wies es die Klage als unzulässig und die weiter gehende Widerklage als unbegründet ab.
Die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft. Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV komme der Beklagten nicht zugute, denn sie habe kein Formular verwendet, das der Musterbelehrung inhaltlich und in der äußeren Gestaltung vollständig entsprochen habe. Das Widerrufsrecht sei weder verwirkt, noch sei seine Ausübung rechtsmissbräuchlich. Infolge des Widerrufs könne der Kläger, wie beantragt, verlangen festzustellen, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt sei. Die des Weiteren begehrte Feststellung, dass er nicht mehr als 51.995,35 EUR schulde, sei mangels Feststellungsinteresses infolge der Widerklage unzulässig.
Die Widerklage sei im tenorierten Umfang begründet. In Höhe von 51.995,35 EUR ergebe sich dies bereits aus dem mit Schriftsatz vom 20.11.2015 erklärten Teilanerkenntnis. Der Darlehensnehmer könne die aus seinem Vermögen erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen sowie Rückabtretung der gestellten Sicherheiten verlangen. Für den Gebrauchsvorteil der beklagten Bank sei der übliche Verzugszins, mithin ein Zinssatz von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz, anzusetzen. Der Darlehensnehmer habe den Nettokreditbetrag zu erstatten und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Der Gebrauchsvorteil des Darlehensnehmers sei bis zur Ablehnung der Rückabwicklung mit Schreiben vom 17.07.2014 mit dem Vertragszins zu bemessen, einen niedrigeren marktüblichen Zinssatz habe der Kläger nicht nachgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits seien i...